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Siedlungsbild und Baubefunde

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Abschließend soll in diesem Zusammenhang noch einmal ein Blick auf die grundlegenden Prinzipien der eisenzeitlichen Siedlungsweise in Süditalien, die über den weitaus größten Teil des Untersuchungsgebietes verbreitet sind, geworfen werden.

Schon im letzten Abschnitt der Bronzezeit geraten Höhlen als Siedlungsplätze außer Gebrauch1228. Das Siedlungsbild am Übergang von der Spätbronze- zur Eisenzeit präsentiert sich als Mosaik aus Stätten auf geschützten Höhen oder Terrassen.

Allerdings ist die genaue Chronologie vieler Siedlungen noch nicht endgültig geklärt, so dass die Frage nach eventuellen Unterbrechungen oft nicht zweifelsfrei beantwortet werden kann1229. Nach heutigem Stand entstehen zwischen dem 10.

und 8. Jh. im Inland eine ganze Reihe von neuen Siedlungen (im Westen Chiaromonte und Noepoli, im weiteren Gebiet des Innenlandes Cozzo Presepe, Pisticci-San Leonardo, Cra-co, Ferrandina, Matera, San Mauro Forte, Sant’Arcangelo), gleichzeitig mit dem Trend zur Wiederbesiedlung alter Stätten (Lavello, Toppo Daguzzo, Serra di Vaglio, Timmari, Termitito, Anglona). Dies muss nicht mit radikalen Veränderungen ein-hergehen. In der gesamten Zeit gibt es z. B. in Toppo Daguzzo

1226 Santillo Frizell 2009, 122.

1227 Einen letzten, schwachen Hinweis auf diese Wirtschaftsweise könn-te auch Dion. Hal. ant. 1, 11, 2–4 geben: Beide Gewährsmänner des Historiographen nennen die Oinotrer als Nachkommen von Arkadiern, die in mythischer Zeit Süditalien besiedelt haben. Die Arkadier aber wurden in der antiken Literatur als ursprüngliches Hirtenvolk verklärt. Dionysios schreibt zu einer Zeit, die weit von den ursprünglichen Geschehnissen entfernt ist und schon die idyl-lische Verklärung des Hirtenlebens (das für die republikanische Zeit ja durch die großen Transhumanzbewegungen belegt ist), die seit dem Hellenismus einsetzte, propagierte – spielt er also in seiner (konstruierten) Genealogie auf ursprüngliche Überlieferungen zu Zuständen zur Zeit der Ankunft der ersten Griechen oder auf die Situation der republikanischen Zeit an? Der Bezug auf die älteren Autoren des 5. Jh. könnte auch Ersteres nahelegen.

1228 Russo Tagliente 1992, 25.

1229 Obwohl durch Luftbildarchäologie seit dem Zweiten Weltkrieg vie-le Stätten erkannt worden sind, ist deren Untersuchung nur dort möglich, wo keine Baumkulturen (Olive, Wein etc.) stehen; White-house – Wilkins 1989, 103–104.

möglicher Austauschweg war dabei die Route entlang des späteren tratturo 5 von Melfi nach Castellanata am Golf von Tarent. Zumindest die frühesten ins Binnenland gelangenden Objekte könnten Mitbringsel von der Küste und der dorti-gen Begegnung mit den Neuankömmlindorti-gen darstellen1222. Die wahrscheinlich immer schon auf Austausch im Gebiet der Winterweiden mit dort ansässigen Personen eingestellten Hirten trafen auf neue Handelspartner, deren Interesse an bin-nenländischen Produkten im Zuge der ständigen Entwicklung und Vergrößerung der Poleis sehr stark gestiegen sein dürfte.

Dies führt zur Frage, was ausgetauscht werden konnte.

Zeugnisse indigener Produkte sind in den griechischen An-siedlungen kaum zu finden, weshalb zum Großteil von ar-chäologisch unsichtbaren Gütern ausgegangen werden muss:

Arbeitskraft und landwirtschaftliche Erzeugnisse wie Getreide oder Tiere, deren Fleisch, Milch und Käse oder noch weiter verarbeitete Produkte wie Textilien, Häute, Knochengeräte etc.1223 Dass das Interesse der Neuankömmlinge an solchen Produkten hoch war, ist angesichts der erst im Entstehen be-griffenen territorialen Kontrolle, die sich auch in späterer Zeit auf ein eher kleines Gebiet beschränkte, wahrscheinlich. Im Zuge der monumentalen Ausgestaltung der Poleis war neben den genannten Produkten auch der Bedarf an Holz (sowohl zum Hausbau selbst als auch als ephemeres Gerüstmaterial für Steinbauten) immens. Dieser ließ sich wahrscheinlich nur mit Importen aus dem bewaldeten Hinterland decken. Da aber der Zugang der Küstenstädte ins Binnenland beschränkt gewesen sein dürfte, kann die Realisierung der mit der urbanen Mo-numentalisierung einhergehenden Großprojekte und die Be-schaffung der nötigen Rohstoffe nur im Zusammenspiel mit den dortigen Bewohnern gedeckt worden sein1224. In Apulien gibt es Hinweise auf eine verstärkte Erosion und damit exten-sive Rodung schon seit dem 9. Jh., die ihren Höhepunkt im 5.–3. Jh. erreicht1225. Ein Transport von größeren Holzmengen wäre für transhumante Hirten besonders mittels Zugtieren (Rindern) als Zubrot schon auf der letzten Etappe der Wande-rungen wie auch in der Zeit der Winterweide eine profitable Erwerbsmöglichkeit.

Zum Verlauf der postulierten Transhumanzbewegungen lässt sich bisher wenig Konkretes sagen. Dazu wäre eine genaue Untersuchung der vielen kleinen Streusiedlungen angebracht, die zumindest in ihrer Anfangszeit als saisonale ‚Durchgangs-camps‘ entlang der Weidewege fungiert haben und erst im

1222 Nach Hahn 2006, 74–77 spiegelt sich im Sachgut der von ihm un-tersuchten Gehöfte in Burkina Faso nahezu immer wider, ob ein Gutsbewohner zeitweise in den urbanen Zentren der Küste gelebt hat – und das für unbegrenzte Zeit, in der das von dort mitgebrach-te Armitgebrach-tefakt aufbewahrt wird, auch wenn es im neuen Konmitgebrach-text oft schon sehr schnell nicht mehr benutzbar ist; er verknüpft dieses Verhalten und die importierte materielle Kultur mit einem Wunsch nach Anerkennung.

1223 Whitehouse – Wilkins 1989, 114–115.

1224 Zum Bedarf der Kolonien an Baumaterial und dem immensen, nur mit Hilfe einheimischer Arbeiter zu bewältigenden Aufwand bei der Urbanisierung der Städte s. Fitzjohn 2013.

1225 Greiner 2003, 174–176.

sche Kategorien definiert, die sich schon vorher im italischen Bereich abzeichnen – mit einer Waffenausstattung, die nur teilweise und auf höchster Ebene durch griechische Importe die Entwicklung eines (berittenen) Kriegerideals andeutet und mit einer Bankettausrüstung, die großteils indigene Formen wie Ollae und attingitoi umfasst1235. Zwar bedient sich elitäres Bankettgeschirr zu einem hohen Anteil am griechischen Sym-posiumsgeschirr – ob damit aber auch ein männlich dominier-tes Bankettritual von den Griechen übernommen wird, muss dahingestellt bleiben. Zweitens gibt es zwischen einzelnen Regionen im Landesinneren Unterschiede in ihrer Entwick-lung und Art der kulturellen Orientierung, sodass eine für alle binnenländischen Gemeinwesen gemeinsame Entwicklung nicht postuliert werden kann und diese Spielraum für jeweils unterschiedliche Strategien im Umgang mit den neu zur Ver-fügung stehenden Objekten und Ideen hatten. Drittens ist die Art des Kontakts bzw. Austausches der indigenen Gruppen un-tereinander und gegenüber den Nachbarkulturen immer noch unklar1236. Generell entwickelt sich seit der Eisenzeit ein Sied-lungsmuster, das überregional sehr einheitlich scheint: die Prä-ferenz von Siedlungsplätzen auf gut zu verteidigenden Höhen mit großen Rückzugsflächen und benachbarten ausgedehnten Arealen für Ackerbau und/oder Viehzucht. Sie hatten zudem Kontrollfunktion über Wirtschaftsflächen und Kommunika-tionswege und waren offen für überregionale Kontakte1237. Nicht zuletzt mag dies der Grund für die schnelle Entwicklung der Siedlungen sein, von denen einige schon früh die Rolle von größeren Zentren anzunehmen scheinen1238.

Oft scheinen die Siedlungen nur aus kleinen Gruppen von Gebäuden zu bestehen1239. Die typische, an den meisten Stätten anzutreffende Hausform des 8. Jh. ist die relativ kleine Hütte mit ovalem oder rundem Grundriss1240. Diese kann in Details unterschiedlich gestaltet sein – es gibt sie mit einem

1235 Der Terminus attingitoio (von attingere, „schöpfen“; oft entspre-chend als Schöpftasse übersetzt) bezeichnet ein kleineres Gefäß mit eingezogenem Rand/Schulter, auskragender Lippe und über die Mündung hochgezogenem Henkel. In der Forschung findet sich allerdings eine große Bandbreite unterschiedlicher Formen, die die-sen allgemeinen formalen Kriterien entsprechen und mit diesem Begriff belegt werden. In der vorliegenden Studie wurde versucht, den italienischen Begriff nur für diejenigen Exemplare zu verwen-den, die der italisch-mattbemalten Töpfertradition entstammen (explizit entgegen der kürzlich in Mitro – Notarangelo 2016 vor-gelegten Typologie, die diesen Gefäßtyp als Kyathos anspricht und damit eine klar süditalische Form mit einem griechischen Begriff belegt).Es handelt sich meist um recht flach und weit gebildete Schalen mit flachem Boden oft sehr hoch ausgezogenen und plas-tisch verzierten, breiten Bandhenkeln, besonders im

nordapulisch-‚daunischen‘ Bereich.

1236 Lombardi 1996, 19–22.

1237 Bianco 1996, 32.

1238 Bianco 1999a, 138; in solchen Orten (z. B. Toppo Daguzzo) lassen sich auch frühe Zeichen für eine mit Bronzewaffen bestattete ‚Krie-gerelite‘ finden.

1239 Russo Tagliente 1992, 27; manchmal scheinen die Nekropolen die Siedlungen zu imitieren (im Sarno-Tal z. B. finden sich Nekropolen mit runden Hütten, in denen die Bestattungen lagen).

1240 Für die beste Übersicht s. Liseno 2007.

einige Häuser mit Magazinfunktion, wie dortige Funde großer Fässer nahelegen. Die Anzahl der neugegründeten Siedlungen kann zum jetzigen Untersuchungszeitpunkt nur unter Vorbe-halt als Zeichen für Bevölkerungszuwachs gedeutet werden.

Die Entwicklungen der Eisenzeit laufen auch nicht zeitgleich in allen Regionen ab: Im Binnenland ist der Trend zur allmäh-lichen Zentralisierung, der sich relativ früh in den Küstenstät-ten Kalabriens andeutet (z. B. Broglio di Trebisacce, Torre del Mordillo), später zu beobachten1230.

Spätestens im 6. Jh. ist jedoch auch im Binnenland eine Siedlungshierarchie festzustellen, in der diejenigen Stätten besondere Bedeutung erlangten, die die Verbindungslinien kontrollierten (Serra di Vaglio, Lavello, Ruvo di Puglia). Ihre Prosperität deutet eine durch den Sitz überregionaler Autori-täten und/oder eine besondere Lage innerhalb politischer und ökonomischer binnenländischer Netzwerke herausgehobene Rolle an1231. Im nordapulischen Gebiet bildet sich Canosa als wichtiges Zentrum heraus, in dem schon seit dem ersten Viertel des 7. Jh. qualitätvolle Keramik in größeren Mengen produziert wird. In Lavello deuten nicht nur die reichen Be-stattungen, sondern auch Gebäude wie der im Bezirk San Felice ergrabene große Rechteckbau stabile elitäre Strukturen an1232. In ca. 30 km Luftlinie Entfernung finden sich damit zwei Zentren in diesem Gebiet, deren Prosperität durch wirt-schaftlichen Überschuss aus dem Umland gesichert werden musste und die zu Knotenpunkten an der Ofanto-Sele-Achse und Zentren des Handels auch von fremdländischen Waren wie Metall und Bernstein wurden1233. Die Existenz von vielen und blühenden indigenen Gemeinschaften in den Tälern des Agri und Sinni ab der zweiten Hälfte des 7. Jh. (Agri: Alia-nello, Roccanova, Aliano, Armento, Guardia Perticara; Sinni:

Chiaromonte, Noepoli, Latronico-Colle dei Greci) bezeugt die Fortsetzung von Prozessen, die sich schon in den voran-gehenden Dekaden andeuteten – ein Zeichen von Wachstum und Veränderung der italischen Gemeinschaften sowohl auf sozioökonomischem wie auch auf kulturellem Gebiet. Dass diese Entwicklungen ihren Stimulus auch aus der Begegnung mit den griechischen Neuankömmlingen und den Etruskern bezogen haben, ist wahrscheinlich1234. Es gilt aber drei Punkte zu beachten: Erstens finden sich in den Gräbern niemals allein griechische Beigaben, sondern es werden soziale bzw.

ideologi-1230 Bianco 1996, 31.

1231 Russo Tagliente 1992, 51–52 vermutet sogar ihre Funktion als re-distributive Zentren (analog zur bronzezeitlichen ostmediterranen Palastwirtschaft), was jedoch eine sehr straffe politische und wirt-schaftliche Organisation der umliegenden Gesellschaften und des zugehörigen Territoriums voraussetzen würde, wie sie zum gegen-wärtigen Zeitpunkt nicht nachgewiesen werden kann.

1232 Zum Bau in San Felice s. Liseno 2007, 148–149 mit Bibliogra-phie sowie Mutino 2012, die noch weitere ‚palaziale‘ Strukturen in Lavello identifiziert – zumindest der Bau in San Felice (6./5. Jh.) gleicht dabei architektonisch solchen Banketthäusern wie in Braida die Vaglio und Torre di Satriano.

1233 Bottini 1982, 159.

1234 Russo Tagliente 1992, 41; Lombardi 1996, 16–19; Bianco 1999b, 385.

mit großem Hof bestand1246. Ähnliches ist auch weiter nörd-lich für Monte Sannace belegt, wobei an beiden Stätten Archi-tekturelemente griechischen Typs wie tönerne Dachziegel, oft mit Bemalung, und dorische Kapitelle gefunden wurden1247. Es ist jedoch anzumerken, dass auch die ovale oder unregel-mäßige (apsidiale etc.) Hütte im 6. Jh. im indigenen Raum Süditaliens eine weiterhin verwendete Bauform bleibt1248. Meist ist für die Gebäude, auch für kleinere Häuser, durch Funde von Vorratshaltungsgefäßen (Pithoi) und Werkzeugen (Webgewichten) sowohl Wohn- als auch Produktionsfunktion anzunehmen1249. In Baragiano lässt sich der Wechsel von un-regelmäßigen Hütten zu apsidialen bzw. rechteckigen Bauten etwa im 6. Jh. nachvollziehen1250. Noch in der ersten Hälf-te des 6. Jh. wird dort (Bezirk Spinituro) ein mehrräumiges Apsidenhaus mit seitlichem Vordach errichtet, das in seiner Anlage an die residenza ad abside von Torre di Satriano erin-nert, aber Steinfundamente und aufgehendes Mauerwerk aus luftgetrockneten Lehmziegeln besaß und eine Grundfläche von 240 m² (ca. 24,5 × 10 m) aufwies. Es wird vermutet, dass hier ein ‚öffentlicher‘ Bau mit einem Raum für Nahrungszu-bereitung und einem für Bankette – besonders in seiner späten Nutzungsphase des frühen 5. Jh. – vorliegt, da im Gebäude viele griechische Trinkschalen aufgefunden wurden1251. Schon in der zweiten Hälfte des 6. Jh. wird an anderer Stelle dersel-ben Siedlung (Bezirk Serra Carbone) ein Rechteckhaus errich-tet, das ebenfalls bis ins 5. Jh. in Benutzung ist. Sein Grundriss bestand aus zwei nebeneinanderliegenden Räumen mit quer vorgelagerter Portikus. Dieses, ebenso wie ein weiteres Gebäu-de im Bezirk Le Destre, besitzt spätestens ab Gebäu-dem 5. Jh. Dach-terrakotten (Gorgonen-Antefixe)1252. Möglicherweise lassen sich in Baragiano also ähnliche Entwicklungen wie in Torre di Satriano ablesen. Besonders interessant ist aber der frühe und mit der Datierung ins 9./8. Jh. mit den Apsidialbauten zeitgleiche Nachweis – und damit eines der frühesten Beispiele aus Süditalien – für eine rechteckige Hütte in Salapia, ebenfalls mit Vorhof und mit umlaufendem Pfostengraben1253. Weitere frühe Beispiele rechteckiger bzw. quadratischer Bauformen fin-den sich in Murgecchia und Timmari1254.

Um Russo Taglientes These der Übernahme des Rechteck-hauses als eines ursprünglich griechischen Bautyps kritisch zu überprüfen1255, ist es nötig, einen Blick auf die Entwicklung

1246 Russo Tagliente 1992, 53.

1247 Angesichts dieser z. T. aufwendigen Gestaltung der Häuser scheint die von Russo Tagliente 1992, 61 geäußerte Vermutung, dass das Quadrathaus in Süditalien aufgrund seiner kleinen Dimensio-nen (ca. 25 m²) wie in Griechenland mit eher minderbemittelten Schichten in Verbindung zu stehen scheint, diskutabel.

1248 Russo Tagliente 1992, 86–89.

1249 Horsnæs 2002, 49.

1250 Russo, in: Russo – Di Giuseppe 2008, 123–127.

1251 Russo, in: Russo – Di Giuseppe 2008, 124 Abb. 7.

1252 Russo, in: Russo – Di Giuseppe 2008, 125–126 Abb. 8.

1253 Salapia – Lupara 1a: Liseno 2007, 12–17.

1254 Timmari – Salvatore 1: Liseno 2007, 52–55.

1255 Russo Tagliente 1992; ähnlich auch Stein-Hölkeskamp 2006, 318–319, die dies allerdings als einen bewussten, selektiven Prozess ansieht. Horsnæs 2002, 48 lehnt diese These ab, auch deshalb, weil

Steinsockel, der ein Areal umfasst, das entweder insgesamt leicht abgetieft (z. B. Saturo, Gravina) oder mit kleinen Gru-ben versehen ist (z. B. Cavallino, Valesio, Vaste). Eine andere Variante weist weder Eintiefung noch Steinsockel auf, sondern ist aus umstehenden Pfosten konstruiert (z. B. Matera, Fran-cavilla Marittima). Kleine Wandgraben, Pfostenlöcher und Reste von Hüttenlehm machen aufgehende Konstruktionen aus Holzflechtwerk mit Lehmbewurf und Dachabdeckung aus vergänglichem Material wie Holz und/oder Stroh (denkbar wären auch Felle oder Stoffe) wahrscheinlich. Die Fußböden bestanden aus gestampfter Erde bzw. Stampflehm. Nur verein-zelt finden sich vollständig mit Kies ausgelegte bzw. gepflaster-te Böden. Sofern Einbaugepflaster-ten rekonstruierbar sind, handelt es sich dabei meist um eine Herdstelle, die in eine Vertiefung mit Lehmunterlage eingebracht wurde. Weitere Gruben dienten als Vorratsbehälter oder zur Aufnahme von Vorratsgefäßen. Eine Hütte mit apsidialem Grundriss und Vorhof mit doppeltem Graben und Gruppen von inneren Pfosten ist für das 8. Jh.

bisher nur in Salapia belegt. Dass der Typus des (monumen-talen) Apsidenbaus aber auch in anderen indigenen Regionen vorkommt, wenn auch etwas später, haben die Entdeckungen in Torre di Satriano (residenza ad abside) eindrucksvoll belegt.

Schließlich kommen im 8. Jh. auch noch Hütten mit unre-gelmäßigem Grundriss vor, auch diese oft mit eingetieften Böden oder/und weiteren internen Gruben (z. B. Incoronata, Cannae, Lavello). Der häufigste Bautyp jedoch scheint trotz der relativ großen Variationsbreite die ovale Hütte zu sein1241, deren Lebensdauer von Yntema auf nur ein bis zwei Genera-tionen (30–40 Jahre) geschätzt wird1242. Im 7. Jh. folgen die einheimischen Behausungen denselben Konstruktionsprinzi-pien wie in der vorhergehenden Zeit1243: Im Gebiet des heuti-gen Apulien, v. a. in den antiken Landschaften Messapien und Peuketien, dominieren noch ovale oder unregelmäßige Hütten mit einem den Umfang der Struktur umgebenden Steinring.

Die Wände dieser Gebäude scheinen aufgrund fehlender an-organischer Materialien im Aufgehenden auch weiterhin aus Holz, Erde oder auch zeltartigen Konstruktionen bestanden zu haben, das Dach – aus Stoff oder schilf- bzw. reetgedeckt, möglicherweise auch mit Grassoden belegt1244 – wurde oft mit-tels zentraler Pfostenstellungen zusätzlich gestützt1245. Für das 6. Jh. ist ein Wandel in Wohnarchitektur und Siedlungsorgani-sation ablesbar. In der Wohnarchitektur scheint in dieser Zeit eine Entwicklung zur rechteckigen Bauweise stattzufinden.

Besonders gut belegt ist dieser Prozess in Cavallino, wo mit dem Komplex von Aiera Vecchia eine fortlaufend ausgebaute Struktur vorliegt, die anfangs 120 m² und schließlich 540 m² Fläche besaß und aus diversen aneinandergebauten Räumen

1241 Russo Tagliente 1992, 32.

1242 Yntema 1993, 159.

1243 Russo Tagliente 1992, 43–44.

1244 Zumindest für die augusteische Zeit kann eine Passage Vergils (Verg. ecl. 1, 68: tuguri congestum caespite culmen) als Hinweis auf die Grassodendeckung einfacher Hirtenhütten dienen.

1245 Russo Tagliente 1992, 43.

Funktion. Sie scheint diese erst in nachgeometrischer Zeit er-halten zu haben, als „man die apsidiale Grundrißform offenbar als archaisierendes Element aufnahm, und sie nun bevorzugt als Hinweis auf eine lange Tradition der Kultstätte (Apollon-Patroos-Tempel in Athen) und im Bereich der öffentlichen Bauten (Bouleuterion in Olympia) einsetzte“1261. Es kann also gezeigt werden, dass Apsis- bzw. Ovalhaus im eisenzeitlichen Griechenland als gängige Bauform genutzt und in späterer Zeit bewusst angewandt wurde, um das hohe Alter und die (betont griechische!) Tradition bestimmter Orte oder Kulte zu betonen. Die generelle Verbreitung des Rechteck- bzw. Quad-rathauses in Griechenland als dominante Bauform kann erst ab spätgeometrischer Zeit, also ab der zweiten Hälfte des 8. Jh.

verfolgt werden1262.

Wie verhält es sich mit dem Nachweis der rechteckigen Bau-weise in Süditalien? Der für die These der Übernahme dieser Konstruktionsart von den Griechen befremdliche Befund von Salapia wurde bereits erwähnt. Wie erläutert, sind die architek-tonischen Befunde Süditaliens im fraglichen Zeithorizont ge-nerell eher spärlich. Allerdings steht eine weitere Fundgattung zur Verfügung, deren Zeugniswert angesichts kaum vorhande-ner direkter archäologischer Zeugnisse in der Zeit vom 8. bis 6. Jh. nicht gänzlich außer Acht gelassen werden sollte: Plasti-sche Hausmodelle aus Ton. Bei allen von Helle Damgaard An-dersen und Helle Horsnæs zusammengetragenen Stücken süd-italischer Produktion fällt ins Auge, dass die rechteckige Form vorherrscht. Dies ist bereits der Fall bei einem Modell aus der ersten Hälfte des 8. Jh. aus einem Grab in Sala Consilina in Kampanien: Auf einer der Schmalseiten befindet sich eine Tür, an einer der Langseiten ein kleines rechteckiges Fenster. Die Wände sind mit geometrischen Mustern wie Zickzacklinien verziert, die Giebelspitzen enden in zwei gegenständigen Vo-luten, hinter denen sich auf dem First grob angedeutete plas-tische Figuren, möglicherweise Vögel, befinden1263. Von zwei weiteren Hausmodellen sind die Fundorte unbekannt, aber ihre Dekoration erinnert stark an süditalische mattbemalte Keramik und weist engste Parallelen zu der westlukanischen mattbemalten Keramik subgeometrischen Stils (ca. 575–550) auf1264, was nahelegt, dass die Hausmodelle in dieser Region im 6. Jh. gefertigt wurden1265. Ein rechteckiges Hausmodell in Kopenhagen steht auf vier Füßen, die unter den Ecken ange-bracht sind. Es besitzt ein steiles Satteldach, das auf einer Seite mit einer verschließbaren Öffnung versehen ist1266. Die Giebel-felder weisen auf jeder Seite eine etwa hochrechteckige Ausspa-rung auf. Auf dem Firstbalken ist eine Reihe plastischer Vögel angegeben, je zwei nur in Bemalung angegebene Vögel finden

1261 Lang 1996, 82–86.

1262 Russo Tagliente 1992, 46.

1263 Damgaard Andersen – Horsnæs 2002, 113 Abb. 8.

1264 Damgaard Andersen – Horsnæs 2002, 108; zu keramischen Ver-gleichen s. Yntema 1984, 186–191.

1265 Damgaard Andersen – Horsnæs 2002, 111; wahrscheinlich sogar aus der Gegend von Guardia Perticara, ebd. 118 Anm. 1. Sie sind möglicherweise etwas später als die vergleichbare Keramik einzu-ordnen, also grob in die zweite Hälfte des 6. Jh.

1266 Dänisches Nationalmuseum Inv. 3732.

von Hauskonstruktionen in Griechenland zu werfen. Fran-ziska Lang kann in ihrer Untersuchung zur Hausbauweise im frühen Griechenland nachweisen, dass zwar während der gesamten geometrischen Zeit in Griechenland die Zahl der Rechteckbauten jene der Apsis- bzw. Ovalhäuser bei weitem übertrifft, v. a. in der zweiten Hälfte des 8. Jh. jedoch ein sprunghafter Anstieg der bekannten Befunde für die

von Hauskonstruktionen in Griechenland zu werfen. Fran-ziska Lang kann in ihrer Untersuchung zur Hausbauweise im frühen Griechenland nachweisen, dass zwar während der gesamten geometrischen Zeit in Griechenland die Zahl der Rechteckbauten jene der Apsis- bzw. Ovalhäuser bei weitem übertrifft, v. a. in der zweiten Hälfte des 8. Jh. jedoch ein sprunghafter Anstieg der bekannten Befunde für die

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