• Keine Ergebnisse gefunden

Östliche Nachbarn: ‚Daunische‘ Gräber felder

Im Dokument x!7ID9F4-jadcgj! ITALIKÁ ITALIKÁ (Seite 102-114)

Gräber felder

Melfi

Nur etwa 10 bis 15 km nordnordwestlich von Ripacandida sind im Gebiet von Melfi mehrere Nekropolen aufgedeckt worden, die demselben Zeithorizont angehören. Es handelt sich um kleinere Grabnuklei im Bereich von Melfi-Chiuchiari (oder Chiucchiari), die bei Arbeiten in einem Neubaugebiet und auf dem Areal der Grundschule „F. S. Nitti“ auf dem Stadthügel unterhalb des Kastells aufgedeckt wurden, sowie um ein weiter nördlich in der Gemarkung Pisciolo am südli-chen Ufer des Ofanto gelegenes, größeres Gräberfeld506.

504 Vgl. die Keramikprovinzkartierungen von Herring 1998, 220 Abb.

175 und Yntema 1985, 23 Abb. 3.

505 Einem Anspruch auf Vollständigkeit kann angesichts der unter-schiedlichen Publikationslage der Stätten nicht genügt werden.

506 Die Dokumentationsgrundlage gestaltet sich bei diesen Altgrabun-gen in Melfi ähnlich problematisch wie in Ripacandida; Mitro – Notarangelo 2016, 23–26. 71–77 Farbtaf. I–III. Die vielen kleinen Gruben (pozzetti), die gerade im Bereich der Schule aufgedeckt wurden, wurden von den Bearbeitern als Raubgrabschächte gedeu-tet und verdeutlichen auf erschreckende Weise die Intensität der

Gesellschaften des eisenzeitlichen Binnenlandes

(lebetes) auf Dreifüßen einen dem Mann, einen der Frau zu513. Dies scheint angesichts der auch in Ripacandida festgestellten Homogenität der keramischen Beigaben über die Geschlecht-ergrenzen hinweg legitim. Auch die in der weniger prestige-trächtigen Nekropole von Ripacandida Männern vorbehal-tenen ‚Grillutensilien‘ und die damit zusammenhängende Fleischzubereitung, repräsentiert durch die Feuerböcke, sind, wie sich im Folgenden zeigen wird, in elitären Gräbern auch bei Frauen zu finden. Ein weiteres besonderes Element in der Grabausstattung könnte nur u. U. auf die Präsenz einer Frau hinweisen: Ein hohler Bronzestab von knapp 26 cm Länge mit einem diskoiden und einem durchlochten kugeligen Ende514. Giuliana Tocco, die das Inventar der Gräber für den Katalog einer Ausstellung in Potenza bearbeitet hat, deutet das Objekt als aspersorio (‚Weihwasserwedel‘/lat. aspergillum), während Rocco Mitro es als Strohhalm mit Siebfunktion interpre-tiert515. Falls das Stück ehemals einen hölzernen Kern besaß, würde es den kurzen (Schmuck-)Rocken der italischen Eisen-zeit gleichen, wie sie kürzlich von Margarita Gleba gesammelt und vorgestellt wurden516. Gleba schließt die Verwendung des Objekts als Rocken nicht aus, gibt aber die ungewöhnliche Größe zu bedenken, die auch die Nutzung als Trinkhalm frag-lich erscheinen lässt, und schlägt entweder die Funktion zur Aromatisierung von Getränken im Sinne eines geschlossenen

‚Teesiebs‘ oder als Weihrauchstab vor517. Unklar ist auch die Funktion eines weiteren Objekts, das als oscillum angespro-chen wird: Ein doppelt durchlochtes, rund geschlagenes Kera-mikstück, das wahrscheinlich als Gewicht (für Webstuhl oder Fischernetz?) gedient hat518.

Bemerkenswert ist die Tatsache, dass in dem Inventar des Grabes F neben Helmen, Schild, Beinschienen und cinturoni keine Offensivwaffen, weder Speere noch Schwerter, vorkom-men. Das ist mit dem in Ripacandida beobachteten Muster vergleichbar, dass zumindest Schwerter und symbolische De-fensivwaffen nicht vergesellschaftet sind – in der Tat scheint diese Tendenz sogar verstärkt, denn während der Defensivcha-rakter noch weiter betont wird, ist der OffensivchaDefensivcha-rakter hier gänzlich verschwunden. Allerdings sollte diese Befundlage an-gesichts der zahlreichen Objekte, die keinem der Gräber mehr eindeutig zugeordnet werden können (darunter drei Schwerter und zahlreiche Speerspitzen), nicht überbewertet werden519.

F auf, jedoch nicht die des Grabes A; zudem lässt sich keine der dort aufgeführten Beigaben des Grabes F klar auf eine weibliche Bestattung gemäß den im Vorangehenden aufgeführten Kriterien beziehen. Auch hier ist einer der beiden cinturoni der Gruppe von Typ 2-Haken nach Suano 1986 zuzuordnen.

513 Bottini 1988, 132.

514 Popoli Anellenici 1971, 105 f.; das Objekt wird von Mitro – Notarangelo 2016, 108–109. 204 Abb. 112 als kàlamos angespro-chen und recht spekulativ (aufgrund weniger, zeitlich weit entfern-ter Parallelen) dem eleusinischen Kreis zugerechnet.

515 Mitro – Notarangelo 2016, 218–221; Mitro 2015.

516 Gleba 2008, 109–122, vgl. ebd. Abb. 83 Typ A2.

517 Ich danke Margarita Gleba für die Diskussion des Stücks im per-sönlichen Gespräch und diese Hinweise.

518 Mitro – Notarangelo 2016, 111 Taf. XL.

519 Mitro – Notarangelo 2016, 119–124.

le ergänzt wurde. Auffällig ist hier bereits die Beigabe von Me-tallgefäßen, darunter ein Sieb, Oinochoen und zwei Becken.

Wie in Grab M deuten ein cinturone und eine Lanzenspitze das männliche Geschlecht des Verstorbenen an. Möglicherwei-se eher weiblichen Charakter trägt die Ausstattung von Grab E, das in das zweite Viertel oder die Mitte des 5. Jh. zu datieren ist, mit einem umfangreichen gemischten Keramikset sowie einigen Bronzegefäßen, darunter eine etruskische (?) Schna-belkanne. Dem Grab können weder Waffen noch Schmuck zugeordnet werden509.

Die reichsten Ausstattungen finden sich in Gräbern der zweiten Hälfte des 5. Jh.: Schon das in der Mitte des Jahrhun-derts angelegte Grab A besitzt neben einem eher reduzierten Keramikset aus Streifenware und Importkeramik, dem Gefäße der regionalen mattbemalten Ware und eine Olla fehlen, meh-rere Bronzebecken und eine Oinochoe aus demselben Materi-al. Dazu kommen zwei apulo-korinthische Helme und der Ei-senbeschlag eines Rades, während Schmuck fehlt. Grab B aus der zweiten Hälfte des 5. Jh. weist ein gemischtes Keramikset mit Olla, Kannen und Schalen in mattbemalter und Streifen-waren-Tradition auf. Dazu kommen griechische Kylikes und viele Bronzegefäße, v. a. Becken und zwei Oinochoen. Diese reiche Ausstattung mit kostbarem Geschirr wird komplettiert von Bratspießen und einem Feuerbock, die wahrscheinlich mit Fleischkonsum verbunden werden können. Außergewöhnlich ist in dem Grab der Fund von zwei ‚Schildzeichen‘ aus dün-nem Bronzeblech in Form eines Löwen und einer Schlange510 sowie von zwei eisernen Wagenrädern. In Grab F aus dem drit-ten Viertel des 5. Jh. setzt sich dieser Beigabenreichtum fort511: Mit einer undekorierten Olla sind fast ausschließlich Gefäße der Streifenware und griechische bzw. griechisch beeinfluss-te Vasen, darunbeeinfluss-ter zwei schwarzfigurige Kleinmeisbeeinfluss-terschalen vergesellschaftet. Das sehr umfangreiche Set aus Metallge-schirr umfasst Becken, eine Situla und Kannen (Oinochoen und Schnabelkanne) sowie zwei Feuerböcke. Bemerkenswert ist auch die Ausstattung des Grabes mit Waffen, wenn auch möglicherweise eher symbolischen Charakters: Neben zwei cinturoni und zwei apulo-korinthischen Helmen konnten dem Grab ein massiver Bronzeschild sowie drei Paar Beinschienen zugeordnet werden. Dagegen können mit drei Bernsteinan-hängern und einem bronzenen Fingerring vergleichsweise sehr wenige Schmuckteile – angesichts der reichen sonstigen Bei-gaben – sicher dem Grab zugewiesen werden. Weiter von der Bedeutung der hier Bestatteten zeugen ein Bronzekandelaber und wiederum zwei Wagenräder. Nach Bottini verteilten sich diese Beigaben auf zwei Individuen, einen Mann und eine Frau512. Er weist von den beiden großen bronzenen Kesseln

509 Der cinturone ist aufgrund seiner Haken dem Typ 2C nach Suano 1986 zuzurechnen; zur generell problematischen Beigabenzuwei-sung vgl. Anm. 508.

510 Mitro – Notarangelo 2016, Farbtaf. X; von Bottini 2013b, Abb. 2 noch Grab F zugeordnet.

511 Mitro – Notarangelo 2016, 107–111; Bottini 1988, 132–133.

512 Bottini 1988, 129. Die Dokumentationslage ist verwirrend: so listet Popoli Anellenici 1971, 104–110 zwar alle Beigaben des Grabes

Bei den Grabungen der 1970er Jahre im Bereich der Grundschule und der benachbarten Bischofsresidenz wurden im Areal einiger Suchschnitte sieben Bestattungen vom 6. bis in die erste Hälfte des 5. Jh. in unterschiedlicher Orientierung aufgedeckt524. Es handelt sich um einfache Grabgruben, bei denen teilweise Boden und Wände mit Steinen ausgekleidet waren und die eine Abdeckung aus großen, unförmigen Stein-platten besaßen. Der ausschnitthafte Charakter der Untersu-chungen erlaubt keine klare Identifizierung von Grabgruppen, aber zumindest paarige Zuordnungen scheinen wahrschein-lich. Aufgrund der Grabbeigaben wurde die Mehrheit der Grä-ber Frauen zugewiesen (3, 5, 6 und 7), bei denen das gehockte Skelett regelhaft auf die linke Körperseite gebettet war. Bei den Bestattungen 1 und 4 aus der ersten Hälfte des 5. Jh. lag der Körper auf der rechten Seite, und die Ausstattung mit Speer-spitzen deutet auf männliches Geschlecht der Verstorbenen hin. Mehrfach belegt war nur das in direkter linearer Paarung mit Grab 1 gelegene Grab 2, das ebenfalls in der ersten Hälfte des 5. Jh. angelegt wurde. Aufgrund der Störung durch einen Raubschacht kann nur vermutet werden, dass es sich bei den zuletzt Bestatteten um ein weibliches und ein männliches Indi-viduum gehandelt hat, während in einer kleinen Grube unter ihnen die Reste einer reduzierten Vorbestattung (Knochen und Schmuck, daher wahrscheinlich eine Frau) lagen.

Die frühesten Gräber 1 und 6 stammen noch vom Beginn des 6. Jh. und sind aufgrund der Beigaben wohl einem Mann und einer Frau zuzuordnen. Beide enthalten nur wenig bis gar keine Keramik. In Frauengrab 6 fanden sich sogar ausschließ-lich bronzene Schmuckelemente (Armringe), darunter ein Anhänger in Form eines Hirsches (Abb. 50) und eine

Bern-524 Mitro – Notarangelo 2016, 71–77.

Der etruskische Bronzekandelaber aus Grab F520 legt neben dem Vorkommen von Schnabelkannen für die Nutzer dieses kleinen Grabnukleus weitreichende Verbindungen an die tyr-rhenische Küste und/oder nach Mittelitalien nahe, ähnlich den reichen Bestattungen in Ruvo del Monte, wobei der Charakter dieser Bezüge (ob direkt oder indirekt) noch unklar bleiben muss. Ebenso sind Kontakte zur griechischen Welt durch das Vorkommen durchaus qualitätvoller schwarzfiguriger Kelche belegt, aber kaum näher beschreibbar. Generell verschiebt sich aber in Melfi wie in Ripacandida mit der Zeit der Standard der Importe von B2-Knickrandschalen zu fein verziertem at-tischem Geschirr, jedoch in qualitätvollerer Ausführung. Ob dieses Geschirr, das im griechischen Bereich für Symposiums-kultur und Weinkonsum steht, allerdings auch im melfesi-schen Kontext so genutzt wurde, muss fraglich bleiben521. Das wahrscheinlich prestigeträchtigste Element der Gräber B und F sind jedoch die Wagenräder522, die möglicherweise jeweils zu zweirädrigen Wagen gehörten. Sie implizieren Pferdebesitz und damit hohen gesellschaftlichen Status der Verstorbenen523.

Ab dem Ende des 5. Jh. scheint sich der Beigabenreichtum der Gräber des Nukleus von Chiuchiari wieder etwas zu redu-zieren: Grab L weist ein typisches, indigenes Keramikbeiga-benset auf, mit einigen Gefäßen von Streifenware (auch Teller) und griechischen Kylikes. Ein kleines Bronzebecken, das ein-zige Metallgefäß des Grabes, ist in Form und Größe fast iden-tisch mit dem aus Ripacandida Grab 8. Weder Schmuck noch Waffen ließen sich dem Grab zuordnen. Grab D und H wiede-rum weisen ein sehr umfangreiches Keramikset auf, das jeweils aus mattbemalten Stücken, Streifenware und Schwarzfirnisge-fäßen besteht. In Grab D wird diese Ausstattung durch eine bronzene Oinochoe und zwei Bronzebecken ergänzt, während in Grab H rotfigurige Eulenskyphoi hinzukommen. Beiden Gräbern konnten keine weiteren Funde zugeordnet werden.

Die Gräber I und N aus dem 4. Jh. beinhalteten ebenso eine gemischte Keramikausstattung und fast keine (zuweisbaren) weiteren Funde; interessant ist die Beigabe eines dem Kannen-typ B von Ripacandida sehr ähnlichen Gefäßes in Grab I, das noch am Anfang des 4. Jh. angelegt wurde, sowie einer Perle aus Glasfluss. In Grab N deutet die enthaltene Gnathia-Ware die späte Zeitstellung der Bestattung aus der zweiten Hälfte des 4. Jh. an.

520 Popoli Anellenici 1971, Taf. 38. Möglicherweise auch in anderen Gräbern des Nukleus, wie etwa Grab A, da Reste eines Bleikandela-bers unter den nicht zuzuweisenden Funden gelistet werden.

521 D’Agostino 1989, 228–229; d’Agostino 1998, 44–47; Bottini 1990, 9; damit ähnelt diese kleine, elitäre Nekropole den Befunden von Braida di Vaglio.

522 Daher Bottinis Benennung des Grabes F als „tomba del grande car-ro“; Bottini 1988, 112. 129–132.

523 Vgl. auch die kleine indigene Kanne aus Pomarico Vecchio, deren Kontext leider nicht dokumentiert ist und die sich heute in Privat-besitz in Matera befindet: sie wird stilistisch ins 6. Jh. datiert (Ähn-lichkeiten zu korinthischen Vasenbildern) und zeigt drei jeweils zweirädrige Wagen, die von einem Pferd gezogen werden, dessen einzelner Lenker sich auf dem Wagenkasten befindet; Tagliente, in:

Bottini 1994, 79–81.

Abb. 50 Bronzeanhänger in Hirschform aus Melfi-Chiucchiari, Grab 6

Weiter nordwestlich findet sich ein ausgedehnterer Fund-platz in der Gemarkung Melfi-Pisciolo533. Er liegt in der Flussebene an einer Furt über den Ofanto, einem wichtigen antiken Wasserverkehrsweg aus dem hügeligen Hinterland an die adriatische Küste. Mit dieser Lage ist die Stätte eher von nordapulisch-daunischem Charakter als typisch für den Melfese, der weitgehend Höhensiedlungen aufweist534. Der Friedhof wurde in zwei unterschiedlichen Zonen (A und B) archäologisch erfasst und bearbeitet. Er umfasst unterschiedli-che Grabtypen – einfaunterschiedli-che Grubengräber kommen ebenso vor wie Steinkistengräber, doppelte Steinkistengräber und ab dem Ende des 5. Jh. auch Gräber a cappuccina (Grubengräber, bei denen die Grabkammer durch schräg gegeneinander gelehnte Flachziegel gebildet wird). Die Grubengräber weisen oft eine Steinplattenabdeckung auf, einige Grabböden sind mit einer Kieselpflasterung versehen, kleine Tumuli sind sehr selten.

Auch hier dominiert die Hockerbestattung und die Gräber gliedern sich in Gruppen535.

Im von Raphaëlle-Anne Kok publizierten Areal der Zone A der Nekropole handelt es sich bei den frühesten Bestattun-gen um linke Hocker, in den späteren Phasen kommt auch die rechte Hockerlage auf. Die späteste untersuchte Bestattung in einem a cappuccina-Grab (Grab 23) wurde in der zweiten Hälfte des 4. Jh. angelegt und in gestreckter Rückenlage gebet-tet. Fast alle Bestattungen sind N-S-orientiert536. Die häufigs-ten Keramikarhäufigs-ten sind North Daunian Subgeometric (NDS) I und II sowie South Daunian Subgeometric (SDS) I und IIA, v. a. aber NDS II und etwas seltener SDS IIA. Wie auf anderen Fundplätzen des Binnenlandes werden im Laufe des 5. Jh. die Einflüsse griechischer Keramikproduktion stärker, und subgeometrisch verzierte Kannen werden zusehends von solchen mit Streifendekor verdrängt. Im letzten Viertel des 5.

Jh. gelangt immer mehr Schwarzfirnisware in die Beigabenen-sembles, am Übergang vom 5. zum 4. Jh. sind in zwei der von Kok untersuchten Gräber Eulenskyphoi Teil des keramischen Beigabensets537.

Das früheste Grab 13, von Tocco noch an das Ende des 7. oder in die erste Hälfte des 6. Jh., von Kok in das zweite Viertel des 6. Jh. datiert, scheint nach Lage der beiden überei-nander gelegten Skelette und Beigaben zwei Frauen geborgen zu haben. Beide waren links gehockt und besaßen reiche Bei-gaben: jeweils ein volles nordapulisch-daunisches Keramikset aus Olla, Kannen, Schöpftassen bzw. Kyathoi und diversen Bernsteinperlen bzw. -anhängern538.

533 Mitro – Notarangelo 2016, Farbtaf. I; Kok 2009, 65. Vorbericht unter Kok 2009a; Popoli Anellenici 1971, 117–128.

534 Zusätzlich zu den Grabbefunden sind aus Melfi-Pisciolo zum Grä-berfeld gleichzeitige Siedlungsreste aufgedeckt worden. Es handelt sich dabei um Rund- oder Ovalhütten mit kleinem Vorbau, die in das 5. Jh. datiert werden konnten. Mitro – Notarangelo 2016, 17–18; Kok 2009, 66; vgl. Tocco 1972.

535 Mitro – Notarangelo 2016, 23–26 Farbtaf. IV Abb. 7.

536 Kok 2009, 69 Abb. 3.

537 Kok 2009, 67–75.

538 Popoli Anellenici 1971, 118–120; aus diesem Grab stammen auch zwei, den unterschiedlichen Bestattungen zuzuordnende

Bernstein-steinperle525. Grab 1 enthielt neben einem sehr reduzierten keramischen Basisset (Ofanto-subgeometrische Olla, Kanne und Schöpftasse) die spärlichen Reste eines Bronzebeckens526. Wie in weiteren Fällen im umliegenden Gebiet konnte auch hier dokumentiert werden, dass die Schöpftasse in der Olla deponiert war. Das männliche Geschlecht des Grabinhabers legen ein korinthischer Helm und eine schwere Lanzenspitze nahe, obwohl auch ein bronzener Armreif, eine kleine Bron-zespirale und ein abstrakt-anthropomorpher, typisch norda-pulischer Anhänger Teil der Beigaben waren527. Ein ebenfalls sehr frühes Grab etwa derselben Zeitstellung war Grab 9, das allerdings sehr schlecht dokumentiert ist und wie Grab 6 nur einige Schmuckelemente aufwies, darunter eine Silberfibel und zwei Bronzeanhänger528. Grab 7, das in das dritte Viertel des 6. Jh. datiert wird, enthielt neben einem ganz reduzierten, typischen Keramikbeigabenset ein großes Messer529 und ein Webgewicht, was in Kombination mit der linken Hockerlage des Skeletts den für Ripacandida herausgearbeiteten Niederle-gungsprinzipien für weibliche Verstorbene entspricht.

Die Parallelen zu Ripacandida in diesem Gräberfeld sind unübersehbar – neben den Niederlegungsprinzipien und Ob-jekten wie den zoomorphen Anhängern lassen sich in den Gräbern dieses Nukleus sogar enge keramische Verbindungen nachweisen: Grab 3 aus der ersten Hälfte des 5. Jh. enthielt eine weibliche Bestattung mit viel Schmuck und ein Keramik-set, das u. a. die bichrom-mattbemalte Imitation eines Scha-lenskyphos umfasst sowie eine Kanne, die sehr dem Typ B von Ripacandida ähnelt530. Gleiches gilt für Grab 5 aus derselben Phase: Das ganz indigene, nordapulisch-daunisch geprägte Keramikset umfasste ebenfalls eine analoge Kanne531. Zusätz-lich waren mit einem Messer von Typ 1 und insbesondere viel Schmuck eher dem weiblichen Bereich zuzurechnende Beiga-ben enthalten, zu denen nach Analyse der Befunde von Ripa-candida vielleicht auch das bichrom-mattbemalte Thymiateri-on als Kultgerät zu rechnen ist. Auch in Grab 2 fand sich ne-ben mattbemalt-subgeometrisch/daunischen Gefäßen, Strei-fenware, zwei schwarzgefirnissten Tassenskyphoi und einer B2-Schale auch eine ganz charakteristische Typ A-Kanne aus Ripacandida (wenn auch mit untypisch tordiertem Henkel)532.

525 Mitro – Notarangelo 2016, 86–87. Der Anhänger wurde bereits kurz nach seiner Entdeckung in einer Ausstellung gezeigt; vgl. Po-poli Anellenici 1971, 108–110 Taf. 41.

526 Nach Mitro – Notarangelo 2016, 75 ein importiertes Perlrandbe-cken.

527 Mitro – Notarangelo 2016, Farbtaf. IX Abb. 34.

528 Mitro – Notarangelo 2016, 76. 88. Wenige Fotos legen nahe, dass es 1984 bei Notgrabungen im Stadtgebiet von Melfi geborgen wur-de und wahrscheinlich einen auf wur-der linken Körperseite gehockten weiblichen Leichnam barg. Das Grab enthielt zudem einen Bronze-anhänger in Löffelform, der gut mit dem Löffelchen 36/10a aus Ripacandida vergleichbar ist; Mitro – Notarangelo 2016, 88 Nr. 1 Abb. 78.

529 Ripacandida Typ 1, vgl. Appendix 1.

530 Mitro – Notarangelo 2016, 93 Nr. 7 (Typ 7.1).

531 Mitro – Notarangelo 2016, 97 Nr. 7.

532 Mitro – Notarangelo 2016, 91 Nr. 6 (Typ 2.2).

es wünschenswert, die Funktion der beiden als Speerspitzen angesprochenen Elemente nochmals zu überprüfen.

Die Zone B wurde kürzlich von Francesco Notarangelo vorgelegt542. Wie an anderen schon besprochenen Stätten ist auch hier die Ausrichtung der Gräber unregelmäßig und an-thropologische Untersuchungen fehlen. Die ältesten Gräber dieses Areals stammen noch aus der ersten Hälfte des 6. Jh.

und weisen insgesamt eine ziemlich homogene Beigabenaus-stattung auf, die ein achromes Set aus Olla, Schöpftasse und Schale bzw. Napf umfasst. Erst ab der zweiten Hälfte des 6. Jh.

finden sich mattbemalte geometrische Ware und Knickrand-schalen. Auch in diesem Bereich handelt es sich bei den Be-stattungen des 6. Jh. in überwiegender Zahl, soweit erkennbar, um auf der linken Körperseite niedergelegte Individuen, die ohne Waffen, aber mit Schmuck vergesellschaftet sind. Nur in Grab 126 und 163 sind klar rechte Hocker niedergelegt.

Dies sind auch die einzigen Bestattungen dieser Zeit, die mit Lanzenspitzen und Messern ausgestattet wurden543.

Ab dem 5. Jh. finden sich in den Gräbern erste, wohl lokal gefertigte Streifenware-Gefäße, aber auch Schwarzfirnisware und neue Formen, die die Offenheit der lokalen Gemeinschaft zu den neuen griechischen Nachbarn bezeugen. Insbesondere ab der Jahrhundertmitte wird die mattbemalte geometrische Keramik zusehends von der Streifenware verdrängt und grie-chische Fomen wie Krater, Kleeblattkanne und Amphoris-kos bereichern die Grabausstattungen. Parallel dazu ist auch ein verstärktes Aufkommen von einhenkligen Näpfen und Gefäßen der Schwarzfirnisware wie Kylikes und Skyphoi zu bemerken, wobei die Schwarzfirnisformen auch oft von Imi-tationen mit rotem oder braunem Überzug kopiert werden.

Die Schöpftasse wird teilweise von kantharoiden Formen ver-drängt, ebenso wie ab dem späten 5. Jh. die Olla durch den Krater.

Im 5. Jh. steigt wie an anderen Stätten auch in Pisciolo generell der Beigabenreichtum der Gräber, insbesondere in Bezug auf die Keramikausstattung. Grundlegende Niederle-gungsprinzipien scheinen sich aber nicht zu verändern: Auch in dieser Zeit sind linke Hocker im akeramischen Segment der Beigaben v. a. mit Schmuck ausgestattet und Waffen fehlen (104, 105. 108 [Kind], 110 [Kind], 112, 113, 118, 119, 129, 162). Das ist auch bei reichen Bestattungen wie Grab 139 der Fall, wo sich unter den zahlreichen Beigaben eine Bernstein-perle in Form eines Widderkopfes fand544. Daneben finden sich aber auch linke Hockerbestattungen, deren Beigaben weder Schmuck noch Waffen aufweisen (137). Dasselbe Phä-nomen der fehlenden akeramischen Beigaben kann allerdings auch bei einigen Gräbern mit rechter Hockerbestattung beob-achtet werden (121, 122, 141), was möglicherweise in beiden Fällen auf einen niedrigeren sozialen Status der Verstorbenen

542 Mitro – Notarangelo 2016, 17–69.

543 Mitro – Notarangelo 2016, 27–39. Im Grab 126 fanden sich sogar drei Lanzenspitzen und ein Messer vom Typ 1, während in Grab 163 zwar keine Lanze, aber der Rest eines Messers aufgefunden

543 Mitro – Notarangelo 2016, 27–39. Im Grab 126 fanden sich sogar drei Lanzenspitzen und ein Messer vom Typ 1, während in Grab 163 zwar keine Lanze, aber der Rest eines Messers aufgefunden

Im Dokument x!7ID9F4-jadcgj! ITALIKÁ ITALIKÁ (Seite 102-114)