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Die Fähigkeit vieler Proteine sich selbst zusammenzulagern, um Dimere und höhere Oligo-mere auszubilden, ist ein weit verbreitetes Phänomen. Diese Dimerisierung kann zu struktu-rellen und funktionellen Vorteilen für das Protein führen (Marianayagam et al., 2004). Die

Beobachtung, dass RTP1p nach Anreicherung schon nach kurzer Inkubation aggregiert, wurde als Hinweis auf eine potentielle Multimerisierung gedeutet.

Um zu analysieren, ob RTP1p als Monomer oder Multimer eine Rolle spielt, wurden die Se-quenzen von Uf-RTP1p, Us-RTP1p und Ua-RTP1p auf Eigenschaften untersucht, die eine Multimerisierung vermitteln könnten. Zudem wurden Cross-Linking Experimente mit ver-schiedenen Cross-Linkern durchgeführt, um die Selbst-Assoziation von RTP1p nachzu-weisen.

3.10.1 Untersuchung der Rolle der cross β-Faltblatt Strukturen für die Multimerisierung

Es wurde eine Analyse der Aminosäuresequenzen, aller drei auf Sequenzebene zur Ver-fügung stehenden RTP1p, zur Identifikation potentieller cross β-Faltblattstrukturen durchge-führt, welche zur Aggregation führen könnten. Diese Analyse wurde mit dem TANGO Algo-rithmus durchgeführt (Fernandez-Escamilla et al., 2004).

Abbildung 3-31 Bereiche mit vorhergesagter hoher Aggregationstendenz in RTP1p.

RTP1p wurde grau dargestellt, die Signalsequenz hellgrau. Mit einem grauen Pfeil wurde der zwischen den Se-quenzen variable N-Terminus markiert. Rot wurden Bereiche, für welche eine hohe Aggregationstendenz vor-hergesagt wurde, eingezeichnet. Grün wurden die für diesen Bereich vorvor-hergesagten β-Faltblattstrukturen mar-kiert. Ein Modell der antiparallelen β-Faltblatt Struktur der ersten Aggregationsdomäne wurde angefügt.

In allen drei Sequenzen wird in einem komplett konservierten Bereich die Aminosäurefolge Y139VFVSYGTCATVF151 sowie bei Uf-RTP1p und Us-RTP1p die Sequenzfolge V204IISL208

gefunden, für welche eine hohe Aggregationstendenz vorhergesagt wird. In allen drei Sequen-zen liegen die Wahrscheinlichkeiten für eine Beteiligung von F141VS143 in einer β-Aggre-gationsdomäne bei 60%. Im Bereich der Aminosäuren V204IISL208 wird mit Hilfe des Algo-rithmus BETApro (Cheng und Baldi, 2005) nur ein β-Faltblatt vorhergesagt, da es sich um einen relativ kurzen Bereich von fünf Aminosäuren handelt. Damit ist die Beteiligung dieses Bereichs an einer intramolekularen, antiparallelen β-Faltblatt Struktur gering. Für den Bereich

Uf-RTP1p YVFVSYGTCATVF Us-RTP1p YVFVSYGTCATVF Ua-RTP1p YVFVSYGTCATVF

VIISL VIISL

Y V F V S Y

G

F V T A C T

Y139VFVSYGTCATVF151 werden mit dem Algorithmus BETApro zwei β-Faltblätter vorher-gesagt. Das erste liegt im Bereich der Sequenzabfolge Y139VFVS143 und das zweite bei C147ATVF151. Dazwischen liegt ein potentieller Loop mit den drei Aminosäuren Y144GT146. Mit Hilfe des BETApro Algorithmus kann zudem eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit der Paarung von β-Faltblättern in einem Protein gemacht werden. Mit 1.98 ist die Pseudo-Bindeenergie für die beiden β-Faltblätter der potentiellen β-Faltblatt Struktur am höchsten gegenüber allen in RTP1p möglichen Paarungen an β-Faltblätter. Laut der Vorhersage ordnen sich die beiden Faltblätter antiparallel an und bilden eine β-Faltblatt-Turn-β-Faltblatt Haar-nadelstruktur.

Die für RTP1p identifizierte β-Faltblatt-Turn-β-Faltblatt Haarnadelstruktur, die im Turn mit Tyrosin einen aromatischen Rest aufweist, kann auch als Sphingolipid-Binde-Domäne cha-rakterisiert werden. Für diese Strukturmotive wurde eine Beteiligung an der Interaktion mit Glykosphingolipiden beschrieben, was dazu führt, dass die entsprechenden Proteine in „lipid rafts“ dirigiert werden (Fantini, 2003). Die Sphingolipid-Binde-Domäne könnte eine wichtige Rolle beim Transfer von RTP1p in die pflanzliche Zelle spielen.

3.10.2 RTP1p bildet Dimere und Multimere aus

Da auf Grund der potentiellen β-Aggregationsdomäne, der Verdacht bestand, dass Uf-RTP1p und das heterolog erzeugte ΠRTP1p Dimere oder Multimere ausbilden, sowie Überexpres-sionsstudien von ΠRTP1p ebenfalls auf eine Aggregation von ΠRTP1p deuten, wurden Cross-Linking Experimente durchgeführt.

Hierfür wurden unter physiologischen Bedingungen entweder Glutaraldehyd (Enguita et al., 1996) oder Sulfo-EGS (Handler et al., 1996) als intermolekulare Cross-Linker zugegeben. Die Proben wurden mittels SDS-PAGE und Western Blot Analyse untersucht und nach der Verknüpfung auf zusätzliche, dem Dimer oder weiteren Multimeren entsprechende Banden untersucht.

Wie in Abbildung 3-32 gezeigt, bildet sowohl das native als auch das heterologe RTP1p Di-mere aus. Mit Glutaraldehyd und auch mit Sulfo-EGS erkennt man bei 47 kDa die DiDi-mere des nativen Uf-RTP1p und bei 85-90 kDa die des ΠRTP1p. Wurde Glutaraldehyd als Cross-Linker verwendet, so sind weitere Signale in den Taschen und am Übergang zwischen Sam-mel- und Trenngel zu finden. Sie repräsentieren Multimere des RTP1p, welche wegen ihres hohen Molekulargewichts in der SDS-PAGE nicht mehr aufgetrennt werden konnten. Mit Sulfo-EGS sind ebenfalls Banden im höhermolekularen Bereich zu beobachten, die RTP1p Multimere darstellen.

Abbildung 3-32 Cross-Linking zum Nachweis von RTP1p Dimeren und Multimeren.

A Cross-Linking des nativen Uf-RTP1p mit den Cross-Linkern Glutaraldehyd (0,05%) und Sulfo-EGS (1,5 mM). B Cross-Linking des ΠRTP1p mit den Cross-Linkern Glutaraldehyd (0,1%) und Sulfo-EGS (5 mM).

Der Antikörper (S746p) wurde 1: 10.000 verdünnt. Die Zahlen links geben den Molekulargewichtsstandard wieder.

Bei den in allen Fällen beobachteten Multimeren könnte es sich um die mit Hilfe von mikros-kopischen Untersuchungen beobachteten, amorphen Aggregate oder Protofilamente von RTP1p handeln, welche sich durch die unter 3.10.1 beschriebene β-Aggregationsdomäne aus-bilden könnten.

3.10.3 pH- Abhängigkeit des Aggregationsverhaltens von RTP1p

Analysiert man mit Hilfe des TANGO Algorithmus (Fernandez-Escamilla et al., 2004) das Aggregationsverhalten von Uf-RTP1p in Abhängigkeit des pH-Wertes, so kann man eine Zu-nahme der Aggregationswahrscheinlichkeit bei niedrigerem pH beobachten.

Um zu untersuchen, ob das Verhalten von ΠRTP1p dem, durch die in silico Analyse vorher-gesagten entspricht, wurden Pelletionsversuche bei unterschiedlichen pH-Werten in 20 mM Citrat- und Kaliumphosphatpuffer, durchgeführt. Es wurde sowohl der Überstand als auch das Pellet analysiert.

Abbildung 3-33 Pelletionsversuch mit ΠRTP1p bei pH 4, 6 und 8.

Für pH 4 und 6 wurden die Versuche in 20 mM Citratpuffer und für pH 8 in 20 mM Kaliumphos-phatpuffer mit den entsprechenden pH Werten durchgeführt. Der Antikörper (S746p) wurde 1:10.000 verdünnt. Die Zahlen links geben den Mo-lekulargewichtsstandard wieder.

Das Pelletionsverhalten des ΠRTP1p variiert stark in Abhängigkeit des eingestellten pHs. Bei einem pH Wert von 6 pelletiert kaum Protein, es verbleibt im Überstand. Wird jedoch der pH auf 4 abgesenkt so scheinen sich größere Aggregate zu bilden, welche bei der Zentrifugation pelletieren. Deshalb kann im Pellet deutlich mehr ΠRTP1p gefunden werden als in den Über-standsproben. Wie in silico mit dem TANGO Algorithmus berechnet, steigt die Aggregations-tendenz bei saurem pH deutlich an.

Im basischen, jedoch nicht physiologischen Bereich bei, pH 8, scheint RTP1p entgegen den Vorhersagen ebenfalls zu präzipitieren und zur Dimerbildung zu neigen.

ΠRTP1p ist nur in einem relativ engen Bereich um pH 6 löslich, sowohl im sauren als auch im basischen Bereich scheint es zu aggregieren.

3.10.4 Konzentrationsabhängigkeit des Aggregationsverhaltens von RTP1p

Außer dem pH hat auch die Konzentration einen Effekt auf das Aggregationsverhalten von ΠRTP1p.

ΠRTP1p scheint in den Kulturüberständen der P. pastoris Kulturen die kritische Aggre-gationskonzentration zu erreichen, da in den Überstandsproben auch ohne Cross-Linking Dimere und weitere Multimere über Western Blot Analysen detektiert wurden (Abbildung 3-10). Da für die ΠRTP1p Konzentration der Kulturüberstände eine Konzentration von 18 mg/l berechnet wurde, scheint die kritische Aggregationskonzentration relativ niedrig zu sein.

Eine Aggregation konnte für die meisten RTP1p Konstrukte in P. pastoris Kulturüberständen beobachtet werden, so zum Beispiel für die Glykosylierungsmutante N78Q. Selbst hohe SDS- (2%) und DTT-Konzentrationen (1 M) im Probenpuffer sowie das Aufkochen scheinen die Aggregation von RTP1p nicht zu verhindern. Damit scheint es sich bei den RTP1p Aggre-gaten um sehr stabile Komplexe zu handeln.

Mit der konzentrationsabhängigen Aggregation korreliert ebenfalls die Beobachtung, dass so-wohl beim Versuch den Kulturüberstand anzukonzentrieren, als auch bei der Ankon-zentrierung des gereinigten Überstandes die Hälfte des ΠRTP1p verloren ging (siehe 3.3.1).

3.10.5 Umformen der RTP1p Aggregate in filamentartige Strukturen

Wie von Kemen (Kemen, 2006) elektronenmikroskopisch gezeigt, handelt es sich bei den aus aufgereinigtem ΠRTP1p bestehenden Aggregaten um amorphe Multimere. Diese lassen sich durch ein von Lee und Eisenberg (2003) für Prionproteine beschriebenes Red-Ox-Experiment in filamentöse Strukturen überführen. Um zu kontrollieren ob es sich bei den beobachteten

Filamenten tatsächlich um RTP1p handelt, wurde parallel zu den elektronenmikroskopischen Analysen der Filamente eine Western Blot Analyse auf Proben aller Stufen des Red-Ox-Experiments durchgeführt.

Abbildung 3-34 Analyse verschiedener Stufen eines Red-Ox-Experiments auf ihren ΠRTP1p Gehalt.

1 Stufe 1: 50 mM Tris-HCl, pH8, 100 mM DTT, 2,5 M Guanidin-HCl, 3 M NaCl. 2 Stufe 2: 50 mM Na-Acetat, pH 3,8, 1M Guanidin-HCl. 3 Stufe 3: 50 mM Na-Acetat, pH 3,8. 4 Überstand bzw. 5 Pellet nach Zentrifugation nach der dritten Stufe des Red-Ox-Experiments.

Wie in Abbildung 3-34 Bahn 1 gezeigt, ist nach einer Guanidin-HCl/DTT Behandlung (siehe 2.10.12) eine deutliche Bande des ΠRTP1p Monomers in der Probe zu erkennen. In Puffer 1 wurden die nach der Aufreinigung von ΠRTP1p beobachteten Aggregate aufgelöst und der Hauptanteil des Proteins liegt in Form des Monomers vor. Zusätzlich zum Monomer sind weitere Banden zu erkennen, welche dem Dimer und Multimeren entsprechen. Die Monomer-Bande nimmt in Stufe 3 gegenüber Stufe 2 des Red-Ox-Experiments deutlich ab, da in 50 mM Na-Acetat, pH 3,8 die Filamentbildung begünstigt wird. Um die in Stufe 3 gebildeten Fila-mente anzureichern wurde die Probe abzentrifugiert und sowohl der Überstand als auch das Pellet auf die ΠRTP1p Konzentration untersucht. Das starke Immunsignal für ΠRTP1p in den Pelletproben korreliert mit der mikroskopischen Beobachtung, dass sich im Pellet Filamente anreicherten. Damit scheint es sich bei den Filamenten um aus ΠRTP1p aufgebaute Struk-turen zu handeln.

Jedoch scheint ΠRTP1p nicht ausschließlich als Filament vorzuliegen, denn auch in den Überstandsproben, die keine Filamente aufwiesen, kann ΠRTP1p detektiert werden. Damit scheint die Filamentbildung durch ein Gleichgewicht zwischen Monomer und Filament be-stimmt zu werden.