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4.1 RTP1p – eine neue Familie unter den pilzlichen, sekretierten Proteinen

4.1.6 Motive der RTP1p Familie

Im Folgenden wird ein Überblick über die bei RTP1p im N- und C-Terminus identifizierten und charakterisierten Motive gegeben.

Sekretionssignal

Die Sekretion eines Effektorproteins ist eine wichtige Voraussetzung für die Kommunikation zwischen Pilz und Pflanze. So stellen kleine, sekretierte Proteine, die am weitesten ver-breiteten pilzlichen Avirulenzfaktoren dar (Rep, 2005). Sowohl bei Uf-RTP1p als auch bei Us-RTP1p werden die ersten hydrophoben Aminosäuren im N-Terminus als konventionelle Signalpeptide für den klassischen, ER/Golgi abhängigen Sekretionsweg erkannt. Beide N-terminalen Signalpeptide weisen einen typischen Aufbau in n-, h-, und c-Region auf. Das Vorhandensein dieser Signalpeptide kann gut in Einklang mit der beobachteten Lokalisation von RTP1p in der extrahaustoriellen Matrix und im Cytoplasma der pflanzlichen Zelle ge-bracht werden, da die Sekretion von RTP1p Voraussetzung für diese Lokalisation ist. Bisher konnte RTP1p nicht in den klassischen sekretorischen Kompartimenten des Pilzes, wie ER und Golgi, nachgewiesen werden. Als Erklärungen für den fehlenden Nachweis in ER und

Golgi sind auf Grund des Vorhandenseins der Sekretionssignale folgende Erklärungen möglich: die Proteinkonzentrationen sind in diesen Organellen zu niedrig, und/oder der Trans-port durch diese ist schnell (Sandvig und van Deurs, 2002).

Die Funktionalität des Sekretionssignals von Uf-RTP1p und Us-RTP1p wurde im heterologen System P. pastoris bestätigt. Für beide Proteine war ein Nachweis in glykosylierter Form im Kulturüberstand möglich, was ein weiterer Hinweis darauf ist, dass RTP1p über den klas-sischen, ER/Golgi abhängigen Sekretionsweg exportiert wird, da in diesen Kompartimenten posttranslationale Modifikationen, wie z. B. die N-Glykosylierung, erfolgen (Alberts et al., 2002). Das Sekretionssignal von Uf-RTP1p scheint generell von Hefen erkannt zu werden. So konnte von Hempel (2006) in RTP1p exprimierenden S. cerevisiae Zellen das Protein im Kulturüberstand nachgewiesen werden, allerdings in stark hyperglykosylierter Form.

Vergleicht man die Effizienz des Sekretionssignals von RTP1p mit dem des α-Matingfaktors von S. cerevisiae im heterologen System P. pastoris, so zeigte sich, dass in den Kulturüber-ständen Uf-RTP1p in vergleichbaren Konzentrationen nachgewiesen werden konnte (Abbildung 3-13). Da das Pro-Segment des α-Matingfaktors von S. cerevisiae als sehr effi-zientes Signal bekannt ist (Cregg et al., 1993), dirigiert auch die Signalsequenzen von Uf-RTP1p Proteine sehr wirksam in die sekretorischen Kompartimente.

N-terminale Prozessierung

Viele sekretierte Proteine von Pilzen und höheren Eukaryonten werden während des Trans-ports proteolytisch prozessiert (Marx, 2004). Die Bedeutung einer weiteren Prozessierung neben der der Sekretionssequenz ist in vielen Fällen noch unbekannt (Rep, 2005). RTP1p weist ebenfalls eine zusätzliche Prozessierungssequenz in der N-terminalen Domäne auf, welche durch N-terminale Sequenzbestimmung des in P. pastoris heterolog exprimierten Uf-RTP1p identifiziert werden konnte. Sowohl bei Uf-RTP1p als auch bei Us-RTP1p, bei welchem ebenfalls eine N-terminale Prozessierung festgestellt werden konnte (Pretsch, 2005), werden 35 bzw. 40 Aminosäuren nach der Prozessierungsstelle des Sekretionssignals abge-spalten. Damit handelt es sich um relativ große Prodomänen (4 - 4,5 kDa), wie sie für die pilzlichen Proteine ToxA (38 Aminosäuren (Tuori et al., 2000)) und Six1 (74 Aminosäuren (Rep, 2005)) gefunden wurden. Bei Uf-RTP1p und bei Us-RTP1p konnte die Prozessierungs-stelle nach den beiden basischen Aminosäuren KR54 identifiziert werden (siehe Abbildung 3-15). Dieses spezifische Aminosäureerkennungsmotiv ist in der Sequenz von Ua-RTP1p ebenfalls erhalten. Die Erkennung und Prozessierung von Propeptiden, welche nach dem basischen Doublet Lysin-Arginin oder Arginin-Arginin gespalten werden, erfolgt spezifisch im Trans-Golgi Netzwerk, durch die Kexin Protease Familie, eine Familie der Subtilase

Proteasen, welche zu den Proprotein-Convertasen gezählt wird (Jalving et al., 2000; Salvas et al., 2005). Ein Vertreter der Kexin Protease Familie sind die Kex2-ähnlichen Proteasen (Jalving et al., 2000). Homolge der Kex2 Proteasen wurden für Säugetiere, Pilze und Pflanzen beschrieben (Gu et al., 1996; Rockwell et al., 2002). Für die Prozessierung sekretierter Proteine von phytopathogenen Pilzen wie, Six1 (Rep, 2005), Avr-Pita (Jia et al., 2000) und Mig2 (Basse et al., 2002), wird ebenfalls eine Beteiligung von Kex2-ähnlichen Proteasen postuliert. Für P. pastoris ist bekannt, dass sie fähig ist an den von Kex2-ähnlichen Proteasen erkannten Prozessierungsstellen korrekt zu prozessieren (Schiller et al., 2000), obwohl noch keine Kex2 Protease aus diesem Organismus kloniert wurde (Rockwell et al., 2002).

Die Proregion von RTP1p könnte verschiedene Funktionen übernehmen. Wie ebenfalls für das ROP1 Protein diskutiert, könnte sie einen Beitrag für die korrekte Faltung und Sekretion des Proteins leisten, bzw. eine Aktivität oder Aggregation des Proteins vor der proteolytischen Spaltung verhindern (Soldati et al., 1998). Eine potentiell toxische Wirkung des Proteins könnte durch das Beibehalten einer strukturell inaktiven Form, in den pilzlichen sekre-torischen Kompartimenten vermieden werden, bis diese Aktivität erwünscht oder toleriert wird.

Es besteht auch die Möglichkeit, dass RTP1p erst nach erfolgter Sekretion analog zu AVR9, dem von C. fulvum sekretierten Avirulenzprotein durch pflanzliche Proteasen N-terminal ge-spalten wird (Van den Ackerveken et al., 1993). Da jedoch auch im heterologen Expres-sionssystem eine N-terminale Prozessierung beobachtet wurde und für P. pastoris bekannt ist, dass kaum Proteine in den Kulturüberstand sekretiert werden (Barr et al., 1992), ist die Prozessierung durch pflanzliche Proteasen relativ unwahrscheinlich. Eine Analyse der Proteasen, die in der Lage sind an oben beschriebener Prozessierungsstelle zu spalten, ergab, dass diese Proteasen mehr als eine Schnittstelle in der Sequenz von RTP1p aufweisen, so dass im Überstand von P. pastoris mehrere Spaltprodukte mit kleinerem Molekulargewicht als beobachtet, erwartet würden. Damit scheint ein ubiquitär verbreiteter, gezielter Mechanismus wie der, der Kex2 Protease Familie für die N-terminale Prozessierung wahrscheinlicher zu sein.

Im nativen System wurde das vollständig prozessierte Uf-RTP1p mit einem Molekular-gewicht von 18 kDa nachgewiesen (siehe Abbildung 3-16). Durch den Zusatz von Proteinase-inhibitoren zu den Pflanzenextrakten kann eine unspezifische Degradation von RTP1p während der Präparation nahezu ausgeschlossen werden. In nicht aufgereinigten Pflanzen-extrakten sind ausschließlich glykosylierte und weiter posttranslational modifizierte Formen von Uf-RTP1p nachzuweisen (Abbildung 3-20). Nach Deglykosylierung des Proteins mit

Endoglucosidase Hf findet man eine dem Protein mit einem Molekulargewicht von 22 kDa entsprechende Bande, welche entweder das nicht N-terminal prozessierte Uf-RTP1p oder das Kex2-prozessierte Protein, das zusätzlich zur N-Glykosylierung posttranslational modifiziert wurde, repräsentiert.

Eine potentiell für alle RTP1p mittels CSS-Palm (Zhou et al., 2006) vorhergesagte, post-translationale Modifikation wäre eine Palmitoylierung, welche durch Addition eines Palmitat Moleküls an das Cystein in der Aggregationsdomäne erfolgen könnte. Da RTP1p wiederholt in Proteinextraktionen aus Membranfraktionen infizierter Pflanzenzellen nachgewiesen wurde, kann eine Membraninteraktion des Proteins durch Palmitoylierung nicht ausge-schlossen werden. Die Lokalisation von RTP1p in der äußeren Matrix könnte mit einer Membraninteraktion des Proteins durch Palmitoylierung erklärt werden, indem die Palmitoy-lierung wie GPI Anker bei Hefen eine Lokalisation in der Zellwand vermittelt (de Nobel et al., 2001). Für die Lokalisation im pflanzlichen Cytoplasma müsste allerdings eine Spaltung der Thioesterbindung zwischen Palmitat und Cysteinrest erfolgen. Jüngst wurde von Lam et al. (2006) berichtet, dass eine Palmitoylierung die Aggregation von Chs3 beim ER Export verhindert. Eine potentielle Palmitoylierung von RTP1p könnte ebenfalls dessen Aggregation im sekretorischen Apparat verhindern.

Eine weitere unter 4.1.7 diskutierte posttranslationale Modifikation wäre O-Glykosylierung.

Da allerdings Neuraminidaseverdaus des nativen Proteins keine sichtbare Größenveränderung erbrachten, scheint die Zuckerkette der potentiellen O-Glykosylierung im nativen System nicht wie im heterologen mit Sialinsäure zu enden.

Nuclear Localization Signal (NLS)

Für Uf-RTP1p wurde von Hempel (2006) ein potentielles NLS in der N-terminalen Domäne beschrieben. Auch in der Us-RTP1p Sequenz konnte ein potentielles NLS gefunden werden, das allerdings, im Unterschied zu dem von Uf-RTP1p, nicht zweigeteilt ist. Beide potentiellen NLS können allerdings nur mit dem Programm PSORTII (Nakai und Horton, 1999) identi-fiziert werden, andere Algorithmen finden in beiden Sequenzen kein NLS-Motiv. Da für Ua-RTP1p mit keinem Algorithmus ein Kernlokalisationsmotiv gefunden wurde und die beiden anderen auf Sequenzebene nur wenig konserviert sind, kann postuliert werden, dass die NLS Motive für die Funktion von RTP1p von untergeordneter Bedeutung sind. Bei einer Prozes-sierung des RTP1p durch Kex2-ähnliche Proteasen im N-Terminus würde das zweigeteilte NLS von Uf-RTP1p geteilt werden, und der eine Teil in den Bereich der Prodomäne fallen, der andere verbliebe im prozessierten Protein. Damit wird eine Erkennung als NLS unwahr-scheinlich. Bei Us-RTP1p wäre nach der Prozessierung das NLS komplett in der Prodomäne

zu finden. Obwohl das potentielle NLS zur Erklärung der beobachteten Lokalisation von Uf-RTP1p im pflanzlichen Zellkern interessant wäre, scheint diese nicht durch das potentielle NLS-Motiv bedingt zu sein. Denn obwohl Ua-RTP1p kein NLS aufweist, kann Ua-RTP1p in Zellkernen der mit U. appendiculatus infizierten P. vulgaris Pflanzen lokalisiert werden (Kemen, 2006).

Die Funktion von RTP1p im Zellkern bleibt ungeklärt, da in den RTP1p Sequenzen keine weiteren Motive identifiziert wurden, wie sie zum Beispiel von Transkriptionsfaktoren für eine Interaktion mit DNA bekannt sind.

Untersuchungen der Funktionalität des NLS mittels Fusionskonstrukten in P. pastoris ergaben weder eine Translokation des Uf-RTP1p-NLS-GFP, noch des Uf-RTP1p-GFP Fusionsproteins in den Zellkern (Abbildung 3-18). Im Falle beider Fusionsproteine könnten die beobachteten Fluoreszenz- und Immunoblotsignale mit einer Falschfaltung des Proteins im Cytoplasma so-wie fehlenden posttranslationalen Modifikationen erklärt werden, welche zur Degradation der Proteine führen.

Funktionalitätsstudien in Tabakprotoplasten mit Fusionsproteinen aus komplettem RTP1p (ohne Signalsequenz) und GFP, zeigten ebenfalls keine Fluoreszenz (Kemen et al., 2005).

Jedoch wurde das Uf-RTP1p-NLS-GFP-CHS Protein im Zellkern der Tabakzellen lokalisiert.

Us-RTP1p-NLS-GFP-CHS konnte nach transienter Expression in Tabakprotoplasten nicht im Zellkern lokalisiert werden (Kemen et al., 2005).

Beim NLS von Uf-RTP1p könnte es sich um ein kryptisches NLS handeln, wie sie für Prion-proteine beschrieben wurden (Gu et al., 2003). Wie bei NPR1 (Mou et al., 2003) könnte durch die Multimerisierung von RTP1p (siehe 4.3.2) ein Transport in den Kern verhindert werden.

Phosphoserin/Phosphothreonin-Prolin Motive

Des Weiteren konnten in der RTP1p Sequenz jeweils drei zwischen den RTP1p Sequenzen sehr gut konservierte Phosphoserin/Phosphothreonin-Prolin Motive identifiziert werden, welche Gruppe IV WW Domänen bei interagierenden Proteine erkennen (siehe 3.9). Da das zweite Phosphoserin/Phosphothreonin-Prolin Motiv sogar in der Sequenz des Pappelrosts Melampsora medusae f. sp. deltoidae konserviert ist, ist die Beteiligung dieses Motivs an den beobachteten Interaktionen am wahrscheinlichsten. Für Proteine, die WW Domänen auf-weisen und mit Prolin-Erkennungsdomänen interagieren, ist bekannt, dass sie in ver-schiedenen zellulären Prozessen wie zum Beispiel bei der Proteinfaltung, der Signal-transduktion in den Kern und der Proteintranslokation über biologische Membranen eine Rolle spielen (Yao et al., 2001; Zarrinpar et al., 2003). Somit könnten die prolinreichen Motive bei RTP1p durch Zusammenwirken mit einem entsprechenden pflanzlichen

Inter-aktionspartner eine potentielle Rolle für den beobachteten Transfer von RTP1p oder seine Funktion im pflanzlichen Cytoplasma spielen.

Aggregationsdomäne

In der C-terminalen Domäne konnten mittels des Algorithmus TANGO (Fernandez-Escamilla et al., 2004) zwei Sequenzbereiche identifiziert werden, für welche eine hohe Aggregations-tendenz vorhergesagt wird. Diese Bereiche sind zwischen allen RTP1p Vertretern konserviert, was darauf hindeutet, dass die Strukturen, die durch diesen Sequenzbereich kodiert werden, funktionell von entscheidender Bedeutung sind, so dass Mutationen in diesem Bereich nicht toleriert werden. Laut Vorhersage mit den beiden Algorithmen BETApro (Cheng und Baldi, 2005) und PSIRED (McGuffin et al., 2000), werden im Bereich der ersten Sequenz Y139VFVSYGTCATVF151 zwei β-Faltblätter ausgebildet, im Bereich der zweiten Sequenz V204IISL208 eines. Die beiden β-Faltblätter der ersten Aggregationsdomäne könnten sich anti-parallel paaren, so dass es zur Ausbildung einer intramolekularen antianti-parallelen cross β-Falt-blattstruktur kommen könnte, wie sie für das Hefeprion Sup35 beschrieben wurde (Nelson et al., 2005). Laut Analyse mit dem Algorithmus BETApro (Cheng und Baldi, 2005) ist die Wahrscheinlichkeit für die Paarung der beiden in der ersten Aggregationsdomäne gelegenen β-Faltblätter am höchsten, da bei dieser Paarung von β-Faltblättern die Bindeenergie gegen-über anderen möglichen Paarungen am höchsten ist. Die cross β-Faltblattstruktur könnte für die, bei den in dieser Arbeit beschriebenen Cross-Linking Versuchen und die bei der Auf-reinigung beobachtete Multimerisierung von RTP1p sowie die mikroskopisch beobachteten amyloiden und filamentösen Strukturen verantwortlich sein (Kemen, 2006). Sowohl für die erste als auch die zweite Aggregationsdomäne wird laut Hydrophobizitätsblot eine eher intramolekulare Lage postuliert, was die Fähigkeit zur Aggregation erschwert aber nicht verhindert. Den Analysen der Hydrophobizität liegt allein die Aminosäuresequenz zu Grunde, eine Veränderung der Hydrophobizität in einem Multimer wird nicht berücksichtigt. Die Aggregationsdomäne von RTP1p könnte daher im Monomer in einem eher exponierten Be-reich liegen, in den multimeren Strukturen hingegen im Inneren des Filaments. Ebenfalls unberücksichtigt bleibt der Effekt posttranslationaler Modifikationen, wie zum Beispiel der einer N-Glykosylierung in unmittelbarer Umgebung der Aggregationsdomäne. Die Zucker-reste tragen zur Hydrophilizität dieser Region bei, was ihre exponierte Lage begünstigt. Die Ausbildung von Disulfidbrücken könnte dazu führen, dass die Aggregationsdomäne, ähnlich der V3 Domäne von Prionproteinen PrP (Mahfoud et al., 2002), an der Oberfläche des globulären Proteins zu liegen kommt. Von Nelson und Eisenberg (2006) wird postuliert, dass das Protein sich für die Konversion vom nativen in den fibrillären Zustand auffalten muss, um

sich dann bei der Ausbildung von filamentösen Strukturen zurückzufalten. Mit einem Redox-Experiment, nach Lee und Eisenberg (2003) konnte unter Einsatz von Guanidin-HCl die Konversion von RTP1p Aggregaten in fibrilläre Strukturen simuliert werden.

Wasserstoffbrückenbindungen des Aminosäurerückgrads leisten einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der antiparallelen β-Faltblattstruktur (Saiki et al., 2005). Dadurch wird ein hydrophober Raum zwischen den Resten der in den beiden Faltblättern aufeinander zuge-richteten Aminosäuren ausgebildet. Die Interaktionen der Seitenketten sind weniger beteiligt (Nelson und Eisenberg, 2006). In amyloide Fibrillen bildenden Proteinen, wurde innerhalb der β-Aggregationsdomäne ein hoher Anteil an aromatischen Resten gefunden, welcher sich über π-stacking Interaktionen zwischen den planaren Ringen ausbildet (Gazit, 2002). In der ersten Aggregationsdomäne von RTP1p sind vier aromatische Aminosäuren lokalisiert, welche ebenfalls an der Stabilität und Ausrichtung der „cross β-Faltblattstrukturen“ beteiligt sein könnten. Die aromatischen Reste könnten, wie von Gsponer et al. (2003) vorgeschlagen, die Disaggregationsrate der Faltblattstapel erniedrigen und damit zur Stabilität der Filamente beitragen. Da bei RTP1p nach der Loop Region am Anfang des zweiten Faltblatts ein Cystein folgt, kann auch eine Beteiligung von intermolekularen Disulfidbrücken an der Stabilisierung der Filamentstrukturen in Betracht gezogen werden. Jedoch kann die hohe Stabilität des Multimers nicht nur über die Ausbildung von Disulfidbrücken erklärt werden. Sie wird wahr-scheinlich durch die Kombination von Disulfidbrücken und Aggregationsdomäne hervor-gerufen.

Wäre der zweite Sequenzbereich für welchen eine Aggregationstendenz vorhergesagt wird ebenfalls an der Ausbildung von Multimeren beteiligt, würde das in diesem Bereich ge-fundene Faltblatt die Ausbildung von intermolekularen cross β-Faltblattstrukturen vermitteln (Nelson und Eisenberg, 2006). Da jedoch ein synthetisches Peptid, welches die erste Aggre-gationsdomäne umfasst, aggregiert, scheint eine Beteiligung der zweiten Aggregations-domäne für eine Aggregation des kompletten Proteins nicht zwingend notwendig zu sein (Kemen, 2006). Da es bisher keine Hinweise auf weitere Domänen des RTP1p gibt, welche eine Interaktion eingehen, ist eine Beteiligung anderer Bereiche zur Stabilisierung der cross β-Faltblattstruktur von RTP1p unwahrscheinlich.

Bei Hydrophobinen der Klasse I handelt es sich ebenfalls um von filamentösen Pilzen sekretierte Proteine, bei welchen β-Faltblätter für die Multimerisierung eine Rolle spielen (Kwan et al., 2006). Dem Klasse I Hydrophobin EAS liegt ein viersträngiges „β-barrel“ und ein zweisträngiges Faltblatt zu Grunde, welches „rodlets“ ausbildet, die bei Zusammen-lagerung zu amyloiden Fibrillen, zu Prionen morphologisch ähnliche Strukturen ausbilden

(Kwan et al., 2006). Auch die vom Flachsrost M. linii sekretierten Proteine AvrL567-A, AvrL567-C, AvrL567-D bestehen hauptsächlich aus β-Faltblattstrukturen (Dodds et al., 2006). Jedoch ist weder über die Funktion der β-Faltblätter noch über die Fähigkeit zur Multi-merisierung bei diesen drei Proteinen etwas bekannt. Vorhersageprogramme sagen keine β-Aggregationsdomäne voraus. Damit kann bei den drei Proteinen nicht von Struktur-homologen zu RTP1p ausgegangen werden.

Sphingolipid-Binde-Domäne (SBD)

Innerhalb des oben beschriebenen Sequenzbereichs der Aggregationsdomäne kann auch das Motiv einer Sphingolipid-Binde-Domäne (SBD) identifiziert werden. Hierbei handelt es sich um eine Haarnadelstruktur (α-Helix-Turn-α-Helix oder β-Faltblatt-Turn-β-Faltblatt), welche im Turn mindestens einen aromatischen Rest aufweisen muss (Fantini, 2003). Bei RTP1p wird die Haarnadelstruktur durch die beiden Faltblätter und den Turn der Aggregations-domäne repräsentiert (siehe Abbildung 3-31). Mit Tyrosin liegt eine aromatische Aminosäure im Bereich des Loops, der die drei Aminosäuren Y144GT146 umfasst. SBD wurden auch bei anderen amyloid-bildenden Proteinen, wie zum Beispiel bei Prionproteinen oder dem Alzheimer β-Amyloidprotein innerhalb der Aggregationsdomäne identifiziert (Mahfoud et al., 2002). Über den aromatischen Ring interagieren diese Proteine mit den Zuckerresten von Sphingolipiden. Die Interaktion wird durch die Nähe der aliphatischen Protonen des Zucker-rings, die eine positive Partialladung tragen und die π-Elektronenwolke des aromatischen Rings vermittelt (Fantini, 2003).

RTP1p wäre über den Tyrosinrest ebenfalls in der Lage mit dem Zuckerrest von Sphingo-lipiden der pflanzlichen Membran zu interagieren, vornehmlich mit Galaktose wegen der sterischen Anordnung der aliphatischen Protonen. Voraussetzung hierfür wäre allerdings wie für die Ausbildung der cross β-Faltblattstruktur, eine exponierte Lage des Tyrosinrests.

Disulfidbrücken, wie bei der V3 ähnlichen Domäne von PrP, könnten die Haarnadelstruktur stabilisieren und zu einer oberflächenexponierten Lage im Molekül führen. Wie von Kemen (2006) gezeigt, liegt die Schwelle der Aggregation von RTP1135-155 nach Zusatz von Galaktose höher, was nahe legt, dass RTP1135-155 in der Lage ist Galaktose zu binden.

Bei Pelletierungsversuchen mit nativen Pflanzenextrakten, aus infizierten V. faba Blättern, konnte Uf-RTP1p wiederholt in den Pelletproben gefunden werden. Als Erklärung neben der Pelletierung des aggregierten Anteils an RTP1p ist eine Membranassoziation denkbar. Da es in der Sequenz von RTP1p keinen Hinweis auf eine GPI-Verankerung gibt, könnte RTP1p über die SBD an Sphingolipide von „lipid rafts“ gebunden vorliegen.