• Keine Ergebnisse gefunden

Aus der Not und aus den Trümmern von Radio L wollte die Regierung nach der Ankündigung des Endes von Radio L im Juni 2003 einen öf-fentlich-rechtlichen Sender einrichten. Im Eilverfahren wurde daher in Anlehnung an den Österreichischen Rundfunk und in grossen Teilen auch textidentisch der Entwurf für ein Liechtensteinisches Rund funk ge -setz (LRFG) in den Landtag eingebracht. Bereits am 19. September 2003 konnte der Landtag die erste Lesung zu diesem Gesetzesentwurf durch-führen.129Während die Fraktion der Fortschrittlichen Bürgerpartei als Re gie rungspartei die Intention des Gesetzes unterstützte und auch der

127 Provisorische Zahlen inkl. Online-Bereich, nicht revidiert.

128 RadioRiGeschäftsführer Max Müller im Liechtensteiner Vaterland vom 26. Au gust 2003. AntenneGeschäftsführer André Eckert (Vorarlberg) nach Liechten stei -ner Vaterland vom 27. August 2003.

129 Regierung – Bericht und Antrag Nr. 65/2003.

Tabelle 4: Erfolgsrechnung von Radio L 1999–2003 (in Mio. Franken, gerundet, ohne Landesbeiträge und Sponsoring)

Geschäftsjahr Ertrag Aufwand Betrieblicher

(jeweils 30.Juni) Verlust

1999 1.7 4.3 –2.6

2000 2.2 3.8 –1.6

2001 2.9 4.6 –1.7

2002 2.2 4.5 –2.3

2003127 1.8 4.8 –3.0

Quelle: Regierung: Bericht und Antrag Nr. 65/2003, S. 11.

Ab geordnete der Freien Liste grundsätzlich die Einführung eines öf-fentlich-rechtlichen Rundfunks begrüsste, kamen aus den Reihen der VU-Opposition kritische Stimmen, die vor allem auf finanzielle Aspekte abzielten. Insbesondere wurde die Seriosität der Finanzkalkulation für Radio Liechtenstein in Frage gestellt, und es wurden auch die hohen Übernahmekosten von 3,1 Millionen Franken für die Aktiven von Ra -dio L kritisiert. Im Bericht und Antrag begründete die Regierung den Er trags zuwachs mit der besseren Abdeckung der Pendlerströme infolge des Ausbaus des Sendernetzes. Aufwandseitig sollten Einsparungen durch den Stellenabbau von 35 auf 23 Stellen und Einsparungen in der OnlineRedaktion realisiert werden. Der budgetierte Betriebsverlust be läuft sich damit auf 1,5 Mio. Franken, welcher durch die staatliche Sub -vention in der gleichen Höhe abgedeckt sein soll.

Es wurden im Landtag Zweifel geäussert, dass das ambitionierte Pro gramm mit den angekündigten Sparanstrengungen durchführbar sei.

Ferner wurde auch kritisiert, dass die Wiedereinführung von Rundfunk -ge bühren drohe und dass die Umwandlung des Privatsenders in einen öffentlich-rechtlichen Sender in einer Blitzaktion vor sich gehe, ohne dass seriöse Alternativen – etwa ein Privatradio eines anderen Betreibers

130 Provisorische Zahlen inkl. Online-Bereich, nicht revidiert.

Tabelle 5: Erfolgsrechnung von Radio L und Prognose für Radio Liech -tenstein 2002–2006 (in Mio. Franken, gerundet, ohne Landes beiträge und Sponsoring)

Geschäftsjahr Ertrag Aufwand Betrieblicher

(jeweils 30.Juni) Verlust

Radio L

2002 2.2 4.5 –2.3

2003130 1.8 4.8 –3.0

Radio Liechtenstein

2004 1.9 3.4 –1.5

2005 2.0 3.5 –1.5

2006 2.1 3.7 –1.6

Quelle: Regierung: Bericht und Antrag Nr. 65/2003, S. 11 und ANHANG 3 .

– geprüft worden seien. Diesbezüglich hatte sich im Vorfeld auch der Geschäftsführer der Vaduzer Medienhaus AG, Reinhard Walser, geäus-sert.131Auch bezüglich einer angestrebten terrestrischen Sendegebietser -wei terung mit neuen Sendestationen im Bündnerischen Valzeina und Wa len stadtberg wurde Skepsis geäussert. Es zeigte sich denn auch spä-ter, dass von Seiten der Bewilligungsbehörde – dem Bundesamt für Kom munikation (Bakom) in Bern – dem Ansuchen nicht stattgegeben wurde. Die Privatradios im betroffenen Gebiet (Radio Ri und Radio Grischa) waren mit ihren Einwänden, dass ein subventionierter liechten-steinischer Sender zu einer Wettbewerbsverzerrung im Sendegebiet füh-re, erfolgreich.132 Das Eintreten auf die Vorlage der Regierung wurde schliess lich nach einer langen Eintretensdebatte mit 14 Stimmen be-schlossen.

Von Seiten der Regierungspartei wurden in der Detaillesung eben-falls Einwände vorgebracht. Sie richteten sich in erster Linie gegen die im Regierungsentwurf rigoros formulierten Ausschlussgründe für den Ein sitz im Verwaltungsrat oder der Intendanz im Liechtensteinischen Rund funk. So sollten etwa Parteienfunktionäre und Mandatsträger selbst weit über ihre aktive Tätigkeit hinaus von solchen Aufgaben aus-geschlossen bleiben. Bis zur zweiten Lesung im Landtag wurden die dies bezüglichen Formulierungen etwas gelockert, indem sie nur noch für aktuelle Mandats- und Funktionsträger galten. Dies eröffnete die Mög lichkeit, dass schliesslich mit Norbert Seeger ein ehemaliger Präsi -dent der Regierungspartei zum ersten Verwaltungsratspräsi-denten des LRF gewählt wurde.

Gleichzeitig mit dem Gesetz über den Liechtensteinischen Rund -funk wurden die Finanzbeschlüsse zur Übernahme der Aktiven der Radio TV AG und Radio Werbe AG (3,1 Millionen Franken), des Ver -pflich tungskredits zum Aus- und Aufbau der Sendeanlagen der Anstalt

«Liechtensteinischer Rundfunk» (750’000 Franken), des Verpflichtungs kredits zur Gewährung eines Landesbeitrags an die Anstalt «Liechten

-131 Reinhard Walser im Liechtensteiner Vaterland vom 28. August 2003. Er kündigte keine Ambitionen an, den Sender zu übernehmen, äusserte aber den Wunsch nach Distanz zwischen dem Staat und den Medien.

132 Zum «Nein» des Bakom siehe Liechtensteiner Vaterland vom 18. und 19. November 2003. Das Liechtensteiner Volksblatt hielt jedoch am 20. November 2003 an der Ziel setzung fest, das Sendegebiet in die avisierte Richtung auszuweiten und wollte von einem ablehnenden Entscheid des Bakom nichts wissen.

stei ni scher Rundfunk» für den Betrieb von Radio Liechtenstein (1,5 Mil -lio nen Franken für 2004, 2005 und 2006, insgesamt also 4,5 Mil-lionen Franken), sowie eines Nachtragskredits für das Jahr 2003 zur Widmung des Dotationskapitals an die Anstalt «Liechtensteinischer Rundfunk»

(2,5 Millionen Franken) gefasst. Die Vorlagen wurden in der Sitzung des Landtages vom 23. Oktober 2003 in zweiter Lesung behandelt und erzielten in der Schlussabstimmung mehrheitliche Zustimmung mit 14 Stim men im 25-köpfigen Landtag (der Verpflichtungskredit über den Ausbau der Sendeanlagen erreichte nur 13 Stimmen).133

Das LRFG eröffnet nicht nur die Möglichkeit für den Betrieb eines Radios, sondern auch eines Fernsehens. Daran ist im Moment nicht ge-dacht. Die Übernahme des Landeskanals ist mittel- bis langfristig durch-aus denkbar. Der Programmauftrag ist in Art. 7 LRFG sehr breit ge fasst.

Er reicht von «objektiver und umfassender Information der Allgemein -heit über alle wichtigen politischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturel-len und sportlichen Fragen», der «För derung des Verständnisses für alle Fra gen des friedlichen demokratischen Zusammenlebens» und der

«Dar bie tung von Unterhaltung», bis zu detaillierteren Vorgaben zur Be -rück sichtigung von Publikums inte r es sen (Kunst, Kultur, Wissenschaft, Sport, Anliegen aller Alters grup pen, von Familien und Kindern, der Gleich berechtigung von Mann und Frau, den Anliegen behinderter Men schen, religiösen Fragen, der Volks, Jugend, Schul und Erwach se -nen bildung, dem Umwelt- und Konsu men ten schutz, der Gesundheit, der Sportförderung und der Toleranz zwischen Angehörigen verschie-dener Kulturen).

Art. 9 hält die «Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit aller programmgestaltenden Mitarbeiter sowie die Freiheit der journalisti-schen Berufsausübung» hoch. Unabhängigkeit wird dabei nicht nur als Recht der Journalisten, sondern sogar als Pflicht verstanden. Das Gesetz regelt auch die Werbegrundsätze, den Jugendschutz u.ä.

Als Organe des LRF gelten der Verwaltungsrat, der Intendant und der Publikumsrat. Der Verwaltungsrat setzt sich aus einem Präsidenten, einem Vizepräsidenten und fünf weiteren Mitgliedern zusammen, die für eine Periode von vier Jahren gewählt werden. Der Präsident, Vize präsi

-133 Die 14 Stimmen setzen sich aus den 13 Stimmen der Fortschrittlichen Bürgerpartei und 1 Stimme der Freien Liste zusammen, während die Fraktion der VU die Vor la -gen ablehnte.

dent und ein Mitglied werden durch den Landtag gewählt, zwei Mitglie -der durch die Regierung und zwei Mitglie-der durch den Publikumsrat.

Der Intendant wird vom Verwaltungsrat für die Dauer von vier Jahren bestellt. Der Publikumsrat setzt sich aus 15 Mitgliedern zusammen, die sich auf eine öffentliche Ausschreibung hin bewerben können und aus-gelost werden. Zugelassen sind Rundfunkteilnehmer mit Wohnsitz im In land, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Der Publikumsrat bestellt zwei Mitglieder in den Verwaltungsrat, kann die Medienkom mis sion anrufen, und gibt insbesondere auch Empfehlungen zur Pro -gramm ge staltung, der Einhebung und Höhe einer Rundfunkgebühr, der Er fül lung des gesetzlichen Auftrages, des Jahressendeschemas und von Qualitätssicherungssystemen ab.134

2.3 Fernsehen

In der bisherigen liechtensteinischen Mediengeschichte hat es vier Typen von Fernsehsendern gegeben: den staatlichen Landeskanal, die Gemein -de kanäle, -den auf Liechtenstein ausgerichteten Privatsen-der XML sowie

134 Der Landtag ernannte in seiner Sitzung vom 17./18. Dezember 2003 Norbert See -ger, Eschen (Präsident), Egon Gstöhl, Eschen (Vizepräsident), Alexander Batliner, Mauren (Mitglied). Die Freie Liste beanspruchte ebenfalls einen Sitz, ging aber leer aus. Norbert Seeger war 1995 bis 1999 Parteipräsident der FBP, Egon Gstöhl war 1993 bis 1997 Landtagsabgeordneter der VU, Alexander Batliner war von 1999 bis 2001 Chefredaktor des Liechtensteiner Volksblattes. Aus dem Publikumsrat wur -den an der konstituieren-den Sitzung vom 29. Januar 2004 Rainer Gassner, Schaan, und Axel Bernhardt, Balzers, in den Verwaltungsrat gewählt. Die Regierung ent -sandte mit Beschluss vom 17. Februar 2004 Wolfgang Burtscher (Landesdirektor des Landesstudios Vorarlberg des ORF) und Maria Pinardi (langjährige Redaktorin und Moderatorin beim Schweizer Fernsehen und Inhaberin einer Medien- und Kom munikationsschule) in den Verwaltungsrat des LRF. Im Oppositionsblatt, dem Liechtensteiner Vaterland, erschien am 18. Dezember nach der Landtagsdebatte auf der Frontseite die Schlagzeile «FBP beherrscht Staatsradio». Grund war, dass von den drei Verwaltungsratsmandaten des Landtags zwei an FBP-Parteigänger ging (einschliesslich des Vorsitzenden), während die Freie Liste, deren Wahlvorschlag Wolfgang Marxer, ein ehemaliger Landtagsabgeordneter der FL, war, leer ausging.

(Liechtensteiner Vaterland vom 18. Dezember 2003). Durch die Entsendung von zwei ausländischen Experten durch die Regierung sowie zwei Mitgliedern aus dem Publikumsrat dürfte aber dennoch eine ausreichende Distanz zum politischen Sys -tem vorhanden sein. Nach einer Interimslösung entschied sich der Verwaltungs rat von Radio Liech ten stein nach einem Bewerbungs- und Auswahlverfahren für Mario Aldrovandi als Inten dant von Radio Liechtenstein. Aldrovandi war seit 18 Jah ren in allen Medien gat tungen (Radio, TV, Print, Internet und Mobil) in der Schweiz tätig.

(Liechten stei ner Volksblatt und Liechtensteiner Vaterland vom 26. Mai 2004).

mehrere, auf ein internationales Publikum schielende Privatsender, die jedoch bisher nicht erfolgreich lanciert worden sind. Keiner dieser Sen -der typen wurde bisher bis zu einem Sen-der mit Vollprogramm ent-wickelt. Massgeblich für den alltäglichen Fernsehkonsum bleiben daher die ausländischen Sendeanstalten. Seit der weitgehend vollständigen Ver -ka belung der Haushalte ist eine Vielzahl von Fernsehprogrammen zu empfangen. Wer noch weitere Programme empfangen möchte, die aus technischen Kapazitätsgründen von den Kabelbetreibern nicht aufge-schalten werden können, kann dies mit Hilfe von Satellitenempfängern tun. Im Vergleich zu den Vollprogrammen der öffentlich-rechtlichen und den zunehmenden privaten Sendern weltweit zeigt sich die einhei-mische Fernsehlandschaft Liechtensteins sehr karg. Ein Sender, der sich mit journalistischem Anspruch auf das Gebiet Liechtenstein konzen-triert, fehlt bis heute.