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Die 20er und 30er Jahre des letzten Jahrhunderts waren bewegte und schwierige Zeiten. Innenpolitisch hatten sie mit einer demokratischen Neuorientierung nach dem Ersten Weltkrieg begonnen, welche nach dem Sturz der Donaumonarchie auch eine Schwächung der Monarchie in Liechtenstein nach sich zog.46 1918 wurden die ersten Parteien ge-gründet, 1921 trat eine neue Verfassung in Kraft. Mit der aussenpoliti-schen Hinwendung zur Schweiz und der gleichzeitigen Abkehr von Österreich – bilateral fixiert mit dem Postvertrag und dem Zoll- und Währungsvertrag – sowie der Einführung eines Personen und Gesell -schaftsrechts, das den Grundstein für den späteren Aufschwung des das Banken- und Treuhandwesens legte, waren wichtige Weichenstellun gen erfolgt, die die Entwicklung in Liechtenstein während des gesamten wei-teren Verlaufs des 20. Jahrhunderts wesentlich mitprägten.47Die Zeit bis

45 Liechtensteiner Volksblatt vom 12. August 1999, Beilage zum Staatsfeiertag, S. 19.

46 Vgl. dazu Quaderer 1996.

47 Vgl. Büchel 1990; Heeb 1998; Marxer 2002; Kocher 2003.

nach dem Zweiten Weltkrieg war aber zunächst nicht von wirtschaft -lichem Aufschwung begleitet, sondern von Armut und Rückstän dig keit, Arbeitslosigkeit und innenpolitischen Auseinandersetzungen. In den 1930er Jahren und der Zeit des Zweiten Weltkriegs wurde dies noch er-gänzt durch die Gefahren des Nationalsozialismus und des Krieges.48

Diese bewegte Zeit fand auch ihren Niederschlag in der Medien land schaft Liechtensteins. Es wurden immer wieder neue Printerzeug -nis se lanciert, die jedoch in der Regel ein rasches Ende fanden. All die-sen Zeitungen ist eigen, dass sie stark ideologisch oder politisch moti-viert und weniger von rein publizistischem Interesse geleitet waren.

2.1.2.1 Landeszeitung 1920

Die Landeszeitung wurde lediglich in einer Probenummer herausgege-ben, stellte also danach das Erscheinen wieder ein. Sie wurde als Organ des Bauernbundes und der kaufmännischen Vereinigung publiziert und mit den Begriffen «unpolitisch – wirtschaftlich – landwirtschaftlich – literarisch» versehen.

2.1.2.2 Liechtensteiner Unterländer 1919–1922

Der Liechtensteiner Unterländer war ein Kopfblatt der Oberrheinischen Nachrichten, in Inhalt und Layout identisch mit den Oberrheinischen Nachrichten. Es lässt sich nicht genau eruieren, wie lange das Blatt her-ausgegeben wurde, vermutlich aber von 1918 bis 1924.49Mit der Um be nen nung der Oberrheinischen Nachrichten in Liechtensteiner Nach rich ten am 3. September 1924 dürfte auch der Zeitungstitel des Liech ten -steiner Unterländer verschwunden sein.

48 Vgl. dazu insbesondere Geiger 1997.

49 Erwähnung in den Oberrheinischen Nachrichten vom 2. März 1918; letztes Beleg -exemplar vom 24. Juni 1922. Vermutlich weiteres Erscheinen bis zur Umbenennung der Oberrheinischen Nachrichten in Liechtensteiner Nachrichten.

2.1.2.3 Heimatland 1927

Das Heimatland wurde als «...eine Zeitung ohne Partei, eine Zeitung für das Volk» lanciert. Die politischen Beweggründe klangen im Editorial der ersten Ausgabe deutlich an:

Die «Gerechtigkeit» sei «der anmassenden Willkür gewichen» (...) Die Parteien brachten Zwietracht und Neid. (...) Die verlorene Freiheit und die wirtschaftliche Hebung der Länder müsse erreicht werden. Die «politischen Unruhestifter» – gemeint waren die Par -tei führer – müssten «völlig ausgeschaltet» werden, das Volk wieder wie früher eine «neutrale, wirtschaftliche Interessen ge mein schaft»

werden.

Zwischen April und Juni 1927 erschienen 19 Ausgaben, jeweils am Mitt -woch und Samstag. Die ersten drei Ausgaben wurden gratis an alle Haus halte verteilt, sind somit mit den heutigen Gratisanzeigern ver-gleichbar. Der Initiant der Zeitung, Buchdrucker Hans Nescher aus Schaan, versuchte jedoch gleich zu Beginn, also im April 1927, wie die anderen Zeitungen als amtliches Publikationsorgan mit den amtlichen Kund machungen und Regierungsberichten zu fungieren. Das hätte eine wichtige Einnahmequelle werden können. Regierungschef Schädler er-teilte diesem Antrag jedoch eine Absage.50 Damit war auch bereits das wirtschaftliche Ende dieser Zeitung eingeläutet.

2.1.2.4 Liechtensteinische Volkswirtschaftliche Zeitung 1931/32

Nach dem gescheiterten Versuch mit dem Heimatland gab Hans Nescher nicht auf. 1931 lancierte er als Redakteur seine zweite Zeitung, die Liechtensteinische Volkswirtschaftliche Zeitung. Herausgeber war der Liechtensteinische Freiwirtschaftsbund, die 1930 gegründete liechtensteinische Sektion der Freiwirtschaftsbewegung, die sich gegen Zins

-50 Nescher hat im gleichen Jahr die Druckerei Gutenberg eröffnet. Angaben aus den Ausgaben des Heimatlandes sowie Hinweise von Peter Geiger, u.a. aufgrund der Akten LLA 1927/1615.

wirtschaft, Kapitalismus und den Privatbesitz von Boden wandte.51Die Stossrichtung wurde bereits in der ersten Ausgabe deutlich.

«Wir wollen keine Parteipolitik, wir wollen keinen Sozialismus und keinen Bolschewismus; wir stellen keine Land und Leute verhetzenden Forderungen, sondern wir wollen eine gesunde Volks -wirt schaft in unserem kleinen Ländchen auf sittlich einwandfreiem Wege erreichen, eine natürlich-vernünftige Gesellschafts- und Wirt schafts ordnung ... eine gründliche Reform der Volkswirt -schaft und zwar im Sinne auf das Recht des vollen Arbeits- und Unter neh merlohnes: Bekämpfung des Zinses als kapitalistisches System, wir wollen das arbeitslose Einkommen abgeschafft wis-sen!»52

Die Zeitung wurde in der Druckerei Gutenberg in Schaan gedruckt, die Nescher selbst gehörte. Diesmal gelang es ihm, die amtlichen Kund ma -chun gen zu erhalten. Wohl auf Grund interner Querelen wurde dann je-doch vom Freiwirtschaftsbund ein neues Organ herausgegeben, die Liech tensteinische Freiwirtschaftliche Zeitung. Eine Zeit lang existierten beide Zeitungen nebeneinander, bis Nescher seine Zeitung im Dezember 1932 einstellte.53

2.1.2.5 Liechtensteinische Freiwirtschaftliche Zeitung 1932/33

Die Liechtensteinische Freiwirtschaftliche Zeitung wurde vom Sep tem -ber 1932 bis im Frühjahr 1933 herausgeben.54Als Redaktor zeichnete der Webermeister August Sprenger aus Triesen, treibende Kraft war jedoch der in Eschen wohnhafte Appenzeller Jakob Sprenger.55Gedruckt wur-de die Zeitung bei wur-der Dornbirner Verlagsanstalt in Vorarlberg. Sie war das Organ des Liechtensteinischen Freiwirtschaftsbundes, weshalb in

51 Geiger 1997 Bd. 1, S. 192 f., S. 334–339. Programm des Freiwirtschaftsbundes in der Aus gabe vom 26. September 1931. Siehe auch Geiger 1993, S. 68.

52 Liechtensteinische Volkswirtschaftliche Zeitung Jg. 1 Nr. 1 S. 1 v. 12. September 1931.

53 Letztes belegtes Exemplar vom 17. Dezember 1932.

54 Letztes belegtes Exemplar vom 23. April 1933.

55 Geiger 1997 Bd. 1, S. 335.

der Ausgabe vom 26. November 1932 auch das Freiwirtschaftliche Ma -ni fest abgedruckt wurde. Aber weder die Volkswirtschaftliche Zeitung, noch die Freiwirtschaftliche Zeitung und die dahinterstehende Be we gung dauerten lange. Ein Versuch mit der Einführung einer eigenen Frei geld währung wurde im Januar 1933 verboten, die Zeitung und die Be we -gung schliefen ein und ein Teil der Aktivisten engagierte sich später im Liechtensteiner Heimatdienst.56

2.1.2.6 Liechtensteinische Arbeiter-Zeitung 1932/1933

Elf Jahre nach der Gründung des Arbeiter-Verbandes57spaltete sich der Arbeiterverband 1931 in einen «oberen» und einen «unteren» Arbeiter -ver band. Unter der Redaktion von Hugo Kindle gab der obere, radikalere Arbeiterverband, der der Volkspartei und der Freiwirtschafts be we -gung nahestand, die Liechtensteinische Arbeiter-Zeitung heraus. Sie wurde als Beilage zur Volkswirtschaftlichen bzw. Freiwirtschaftlichen Zeitung und nach deren Einstellung als Beilage zur Schweizerischen Freiwirtschaftlichen Zeitung versandt. Die Zeitung schlug antikapitali-stische, regierungs- und parteikritische Töne an.

«Diese Zeitung steht ohne irgend einer Partei Einfluss zu gestatten unter Führung des Liechtensteinischen Arbeiter-Verbandes und bietet absolut keinen Raum für politischen Parteienzank und wird rein nur der Wahrung der Arbeiter Interessen dienen. Das grösste Ziel für diese Zeitung wird sein, die Arbeiter des ganzen Landes in unserem Verbande vereinigen zu suchen und gegen die herrschen-de Parteien-Willkürherrschaft in herrschen-den Behörherrschen-den energischen Kampf zu führen.»58

Am 24. Juni 1933 wurde die Arbeiter-Zeitung wegen ihrer regierungs-kritischen Äusserungen einmal beschlagnahmt.59Bald darauf wurde das

56 Geiger 1997 Bd. 1, S. 192 f., S. 334–339.

57 Zur Gründung und der Geschichte des Arbeiterverbandes v.a. Quaderer und Geiger 1995, Geiger 1997 Bd. 1, S. 339–342.

58 LAZ 1. Jg. Nr. 1 v. 12. März 1932.

59 Geiger 1997 Bd. 1, S. 341.

Er scheinen eingestellt.60 1935 vereinigten sich die beiden Arbeiterver -bände wieder.

2.1.2.7 Liechtensteiner Heimatdienst 1933–1935

Die Kombination zwischen politischer Bewegung und einer Zeitung als Sprachrohr wurde auch 1933 vom Liechtensteiner Heimatdienst einge-gangen. Der Heimatdienst strebte eine ständestaatlich-autoritäre Ordnung an.61 Wie alle anderen, kleineren politischen Oppositions be -we gungen schlug er parteienkritische Töne an. In der ersten Ausgabe vom Oktober 1933 hiess es:

«Jeder von Euch liebe Leser mag schon einmal darüber nachgedacht haben und hat schliesslich gefunden, es gibt nur zwei Mög lichkeiten aus diesem Chaos herauszukommen: Entweder Diktatur oder Aus -bau unserer demokratischen Verfassung in einer Rich tung, die die Partei, diese unheilvolle Institution, aus unserem Staats leben ver-bannt.» (...) «So rufen wir Euch Liechtensteiner. Rufen Euch auf zur Rettung unseres geliebten Vaterlandes aus Parteinot. Weg mit dem Parteisystem, das uns nur Unheil gebracht. Weg mit Ver het -zung und Hass, die unsere wirtschaftliche und geistige Atmosphäre vergiften. Weg mit Zwietracht und Neid. Wir rufen zur Sammlung, wo seit Jahren Zersplitterung herrscht. Wir Liech tensteiner wollen uns finden zu einträchtiger Arbeit im Dienste unseres Landes. Wir wollen aus dem Durcheinander ein organisches Ganzes schaffen, in dem jeder in Ruhe seine Aufgabe erfüllen kann.»62

Die Redaktion lag bei Carl Frh. v. Vogelsang. Die Heimatdienst be we gung war jedoch in der Opposition nicht allein. Nach der Sparkassa affäre 1928 hatte die vormals dominierende Christlichsoziale Volks -partei die Landtagsmehrheit verloren, 1930 ihre verbliebenen Mandate preisgegeben, sodass nur noch die FBP in Landtag und Regierung ver-treten war. Auch bei den Wahlen 1932 hatte sie eine herbe Niederlage

60 Letztes belegtes Exemplar vom 5. August 1933.

61 Ausführlich zum Heimatdienst bei Geiger 1997 Bd. 1.

62 LH 1. Jg. Nr. 1 v. 14. Oktober 1933, S. 1.

einstecken müssen, die ihr zwar zwei Landtagsmandate und einen Re gierungssitz brachte, aber wenig Aussicht auf ein baldiges Wiederer star -ken. Wesentliche Ursache für die deutlichen Machtverhältnisse war das Mehrheitswahlrecht, das denn auch ein bedeutendes innenpolitisches Thema in den 1930er Jahren bildete. Die Christlich-soziale Volkspartei und der Heimatdienst lancierten in einem pragmatischen Zweckbünd -nis, welches «Nationale Opposition» genannt wurde, eine Initiative zur Einführung des Proporzwahlrechts und eines Ständestaates, die aller-dings im Mai 1935 scheiterte. Die begonnene Zusammenarbeit wurde unter dem Titel «Nationale Arbeitsgemeinschaft» fortgesetzt und führte schliesslich mit Blick auf die Landtagswahlen 1936 zur Fusion der bei-den Parteien zur Vaterländischen Union und gleichzeitig zur Fusion der beiden Parteizeitungen, dem Liechtensteiner Heimatdienst und den Liech tensteiner Nachrichten, zum «Liechtensteiner Vaterland».63

2.1.2.8 Der Umbruch 1940–1944

Die nationalsozialistische Bewegung fand auch in Liechtenstein einen Nähr boden. Es dauerte allerdings bis zum Jahr 1938, ehe eine national-sozialistische Partei – die Volksdeutsche Bewegung in Liechtenstein – gegründet wurde. Als «Kampfblatt» – so die Formulierung im Zeitungs kopf – gab die VDBL ab Oktober 1940 eine eigene Zeitung, den Um -bruch, heraus. Schriftleiter waren in dieser Reihenfolge Martin Hilti, Alfons Goop, Franz Röckle und Hans Foser. Ziel der Volksdeutschen Be wegung war der wirtschaftliche oder totale Anschluss an das national -sozialistische Deutschland. In der ersten Ausgabe des Umbruch wurde die Richtung skizziert:

«Vorerst ist es aber unsere dringendste Aufgabe, zu zeigen, wie Deutsch land wirklich ist, und zu beweisen, dass der Nationalso zia lis mus, wie für das übrige deutsche Volk, auch für uns Liech ten stei -ner die einzig gangbare und zukunftssichernde Ordnung dar-stellt.»64

63 Vgl. zu dieser Zeit v.a. Geiger 1997 Bd. 1, S. 414–424.

64 Umbruch, 1. Jg. Nr. 1 v. 5. Oktober 1940, S. 1.

Der Umbruch erschien wöchentlich, ab 1941 zweimal pro Woche. Ab Ende 1942 wurde von Seiten der Regierung zunehmend Zensur auf die Zeitung ausgeübt, vom 24. Dezember 1942 bis zum 3. Februar 1943 wurde sie ganz verboten. Auch danach wurden einzelne Beiträge von der Zensur erfasst. Mit Verfügung vom 8. Juli 1943 verbot die Regierung den Umbruch und auch allfällige Ersatzblätter erneut. Die weiteren Aus ga -ben erschienen unter dem Titel «Aus Liechtenstein», am 12. Februar 1944 wurde die letzte Ausgabe publiziert. Im Umbruch wurden ausführ liche Kriegs und Frontberichte veröffentlicht und antisemitische Ar -tikel abgedruckt. Raum nahmen auch die Berichte von Kriegsfrei willigen und Gefallenen aus Liechtenstein ein.65

2.1.2.9 Recht und Wahrheit

Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde von anonymen Auto ren eine flugblattähnliche Schrift unter dem Titel «Recht und Wahrheit»66herausgegeben. Es sind nur drei Ausgaben belegt und wahr-scheinlich auch nicht mehr erschienen. In diesen Schriften wurde das Ver halten von Amtspersonen, namentlich auch von Regierungschef Josef Hoop während und nach der Kriegszeit kritisiert. Da gleichzeitig das Liechtensteiner Volksblatt angegriffen wurde, könnte die Autoren schaft aus dem Umfeld der Vaterländischen Union stammen. Diese Ak -tion ist jedoch nicht als Zeitungsprojekt zu betrachten, da einige hierfür notwendige Formalien fehlen.67

65 Ausführlich über die VDBL bei Geiger 1997 Bd. 1, S. 192–193, S. 334–339; Geiger 1993, S. 63.

66 «Recht und Wahrheit – Information über liechtensteinische Angelegenheiten».

Nr. 1, 20. Juli 1945 (Zwischenformat, beidseitig bedruckt); Nr. 2, 12. August 1945 (Format A5/4 Seiten); Nr. 3, 18. November 1945 (Format A4/6 Seiten/hektogra-phiert). Die Originale wurden dem Autor freundlicherweise von Dr. Walter Oehry übergeben. Sie befinden sich heute im Landesarchiv.

67 Es wurde beispielsweise kein Impressum abgedruckt, sodass die Urheberschaft nicht nachvollziehbar ist. Dies verstösst gegen das Presserecht. Es fehlte auch der Anspruch, Abonnenten zu gewinnen. «Recht und Wahrheit» ist daher eher als po-litisches Flugblatt mit zeitungsähnlicher Aufmachung einzuordnen.