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Nach dem Ende der CSP und des Wochenspiegels verfiel Liechtenstein politisch wie medial in eine gewisse Erstarrung. Auf der Ebene der Par -teien lieferten sich wie vorher die beiden grossen Par-teien – FPB und VU – ihre ritualisierten Auseinandersetzungen. Weitere Parteien exis tier ten nicht. In den 1970er Jahren erfolgten mehrere Mehrheits wechsel, wobei jeweils die mandatsstärkere Partei den Regierungschef und die Mehrheit in der Regierung stellen konnte, während die mandatsschwächere Partei als Juniorpartner in der Koalitionsregierung Einsitz nahm. Die «opposi-tionelle» Tätigkeit nahm generell zwei Ausprägungen an: einerseits wur-de die Ressorttätigkeit wur-der zuständigen Regierungsräte von wur-der jeweils anderen Partei kritisch unter die Lupe genommen. Andererseits versuchte die schwächere Partei, die Regierungstätigkeit insgesamt im Vor -feld der Wahlen zu kritisieren, um selbst die Mehrheit zu erlangen.

Dieses System der sogenannten KoOpposition wurde auf der Medien -seite begleitet von den lautstarken Kommentaren und Berichten in den beiden zugewandten Zeitungen, dem Liechtensteiner Volksblatt und dem Liechtensteiner Vaterland. Doch an der Basis begannen sich vieler-lei politische Initiativen im Umfeld der sogenannten neuen sozialen Bewegung ausserhalb der Parteien und des Parteieneinflusses zu formie-ren.83 Dazu zählten etwa eine Oppositionsgruppe gegen den Bau eines Kunst hauses in Vaduz84, die aufkommende Ökologiebewegung85, eine sich radikalisierende Frauenbewegung86, oder auch Friedens- und

Dritt-83 Brand (1982; 1985) befasste sich schon früh mit dem Phänomen der neuen sozialen Bewegung, wobei auch die Terminologie in Frage gestellt werden kann. Seit 1988 wird in Deutschland auch eine Zeitschrift unter dem Titel «Neue Soziale Bewe gung» herausgegeben. Die Entwicklung in Liechtenstein war also keineswegs aty -pisch. Zu neueren Konzeptualisierungen vgl. Hellmann/Koopmans 1998.

84 Zu dieser Auseinandersetzung bis hin zum sogenannten KunsthSkandal aus-führlich bei Waschkuhn 1994, S. 217–236. Aus dem Kreise der Initianten wurde 1987 die Überparteiliche Liste Vaduz gegründet, die bei den Gemeinderatswahlen zwei Mandate eroberte, 1989 erfolglos bei den Landtagswahlen kandidierte, später auch in Triesenberg Gemeinderatsmandate eroberte, 1999 schliesslich aufgelöst wurde.

85 Die 1972 gegründete Liechtensteinische Gesellschaft für Umweltschutz wurde zu einer wegweisenden Institution auf diesem Gebiet, in Verkehrsfragen profilierte sich der Verkehrsclub im Fürstentum Liechtenstein zunehmend.

86 Mit der Aktion Dornröschen wurde 1981 die Frauenbewegung mit dem vorrangi-gen Ziel der Einführung des Stimm- und Wahlrechts der Frauen der Kontrolle der Parteien ent zogen. Vgl. dazu insbesondere V. Marxer 1994, aber auch den Videofilm

«Die andere Hälfte» von Isolde Marxer.

Welt-Aktivitäten87. 1985 sammelten sich diese Kräfte im Hinblick auf die Landtagswahlen vom Frühjahr 1986, um mit einer eigenen Liste an den Wahlen teilzunehmen. Ein wesentlicher Impuls für die Gründung dieser Partei – der Freien Liste – ging von der Redaktion einer kurz zuvor lan-cierten Zeitung, dem Maulwurf, aus.

2.1.4.1 Maulwurf 1985–1989

Der Maulwurf war eigentlich keine Zeitung, sondern eine unregelmässig, rund vierteljährlich erscheinende Publikation, dem Zeitgeist entspre chend auf Umweltschutzpapier und anfänglich in einer Genossen -schafts druckerei – der GWAP in Buchs – gedruckt. Heraus ge ber war der Pres severein Maulwurf. Die erste Ausgabe vom Juni 1985 ging an alle Haus haltungen in Liechtenstein. Die Redaktion der ersten Ausgabe be-stand aus Roman Banzer, Kurt Hasler, Hilmar Hoch, Wilfried Marxer und Sonja Wachter. Im Editorial hiess es:

«Mit dieser Zeitung möchten wir . . . ein Forum schaffen, wo Alter -na tiven, Ketzerisches, Unerhörtes für einmal auch in einer breite-ren liechtensteinischen Öffentlichkeit diskutiert werden können.

Denn wir glauben, dass dieses Land dringend eine echte und um-fassende politische Auseinandersetzung braucht. Ohne schonungs-los offene, gemeinsame Standortbestimmung werden wir auch wei-terhin keine zukunftsträchtigen Perspektiven für unser Land ent-wickeln können.»

Im Verlauf der Zeit gestaltete es sich aber immer schwieriger, die Moti -va tion in der Freizeit aufzubringen, um diese Zeitung weiterhin erschei-nen zu lassen. In der letzten von insgesamt 16 Ausgaben vom Oktober 1989 scheinen noch Hilmar Hoch und Sonja Wachter in der Redaktion auf. Sie bilanzieren wie folgt:

87 Insbesondere der Verein Welt und Heimat, aber auch etwa die Oster marsch be -wegung.

«Der MAULWURF war eine Sponti-Zeitung, ein Freizeitprodukt, lebte allein von Spenden und freiwilligen Mitarbeiterinnen. Es war von Anfang an klar, dass auf Dauer eine Zeitung so nicht gemacht werden kann. Für Freizeitjournalistlnnen ist der MAULWURF viel zu aufwendig geworden. Ausserdem spürten wir immer mehr, dass der MAULWURF von den Leserinnen in einer langsam aufkommenden Konsumhaltung schon als etablierte Selbstverständ -lich keit empfunden wurde. Vor diesem Hintergrund reifte in uns in letzter Zeit der Entschluss, das MAULWURFProjekt abzu -schliessen.

Vor vier Jahren sind wir an die Öffentlichkeit getreten mit dem An spruch, durch unsere Zeitung ein Forum für «Alternatives, Ketze -ri sches, Unerhörtes» zu schaffen und damit einen Beitrag zum Um den ken zu leisten. Inzwischen sind 16 Ausgaben erschienen, vieles ist seit dem Juni 1985 passiert. Hat der MAULWURF sein Ziel erreicht? Wir glauben, im wesentlichen eine positive Bilanz ziehen zu können. Um mit den Zahlen zu beginnen: Wir wollten mit dem MAULWURF mindestens 1000 Abonnenten erreichen.

Mit inzwischen 2000 Abos und ca. 300 jeweils am Kiosk verkauf-ten Exemplaren haben wir unser Ziel rein quantitativ weit über-troffen. Der MAULWURF hat die alternativen Bestrebungen im Land gestärkt. Er hat die möglichen politischen Freiräume ausge-lotet, und es hat sich erwiesen, dass diese wesentlich grösser sind, als man es erwartet hatte. Wir haben damit gezeigt, dass die Schere im eigenen Kopf gerade in Liechtenstein wohl mindestens so läh-mend wirkt wie die tatsächlich vorhandenen Repressionen von aussen. Der MAULWURF hat weitgehend ungestraft verschiedene nationale Tabuthemen aufgegriffen, so die Monarchie, die Kirche und das Gesellschaftswesen. Die wichtigste Sanktion dagegen war das Totschweigen in der Presse und in der Öffentlichkeit. Und doch, auch die etablierte Presse sah sich gezwungen, da und dort auf einen Skandal, auf ein heikles Thema einzugehen, im Wissen, dass es sonst der MAULWURF sicher tun würde. Und so dürfen wir wohl beanspruchen, zur Öffnung einer immer noch sehr ge-schlossenen Gesellschaft und zur Entwicklung einer öffentlichen

«Streitkultur» beigetragen zu haben.»

Zu den Tabuthemen, die der Maulwurf regelmässig aufgegriffen hatte, zählen insbesondere Fragen des Finanzplatzes, der Stellung der katholi-schen Kirche und der Machtkompetenzen der Monarchie. Alle diese Fragen gewannen in den Folgejahren, lange nach dem Erscheinen des Maul wurf, auf Grund von externen Faktoren enorm an Brisanz und be-stätigen insofern rückblickend die Kritik des Maulwurf.88

2.1.4.2 Freie Liste Zeitung bzw. FL-Info

Der Maulwurf verstand sich nicht als Sprachrohr einer Partei, auch nicht der Freien Liste, zu welcher einige personelle Überschneidungen bestan den. Vor diesem Hintergrund lancierte die im Hinblick auf die Land tags -wah len von 1986 gegründete Freie Liste 1988 eine eigene Zeitung, um die politischen Positionen direkt in die Öffentlichkeit tragen zu können.

Wie bei vielen anderen Zeitungsprojekten war auch diese Initiative politisch, nicht publizistisch motiviert. Ausserdem entspricht der Erschei -nungs rhythmus – rund vierteljährlich, vor Wahlen etwas häufiger – nicht gerade den Kriterien einer Zeitung. Der Versand erfolgt gratis an alle Haus haltungen, was den Charakter als politisches Werbemittel weiter unterstreicht. Die Freie Liste Zeitung wurde nach den ersten 15 Aus ga -ben 1992 in Freie Liste Info bzw. fl-info um-benannt und erscheint seit-dem unter dieser Bezeichnung. Es erscheint weiterhin in einem ungefähr quartalsmässigen Erscheinungsrhythmus.

Unter dem Aspekt von Medien und politischer Kommunikation kann das fl-info nicht ausgeklammert bleiben. Die Beiträge im Info lösen nicht selten politische Diskussionen und Reaktionen in den liechten -stei nischen Tageszeitungen – nicht zuletzt in Form von Leserbriefen –

88 Der Finanzplatz Liechtenstein geriet seit Ende der 1990er Jahre von Seiten der OECD und anderen internationalen Institutionen im Zusammenhang mit Geld -wäscherei bis hin zu Fragen des Bankgeheimnisses und Steuerflucht unter grossen Druck. Die katholische Kirche setzte mit der landesintern weitgehend umstrittenen und unerwünschten Errichtung des Erzbistums Vaduz und der Berufung von Bi -schof Wolfgang Haas als Erzbi-schof ein Zeichen. Die Monarchie geriet im Gefolge der innenpolitischen Auseinandersetzungen vom Herbst 1992 – der sogenannten Staatskrise – und dem anschliessenden Revisionsprozess der Verfassung in die Dis kus sion. Die Auseinandersetzung endete am 16. März 2003 mit einem Abstim -mungs erfolg für das Fürstenhaus, erntete aber auch viel Unverständnis im Ausland, insbesondere auch kritische Stellungnahmen von Seiten des Europarates.

aus. Ideologisch und thematisch bewegt sich das fl-info im grün-alterna-tiven Milieu, wie dies auch beim Maulwurf und dem Löwenzahn (siehe nächster Abschnitt) der Fall war. Dies ist nicht weiter erstaunlich, da all diese politischen und medialen Projekte personelle Querbeziehungen aufweisen. Durch die bereits verhältnismässig lange Existenz der Freien Liste und deren Organ (seit 1985 bzw. 1988) und die nach wie vor un-konventionellen, kritischen und streckenweise erfrischenden Impulse er füllt das flinfo in der liechtensteinischen Medienlandschaft eine Funk -tion, die weit über ihre quantitative Bedeutung hinausgeht.

2.1.4.3 Löwenzahn

Der Löwenzahn – er nannte sich im Untertitel «Magazin für Liech ten -stein» – wurde im September 1990 als Nachfolgeprojekt des Maulwurf gestartet. Er war professioneller aufgemacht als der Maulwurf, erschien in einem monatlichen Rhythmus und wurde zunächst in einem gehefte-ten Zeitschrifgehefte-tenformat herausgegeben. In den ersgehefte-ten sieben Ausgaben von September 1990 bis Juni 1991 war Klaus Schädler geschäftsführender Redaktor.89 Im Oktober 1991 startete der Löwenzahn neu im Tabloid format. Michael Heinzel war bei den folgenden acht Ausgaben geschäfts-führender Redaktor bis zum Ende des Löwenzahn im Ok to ber 1992.

Wie der Maulwurf griff der Löwenzahn die Themen und An lie gen der Ökologie- oder generell der Alternativbewegung auf, prangerte politi-sche Missstände an und schlug in der Tradition des Maulwurf kritipoliti-sche Töne zur Monarchie, der Kirche und dem Finanzplatz Liech ten stein an.

Das Ende des Löwenzahn hatte noch ein gerichtliches Nachspiel für Michael Heinzel, weil er auf Grund einer Anzeige der Regierung we-gen einer Aussage in der letzten Löwenzahn-Ausgabe angeklagt wurde.

Das Verfahren endete jedoch in der zweiten Instanz mit einem Frei -spruch.90(Ausführlicher im Kapitel «Rechtsprechung zur Meinungs frei -heit nach der LV und EMRK».)

89 Der geschäftsführende Redaktor wurde unterstützt von weiteren ehrenamtlichen Redaktionsmitgliedern: Verena Bühler, Pepo Frick, Hilmar Hoch, Kurt Wachter, Markus Wille, Sabine Bockmühl, German Erne, Urs Nipp und Stefan Sprenger.

90 Vgl. Höfling 1994, ferner Kellenberger 1996, S. 333 Fn. 75 über die Unverhältnis -mässig keit dieser Anzeige.

2.1.4.4 Liechtensteiner Woche bzw. Neue Liechtensteiner Woche Die Liechtensteiner Woche wurde auf Initiative von Hanspeter Rhein -ber ger im Jahr 1993 lanciert. Die Geschäftsidee war klar und einfach: je-den Sonntag sollte die LieWo als vierfarbig aufgemachter Gratisanzeiger im Tabloidformat allen Haushaltungen Liechtensteins zugestellt werden.

Die Auflage entsprach somit rund 15’000 Exemplaren, die per Austräger in die Briefkästen befördert wurden. Das kommerzielle Interesse stand bei dieser Gratiszeitung deutlich im Vordergrund. Das Blatt sollte vor al-lem unterhalten, mit Veranstaltungshinweisen und ähnlichen Rubriken einen Service bieten, am Rande auch informieren, aber vor allem der Werbekundschaft einen idealen, vielbeachteten Werbeträger bieten. Die LieWo hatte lange Zeit finanzielle Schwierigkeiten und in der Redaktion fanden häufige Wechsel statt.91Je nach Besetzung der Redaktion fanden und finden auch mehr oder weniger politische Themen Eingang in die Be richterstattung. Am Jahresbeginn 1999 übernahm das Liechtensteiner Va terland die Herausgeberschaft für die LieWo, die seit dem 17. Januar 1999 als «Neue Liechtensteiner Woche» erscheint. Die Redaktionsräume wurden in das Verlagshaus des Liechtensteiner Vaterlandes verlegt. Seit -dem wurde sie zunächst einmal pro Monat, inzwischen regelmässig auch im Bezirk Werdenberg verteilt. Die Auflage ist entsprechend auf rund 30’000 Exemplare gestiegen.

2.1.4.5 Liechtensteiner Anzeiger

Der Liechtensteiner Anzeiger erschien das erste Mal am 17. August 2000. Das Tabloidformat entsprach dem Format der Liechtensteiner Wo che. Der Anzeiger wurde jeweils am Donnerstag im Zweiwochen-Turnus in einer Auflage von rund 15’000 Exemplaren als Gratisblatt an alle Haushaltungen und Postfächer in Liechtenstein verteilt. Heraus ge

-91 Bisher haben sich die folgenden Personen in der Chefredaktion abgelöst: Peter Hag -spiel (20. Juni 1993 – 9. Januar 1994); Karin Jenny (16. Januar 1994 – 21. August 1994), Ines Rampone Wanger (28. August 1994 – 17. November 1996, anfänglich als ge schäftsleitende Redaktorin); Reaktionsteam mit Sigvard Wohlwend als publizisti-schem Berater (24. November 1996 – 20. Juli 1997), Pio Schurti. (10. August 1997 – 21. Dezember 1997); Redaktionsteam (4. Januar 1998 – 6. Dezember 1998), Heidi Rinke ab Anfang 1999 sowie Adi Lippuner seit November 2001.

be rin war die Liechtensteiner Anzeiger Anstalt. Initiant des Anzeigers war Beat Schurte, der vorher langjähriger Aussendienst-Mitarbeiter des Liech tensteiner Volksblattes gewesen war. Die Redaktion der ersten Aus gabe setzte sich nach Angaben des Blattes aus den Freischaffenden Rainer Ospelt, Martin Frommelt und Gerolf Hauser zusammen, ohne dass es sich um eine eigentliche Redaktion handelte.92Der Umfang des Blattes belief sich auf 16 bis 24 Seiten.

Gemäss erstem Editorial handelte es sich beim Anzeiger um ein

«neues, unabhängiges Printmedium für unser Land und unsere Region».

Im Vordergrund der Berichterstattung sollten vor allem einzelne mar-kante Ereignisse, Begebenheiten, Personen usw. stehen. Es wurde kein An spruch auf umfassende Berichterstattung formuliert. Die Politik nahm in den Ausgaben nur einen unbedeutenden Stellenwert ein. Wie der Name der Zeitung bereits ausdrückt, stand die Werbung beim Liech -ten steiner Anzeiger im Vordergrund.

Am 7. Dezember 2000 wurde die neunte und bereits letzte Ausgabe des Liechtensteiner Anzeigers herausgegeben. Nach Angaben des Her aus gebers Beat Schurte scheiterte das Projekt an personellen Eng päs -sen.93 Es dürfte aber auch schwierig gewesen sein, auf dem hart um-kämpften Anzeigenmarkt die nötige Akzeptanz zu finden.

2.1.4.6 Wirtschaft regional

Am 27. Oktober 2001 lancierte das Liechtensteiner Vaterland einen neu-en, dritten Bund unter dem Titel: «Wirtschaft regional», welcher der Sams tags ausgabe des Liechtensteiner Vaterlandes beigelegt war (und ist).

Der Verlagsleiter Reinhard Walser begründete den Wirtschaftsbund mit dem Ziel, «Hintergrundstories, News, Präsentationen etc. schwerpunkt-mässig aus der Region anzubieten: aus Liechtenstein, Werdenberg und dem Sarganserland» und es wurde angekündigt, «einen seriösen und trotzdem interessanten Journalismus» zu pflegen.94Wirtschaft regional

92 Nach mündlicher Auskunft von Gerolf Hauser wurden die freien Journalisten we-gen ihrer vermeintlichen Rolle als Redakteure nicht angefragt. Sie verstanden sich als Freischaffende, nicht als Redakteure des Anzeigenblattes.

93 Kurzmitteilung im Liechtensteiner Volksblatt v. 16. Dezember 2000.

94 Liechtensteiner Vaterland v. 27. Oktober 2001, S. 1.

wird zwar als Beilage des Vaterlandes verbreitet, kann aber auch separat be zogen werden. Insofern verdient es auch eine Erwähnung in einem se-paraten Abschnitt. Nach rund zweijähriger Tätigkeit kann das Fazit ge-zogen werden, dass das Redaktionsteam von Wirtschaft regional tatsäch-lich einen Qualitätssprung in der liechtensteinischen Medienlandschaft vollzogen hat. Die Parteipolitik ist im Gegensatz zu den Normal aus ga -ben von Vaterland und Volksblatt etwas in den Hintergrund gedrängt, es werden aktiv Themen aufgegriffen und Hintergründe beleuchtet. Die Ten denz zu etwas langatmigen und umfangreichen Beiträgen und die wie in den Normalausgaben stark verbreitete Form der langen, ganzseitigen Interviews wirkt zwar etwas statisch. Angesichts der Kapazitäts -gren zen, die den Lokalmedien gesetzt sind, ist dies aber durchaus verständlich. Beim Wirtschaft regional sind zumindest Ansätze eines Re -cher chierjournalismus erkennbar, was bei den Normalausgaben der Tages zeitungen weitgehend vermisst wird. Eine noch kritischere Ein stel -lung, eine aktivere Themensuche und eine insistierendere Grundhaltung von Wirtschaft regional würde aber nicht nur die journalistische Quali -tät des Blattes erhöhen, sondern könnte auch der Medienlandschaft Liechtensteins insgesamt zu mehr Glanz und Ruhm verhelfen. Es darf aller dings auch nicht übersehen werden, dass Wirtschaft regional struk-turell mit dem Presseverein Liechtensteiner Vaterland bzw. – nach der Umwandlung 2003 – der Vaduzer Medienhaus AG verbunden ist und in sofern unzweifelhaft im Einflussbereich der Vaterländischen Union steht. Inwiefern ein Qualitätsjournalismus trotzdem möglich und viel-leicht weiter ausbaubar ist, muss die Zukunft zeigen.

2.2 Radio

Die Radiogeschichte Liechtensteins war zunächst auf einen Radiosender in der Frühphase der Rundfunkgeschichte in den 1930er Jahren, dem al-lerdings nur kurzes Glück beschieden war, beschränkt. Die Einrichtung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten wie in anderen europäischen Ländern wurde in Liechtenstein in der Folge nicht nachvollzogen. Erst im Zuge der Liberalisierung der nationalstaatlichen Rundfunkordnun -gen in Europa mit der Zulassung von Privatsendern (duales System) in den 1970er bis 1990er Jahren näherte sich Liechtenstein der Rundfunk ent wicklung anderer Länder an. Mit etwas Verspätung wurden Privat

-radios zugelassen und ab Mitte der 1990er Jahre sendete Radio L als pri-vater Radiosender und einziger liechtensteinischer Sender mit einem Voll programm. Doch im Sommer 2003 wurde bekannt, dass der Haupt -geld geber von Radio L nicht mehr bereit sei, die anhaltenden Defizite des Senders zu tragen. Daher wurde in aller Eile ein Gesetz für einen öf-fentlich-rechtlichen Rundfunk erarbeitet, um ab dem Jahr 2004 den Sender mit Anpassungen als öffentlich-rechtlichen Sender unter dem Namen «Radio Liechtenstein» weiterzuführen.

2.2.1 Landessender 1938/39

Der erste und für lange Zeit einzige Radiosender Liechtensteins ging 1938 auf Sendung, wurde jedoch bereits 1939 wieder geschlossen.95Erste Pläne für einen Sen der waren 1935 aufgetaucht. In der Folge bemühten sich mehrere Interes senten um eine Konzession. Diese Phase war beglei-tet von den Bemühungen der Regierung auf internationaler Ebene, ge-eignete Fre quenzen zugesprochen zu erhalten. Der Landtag befasste sich erstmals am 28. Juli 1937 mit dieser Angelegenheit. Am 25. September 1937 wurde schliesslich zwischen der Regierung einerseits, der Roditi Inter na tional Corporation Ltd. und Mills & Rockley Ltd. andererseits ein Kon zessionsvertrag abgeschlossen. Die Roditi International Corpo -ra tion Ltd., eine Finanzgesellschaft mit Sitz in London, hatte dabei die Feder füh rung auf Seiten des Syndikats während der zähen Verhand -lungs dauer, in welcher zwischen verschiedenen Mitbewerbern mit har-ten Bandagen gekämpft wurde.96 In Liechtenstein wurde sie teilweise durch die Kanzlei Ludwig Marxer vertreten. Im Vaduzer Haberfeld – dem Stand ort des heutigen Kinderhortes – erwarb sie treuhänderisch für den Bau des Senders ein Grundstück. Die Konzessionsvereinbarung sah vor, dass eine liechtensteinische Aktiengesellschaft gegründet werde.

Dieser AG – der Liechtensteinischen Rundspruch-Aktiengesellschaft (Lirag) – ge hörten in der Folge Ludwig Marxer als Verwaltungsrats prä -si dent, Alois Vogt und Josef Ospelt als Verwaltungsräte an. Im Oktober 1938 folgte der Sendestart unter Sendeleiter Friedrich Ritter. Es wurde

95 Ausführlich bei Jansen 1973.

96 Vgl. Jansen 1973, S. 139 ff.

nur rund eine Stunde pro Tag gesendet, hauptsächlich wurden wohl klassische und volkstümliche Schallplatten aufgelegt und über den Äther verbreitet. Die Radiostation wurde im Volksmund als «Landessender»

bezeichnet, die Regierung verwendete in ihren Kundmachungen den Begriff «Radio Liechtenstein»97, ebenso wie der Sender selbst bei der Be -kannt machung seines Probeprogramms in den Landeszeitungen.98 Im Konzessionsvertrag ist nur vom «Sender» die Rede.99

Der Sender hatte dauernd mit technischen und finanziellen Pro ble -men zu kämpfen. Der Empfang muss sehr mangelhaft gewesen sein.

Hinzu kommt, dass lange nicht alle Haushalte über einen Ra dio empfän -ger verfügten.100Der Kriegsausbruch verschärfte die Situa tion finanziell noch zusätzlich, weil Geldüberweisungen aus dem Ausland schwieriger wurden. Gleichzeitig wurde aber auch die politische Lage Liechtensteins in unmittelbarer Nachbarschaft zum nationalsozialistischen Deutsch land immer heikler. Die Regierung dürfte daher nicht unglücklich dar -über gewesen sein, dass der Sendebetrieb im Verlauf des Jahres 1939 ein-gestellt wurde. Es lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen, ob die

Hinzu kommt, dass lange nicht alle Haushalte über einen Ra dio empfän -ger verfügten.100Der Kriegsausbruch verschärfte die Situa tion finanziell noch zusätzlich, weil Geldüberweisungen aus dem Ausland schwieriger wurden. Gleichzeitig wurde aber auch die politische Lage Liechtensteins in unmittelbarer Nachbarschaft zum nationalsozialistischen Deutsch land immer heikler. Die Regierung dürfte daher nicht unglücklich dar -über gewesen sein, dass der Sendebetrieb im Verlauf des Jahres 1939 ein-gestellt wurde. Es lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen, ob die