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Projekt SULAPS .1 Projektziele

Im Dokument Agrarstrukturwandel im Berggebiet (Seite 22-27)

Das Projekt SULAPS (»Sustainable Landscape Production Systems« – Nachhaltige Landschafts-Produktionssysteme), innerhalb dem die vorliegende Arbeit durchgeführt wurde, hatte zum Ziel, mögliche Entwicklungen der landwirtschaftlich beeinflussten Kul-turlandschaft im Berggebiet zu untersuchen. Dabei sollte der mögliche Agrarstruktur-wandel in verschiedenen Szenarien mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen

abge-schätzt werden. Die Resultate werden für Handlungsempfehlungen im Hinblick auf eine nachhaltige Landwirtschafts- und Regionalpolitik verwendet.

Kulturlandschafts- und Landnutzungsänderungen müssen mindestens auf zwei Ebe-nen betrachtet werden: Einerseits auf der Ebene der Landwirtschaftsbetriebe, die Nut-zungsentscheidungen treffen und anderseits auf der Ebene der einzelnen Landnutzungs-schläge, wo sich diese Entscheidungen schliesslich in der Nutzungsintensität äussern.

Aufgrund dieser disaggregierten Betrachtungsebenen und den beschränkten Projektres-sourcen ist es zwingend, den Projektperimeter auf einzelne Fallstudienregionen einzu-schränken.

1.3.2 Untersuchungsgebiet

Die ressourcenbedingte Einschränkung des Projektperimeters betrifft zwei Elemente.

Erstens mussten Projektregionen und -gemeinden ausgewählt werden, zweitens wurde eine zonale Abgrenzung notwendig. Zweitere wurde so vorgenommen, dass im Projekt SULAPS ausschliesslich die landwirtschaftliche Nutzfläche betrachtet wurde. Dort wirken sich Betriebsentscheidungen direkt räumlich explizit aus. Das Sömmerungsgebiet hinge-gen floss nur über die Zahl der gealpten Tiere in die Untersuchung ein.

Die Auswahl der Projektgemeinden fiel auf Alvaneu, Brienz/Brinzauls, Cunter, Riom-Parsonz, Savognin, Schmitten und Surava in Mittelbünden. Der Vorteil dieser Wahl lag darin, dass im Kanton Graubünden die für das geografische Informationssystem (GIS) benötigten digitalen Daten bereits weitgehend erfasst und verfügbar waren, was in den übrigen Bergkantonen nicht der Fall war.

Es wurden bewusst Gemeinden aus zwei Regionen gewählt, die unterschiedliche tou-ristische Voraussetzungen aufweisen. Im Kreis Belfort mit den betrachteten Gemeinden Alvaneu, Brienz/Brinzauls, Schmitten und Surava ist die touristische Intensität eher tief, währenddem die drei im Kreis Surses (Oberhalbstein) betrachteten Gemeinden stark auf das regionale touristische Zentrum Savognin ausgerichtet sind. Die positive Entwicklung Savognins ist für die umgebenden kleineren Dörfer im Hinblick auf das Arbeits- und Dienstleistungsangebot vital (vgl. Rieder und Buser 2005). In der Gemeindetypisierung von Anderhalden (2001: Anhang) sind denn auch Schmitten und Surava den Wohnge-meinden, Brienz/Brinzauls den AgrargeWohnge-meinden, Alvaneu, Cunter und Riom-Parsonz den peripheren Gemeinden und Savognin den Tourismusgemeinden zugeordnet. Der Cluster der peripheren Gemeinden hat ähnlich ungünstige demografische Merkmale wie die agrarisch geprägten Gemeinden (starke Überalterungstendenz), doch ist die Landwirt-schaft nicht gleich stark ausgeprägt.

Die betrachteten Dörfer aus dem Kreis Belfort liegen auf einer Höhe zwischen 900 und 1’300 m ü. M., jene im Surses zwischen 1’200 und 1’400 m ü. M. Die von den Betrieben dieser sieben Gemeinden bewirtschafteten landwirtschaftlichen Nutzflächen befinden sich auf Höhen zwischen 880 und 1’930 m ü. M. (Kreis Belfort) bzw. zwischen 1’110 und 2'170 m ü. M. (Kreis Surses). Ausführliche naturräumliche und klimatische Beschreibungen des Untersuchungsgebietes, das sich über 1’301 Hektaren landwirt-schaftliche Nutzfläche in der Bergzone III erstreckt, finden sich in den Diplomarbeiten von Dietschi (2004: 8f), Mosimann (2004: 12), Killer (2005: 9ff) und G. A. Hartmann (2005: 11ff).

Von allen Regionen Graubündens hatte Mittelbünden zwischen 1995 und 2002 mit 13 % Beschäftigungsrückgang die grössten Einbussen zu verzeichnen. Im selben Zeit-raum betrug die Abnahme des realen regionalen BIP sogar 18 %, was ebenfalls Bündner Höchstwert ist. Diese Entwicklung steht im Gegensatz zu jener der Schweiz, die eine sechsprozentige Beschäftigungs- und eine zehnprozentige BIP-Zunahme verzeichnen konnte (Rieder und Buser 2005; Wirtschaftsforum Graubünden 2005: 14). Diese

wirt-schaftliche Entwicklung erleichtert den Betriebsleitenden den Ausstieg aus der Landwirt-schaft nicht.

Tab. 2: Strukturwandel im Untersuchungsgebiet 1985 bis 2003.

Landwirtschaftliche

Nutzfläche/Betrieb Betriebszahl 1985 2003 Veränderung

1985/2003 1985 2003 Veränderung 1985/2003

Quellen: BFS 1986 und BFS 2006.

Die landwirtschaftlichen Strukturen haben sich in den sieben betrachteten Gemeinden zwischen 1985, noch vor dem Umbau der schweizerischen Agrarpolitik, und 2003 unterschiedlich entwickelt (Tab. 2). Über beide Regionen betrachtet ist der grosse Strukturwandel zwischen 1990 und 2000 erfolgt, wobei vor allem der Bezirk Belfort dazu beigetragen hat. Dafür hat sich dort eine Struktur mit 86 % Haupterwerbsanteil und grösseren Betrieben herausgebildet (Abb. 5), währenddem im Surses nur 56 % der Betriebe in diese Kategorie gehören (vgl. Kapitel 6.3.1).

In den Betriebsleiterinterviews (Kapitel 4.3.1) konnten 63 Betriebe detailliert befragt werden. Ihre Schlag- und Parzellenstruktu-ren waParzellenstruktu-ren sehr heterogen, was mit der traditionellen Realteilung und den nur in einzel-nen Gemeinden durchgeführten Melioratioeinzel-nen zu erklären ist. In Cunter, Schmitten und Surava konnten nie Meliorationen durchgeführt werden. In Alvaneu fand eine solche von 1957 bis 1982 statt, in Brienz/Brinzauls zwischen 1957 und 1984, in Riom-Parsonz von 1958 bis 1992 sowie in Savognin deren zwei von 1941 bis 1947 und von 1957 bis 1966 (Rüedi 2004). Die fehlende Melioration in Schmitten zeigt sich deutlich in den gegenüber Brienz/Brinzauls sehr feinstrukturierten Grundbuchparzellen (Abb. 6). Dies führt in einem Fall dazu, dass ein Betrieb 414 Landschläge bewirtschaften muss, die sich über 312 Grundbuchparzellen verteilen. Durchschnittlich sind es pro betrachteten Betrieb im Kreis Belfort jedoch nur 73 Schläge auf 50 Parzellen, im Kreis Surses 38 Schläge auf 23 Parzel-len. Weitere Betrachtungen zur Schlagausstattung in der Untersuchungsregion werden im Zusammenhang mit dem Flächenmobilitätsmodul in Kapitel 4.2.1 angestellt.

������������������������������������������� Betriebs-grössenstrukturen in den beiden

Fallstudien-regionen.

Die befragten Betriebe bewirtschafteten im Jahr 2003 durchschnittlich 24,4 ha (Kreis Belfort), 18,4 ha (Kreis Surses) bzw. 20,5 ha (total)

land-wirtschaftliche Nutz-fläche.

12

12 Davon bewirtschaften 72 Betriebe Flächen innerhalb der sieben Projektgemeinden.

13 Nichtlandwirtschaftliche Grundeigentümer, die nicht selten ausserhalb der Region wohnen, haben allerdings nur beschränkt die Möglichkeit, eine Melioration zu verhin-dern. Einerseits sieht Art. 703

Abs. 1 ZGB (Zivilgesetzbuch, SR 210) vor, dass sie der Durchführung zustimmen, wenn sie der Beschlussver-sammlung fernbleiben, ander-seits erlaubt Art. 17 Abs. 1 des Bündner Meliorations- ./.

Die Zersplitterung des Grundeigen-tums, wie sie in Gebieten mit Realteilung (Becker 1998: 263ff; Höchtl et al. 2005:

81) üblich ist, kann zu einer bedeutenden Anzahl kleiner Betriebe führen, die im Nebenerwerb oder in der Freizeit betrie-ben werden (Rieder 1996: 20). Diese Beo-bachtung konnte im Untersuchungsgebiet im Zusammenhang mit dem Meliorations-stand allerdings nicht gemacht werden.

Das Interesse der nichtlandwirtschaftli-chen Bodeneigentümer, Güterzusammen-legungen durchzuführen, ist gering, da sie die Kosten tragen müssen, ohne einen Nutzen zu haben13. Auch die landwirt-schaftlichen Grundeigentümer halten an

den bestehenden Besitzstrukturen fest, weil sie dem Familienbesitz Vermächtniswerte zuweisen (Rieder 1996: 20).

Die 63 analysierten Betriebe weisen mit durchschnittlich 59 % einen für die Schweiz (43 %) und das Schweizer Berggebiet (45 %) überdurchschnittlich hohen Pachtlandanteil auf14 (BFS 2004: 93). Trotz dieses hohen Anteils ist die auf Basis der Interviewergebnisse geschätzte Pachtlandmobilität tief: Die betrachteten Betriebe sind zwischen 1994 und 2003 durchschnittlich nur von 19,5 auf 20,5 ha LN gewachsen. Dies entspricht einem mittleren jährlichen Flächenwachstum von 0,5 %.

Die Flächennutzung in den sieben Gemeinden umfasste 2002 nur 2,9% Ackerbau, der sich aus Sommergerste, Hafer und Futtermais zusammensetzte. 7,0 % der landwirt-schaftlichen Nutzfläche (LN) wurden als Kunstwiesen, 56,2 % als Dauerwiesen, 17,3 % als wenig intensiv genutzte und 11,9 % als extensiv genutzte Wiesen angemeldet. 4,0 % der gesamten LN waren als Dauerweiden ausgeschieden (Abb. 7).

Die Ackerkulturen beschränken sich auf wenige, dorfnahe Flächen in tieferen Lagen und dienen dem Futterbau. Die so zusammen mit der Grünlandnutzung erhaltene Futter-grundlage ermöglichte im Jahr 2003 einen Tierbesatz von 0,79 GVE/ha. Im Gegensatz zu Abb. 6:

Grundbuchparzellenstruktur mit und ohne Melioration. Links ein Ausschnitt aus der Gemeinde Brienz/Brinzauls mit einer mittleren Schlaggrösse von rund 1,5 ha LN, rechts ein Ausschnitt aus der Gemeinde Schmitten mit durchschnittlich 0,11 ha LN Schlaggrösse (Beide Karten im selben Ausgabemassstab). Visualisierungen: Sonja Gehrig Schmidt, INFRAS.

�������������������������� inter-viewten Betriebe in den beiden Untersuchungs-regionen 2002.

(Quelle: ALSV 2003)

13ff gesetzes vom 5. April 1981 (Bündner Rechtsbuch, 915.100), dass die politische Gemeinde oder die Kantonsregierung bei einem erheblichem öffentlichen Interesse eine Melioration anordnen können, ohne dass die Grundeigentümer damit einverstanden sind.

14 Nimmt man das sogenannte Nutzniessungsland hinzu, erhöht sich der Anteil im Berggebiet auf 47 % (BFS 2004: 93). Dabei handelt es sich um Flächen, die ohne Entgelt bewirtschaftet werden dürfen (Giuliani 2002: 14).

Reproduziert mit Bewilligung ALSV GR vom 10.11.2006

anderen Regionen des Berggebietes gibt es in den Untersuchungsgemeinden kaum Pri-vatwald, weshalb dieser in der vorliegenden Arbeit nicht näher betrachtet wird.

Die Nutzungsintensität wurde in den letzten Jahren in ertragreichen Lagen zugunsten einer leistungsorientierten Milchkuhhaltung gesteigert. Die verbesserte Grundfutterqua-lität, wie sie auch in anderen Gebieten mit starker Milchviehhaltung beobachtet wird (Opitz von Boberfeld et al. 2002: 419), wurde unter anderem durch einen früheren ers-ten Schnitt erreicht. Die frühere Nutzung wurde durch die aufkommende Siloballentech-nologie gefördert, wobei zu bemerken ist, dass die Verkehrsmilchproduzenten in den drei betrachteten Sursetter Gemeinden auf deren Einsatz verzichten müssen, wenn sie ihre Milch der lokalen Käserei abliefern wollen.

Die Tierhaltung im Untersuchungsperimeter wird durch Milchkühe und die Rindvieh-aufzucht dominiert (Tab. 3). Die Zahlen weisen auf eine intensivere Landwirtschaft in der Region Belfort hin, wenn man sich bewusst ist, dass die untersuchten Betriebe der vier Belforter Gemeinden nur 530 ha LN bewirtschaften, jene der drei Sursetter Gemeinden hingegen 771 ha LN. Die im Kreis Surses vermehrt gehaltenen Tierkategorien der Mut-terkühe und des Kleinviehs sind typische Verfahren einer extensiveren Landwirtschaft.

Diese Kategorien stellen weniger hohe Ansprüche an Energie- und Proteingehalt des Fut-ters als das Milchvieh und sind daher auch für Betriebe höherer Lagen, wie im Surses, geeignet.

Im Kanton Graubünden wird rund 2 % der gesamtschweizerischen Milchmenge pro-duziert. 13 % der davon verkästen Milch werden in der Käserei in Savognin umgesetzt (BBV 2005: 27).

Im Untersuchungsgebiet werden die meisten Betriebe von Betriebsleiterpaaren und einer zusätzlichen Generation – Kinder oder Eltern – bewirtschaftet. Die Beschäftigung von Fremdarbeitskräften ist selten. Dies gilt auch für die in der Zentralen Auswertung von Buchhaltungsdaten repräsentierten Schweizer Betriebe, wo 2004 je Betrieb 1,63 Jahres-arbeitseinheiten (à 280 Arbeitstage) eingesetzt wurden, davon 23 % Fremdarbeitskräfte.

In der Bergzone III, die das gesamte SULAPS-Projektgebiet abdeckt, ist deren Anteil mit 14 % von 1,54 Jahresarbeitseinheiten noch tiefer (Hausheer Schnider et al. 2005: A1, A22). Diese Beobachtung deckt sich mit der Aussage von Rieder (2005), der für die Haupterwerbsbetriebe Graubündens eine Entwicklung hin zu 30 bis 40 ha LN prognosti-ziert, die durch die limitiert verfügbaren familieneigenen Arbeitskräfte nach oben beschränkt ist, nachdem ganzjährig angestellte Fremdarbeitskräfte nicht bezahlbar blei-ben. Die Familienarbeitsverfassung ist auch in den übrigen westlichen Ländern das vor-herrschende Modell (Pollak 1985: 561; Schmitt 1990: 218; Schmitt 1992a: 510ff).

Tab. 3: Tierbestand der untersuchten Betriebe 2003.

Untersuchte Betriebe

Belfort Surses total

Milchkühe 284 244 528

Aufzuchttiere bis 12 Monate (Kälber) 210 163 373

Aufzuchttiere 12-24 Monate (Mesen) 204 167 371

Aufzuchttiere über 24 Monate (Rinder) 212 167 379

Mutterkühe 37 72 109

Mutterschafe 139 385 524

Mutterziegen - 35 35

Milchziegen - 42 42

Nur ausgewählte Kategorien aufgeführt. Quelle: Eigene Interviews (vgl. Kapitel 4.3.1).

1.3.3 Durchführung

Der Rahmen für das Projekt SULAPS wurde unter anderem durch Vorarbeiten von Pfefferli et al. (2001) und deren Forschungsgesuch zuhanden des Schweizerischen Natio-nalfonds abgesteckt, der die vorliegende Arbeit innerhalb des Nationalen Forschungspro-gramms »Landschaften und Lebensräume der Alpen« (NFP 48) finanziell unterstützte (SNF 2003).

Hauptprojektpartner waren Agroscope Reckenholz-Tänikon ART und das Zürcher For-schungs- und Beratungsbüro INFRAS. Direkt am Projekt beteiligt waren Serge Buholzer, Stefan Erzinger, Gian Andrea Hartmann, Susanne Kilchenmann, Andreas Lüscher, Sebas-tiano Meier, Anke Möhring, Barbara Mosimann, Stephan Pfefferli, Helen Rast, Beatrice Schüpbach, René Stalder, Erich Szerencsits, Thomas Walter, Irene Weyermann und Albert Zimmermann (alle Agroscope Reckenholz-Tänikon ART), Severin Dietschi, Sonja Gehrig Schmidt, Veronika Killer, Martin Peter, Othmar Schwank und René Zbinden (alle INFRAS).

Tony Hürlimann (Universität Fribourg resp. Virtual Optima) hat bei der Optimierung des Modellcodes einen substanziellen Beitrag geleistet.

Im Dokument Agrarstrukturwandel im Berggebiet (Seite 22-27)