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Agrarstrukturwandel im Berggebiet

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Academic year: 2022

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Agrarstrukturwandel im Berggebiet

Ein agentenbasiertes, räumlich explizites Agrarstruktur- und Landnutzungsmodell für zwei Regionen Mittelbündens

Stefan Lauber

ART-Schriftenreihe 2 | Agrarstrukturwandel im Berggebiet

(2)

Impressum

ISSN 1661-7584 ART-Schriftenreihe

ISBN 3-905733-03-X

Herausgeberin Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART Tänikon, CH-8356 Ettenhausen

Telefon +41 (0)52 368 31 31, Fax +41 (0)52 365 11 90 info@art.admin.ch, www.art.admin.ch

Grafik Ursus Kaufmann, ART

Titelbild Stall in Savognin/GR | Sömmerungsweide unterhalb des Piz Curver/GR Stefan Lauber, ART

Preis CHF 40.00 | € 30.00; inkl. MWSt

des Schweizerischen Nationalfonds entstanden.

Dissertation ETH Nr. 16716

(3)

Inhalt

Vorwort V

Zusammenfassung VII

Résumé IX

Summary XI

Teil I: Einleitung 1

1 Ausgangslage und Problemstellung 2

1.1 Berglandwirtschaft und Berglandschaft im Wandel 2

1.1.1 Strukturwandel 2

1.1.2 Spezielle Voraussetzungen des Berggebietes 4

1.1.3 Bipolare Entwicklung der Nutzungsintensität 6

1.2 Problemstellung 8

1.3 Projekt SULAPS 8

1.3.1 Projektziele 8

1.3.2 Untersuchungsgebiet 9

1.3.3 Durchführung 13

1.4 Aufbau der Arbeit 13

Teil II: Grundlagen und Methoden 15

2 Theorie des Strukturwandels 16

2.1 Begriffsdefinitionen 16

2.2 Begriffsabgrenzung 17

2.3 Quantifizierung des Strukturwandels 17

2.4 Determinanten des Strukturwandels 18

2.4.1 Druck 18

2.4.2 Sog 20

2.5 Anpassungsreaktionen der Landwirtschaft 20

2.5.1 Grössenwachstum 20

2.5.2 Produktivitätssteigerungen 23

2.5.3 Exkurs: Produktivitätsmasse 23

2.5.4 Wege zur Produktivitätssteigerung 26

2.5.5 Nischenstrategie 27

2.5.6 Ausserlandwirtschaftliche Tätigkeiten 28

(4)

2.6 Gebremster oder blockierter Strukturwandel 28

2.7 Theorieansätze zum Agrarstrukturwandel 29

2.7.1 Theorie des landwirtschaftlichen Haushaltes 29

2.7.2 Das Konzept der Pfadabhängigkeit 31

2.7.3 Das einstiegszentrierte Modell agrarstrukturellen Wandels 33

2.7.4 Kurze Synthese 34

3. Modellierung von Strukturwandel 35

3.1 Modelltypen 35

3.1.1 Land Use and Land Cover Change (LUCC)-Modelle 36

3.1.2 Betriebsmodelle 36

3.1.3 Betriebsbasierte Sektor- bzw. Strukturmodelle 37

3.1.4 Hybrid- und agentenbasierte Hybridmodelle 41

3.2 Mathematische Programmierung 43

4 Das SULAPS-Modellsystem 45

4.1 Modellziele 45

4.2 Modellansatz 45

4.2.1 Flächenausstattung in der Untersuchungsregion 46

4.2.2 Modellannahmen 48

4.3 Modelldaten 48

4.3.1 Abstützung auf strukturierte Interviews und Expertenbefragungen 48 4.3.2 Daten der landwirtschaftlichen Strukturerhebung und

Geografisches Informationssystem (GIS) 49

4.3.3 Transportzeiten 50

4.3.4 Nutzungs- und Ertragspotenziale 50

4.4 Aktivitäten des einzelbetrieblichen Basismodells 51

4.4.1 Aktivitäten der Landnutzung 51

4.4.2 Aktivitäten der Tierhaltung 54

4.4.3 Aktivitäten der Arbeit 57

4.4.4 Aktivitäten der Gebäudeinfrastruktur 58

4.4.5 Aktivitäten der Mechanisierung 59

4.5 Restriktionen des einzelbetrieblichen Basismodells 59

4.5.1 Restriktionen der Landnutzung 59

4.5.2 Restriktionen der Herde 60

4.5.3 Restriktionen der Fütterung 60

4.5.4 Restriktionen der Düngung 61

4.5.5 Restriktionen der Milchproduktion 61

4.5.6 Restriktionen der Arbeit und der Maschinenzeit 62

4.5.7 Restriktionen Biolandbau 65

(5)

4.5.8 Restriktionen der Stallkapazitäten, der Futter- und Hofdüngerlager 65

4.5.9 Restriktionen der Investitionstätigkeiten 65

4.6 Technischer und biologischer Fortschritt 66

4.7 Zielfunktion 67

4.8 Nicht-ökonomische Ziele 68

4.9 Ausstieg aus der Landwirtschaft 69

4.10 Flächenmobilitätsmodul 71

4.10.1 Iterative Modellierung statt Gleichgewichtsmodell 72

4.10.2 Abgegrenzte Pachtlandmärkte 73

4.10.3 Unterteilung des Faktors Land in Distanz- und Qualitätsklassen 73

4.10.4 Modellablauf 73

4.11 Technische Umsetzung 76

4.12 Modellkalibrierung und -validierung 77

5. Szenarien 81

5.1 Haupteinflussgrössen und deren Ausprägungen 81

5.2 Definition der einzelnen Szenarien 82

5.2.1 Szenarium I: Liberalisierung 83

5.2.2 Szenarium II: Gestützte Liberalisierung 83

5.2.3 Szenarium III: Trend 84

5.2.4 Szenarium IV: Regionale Wertschöpfung 84

5.2.5 Ökoszenarium V: Landschaft und Ökologie (Trend) 84 5.2.6 Ökoszenarium VI: Landschaft und Ökologie (Liberalisierung) 84

5.2.7 Mangelszenarium VII: Stellenmangel (Trend) 84

5.2.8 Mangelszenarium VIII: Stellenmangel (Liberalisierung) 84

5.3 Ausgewählte Szenarienparameter 84

Teil III: Resultate und Folgerungen 87

6. Resultate 88

6.1 Vergleich der einzelbetrieblichen Strukturen auf Betriebsgruppenebene

mit der Referenzlösung und über alle Szenarien 88

6.1.1 Berechnungsweise der Kategorienwerte 89

6.1.2 Betriebszahlen 90

6.1.3 Partielle Produktivitäten 96

6.1.4 Einkommensgrössen 111

6.1.5 Landwirtschaftliche Nutzfläche 122

6.1.6 Tierbestandesdichten 125

6.1.7 Landnutzungsintensitäten 128

6.1.8 Naturwerte 134

(6)

6.1.9 Eingesetzte Arbeitszeit 137 6.2 Pfadabhängiges Anpassungsverhalten nach Betriebsgruppen 146 6.2.1 Pfadabhängige Entwicklung nach Grössenklassen 146 6.2.2 Pfadabhängige Entwicklung nach FAT99-Betriebstypen 149 6.2.3 Pfadabhängige Entwicklung nach Erwerbsklassen 151 6.3 Sektorale Ergebnisse für die einzelnen Regionen 153

6.3.1 Betriebszahlen 154

6.3.2 Landnutzung 154

6.3.3 Einwachsende Flächen 156

6.3.4 Tierbestände und Sömmerung 158

7. Synthese 161

7.1 Übertragbarkeit 161

7.2 Kurzzusammenfassung der Modellresultate 161

7.3 Schlussfolgerungen und Empfehlungen 162

7.3.1 Landnutzung 162

7.3.2 Auflassungsräume 163

7.3.3 Tierproduktion 163

7.3.4 Direktzahlungs-Splitting 163

7.3.5 Mechanisierung 164

7.3.6 Ausserlandwirtschaftliche Arbeitsplätze 164

7.3.7 Meliorationen 165

7.3.8 Empfehlungen aus Expertengesprächen 165

7.4 Methodendiskussion 165

Literaturverzeichnis 168

Tabellen 180

Abbildungen 181

Abkürzungen 185

Anhang 187

Anhang 1: Fragebogen der strukturierten Interviews 189

Anhang 2: Landnutzungskarten 207

(7)

Vorwort

Der landwirtschaftliche Strukturwandel macht auch vor dem Schweizer Berggebiet nicht Halt. Hinter den sektoral wahrnehmbaren Veränderungen stehen die Entscheidun- gen der einzelnen Betriebsleitenden über Produktionsausrichtung, Arbeitseinsatz oder Verbleib in der Landwirtschaft.

Die vorliegende Dissertation ist im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms

»Landschaften und Lebensräume der Alpen« (NFP 48) entstanden. Sie hatte deshalb zum Ziel, den Strukturwandel auf der Stufe einzelner Bergbetriebe für verschiedene Zukunftsszenarien zu simulieren und die Auswirkungen auf die Region und die Land- schaft aufzuzeigen.

Das dazu entwickelte Agrarstruktur- und Landnutzungsmodell SULAPS ermöglicht räumlich explizite Aussagen über die Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen in zwei Fallstudienregionen Mittelbündens und übertrifft dadurch den Detaillierungsgrad bislang bestehender Modellansätze fürs Berggebiet.

Indem der verwendete Modellansatz die einzelbetrieblichen Voraussetzungen und Entwicklungsmöglichkeiten ebenso in die Zukunftsbetrachtungen einbezieht, wie Ziele und Wünsche der Betriebsleitenden, orientieren sich die in dieser Arbeit vorgestellten Ergebnisse – im Gegensatz zu anderen normativen Studien – nicht an sektoral optimalen, sondern an einzelbetrieblich real erreichbaren Strukturen.

Die kartografische Darstellung der Resultate erlaubt eine schnelle Einordnung der ermittelten Landnutzung für die einzelnen Szenarien. Sie verdeutlicht unter anderem die auch weiterhin zu erwartende bipolare Entwicklung der Landnutzungsintensität und die realteilungsbedingte, verstreute räumliche Verteilung der aus der landwirtschaftlichen Nutzung fallenden Flächen.

Das SULAPS-Modellsystem wird als Teil der Modellfamilie der Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART auch künftig für Fragestellungen zum Agrarstruktur- wandel im Berggebiet zur Verfügung stehen.

November 2006

Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART

Dr. Stephan Pfefferli Vizedirektor

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(9)

Zusammenfassung

Agrarstrukturwandel im Berggebiet: Ein agentenbasiertes, räumlich expli- zites Agrarstruktur- und Landnutzungsmodell für zwei Regionen Mittel- bündens

Die Kulturlandschaft im Berggebiet stellt eine wichtige Externalität der landwirt- schaftlichen Produktion dar. Der Agrarstrukturwandel beeinflusst das Landschaftsbild über veränderte Nutzungsintensitäten direkt. Während der Beitrag der Bergbauernbe- triebe an die verfassungsmässigen Agrarziele der dezentralen Besiedlung und der Nah- rungsmittelversorgung immer kleiner wird, gewinnen die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und die Kulturlandschaftspflege zunehmend an Bedeutung.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, anhand von zwei Regionen Mittelbündens mögli- che Entwicklungsmuster der Berglandwirtschaft unter verschiedenen Rahmenbedingun- gen aufzuzeigen und die Auswirkungen auf die Landnutzung räumlich explizit zu simu- lieren. Die Arbeit wurde im Rahmen des Projektes SULAPS (»Sustainable Landscape Pro- duction Systems« – »Nachhaltige Landschafts-Produktionssysteme«) innerhalb des Nati- onalen Forschungsprogramms 48 »Landschaften und Lebensräume der Alpen« durchge- führt und vom Schweizerischen Nationalfonds finanziert.

Für die Simulationsrechnungen werden 63 Landwirtschaftsbetriebe und die von ihnen bewirtschafteten 8’374 Landschläge aus sieben Gemeinden der Kreise Belfort und Surses (Oberhalbstein) in einzelbetrieblich parametrisierten Optimierungsmodellen abgebildet, die über ein Flächenmobilitätsmodul zu einem empirischen, agentenbasierten Landnut- zungs- bzw. Agrarstrukturmodell verknüpft sind. Der iterative Programmierungsablauf der Flächentransfers führt dazu, dass sich die Ausgangslage der Betriebe ändern kann, bevor sie sich entscheiden müssen, ob sie die Landwirtschaft ganz oder teilweise aufge- ben wollen. Betriebe mit anfangs ungünstigen Voraussetzungen können dadurch unter Umständen in mehreren Schritten wachsen und ihren Verbleib in der Landwirtschaft sichern. Die räumlich explizite Modellierung der parzellen- und betriebsspezifischen Transportzeiten sowie der schlagspezifischen Nutzungs- und Ertragspotenziale geschieht detailliert, wodurch die einzelbetrieblichen Zupachtentscheidungen für jeden Landschlag individuell abgestützt werden können. Somit ist für jeden einzelnen Schlag in allen acht berechneten Szenarien eine Aussage möglich, welcher Betrieb ihn im Jahr 2015 wie intensiv, mit welcher Mechanisierung und zu welchem Zweck bewirtschaftet.

Die Spezifikation der 63 modellierten, real existierenden Landwirtschaftsbetriebe basiert auf ausführlichen strukturierten Interviews mit den Betriebsleitenden. Der kom- parativ-statische gemischt-ganzzahlige lineare Programmierungsansatz erlaubt die Berücksichtigung von Pfadabhängigkeiten, indem sowohl die betriebliche Ressourcen- ausstattung im Ausgangsjahr 2002 als auch Alter sowie Aus- und Weiterbildung der Betriebsleitenden, die die Höhe der Opportunitätskosten der Arbeit mit bestimmen, in die Berechnungen einfliessen. Die Modelloptimierungen geschehen im Hinblick auf eine einzelbetriebliche Maximierung der Haushaltseinkommen, die nebst den landwirtschaft- lichen auch die ausserlandwirtschaftlichen Einkommen umfassen. Weitere, in den Inter- views erhobene, nicht-ökonomische Ziele fliessen im Sinne der lexikografischen Mehrziel- optimierung (Lexicographic Goal Programming) über Nebenbedingungen in die Berech- nungen ein.

Die Modellresultate zeigen die grosse Bedeutung der Direktzahlungen für die Berg- landwirtschaft. Ihr Umfang hat einen weitaus grösseren Einfluss auf die Betriebsstruktu-

(10)

ren und die Landnutzung als die Höhe von Produktpreisen und Faktorkosten. Mit Aus- nahme eines bewusst restriktiv formulierten Szenariums mit einer Halbierung der beste- henden Direktzahlungsansätze, starken Preissenkungen und gleichzeitiger Einschränkung der ausserlandwirtschaftlich verfügbaren Arbeitsstellen, kann der Strukturwandel bis 2015 dank einer maximalen Betriebsaufgaberate von jährlich durchschnittlich 2,2 % im Rahmen des Generationenwechsels und somit sozialverträglich abgewickelt werden. Die von vielen Betrieben angestrebte Wachstumsstrategie zur Steigerung der Arbeitsproduk- tivität ist damit wegen der nur beschränkt frei werdenden Pachtlandflächen nur selten erfolgreich.

Die Betriebsleitenden streben das Betriebswachstum in der Regel nur solange an, wie sie die zu bewirtschaftende Fläche mit Familienarbeitskräften bewältigen und auf kost- spielige Fremdarbeitskräfte verzichten können. Das nichtlandwirtschaftliche Erwerbsein- kommen gewinnt insbesondere unter Liberalisierungsbedingungen an Bedeutung, indem es zumindest teilweise hilft, die sich aus tieferen Preisen und Direktzahlungsansätzen ergebenden Einbussen beim landwirtschaftlichen Einkommen zu kompensieren. Damit leisten nicht nur Voll- und Zuerwerbsbetriebe, sondern auch Nebenerwerbs- und Freizeit- betriebe einen wichtigen Beitrag an die Pflege der Kulturlandschaft. Im Gegensatz zu den Zuerwerbsbetrieben, bei denen bei ausserlandwirtschaftlicher Stellenknappheit auch ein Umstieg in die Vollerwerbslandwirtschaft praktiziert wird, ist dies bei Nebenerwerbs- betrieben nie der Fall. Diese werden allenfalls zu Freizeitbetrieben oder steigen komplett aus der Landwirtschaft aus.

Bei einer Weiterführung des heutigen Direktzahlungssystems werden bis 2015 maxi- mal 6 % der im Referenzszenarium 2002 angemeldeten landwirtschaftlichen Nutzfläche nicht mehr bewirtschaftet. Bei einer Veränderung des Direktzahlungsregimes sind hinge- gen Brachlandanteile von bis zu 17 % zu erwarten. Die Verschiebungen zwischen den einzelnen Landnutzungskategorien sind aufgrund der Bedürfnisse tierhaltender Betriebe nach düngbaren Flächen beschränkt. Die einzelparzellenweise Auswertung der Landnut- zung zeigt insbesondere unter Liberalisierungsbedingungen eine Akzentuierung der bipolaren Entwicklung der Landnutzung: Die wenig intensiv genutzten Wiesen verlieren Anteile, dafür nehmen die extensiv und intensiv genutzten Wiesen anteilsmässig zu. Die durch die traditionelle Realteilung entstandenen Parzellenstrukturen in den Untersu- chungsregionen führen dazu, dass die aus der landwirtschaftlichen Nutzung ausschei- denden Flächen nicht zusammenhängende Gebiete (Landschaftskammern), sondern Grenzstandorte aller Teilregionen betreffen, also Flächen, die ein tiefes Ertragspotenzial aufweisen und deren Steilheit die Bewirtschaftung erschwert.

Der Modellansatz hat die Erwartungen bezüglich räumlich expliziter Simulationsfähig- keit der Landnutzung erfüllt und ermöglicht durch die iterative Programmierweise der Flächenmobilität eine realitätsnahe Abbildung des Pachtlandmarktes. Die vorliegende Arbeit stellt eine erste Anwendung des Agrarstruktur- und Landnutzungsmodells SULAPS vor, das künftig für weitere Aufgabestellungen eingesetzt werden soll.

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Résumé

Changement structurel agricole en région de montagne: Modélisation de la structure agricole et de l’utilisation des terres par les agents pour deux régions du Canton des Grisons de manière spatialement explicite

En région de montagne, le paysage cultural constitue une externalité importante de la production agricole. Le changement des structures agricoles influence directement l’aspect du paysage suite à la modification de l’intensité d’exploitation des sols. Parmi les objectifs fixés à l’agriculture par la Constitution, les exploitations de montagne contribuent de moins en moins à la décentralisation des zones d’habitation et à l’approvisionnement de la population en denrées alimentaires, tandis que le maintien des ressources naturelles et l’entretien du paysage cultural prennent une importance croissante.

A partir de deux régions du Mittelbünden dans les Grisons, la présente thèse a pour objectif d’identifier des schémas de développement possibles pour l’agriculture de montagne compte tenu de différentes conditions-cadres et d’en simuler les conséquences pour l’utilisation des terres de manière spatialement explicite. L’étude a été effectuée dans le cadre du projet SULAPS (»Sustainable Landscape Production Systems« – »Systèmes durables de production du paysage«) qui fait partie du programme national de recherche 48 »Paysages et habitats de l’arc alpin«. Elle a été financée par le Fonds national suisse.

Les calculs sur lesquels sont basées les simulations reposent sur les données de 63 exploitations agricoles avec leurs 8’374 parcelles situées dans sept communes des régions de Belfort et de Surses (Oberhalbstein). Ces données ont été introduites dans des modèles d’optimisation paramétrés individuellement. Un module de mobilité des surfaces permet de relier ces modèles à un modèle empirique d’exploitation des terres, basé sur les agents, appelé aussi modèle de structures agricoles. La programmation itérative des transferts de surface fait que la situation initiale des exploitations peut changer avant qu’elles ne soient contraintes de se décider à abandonner l’agriculture, totalement ou en partie. Des exploitations qui, au départ, présentaient des conditions défavorables peuvent donc parfois se développer en plusieurs étapes et se maintenir dans l’agriculture. Les temps consacrés au transport, spécifiques aux parcelles et aux exploitations, ainsi que les potentiels de rendement et d’utilisation des différentes parcelles sont modélisés en détails de manière spatialement explicite. De cette façon, chaque décision de louer des terres peut être prise individuellement pour chaque parcelle. Cette méthode permet de dire pour chacun des huit scénarios calculés et pour chaque parcelle, quel domaine exploitera ladite parcelle avec quelle intensité, quelles machines et dans quel but en 2015.

La spécification des 63 exploitations agricoles modélisées, qui existent réellement, est basée sur des interviews structurées avec les dirigeant(e)s d’exploitation. La programmation linéaire mixte (MIP), qui constitue une approche statique comparative, permet de tenir compte des dépendances du sentier en intégrant dans les calculs l’équipement et les ressources de l’exploitation durant l’année initiale (2002) ainsi que l’âge et la formation des dirigeant(e)s d’exploitation, facteurs qui influent sur les coûts d’opportunité du travail. Les modèles sont optimisés de manière à maximiser les revenus individuels du ménage des exploitations, qui incluent les revenus agricoles et extra-agricoles. Les autres objectifs non économiques mentionnés dans les interviews sont inclus dans les calculs dans l’optique de l’optimisation lexicographique multi-objectifs (Lexicographic Goal Programming) au travers de restrictions.

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Les résultats des différents scénarios montrent la haute importance des paiements directs pour l’agriculture de montagne. Leur niveau exerce une influence nettement plus marquée sur les structures de l’exploitation et l’utilisation des sols que le prix des produits et le coût des facteurs. A l’exception d’un scénario qui a délibérément été établi en termes restrictifs, et qui prévoit une diminution de moitié des paiements directs existants, de fortes baisses des prix et une réduction simultanée des postes de travail disponibles en dehors de l’agriculture, le taux maximal d’abandon des exploitations est de 2,2 % en moyenne par année jusqu’en 2015. Le changement structurel se fait donc dans le contexte du changement de génération, ce qui est socialement acceptable. Sachant que peu de surfaces à louer se libèrent, la stratégie de croissance visée par de nombreuses exploitations pour accroître la productivité du travail ne porte que rarement ses fruits.

Les dirigeant(e)s d’exploitations ne souhaitent en général accroître leur domaine que dans la mesure où ils/elles peuvent gérer la surface à exploiter avec la main-d’œuvre familiale sans devoir recourir à une main-d’œuvre extérieure onéreuse. Le revenu tiré d’activités non agricoles gagne en importance, notamment dans les conditions de libéralisation, en aidant, tout au moins en partie, à compenser les pertes subies au niveau du revenu agricole suite à la baisse des prix et des paiements directs. Par conséquent, les exploitations à temps plein et les exploitations à titre complémentaire ne sont pas les seules à contribuer à l’entretien du paysage. Les exploitations à temps partiel et les exploitations de loisirs y apportent également leur participation. Contrairement aux exploitations à titre complémentaire, qui se tournent également vers le temps complet lorsque les activités extra-agricoles se font rares, les exploitations à temps partiel ne le font jamais. Elles se transforment éventuellement en exploitations de loisirs ou quittent totalement l’agriculture.

En admettant que le système actuel des paiements directs soit maintenu, 6 % au maximum de la surface agricole utile inscrite dans le scénario de référence en 2002 ne serait plus exploitée d’ici 2015. En cas de modification du régime des paiements directs, il faudrait par contre s’attendre à un pourcentage de terres en friche allant jusqu’à 17 %.

Les fluctuations entre les différentes catégories d’utilisation des sols sont limitées, sachant que les exploitations qui détiennent des animaux ont besoin de surfaces fertilisables.

L’évaluation de l’utilisation des sols par parcelle montre, notamment dans le cas du scénario de libéralisation, une accentuation du développement bipolaire: la part de prairies peu intensives diminue au profit de la part de prairies extensives et intensives. Les structures parcellaires des régions d’études dues au partage matériel font que les surfaces non exploitées à des fins agricoles ne portent pas sur des zones continues, mais sur les sites marginaux de toutes les régions, donc sur des surfaces qui présentent un faible potentiel de rendement et dont le caractère escarpé limite les possibilités d’exploitation.

Le modèle choisi a rempli les attentes en ce qui concerne sa capacité à simuler l’utilisation des sols de manière spatialement explicite. Il permet de se faire une idée réaliste du marché des terres affermées grâce à sa programmation itérative. La présente thèse constitue une première application du modèle d’utilisation des sols et de structures agricoles SULAPS, qu’il est prévu d’utiliser pour d’autres tâches à venir.

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Summary

Agrarian Structural Change in the Swiss Mountain Region: An agent-based, spatially explicit agricultural-structure and land-use model for two regions in the Canton of Grisons.

The cultural landscape in the Swiss mountain area is an important externality of agri- cultural production. Agrarian structural change directly affects the landscape via chang- ing land-use intensities. Whilst the contribution of mountain farms to the constitutional targets of decentralised settlement and food provision is becoming smaller and smaller, the preservation of natural resources and the cultural landscape is acquiring increasing importance.

This thesis aims to identify possible patterns of development in mountain agriculture for several scenarios in two regions of Mittelbünden (eastern Switzerland), and to simu- late the impacts on land use in a spatially explicit manner. It is part of the SULAPS (Sus- tainable Landscape Production Systems) project carried out within the «Landscapes and Habitats of the Alps” Swiss National Research Programme NRP 48, and financed by the Swiss National Science Foundation.

For simulation, 63 farms from seven communities in the Belfort and Surses districts and their 8,374 cultivated plots are represented in individually parameterised optimisa- tion models which are linked via a leasehold market module to an empirical, agent-based land-use and agricultural-structure model. The iterative program execution of the plot transfers may change the initial situation of farms, resulting in their possible expansion before it is their turn to decide whether or not to remain wholly or partially in agriculture.

This means that farms with initially unfavourable structures may in certain cases grow in several steps, thereby ensuring that they stay in farming. Plot- and farm-specific transport times as well as utilisation and yield potential of individual plots are modelled in detail in a spatially explicit manner, so that farm decisions on land lease can be made for each plot individually. Hence, for every plot in the model and for each of the eight scenarios, a statement is possible as to which farm is managing the plot in 2015, how intensively, with what machines, and for what purpose.

The specification of the 63 actually existing modelled farms is based on detailed structured interviews with the farm managers. The comparative-static, linear Mixed-Inte- ger Programming (MIP) approach allows path dependencies to be taken into account, by including in the calculations both farm resources in the base year of 2002 as well as age and education/training of the farm managers, which influence the opportunity costs of labour. The models are optimised so as to maximise the individual farms’ household incomes, which include both agricultural and non-agricultural incomes. Other non-eco- nomic goals recorded in the interviews are included in the calculations using Lexico- graphic Goal Programming (LGP) via additional restrictions.

The model results show the importance of direct payments for mountain agriculture.

The level of these payments has a far greater influence on farm structures and land use than product prices and factor costs. Except for one deliberately restrictively formulated scenario with a 50 % reduction in existing direct payment levels, hefty price declines and simultaneous restricted off-farm job availability, the mean farm exit rate lies below 2.2 % per year by 2015. Structural change may thus occur within the context of the succession of generations and therefore in a socially acceptable manner. Since land rarely becomes

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available for lease, the growth strategy aspired to by many farmers to improve labour productivity is seldom successful.

Farm growth is normally aimed at only as long as the land can be managed with fam- ily labour alone, and no expensive hired labour is needed. Non-agricultural income is of growing importance, especially under liberalisation conditions with decreasing prices and direct payment contributions, as it helps to offset losses in agricultural income at least in part. Consequently, not only full-time farms, but also part-time and hobby farms make an important contribution to the preservation of the cultural landscape. Unlike full-time farms with secondary income, which may change to full-time farms without secondary income if off-farm job offers become scarce, part-time farms never increase their farm share, at most changing to hobby farming or leaving agriculture completely.

If the current direct payment system continues unaltered, a maximum of 6 % of the utilised agricultural area in the reference scenario 2002 will no longer be used by 2015.

Altering this system, however, may lead to up to 17 % fallow land. Shifts between land- use categories are limited owing to livestock farmers’ needs for fertilisable land. Espe- cially under liberalisation conditions, analysis on the individual plot level shows an accen- tuation of the bipolar development of land use: Low-intensity meadows are losing ground in favour of extensive and high-intensity meadows. The parcel structures in the project regions – a result of the traditional division of inherited land or Realteilung – lead to the arising fallow land affecting not contiguous areas, but rather marginal sites of all the regions, i. e. sites with a low yield potential whose steepness makes cultivation diffi- cult.

The model approach fulfilled our expectations in terms of its ability to simulate land use in a spatially explicit manner. Thanks to its iterative programming, it also permits a realistic reproduction of the leasehold market. This thesis introduces a first application of the SULAPS agricultural-structure and land-use model, which will in future be used for other tasks.

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Teil I: Einleitung

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1 Ausgangslage und Problemstellung

1.1 Berglandwirtschaft und Berglandschaft im Wandel

1.1.1 Strukturwandel

Der Siebte Landwirtschaftsbericht leitete 1992 in der schweizerischen Landwirtschaft die Trennung von Preis- und Einkommenspolitik ein. Administrierte Preise und produkt- gebundene Direktzahlungen wurden teilweise durch produktionsunabhängige Direkt- zahlungen (Art. 31a und 31b aLwG) ersetzt. Dieser Umbau des agrarpolitischen Instru- mentariums fand 1999 im revidierten Landwirtschaftsgesetz (LwG) seinen Niederschlag, das die Reform fortführte und mit der »Agrarpolitik 2002« (Zahlungsrahmen 2000 bis 2003) bzw. »Agrarpolitik 2007« (Zahlungsrahmen 2004 bis 2007) umgesetzt wurde (Schweizerischer Bundesrat 2002: 4729ff). Mit der »Agrarpolitik 2011« soll diese Ent- wicklung über eine weitere Umlagerung von Mitteln aus der Marktstützung zu den Direktzahlungen fortgeführt werden (BLW 2005b: IX). Der Umbau der Agrarpolitik, der auch die vollständige Aufhebung der staatlich kontrollierten Milchkontingentierung bis 2009 vorsieht, trägt zum fortschreitenden Strukturwandel bei. Internationale Verpflich- tungen, die sich beispielsweise aus den bilateralen Verträgen mit der EU oder den WTO- Verhandlungen ergeben1, werden auch künftig den Druck zur Umsetzung von preissen- kenden Massnahmen aufrecht erhalten.

Eine ähnliche Entwicklung findet inzwischen auch in der Europäischen Union (EU) statt, wo 2003 mit den Luxemburger Beschlüssen die Entkopplung der Zahlungen von den produzierten Mengen (»Decoupling«) im Nachgang zur McSharry-Reform 1992 und zur »Agenda 2000« umgesetzt und auf Direktzahlungssysteme mit Betriebs- und Flä- chenbeiträge umgestellt wurde (BGA 2004: 28). Analog zum »Ökologischen Leistungs- nachweis« (ÖLN) in der Schweiz sind die Beitragszahlungen der sogenannten »ersten Säule«, die Markt- und Preispolitik bzw. Betriebs- und Flächenbeiträge umfasst, an soge- nannte »Cross Compliance«-Vorgaben gebunden. Bei den Massnahmen der »zweiten Säule«, die die Förderung des ländlichen Raumes zum Ziel haben, sind hingegen nur in einzelnen Förderbereichen Umweltanforderungen zu erfüllen (NABU 2006: 10ff).

Baur (1999: 145ff) zeichnet die Strukturveränderungen zwischen 1939 und 1990 im Rahmen einer Druck-Sog-Betrachtung (vgl. Kapitel 2.4) nach und unterscheidet dabei vier Phasen:

• 1939 bis 1955: Verzögerter Strukturwandel in den Kriegs- und Nachkriegsjahren, in denen sowohl Druck als auch Sog fehlten.

• 1955 bis 1969: Natürlicher2 bis leicht beschleunigter Strukturwandel während der Hochkonjunktur. Das Wirtschaftswachstum übte einen starken Sog auf die Arbeits- kräfte aus, gleichzeitig federte das neue Landwirtschaftsgesetz von 1951 den Druck etwas ab.

• 1969 bis 1980: Verzögerter bis gebremster Strukturwandel in der Rezession, auch dank vermehrter agrarpolitischer Einkommensstützung. Sowohl Druck als auch Sog waren gering.

• 1980 bis 1990: Gebremster Strukturwandel bei steigenden Agrarüberschüssen und - kosten. Das Wirtschaftswachstum verlangsamte sich3, dafür nahmen die kantonalen und eidgenössischen Landwirtschaftsausgaben weiter zu. Damit sank die Betriebs- zahlabnahmerate Ende der 1980er-Jahre tiefer als seit den Kriegs- und Nachkriegs- jahren.

1 Das Landwirtschafts- abkommen im Rahmen der sieben unter dem Titel »Bilate-

rale I« zusammengefassten sektoriellen Abkommen zwi- schen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft trat am 1. Juni 2002 in Kraft und bringt unter anderem die schrittweise Einführung des Käsefreihandels bis 2007. Im Rahmen der »Bilateralen II« ist das Abkommen über verar-

beitete Landwirtschafts- produkte am 30. März 2005 formell in Kraft gesetzt wor- den (Schweizerischer Bundes- rat 2006: 25, 30f). Die WTO- Doha-Runde 2001 hat interna- tional drei Stossrichtungen

vorgegeben. Grenzschutz, interne Marktstützungsmass-

nahmen und Exportsub- ventionen sollen dabei weiter abgebaut werden (BLW 2004:

215).

2 Baur (1999: 48f) definiert natürlichen Strukturwandel als Situation mit starkem Sog (Abwanderung wird erleich-

tert) bei gleichzeitig schwa- chem Anpassungsdruck, was

den Betrieben den nötigen Spielraum für Anpassungen an neue Rahmenbedingungen gibt.

3 Baur (1999: 147) stellt bei den Indikatorvariablen für die Sogwirkung der Wirtschaft für die 1980er-Jahre ein wider-

sprüchliches Bild fest. Das durchschnittliche jährliche Wachstum des Bruttosozial-

produktes pro Kopf sank, hingegen nahm die Anzahl der Erwerbstätigen stark zu.

(17)

Mit der Druck-Sog-Betrachtung lässt sich auch die weitere Entwicklung seit 1990 erklären (Abb. 1), nachdem die Neuorientierung der Agrarpolitik in den 1990er-Jahren und die damit einhergehende verstärkte Marktausrichtung den Strukturwandel gegenü- ber den 1970er- und 1980er-Jahren wieder beschleunigt hat (BLW 2000: 10). Die Loslö- sung von administrierten Preisen und produktgebundenen Beiträgen hat die Strukturent- wicklung in der Landwirtschaft verstärkt an die übrige wirtschaftliche Situation geknüpft.

Die Betriebsabnahmerate entwickelt sich seither parallel zur konjunkturellen Lage: Von 1991 bis 1996 befand sich die Schweiz in einer Phase der Stagnation mit einem tiefen jährlichen BIP-Wachstum von durchschnittlich 0,4 % und einer anhaltend hohen Arbeits- losenquote. Zwischen 1997 und 2000 kam es zu einem kräftigen Wirtschaftswachstum mit einer durchschnittlichen BIP-Zunahme von jährlich 2,6 %, während die Arbeitslosen- quote von 5,2 % auf 1,7 % sank (BFS 2005: 52f). Seit 2001 befindet sich die Schweizer Wirtschaft wiederum in einer Phase schwachen Wachstums, was sich in einem abge- schwächten Sog auf die landwirtschaftli-

chen Arbeitskräfte bemerkbar macht. Das BLW (2005a: 10) spricht hier beim Struk- turwandel bereits von einer Trendwende.

Trotz sich kontinuierlich verändernden Strukturen sind die Schweizer Betriebe im Vergleich zu den europäischen Nachbar- ländern nach wie vor klein (Tab. 1). Die Betriebe wirtschaften entsprechend ar- beits- und kapitalintensiv, was insbeson- dere bei der Kapitalintensität auch öko- logische Auswirkungen hat, und weisen aufgrund dieser strukturellen Defizite tiefe Arbeitsproduktivitäten auf (Rieder 2002b).

Tab. 1: Strukturen Schweizer Landwirtschaft im Vergleich zu ausgewählten Nachbarländern und der EU-15. Durchschnitt der INLB-Haupterwerbsbetriebe.

Land

Grösse Schweiz Deutschland Frankreich Österreich EU-15 97/99 00/02 97/99 00/02 97/99 00/02 97/99 00/02 97/99 00/02 Arbeitskräfte

(JAE)

1,84 1,80 1,98 2,09 1,82 1,92 1,89 1,82 1,51 1,47 Nicht ent-

löhnte Arbeits- kräfte (FJAE)

1,38 1,35 1,48 1,46 1,44 1,43 1,79 1,72 1,23 1,16

LF (ha) 20,1 20,2 55,6 65,7 65,2 69,2 25,0 25,9 31,8 33,4 Viehbestand

VE

29,0 30,9 61,5 74,2 54,6 61,1 25,6 26,3 28,2 31,2 97/99: Durchschnitt der Jahre 1997 bis 1999; 00/02: Durchschnitt der Jahre 2000 bis 2002;

JAE: Jahresarbeitseinheiten; FJAE: Familienjahresarbeitseinheiten; LF: Landwirtschaftlich genutzte Fläche; VE: Gesamtviehbestand in Vieheinheiten. Die Abgrenzung der INLB-Haupt- erwerbsbetriebe erfolgt nach länderspezifischen Kriterien. Quelle: INLB (Schmid 2005: 2f).

Besonders von Seiten des Unternehmensverbandes Economiesuisse (Forster 2006: 41) und der wirtschaftsnahen Stiftung Avenir Suisse (Rentsch 2005: 10) führt dies regelmäs- sig zur Forderung eines beschleunigten Strukturwandels, um die Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Landwirtschaft zu stärken. Eine Beschleunigung soll dank mögli- chem Grössenwachstum der verbleibenden Betriebe eine effizientere Produktion ermög- lichen (vgl. Kapitel 2.5.1).

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Abb. 1:

Betriebszahlabnahme 1985 bis 2004 nach Grössen- klassen.

Zu beachten: Die Zeitachse ist erst ab 1996 in Jahres- schritte unterteilt. Für die Zeit von 1985 bis 1996 sind nur zwei Jahrgänge ausge- wiesen. Datenquelle: BFS online.

(18)

Die Förderung und soziale Abfederung des Strukturwandels stellt denn auch eine von fünf Handlungsachsen der »Agrarpolitik 2011« dar (BLW 2005b: 85f). Der Ausstieg und Teilausstieg aus der Landwirtschaft soll dabei unterstützt werden4, um eine Erhöhung der Arbeitsproduktivität der weiterhin in der Landwirtschaft Beschäftigten zu erreichen.

1.1.2 Spezielle Voraussetzungen des Berggebietes

Berglandwirtschaftsbetriebe sehen sich anderen Voraussetzungen gegenüber als Betriebe im Talgebiet, deren natürlichen Nachteile gegenüber der nordeuropäischen Landwirtschaft nur gering sind (Rieder 2002b; Bätzing 2003: 125f): Die aufgrund der Höhenlage verkürzte Vegetationszeit erlaubt nicht dieselben acker- und futterbaulichen Erträge wie in den tiefen Lagen, und die Intensität der Landnutzung kann nur stark beschränkt gesteigert werden. Der Ackerbau ist auf wenige Feldfrüchte und Gunstlage- parzellen beschränkt, die eine geringe Hangneigung aufweisen. Veränderungen der Rah- menbedingungen lassen daher weniger Verschiebungen innerhalb der Kulturen als Ver- schiebungen bei Art und Intensität der Grünlandnutzung erwarten. Hier sind von intensiv genutzten Mähwiesen über extensive Weiden bis zur Nutzungsaufgabe viele Entwicklun- gen denkbar. Die bipolare Entwicklung der Landnutzung – die Intensivierung in Gunstla- gen bei gleichzeitiger Nutzungsaufgabe auf Marginalstandorten (BUWAL 2003: 43) – kann nicht nur im Schweizer Berggebiet, sondern auch im übrigen Alpenraum beobach- tet werden (Kantelhardt 2003: 214; Höchtl et al. 2005: 13; Pfefferkorn et al. 2005: 33, 193). Darauf wird in Kapitel 1.1.3 näher eingegangen.

Einen wichtigen Beitrag zum Struktur- wandel im Berggebiet hat der technische Fortschritt geleistet, der die Kapital- zulasten der Arbeitsintensität erhöhte (Abb. 2).

Die Haltung von Hochleistungstieren ist oftmals nur möglich, wenn gleichzeitig Futtermittel aus anderen Regionen zuge- führt werden. Der Arbeitszeitbedarf ist aus topografischen Gründen höher als im Talgebiet, und auch der Maschineneinsatz erfährt ihretwegen Einschränkungen. Die im Vergleich zu Talbetrieben langen Zufahrtswege verteuern die Anlieferung von Produktionsmitteln und den Abtrans- port der produzierten Güter, was sich zusätzlich negativ auf die Wettbewerbsfä- higkeit (vgl. Kapitel 2.4.1) auswirkt.

Stallneubauten belasten das Betriebsergebnis im Berggebiet stark, sind aber oftmals unumgänglich, wenn man den Anforderungen des Tierschutzgesetzes nachkommen will (Rieder et al. 1999: 136). Dessen Einhaltung ist seit 1999 für den Erhalt von Direktzahlun- gen zwingend (Art. 5 DZV; SR 910.13). Nicht tierschutzgesetzkonforme Bauten dürfen im Sinne des Investitionsschutzes nur noch solange verwendet werden, bis die »ordentliche Abschreibungsdauer« abgelaufen ist (Art. 33a TSchG; Tierschutzgesetz, SR 455).

Die Kostennachteile der Berglandwirtschaft wurden bereits in der Botschaft zum Landwirtschaftsgesetz von 1951 erwähnt. Teile der darin enthaltenen Vorschläge zur Entschärfung der Problematik (Kostenbeiträge an Viehhalter im Berggebiet, Förderung des Absatzes von Zucht- und Nutzvieh, von Pferden und Schafwolle, Flächenbeiträge für Landwirtschaft unter erschwerten Produktionsbedingungen) wurden in den 1960er- und 1970er-Jahren umgesetzt (Rieder 2003: 18).

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Abb. 2:

Mechanisierungseinsatz in der Berglandwirtschaft des Kantons Graubünden 1956 bis 1999. Die Flä- chenleistung der einzelnen

Mechanisierungskombi- nationen veränderte sich im Laufe der technischen Entwicklung. Die zuneh- mende, nicht mehr manu- ell oder mechanisch bewirtschaftete Fläche wird beweidet oder wächst ein. Leicht verän-

derte Darstellung nach Bernegger (1985: 4.65ff, 5.15) und Rieder (2003: 17).

4 Dabei sollen auch Nebener- werbsbetriebe von Direktzah- lungen profitieren können, um den Teilausstieg zu erleichtern.

Über Betriebshilfen soll der sozialverträgliche Ausstieg in Einzelfällen erleichtert werden.

Steuerliche und raumplaneri- sche Regelungen, die den Aus- stieg bislang behindert haben,

sollen gelockert werden.

Landwirtschaftliche Betriebe sollen bei einer Aufgabe einfa-

cher auf andere Betriebe aufgeteilt werden können (BLW 2005b: 85f).

(19)

Der Strukturwandel schreitet trotzdem im gesamten Alpenraum voran (Abb. 3) und war zwischen 1980 und 2000 in den romanischsprachigen Alpenregionen besonders ausgeprägt, währenddem er in den germanisch geprägten Gebieten als moderat bezeich- net werden kann. Die Differenzen innerhalb eines Landes können gross sein, wie die starke Abnahme der kleinstrukturierten Betriebe in Teilen Italiens bei gleichzeitiger Exis- tenz stark wettbewerbsfähiger Betriebe im Südtirol zeigen (Streifeneder et al. 2006a). Ein ähnliches Nord-Süd-Gefälle bei der Bewirtschaftungsaufgabe weisen Baur et al. (2006:

17) im Zusammenhang mit der Waldflächenzunahme in der Schweiz zwischen 1985 und 1997 nach.

In der Schweizer Berglandwirtschaft erfolgte der Strukturwandel in den letzten Jah- ren weitgehend über den Generationenwechsel (Flury et al. 2004: 186). Zwischen 1990 und 2004 sank die Zahl der Betriebe in der Bergregion von 26’684 auf 18’013 Betriebe (BLW 2005a: 10), was einer durchschnittlichen jährlichen Betriebsabnahmerate von 2,77 % entspricht. Diese liegt 0,2 % höher als der für die gesamte Schweiz gültige Wert.

Im Jahr 2000 bewirtschafteten die Haupterwerbsbetriebe im Schweizer Berggebiet durchschnittlich 19,5 ha LN, währenddem sie 1990 noch 14,3 ha LN aufgewiesen hatten.

Im gleichen Zeitabschnitt sind die Nebenerwerbsbetriebe um zwei auf durchschnittlich etwas mehr als sechs Hektaren gewachsen (Flury et al. 2004: 186).

Der Rückgang der Zahl der Landwirtschaftsbetriebe im Berggebiet gefährdet den Verfassungsauftrag der dezentralen Besiedlung. Kopainsky und Rieder (2005: 296f) stel- len den Einfluss des Agrarstrukturwandels auf die Bevölkerungszahl dar. Dieser ist erwar- tungsgemäss in Agrargemeinden grösser als in Wohngemeinden mit drittem Sektor.

Agrarisch geprägte Gemeinden können die Bevölkerungszahl nur halten, wenn sie Arbeitsplätze in Bereichen des zweiten und dritten Sektors schaffen, die – im Bezug auf

Abb. 3:

Betriebsaufgaberate im Alpenraum zwischen 1980 und 2000.

Dargestellt ist die Ver- änderung der Betriebs- zahlen zwischen 1980 und 2000, wobei sämt- liche Betriebe ab 1 ha LN betrachtet werden (Aus- nahme Deutschland: dort ab 2 ha LN). Die SULAPS- Projektgemeinden Brienz und Schmitten liegen bei dieser Betrachtungsweise in der Kategorie von mehr als 60 % Struktur- wandel (mehr als 4,5 % jährlich), Savognin im Bereich von 15 bis 30 % (0,8 bis 1,8 % jährlich) und die übrigen Ge- meinden zwischen 40 und 60 % (2,5 bis 4,5 % jährlich). Karte mit freundlicher Geneh- migung der Autoren unverändert aus dem Projekt »Agralp« über- nommen (Streifeneder et al. 2006b).

(20)

die Region – exportorientiert sind. Wenn solche Gemeinden in Abwanderungsregionen nach dem Abbau der landwirtschaftlichen Arbeitsplätze unter eine bestimmte Bevölke- rungszahl fallen5, kann die Aufrechterhaltung der minimalen sozialen Struktur nicht mehr gewährleistet werden, was die Abwanderung unter Umständen weiter beschleunigt (Rie- der et al. 1999: 147). Das Projekt »movingAlps« sucht, basiert auf regionalwirtschaftlichen Untersuchungen, nach Entwicklungspotenzialen für solche Regionen (Buchli et al. 2003:

8ff).

1.1.3 Bipolare Entwicklung der Nutzungsintensität

Die Kulturlandschaft ist anthropogen geprägt. Veränderungen in der landwirtschaftli- chen Nutzung führen zu Veränderungen beim Koppelprodukt Landschaft (Lehmann 2002: 64), bei den Ökosystemen und der Biodiversität. Die historische Ökologie (Lunt und Spooner 2005) untersucht diese Auswirkungen vertieft. Gerade in ertragsschwa- chen Grünlandregionen, wo staatliche Zahlungen massgeblich zur Aufrechterhaltung der Landnutzung beitragen (Kantelhardt 2003: 208), sind bei Politikanpassungen grosse Ver- änderungen im Landschaftsbild zu erwarten.

Solche Veränderungen sind nicht neu, und auch Brachland, definiert als »nicht mehr genutztes landwirtschaftliches Kulturland«, hat es schon immer gegeben (Walther 1984:

1; Gellrich und Zimmermann 2006). Brachland entsteht zunächst in Grenzertragslagen, das heisst auf Standorten, wo die Produktionsfaktoren Kapital und Arbeit noch zu den marginalen Mindestniveaus entlohnt werden können, aber keine Grundrente mehr abge- worfen wird (Seuster und Gabr 1973: 434). Die Grenzertragslagen können ertrags- oder technologiebedingt zu solchen werden. Vor allem die nicht maschinell bewirtschaftbaren Flächen, die zu steil, coupiert oder unerschlossen sind, werden bevorzugt brachgelegt (Gellrich und Zimmermann 2006) oder als Weiden ausgeschieden. Mit dem Grenzer- tragsansatz können allerdings teilweise hohe Brachlandanteile auf landwirtschaftlich guten Böden nicht erklärt werden. Hier liegt die Begründung darin, dass es sich um Real- teilungsgebiete handelt, in denen der Strukturwandel nur sukzessive abläuft und nur kleinräumig Flächen freigesetzt werden. Erst wenn der Strukturwandel fortgeschritten ist, kommt es zur Reorganisation der Flächennutzung und zu abnehmenden Brachland- anteilen (Walther 1984: 46-61).

Die bipolare Entwicklung der Nutzungsintensität (Abb. 4) wird im Berggebiet auf- grund des grossen Gradienten6 beim Ertragspotenzial besonders gut sichtbar (Gotsch et al. 2004: 1; Pfefferkorn et al. 2005: 193; BBV 2005: 26; Gellrich und Zimmermann 2006).

Aus einzelnen Regionen des südlichen Alpenbogens, beispielsweise dem Piemont, hat sich die Landwirtschaft bereits vollständig zurückgezogen (Höchtl et al. 2005: 13f). Baur et al. (2006: 12, 28) zeigen für diejenigen 3 % der Berggebietsfläche, die zwischen 1985 und 1997 ihre Arealstatistik-Landnutzungskategorie7 geändert haben, dass die Entwick- lung hin zu Extensivierung und Wald rund viermal häufiger als hin zu Intensivierung bzw.

Nicht-Wald ist. Am ehesten wachsen dabei Flächen ein, deren Nachbarschläge bereits bewaldet sind.

Eine komplette Extensivierung der Landwirtschaft ist nicht möglich, solange über Mahd Futter geerntet wird. Die atmosphärisch zugeführten Nährstoffe können durch mulchen nicht eliminiert werden, weshalb das Grünmaterial zur Erhaltung wertvoller Pflanzenbestände abgeführt und verwertet werden muss. Die Futterverwertung geschieht grösstenteils über die Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere8. Die dadurch anfallenden Hofdünger dürfen in der Schweiz nur auf intensiv und wenig intensiv genutzten (bzw.

angemeldeten) Flächen ausgebracht werden. – Extensive Wiesen können somit nur bestehen bleiben, wenn auch düngbare, wenig intensiv oder intensiv genutzte Wiesen, Weiden oder Ackerflächen existieren. Das Prinzip der abgestuften Bewirtschaftungsin- tensität (AGFF 2004: 2) gilt somit überall.

5 In Rieder und Buser (2005) wird diese Zahl mit etwa 500 Einwohnern angegeben.

6 Für die Vegetation sind die Gradienten der Höhenlage, Exposition, Bodenqualität, Nährstoff- und Wasserversor-

gung von Bedeutung (Peter, Edwards et al. 2006). Körner (2006: 13) fasst zusammen:

»Die Kompression der Klima- zonen auf kurze räumliche Dis- tanz macht Gebirge zu den reichhaltigsten Lebensräumen der Erde.«

7 Baur et al. (2006: 10) betrachten die fünf Landnut-

zungskategorien »intensiv genutzt«, »extensiv genutzt«,

»Gebüschwald«, »offener Wald« und »geschlossener Wald«.

8 Die Kompostierung von Gras und Heu ist aufwändig und lässt sich kaum grossmass- stabig umsetzen. Die nicht verfütterte Grünmasse müsste in Reaktordeponien (d. h.

Deponien mit Auffangeinrich- tungen für anfallende Gase und Sickerwasser) entsorgt werden, was mit hohen Trans-

port- und Deponiekosten verbunden ist. Kantelhardt (2003: 23) zitiert Kostenbe- rechnungen von Rösch (1996:

102) für die Kompostierung in Deutschland im Bereich von 4–18 Euro/dt FS (6–27 CHF/

dt FS). Bei 20 dt TS/ha Ertrag von ertragsschwachen Exten-

sivwiesen und angenomme- nem TS-Gehalt von 25 % ergeben sich Kompostierkos- ten von rund 500–2’100 CHF/

ha. Auf Flächen mit höherem Ertrag nehmen diese Kosten entsprechend zu. Die Nutzung zur Energiegewinnung ist eine mögliche Alternative, doch stellen sich hier Fragen des Investitionsbedarfs, des Trans-

portes hin zu zentralen Anla- gen, der Entsorgung der ent- stehenden Reststoffe, sowie

der Einspeisung der Energie ins Stromnetz.

(21)

Die Wünschbarkeit einwachsender Flä- chen ist in der Gesellschaft umstritten (Gehring et al. 2004: 2; Höchtl et al. 2005:

345f; Grêt-Regamey et al. 2006, sowie darin zitierte Literatur), stellt die gepflegte Kulturlandschaft doch als (Nah-) Erho- lungsraum oftmals eine positive Externali- tät der landwirtschaftlichen Nutzung dar (BUWAL 2003: 73). Wieweit Wildnis zuge- lassen werden soll, muss regions- und vegetationsspezifisch diskutiert werden (Höchtl et al. 2005: 596). Einwachsende Flächen können nur noch einen Teil der multifunktionalen Aufgaben extensiver Grünlandflächen wahrnehmen (Lehmann 2002: 59; Kantelhardt 2003: 8f). Die Auf- gabe der landwirtschaftlichen Nutzung kann über eine erhöhte Rutschungs-, Ero- sions-, Lawinen- oder Brandgefahr zur Gefährdung von Menschen, Tieren und Infrastruktur führen (Tasser et al. 2001:

226f; Rieder 2003: 20). Bereits in den 1970er-Jahren wurden Modellrechnungen durch- geführt, um die zur Offenhaltung der landwirtschaftlichen Fläche im Berggebiet nötige Höhe von Flächenbeiträgen oder der Produktpreise zu eruieren (Rieder 1972: 183ff).

Eine neuere Erscheinung ist die Dereliktion9 von Grundeigentum, die sich in der Berg- region insbesondere in Realteilungsgebieten bemerkbar macht. Hier handelt es sich um die Besitzaufgabe von Parzellen, die niemand mehr nutzen will und die den bisherigen Besitzenden lästig werden (NZZ 2004: 9). Die Besitzaufgabe findet häufig dann statt, wenn für die Besitzenden Kosten anfallen würden, beispielsweise weil die Flächen amt- lich vermessen werden müssen. Die Dereliktion der Flächen wird im Grundbuch eingetra- gen. Je nach kantonalem Recht fallen diese Fläche anschliessend an den Kanton, die Gemeinden oder bleiben bis zu deren Aneignung durch Dritte »herrenlos« (Straubhaar 2000: 65ff). Solange die Parzellen nicht von Dritten übernommen werden, muss die öffentliche Hand die anfallenden Kosten für Pflege, Vermessung etc. übernehmen.

Die der Verbrachung oftmals folgende Verwaldung10 ist ein irreversibler Prozess, weil das Waldgesetz (WaG) keine Rodung von Baumbeständen erlaubt, die je nach Kanton zehn oder 20 Jahre alt sind. In der aktuellen Revision des Gesetzes ist aus diesem Grund in Gebieten mit starker Wiederbewaldung eine Abkehr vom dynamischen (die Waldgren- zen passen sich dem Einwachsen an) zum statischen Waldbegriff (die Waldgrenzen sind fix, auch wenn Bäume darüber hinaus wachsen) vorgesehen (UVEK 2005: 5f). Im Gegen- satz zu anderen Ländern ist auf der anderen Seite die gezielte Aufforstung zur Nutzwald- nutzung auf Landwirtschaftsflächen in der Schweiz – abgesehen von Schutzwäldern – noch kaum ein Thema11.

Vorteile der Verwaldung sind die Hangstabilisierung, die Kohlenstofffixierung und eine vorübergehende Zunahme der Biodiversität, währenddem der Verlust traditioneller Kultivierungsformen, die sich längerfristig einstellende Artenzahlabnahme und die zunehmende Brandgefahr negativ auswirken (Gellrich und Zimmermann 2006). Die Qua- lität der extensiv genutzten Ökowiesen im Berggebiet ist höher als im Talgebiet, jene wenig intensiver Ökowiesen dank traditioneller Bewirtschaftungsweise ebenfalls sehr hoch (Weyermann et al. 2006: 157ff). Zudem liegen die in der Schweiz inventarisierten, floristisch wertvollen Flächen zu rund 50 % in den Bergzonen III und IV, sowie zu rund

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Abb. 4:

Bipolare Entwicklung der Landnutzungsintensität im Schweizer Berggebiet 1999 bis 2003. Extensiv und intensiv genutzte Wiesen gewinnen in allen vier Bergzonen (BZ bis BZ IV) zulasten der wenig intensiv genutzten Wiesen an Fläche. Wiesenkategorien gemäss Direktzahlungsverordnung (DZV, SR 910.13), wonach für extensiv und wenig intensiv genutzte Wiesen Öko- beiträge ausgerichtet werden. Für die Kategorie der »übrigen Dauerwiesen«

werden keine ökologischen Direktzahlungen ausbezahlt. Sie umfasst die intensiv genutzten Wiesen (Datenquellen: BFS 2000: 58; BFS 2004: 119).

9 Für eine umfassende Über- sicht zum rechtlichen Institut der Dereliktion siehe Straubhaar (2000).

10 Mit den entsprechenden Auswirkungen der natürlichen Sukzessionsdynamik innerhalb der von Menschen geschaffe- nen Kulturlandschaft im Alpenraum haben sich Maag et al. (2001: 6ff) und Höchtl et al. (2005: 499ff) detailliert auseinandergesetzt.

11 In Baden-Württemberg, bei- spielsweise im Bereich der Schwäbischen Alm, werden dank der Subventionierung von Erstaufforstungen durch die EU grosse Flächen bisheri- ger Magerwiesen mit standort- fremden Nutzbaummono- kulturen aufgeforstet, wäh- renddem das Bundesland diese Flächen mittels eigener Programme offenzuhalten ver- sucht. Die Universität Freiburg i. B. befasst sich bis 2008 in einem Forschungsprojekt unter anderem mit diesem Problemkreis der antagonisti- schen Subventionierungspraxis und der aktiven Wieder- bewaldung (Höchtl 2006).

(22)

30 % im Sömmerungsgebiet (Baur et al. 2006: 31). Die ökologischen Verluste bei ein- wachsenden Flächen sind daher im Berg- schwerwiegender als im Talgebiet.

Eine Intensivierung ist ebenfalls unerwünscht, weil dadurch der Druck auf Natur und Landschaft erhöht wird und es zur Verdrängung kleinräumiger, landschaftsprägender Strukturen kommen kann. Diese Entwicklung führt zur Zunahme des Anteils bedrohter Tier- und Pflanzenarten (BUWAL 2003: 72). Findet keine Nutzungsänderung statt, bleibt die Artenzahl in Magerwiesen erhalten. Da der verfügbare Stickstoff trotz ausbleibender landwirtschaftlicher Düngung zunimmt, gehen wertvolle Arten mit tiefen Nährstoffan- sprüchen verloren. Bei Nutzungsänderungen auf Magerwiesen können die Verluste wertvoller Arten grösser sein, beispielsweise wenn von Mahd auf Schafweide umgestellt oder die Nutzung ganz aufgegeben wird (Peter, Gigon et al. 2006). Bei den Fettwiesen ist trotz leichter Intensivierung der Nutzung mehrheitlich keine Abnahme der Artenzah- len oder der Futterqualität feststellbar, wenngleich es zu Verschiebungen in der Pflanzen- zusammensetzung kommt. Tendenzen zu degenerierten Beständen bei intensivster Nut- zung weisen aber auf die Intensivierungsgrenzen im Berggebiet hin (Peter, Edwards et al.

2006).

Negativen Auswirkungen einer allzu starken Intensivierung wird, wie in anderen Län- dern auch (Kantelhardt 2003: 6), mittels Öko- und Ökoqualitätsbeiträgen zu begegnen versucht. Das Anmelden ökologischer Ausgleichsflächen in der Bergregion alleine führt allerdings nicht zwingend zu veränderten Pflanzenbeständen. Die ökologischen Aus- gleichsflächen wurden vorwiegend auf Flächen angelegt, die schon zuvor extensiv genutzt wurden (Hoechstetter et al. 2005: 167). Es sind also Mitnahmeeffekte aufgetre- ten. Auf der anderen Seite der bipolaren Entwicklung wird die Bewirtschaftung in der Schweiz mit Flächenbeiträgen gefördert, um das Einwachsen von Flächen zu verhindern.

Das Direktzahlungssystem beeinflusst damit indirekt Biodiversität und Landschaftsbild.

1.2 Problemstellung

Die räumlich explizite Modellierung von Agrarstrukturwandel im Berggebiet ist für ex ante-Simulationen möglicher Politikänderungen von grossem Interesse, um deren Aus- wirkungen auf die Landnutzung und damit auf die multifunktionalen Ziele der Kultur- landschafts- und Biodiversitätserhaltung aufzuzeigen.

Verlauf und Geschwindigkeit des Strukturwandels sind stark von den individuellen Betriebsvoraussetzungen und Einstellungen der Betriebsleitenden abhängig. Für eine detaillierte Abbildung solcher Prozesse fehlen bislang die Instrumente. Der Einbezug ein- zelbetrieblichen Entscheidungsverhaltens in gesamtsektorale Fragestellungen führt ins- besondere bei der Modellierung von Zielsystemen und Faktormärkten zu methodischen Problemen, die gelöst werden müssen.

In der vorliegenden Arbeit soll deshalb eine Methodik zur räumlich expliziten Simula- tion der Landnutzungsänderungen auf der Ebene von Landnutzungsschlägen entwickelt werden, die sowohl einzelbetriebliche Entscheidungen als auch sektorale Märkte einbe- ziehen kann.

1.3 Projekt SULAPS

1.3.1 Projektziele

Das Projekt SULAPS (»Sustainable Landscape Production Systems« – Nachhaltige Landschafts-Produktionssysteme), innerhalb dem die vorliegende Arbeit durchgeführt wurde, hatte zum Ziel, mögliche Entwicklungen der landwirtschaftlich beeinflussten Kul- turlandschaft im Berggebiet zu untersuchen. Dabei sollte der mögliche Agrarstruktur- wandel in verschiedenen Szenarien mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen abge-

(23)

schätzt werden. Die Resultate werden für Handlungsempfehlungen im Hinblick auf eine nachhaltige Landwirtschafts- und Regionalpolitik verwendet.

Kulturlandschafts- und Landnutzungsänderungen müssen mindestens auf zwei Ebe- nen betrachtet werden: Einerseits auf der Ebene der Landwirtschaftsbetriebe, die Nut- zungsentscheidungen treffen und anderseits auf der Ebene der einzelnen Landnutzungs- schläge, wo sich diese Entscheidungen schliesslich in der Nutzungsintensität äussern.

Aufgrund dieser disaggregierten Betrachtungsebenen und den beschränkten Projektres- sourcen ist es zwingend, den Projektperimeter auf einzelne Fallstudienregionen einzu- schränken.

1.3.2 Untersuchungsgebiet

Die ressourcenbedingte Einschränkung des Projektperimeters betrifft zwei Elemente.

Erstens mussten Projektregionen und -gemeinden ausgewählt werden, zweitens wurde eine zonale Abgrenzung notwendig. Zweitere wurde so vorgenommen, dass im Projekt SULAPS ausschliesslich die landwirtschaftliche Nutzfläche betrachtet wurde. Dort wirken sich Betriebsentscheidungen direkt räumlich explizit aus. Das Sömmerungsgebiet hinge- gen floss nur über die Zahl der gealpten Tiere in die Untersuchung ein.

Die Auswahl der Projektgemeinden fiel auf Alvaneu, Brienz/Brinzauls, Cunter, Riom- Parsonz, Savognin, Schmitten und Surava in Mittelbünden. Der Vorteil dieser Wahl lag darin, dass im Kanton Graubünden die für das geografische Informationssystem (GIS) benötigten digitalen Daten bereits weitgehend erfasst und verfügbar waren, was in den übrigen Bergkantonen nicht der Fall war.

Es wurden bewusst Gemeinden aus zwei Regionen gewählt, die unterschiedliche tou- ristische Voraussetzungen aufweisen. Im Kreis Belfort mit den betrachteten Gemeinden Alvaneu, Brienz/Brinzauls, Schmitten und Surava ist die touristische Intensität eher tief, währenddem die drei im Kreis Surses (Oberhalbstein) betrachteten Gemeinden stark auf das regionale touristische Zentrum Savognin ausgerichtet sind. Die positive Entwicklung Savognins ist für die umgebenden kleineren Dörfer im Hinblick auf das Arbeits- und Dienstleistungsangebot vital (vgl. Rieder und Buser 2005). In der Gemeindetypisierung von Anderhalden (2001: Anhang) sind denn auch Schmitten und Surava den Wohnge- meinden, Brienz/Brinzauls den Agrargemeinden, Alvaneu, Cunter und Riom-Parsonz den peripheren Gemeinden und Savognin den Tourismusgemeinden zugeordnet. Der Cluster der peripheren Gemeinden hat ähnlich ungünstige demografische Merkmale wie die agrarisch geprägten Gemeinden (starke Überalterungstendenz), doch ist die Landwirt- schaft nicht gleich stark ausgeprägt.

Die betrachteten Dörfer aus dem Kreis Belfort liegen auf einer Höhe zwischen 900 und 1’300 m ü. M., jene im Surses zwischen 1’200 und 1’400 m ü. M. Die von den Betrieben dieser sieben Gemeinden bewirtschafteten landwirtschaftlichen Nutzflächen befinden sich auf Höhen zwischen 880 und 1’930 m ü. M. (Kreis Belfort) bzw. zwischen 1’110 und 2'170 m ü. M. (Kreis Surses). Ausführliche naturräumliche und klimatische Beschreibungen des Untersuchungsgebietes, das sich über 1’301 Hektaren landwirt- schaftliche Nutzfläche in der Bergzone III erstreckt, finden sich in den Diplomarbeiten von Dietschi (2004: 8f), Mosimann (2004: 12), Killer (2005: 9ff) und G. A. Hartmann (2005: 11ff).

Von allen Regionen Graubündens hatte Mittelbünden zwischen 1995 und 2002 mit 13 % Beschäftigungsrückgang die grössten Einbussen zu verzeichnen. Im selben Zeit- raum betrug die Abnahme des realen regionalen BIP sogar 18 %, was ebenfalls Bündner Höchstwert ist. Diese Entwicklung steht im Gegensatz zu jener der Schweiz, die eine sechsprozentige Beschäftigungs- und eine zehnprozentige BIP-Zunahme verzeichnen konnte (Rieder und Buser 2005; Wirtschaftsforum Graubünden 2005: 14). Diese wirt-

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