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Pfadabhängige Entwicklung nach Grössenklassen

Im Dokument Agrarstrukturwandel im Berggebiet (Seite 160-163)

Teil III: Resultate und Folgerungen

6.2 Pfadabhängiges Anpassungsverhalten nach Betriebsgruppen

6.2.1 Pfadabhängige Entwicklung nach Grössenklassen

Für die Grössenklassenbetrachtung werden die Betriebsflächen 2015 mit den von den Betrieben im Jahr 2002 real angemeldeten Flächen verglichen.

Unter den Liberalisierungsbedingungen des Szenariums I liegt die Wachstumsschwelle mit rund 8 ha LN – mit Ausnahme des Mangelszenariums VIII – über alle Szenarien betrachtet am höchsten. Betriebe, die 2002 unter 8 ha LN bewirtschaftet haben, bauen ihre Nutzfläche bis 2015 in keinem Fall aus. Der einzige in diesem Szenarium wachsende Betrieb unter 10 ha LN verbleibt in dieser Grössenklasse, kann seine Fläche also nur schwach ausbauen. Alle übrigen wachsenden Betriebe haben 2002 mindestens 16 ha LN ausgewiesen und gewinnen zwischen einer und 22 ha LN hinzu. Die obere Wachstums-grenze liegt im Szenarium I mit 69 ha LN relativ hoch.

Szenarium I ist das einzige Szenarium, bei dem die Zahl der Betriebe unter zehn Hek-taren zunimmt (Abb. 104). Gleichzeitig zeigt sich eine geringe Attraktivität von grösseren

Betriebseinheiten, die sich teilweise in ver-stärktem Flächenabbau der Betriebe über 30 ha LN artikuliert. Nur gerade in sechs Fällen wird in eine höhere, in 17 Fällen mit teilweise deutlichem Flächenabbau in eine tiefere Betriebsklasse gewechselt. Diese Verschiebung widerspricht dem Postulat des Grössenwachstums zur Produktivitäts-steigerung und kann nur im Zusammen-hang mit der Theorie des landwirtschaftli-chen Haushaltes erklärt werden. Durch die mit der Halbierung der Direktzahlungs-sätze und der Senkung der Preise verbun-denen Einbussen bei den landwirtschaftli-chen Einkommen wird der ausserlandwirt-schaftliche Erwerb schneller lohnenswert.

Die Schwelle des Arbeitszeiteinsatzes (TL1) in Abb. 12 (Seite 30) verschiebt sich nach links, was sich direkt über eine Verkleinerung der bewirtschafteten landwirtschaftlichen Nutz-fläche auswirkt.

Im gestützten Liberalisierungsszenarium II liegt die Wachstumsschwelle mit rund 6 ha LN tiefer als im Szenarium I. Unter diesen Bedingungen können zwei Betriebe unter zehn Hektaren landwirtschaftlicher Nutzfläche ihre Grösse ausweiten. In einem Fall wird dabei auch die Klassengrenze von 10 ha überschritten (Abb. 105). Die verhältnismässig inten-sive Produktion in diesem Szenarium (vgl. auch Abb. 82, Seite 134), die durch die

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Abb. 103: Lesebeispiel ��

für Grafiken der pfad-abhängigen Entwicklung.

haltung des bestehenden Direktzahlungs-systems begünstigt wird, senkt die Wachs-tumsgrenze auf den über alle Szenarien betrachtet tiefsten Wert von 44 ha LN. – Kein Betrieb, der nicht schon 2002 mehr Fläche aufgewiesen hat, wächst über 44 ha LN.

Die Betriebsaufgaben beschränken sich auch im Szenarium II auf Betriebe, die 2002 weniger als 20 Hektaren landwirt-schaftliche Nutzfläche bewirtschaftet haben. Die Verschiebungen zwischen den übrigen Grössenklassen sind gering, zei-gen aber eine leichte Tendenz zum Wachs-tum der grösseren Kategorien. Im Szena-rium II stehen sechs Wechseln in höhere Betriebsgrössenklassen fünf Wechsel in tiefere Klassen entgegen. Generell darf die Situation in Szenarium II als verhältnis-mässig stabil bezeichnet werden.

Unter den Trendbedingungen im Sze-narium III beschränken sich die Betriebs-aufgaben weiterhin auf diejenigen Be-triebe der Grössenklassen unter 20 ha LN, deren Betriebsleitenden keine Hofnach-folge gefunden haben (Abb. 106). Die Weiterführung des gewohnten Direktzah-lungssystems erlaubt es Betrieben ab rund sechs Hektaren zu wachsen. Die Wachs-tumsgrenze liegt dabei mit 67 ha LN wie-derum hoch. Im Segment der Betriebs-klassen über 20 ha LN zeigt sich erneut eine leichte interne Verschiebung, aller-dings nicht mehr zu den Betrieben über 40 ha, sondern zu jenen zwischen 30 und 40 Hektaren. Die verhältnismässig hohen ausserlandwirtschaftlichen Lohnsätze füh-ren dazu, dass sechs Betriebe, die 2002 mehr als 30 ha LN bewirtschaftet haben, in eine tiefere Grössenkategorie abwan-dern und den Zuerwerb auf- oder aus-bauen. Neun Wechseln in tiefere Klassen stehen damit acht Wechsel in höhere Klas-sen gegenüber.

Im regionalen Wertschöpfungsszena-rium IV verschieben die annahmegemäss asymmetrische Preis-Kostenentwicklung und das unveränderte Direktzahlungssys-tem die Rahmenbedingungen im Vergleich zu den anderen Szenarien wieder ver-stärkt zugunsten einer produzierenden

Betriebsgrössenent-wicklung im Szenarium II.

Betriebsgrössen-entwicklung im Szenarium III.

Abb. 107 (unten):

Pfadabhängige Betriebsgrössen-entwicklung im Szenarium IV.

Landwirtschaft (Abb. 107). Während die Aufgabebetriebe, wie schon in den bisher besprochenen Szenarien I bis III, ausschliesslich aus den Grössenklassen unter 20 ha LN stammen, findet in den höheren Klassen eine leichte Verschiebung zu grösseren Betrie-ben statt. Die Wachstumsschwelle liegt bei rund sechs Hektaren, die Wachstumsgrenze bei 48 ha LN. Global betrachtet wechseln sieben Betriebe in tiefere Klassen, während-dem sechs Betriebe ihre Fläche so stark ausdehnen können, dass sie die obere Klassen-grenze überschreiten.

Das Landschafts- und Ökologieszenarium V führt durch die Umgestaltung des Direkt-zahlungssystems dazu, dass zwei Betriebe aus der Landwirtschaft aussteigen, die in den Szenarien I bis IV weiterproduzieren könnten (Abb. 108). Dabei trifft es erstmals einen Betrieb, der 2002 mehr als 30 Hektaren landwirtschaftliche Nutzfläche bewirt-schaftet hat. Die übrigen 14 Aufgabebe-triebe rekrutieren sich weiterhin aus den Grössenklassen bis 20 ha LN. Die Verschie-bung in den Klassen ab 20 ha LN geht tendenziell hin zur Klasse von 30 bis 40 Hektaren. Die Bedeutung grösserer Betriebe nimmt ab. Die mit 15 Betrieben grosse Zahl der Wechsel zu kleineren Klas-sen gegenüber fünf KlasKlas-senaufstiegen verdeutlicht die erhöhte Bedeutung der ausserlandwirtschaftlichen Erwerbstätig-keit, wenn bei einem Systemwechsel ein Teil der Direktzahlungen ausbleibt. In vier Fällen entscheiden sich Betriebe mit ursprünglich mehr als 20 Hektaren LN die Fläche auf unter zehn Hektaren zu redu-zieren und nur noch als Freizeit- oder Nebenerwerbsbetriebe Landwirtschaft zu betreiben. Die Wachstumsschwelle liegt bei rund sieben Hektaren. Aufgrund der Ausgestaltung des Direktzahlungssystems, die die extensive Landwirtschaft begüns-tigt, steigt die obere Wachstumsgrenze auf 75 ha LN an.

Das zweite Landschafts- und Ökologie-szenarium, Szenarium VI, verhält sich bei den Betriebsaufgaben wie Szenarium V (Abb. 109). Das Gros der Betriebe über 20 Hektaren befindet sich in der Klasse bis 30 ha LN. Dies im Gegensatz zum Ökoszenarium V, wo die verhältnismässig hoch blei-benden Preise den Schwerpunkt auf die Betriebe von 30 bis 40 Hektaren verschoben hatten. Die durch den Direktzahlungssystemwechsel induzierte Extensivierung artikuliert sich auch im Szenarium VI durch eine verstärkte ausserlandwirtschaftliche Erwerbstätig-keit. Sie führt zu elf Klassenwechseln nach unten und vier Wechsel in höhere Klassen. Die Wachstumsschwelle liegt im Szenarium VI bei rund sieben Hektaren, die obere Wachs-tumsgrenze bei rund 52 ha LN.

Im Mangelszenarium VII mit trendmässiger Kosten- und Preisentwicklung versuchen die Betriebe, die landwirtschaftliche Produktion auszudehnen (Abb. 110). Neun Betriebe können dabei in eine höhere Grössenklasse wechseln, in zwei Fällen erfolgt der Wechsel Abb. 108:

Pfadabhängige

Betriebsgrössenentwick-lung im Szenarium V.

in mindestens die übernächste Klasse. Gleichzeitig steigen acht Betriebe in tiefere Klas-sen ab. Für sie lohnt sich die partielle Verpachtung eigener Flächen bzw. der teilweise Verzicht auf die Weiterpacht von Fremdflächen zugunsten von Betrieben, die höhere Schattenpreise aufweisen. Die

Betriebs-aufgaben finden wiederum ausschliesslich beim Generationenwechsel statt und betreffen Betriebe mit weniger als 20 ha LN. Die limitierte Anzahl aufgebender Betriebe bremst die Wachstumsraten, sodass sich im Bereich der grösseren Betriebe eine Konzentration in der Klasse der 30 bis 40 Hektaren grossen Betriebe ergibt. Der Stellenmangel verschiebt die Wachstumsschwelle nach unten. Diese liegt mit fünf Hektaren so tief wie sonst in keinem Szenarium. Die Wachstumsgrenze liegt leicht tiefer als im Szenarium VI bei rund 52 Hektaren landwirtschaftlicher Nutzfläche.

Das Mangelszenarium VIII unter Libera-lisierungsbedingungen bringt von allen Szenarien den grössten Strukturwandel mit sich (Abb. 111). Die Betriebsaufgaben betreffen zwar auch in diesem Fall primär Betriebe, die 2002 weniger als 20 ha LN aufgewiesen haben, doch nimmt deren Zahl stark zu. Gerade aus der Gruppe der 10 bis 20 Hektaren grossen Betriebe geben 80 % die Landwirtschaft auf, bei den Betrieben bis 10 ha LN sind es 60 %. Wie schon in den ökologisch definierten Sze-narien V und VI ist auch eine ursprüngli-che Betriebsgrösse von über 30 Hektaren keine Garantie für eine rentable

Landwirt-schaft. Im Szenarium VIII steigen zwei Betriebe mit dieser Grösse aus der Landwirtschaft aus. Es finden je acht Wechsel in grössere und kleinere Betriebsklassen statt, die Wachs-tumsschwelle liegt mit rund 17 Hektaren sehr hoch. Für einzelne Betriebe macht es Sinn, einzelne Flächen zu verpachten und dadurch den Wunsch nach weniger Arbeitszeit zu realisieren. Die gegenüber den anderen Szenarien rund doppelt so hohe Betriebsaufga-berate begünstigt ein maximales Betriebswachstum, das sich auch in der Dominanz der Betriebe über 40 Hektaren und in der oberen Wachstumsgrenze ausdrückt, die bei 71 ha LN zu liegen kommt.

Im Dokument Agrarstrukturwandel im Berggebiet (Seite 160-163)