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4.2. Intrazelluläre Signalwege der proctolinergen Modulation

4.2.3. Der Phospholipase C-DAG-PKC-Weg

Nach Aktivierung der Phospholipase C entstehen nicht nur unterschiedliche Inositolphosphate, wie das InsP3, sondern es wird auch der sekundäre Botenstoff DAG gebildet. DAG aktiviert in unterschiedlichsten Zellen Isoformen der PKC, was zu Phosphorylierungen verschiedener Proteine führt (Huang, 1989). Durch diese PKC-induzierten Phosphorylierungen werden in den Zellen, neben einer Regulation von Ionenkanälen und Pumpen auch die Aktivitäten vieler Enzyme reguliert (Nishizuka, 1986, 1992; Erlenkamp et al., 2002).

Von glatten Muskelzellen der Vertebraten ist bekannt, dass die Aktivität der Guanylatzyklase durch eine verstärkte Aktivität der PKC reduziert wird (Jaiswal, 1992). Die membrangebundene, Rezeptor-gekoppelte und auch die lösliche Guanylatzyklase katalysieren in den Zellen die Umsetzung von GTP zu cGMP. Wird die Guanylatzyklase gehemmt, fällt folglich weniger intrazelluläres cGMP an (Lucas et al., 2000).

Um zu untersuchen, ob Proctolin möglicherweise über die Aktivierung des PLC-DAG-PKC-Wegs die Konzentration von cGMP in der Extensormuskulatur von Idotea erniedrigt, wurden die intrazellulären cGMP-Konzentrationen nach Stimulation mit Proctolin gemessen.

Zur Überprüfung der eingesetzten Messmethode für die cGMP-Konzentration wurden die Muskelfasern von Idotea mit dem NO-Donor SIN-1 stimuliert. Die Konzentration an cGMP wird dabei durch den NO-Donor um den Faktor 2,3 erhöht. Dieses Ergebnis war zu erwarten, da das Gas NO in verschiedenen Muskeln eine Guanylatzyklase aktiviert (McDonald & Murad, 1996;

Marechal & Gailly, 1999).

Werden die Extensormuskelfasern von Idotea für 15 Minuten mit Proctolin stimuliert, ist die intrazelluläre cGMP-Konzentration der Muskeln im Vergleich zu den Kontrollwerten signifikant um den Faktor 2 vermindert (Abb. 22).

Es gibt nur sehr wenige Arbeiten, bei denen nach einer Stimulation mit Proctolin die intrazelluläre cGMP-Konzentration in Muskelzellen gemessen wurde (Goy et al., 1984; Groome & Watson III, 1989). Eine signifikante Verminderung der cGMP-Konzentration durch Proctolin konnte in den untersuchten Arthropoden-Muskeln bisher nicht gemessen werden. Betrachtet man die gemessenen cGMP-Werte jedoch genauer, so zeigt sich bei einem der Muskeln, dem Herzmuskel von Limulus polyphemus, eine Reduzierung der cGMP-Konzentration um den Faktor 1,6 nach einer Stimulation mit 10-6 M Proctolin und eine Reduzierung um den Faktor 2,2 nach einer Stimulation mit 10-5 M Proctolin (Groome & Watson III, 1989). Diese Werte wurden nach einer

Kontrollwerten waren den Autoren zufolge nicht signifikant. Die deutliche Übereinstimmung der Faktoren der Verminderung der cGMP-Konzentration im Idoteen-Muskel (Faktor 2) und im Muskel (Faktor 1,6 und 2,2) weist jedoch darauf hin, dass Proctolin am Limulus-Herzmuskel möglicherweise auch auf die cGMP-Konzentration wirkt.

Die in der Extensormuskulatur von Idotea gemessene, Proctolin-induzierte Verminderung der cGMP-Konzentration kann durch zwei unterschiedliche Wirkungsmechanismen hervorgerufen werden. Zum einen kann Proctolin die Hemmung einer Guanylatzyklase in den Muskelzellen bewirken, zum anderen kann Proctolin unabhängig davon oder auch parallel eine Aktivierung von Phosphodiesterasen induzieren. Wird die Aktivität der Phosphodiesterasen erhöht, vermindert sich die intrazelluläre Konzentration von cGMP, da mehr cGMP zu 5´-GMP abgebaut wird (Francis et al., 2000). Um zu untersuchen, ob die Proctolin-induzierte Verminderung der cGMP-Konzentration durch eine Aktivierung der Phosphodiesterasen in den Idoteen-Muskelfasern hervorgerufen wird, wurden Experimente mit dem unspezifischen Phosphodiesterase-Hemmstoff IBMX durchgeführt.

Auch nach einer Proctolin-Stimulation von 3 Minuten bei gleichzeitiger Anwesenheit des Phosphodiesterase-Hemmstoffs IBMX reduziert sich die cGMP-Konzentration in den Muskelzellen signifikant um den Faktor 1,7 (Abb. 23). IBMX alleine erhöht die intrazelluläre cGMP-Konzentration in den Muskelzellen von Idotea. Der Phosphodiesterase-Hemmstoff wirkt, wie auch in anderen Arthropoden-Muskeln (Lange & Orchard, 1986; Groome & Watson III, 1989), hemmend auf die Phosphodiesterasen der Idoteen-Muskulatur. Da der Proctolin-Effekt auf die cGMP-Konzentration noch immer messbar war, wurde er folglich durch die Hemmung der Phosphodiesterasen nicht verhindert. Aus diesen Ergebnissen kann geschlossen werden, dass das Neuropeptid Proctolin nicht über eine Aktivierung der Phosphodiesterasen wirkt und auf diesem Weg die cGMP-Konzentration vermindert.

Eine weitere Möglichkeit der Verminderung der intrazellulären cGMP-Konzentration besteht in der Hemmung einer Guanylatzyklase. Wird die Guanylatzyklase gehemmt, wird in den Zellen weniger GTP zu cGMP umgebaut. Von glatten Muskelzellen der Vertebraten ist die Hemmung der Rezeptor-gekoppelten Guanylatzyklase durch die erhöhte Aktivität einer PKC bekannt (Jaiswal, 1992). In Nierenzellen konnte weiterhin gezeigt werden, dass über eine PKC vermittelte Dephosphorylierung der Guanylatzyklase-gekoppelten Rezeptoren die Guanylatzyklase an Aktivität verliert (Potter & Hunter, 2000). In der Extensormuskulatur von Idotea könnte ein solcher Mechanismus ebenfalls die Proctolin-induzierte Verminderung der cGMP-Konzentration

erklären. Deshalb wurde der Proctolin-Effekt auf die cGMP-Konzentration bei gleichzeitiger Hemmung der PKC durch den spezifischen Hemmstoff BIM-1 gemessen.

Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass bei Hemmung der PKC in den Extensormuskelzellen Proctolin die intrazelluläre cGMP-Konzentration nicht signifikant vermindert (Abb. 24). Der Wert der cGMP-Konzentration liegt im Bereich des Kontrollwerts. Wird die Konzentration von cGMP nach Hemmung der PKC mit BIM-1 in Abwesenheit von Proctolin gemessen, so unterscheidet sie sich ebenfalls nicht signifikant von der cGMP-Konzentration unter Kontrollbedingungen.

Daraus kann man schließen, dass das Neuropeptid Proctolin in der Extensormuskulatur von Idotea eine PKC aktiviert und durch diese Aktivierung der PKC die cGMP-Konzentration vermindert. Die Erniedrigung der cGMP-Konzentration läuft möglicherweise, wie in der glatten Muskulatur, über eine PKC-vermittelte Inaktivierung einer Rezeptor-gekoppelten Guanylatzyklase. Im Kontrollzustand der Extensormuskelfasern von Idotea liegt diese PKC, die auf die intrazelluläre cGMP-Konzentration wirkt, in einem inaktiven Zustand vor.

Auch in anderen Arthropoden-Muskeln konnte eine Verbindung zwischen der Wirkung von Proctolin und der PKC hergestellt werden. So wurde für die Eileitermuskulatur von Locusta migratoria (Lange & Nykamp, 1996), die Vorderdarmmuskulatur von Schistocerca gregaria (Hinton et al., 1998), die Hyperneuralmuskulatur von Periplaneta americana (Wegener & Nässel, 2000) und für die Herzmuskulatur von Limulus polyphemus (Groome & Watson III, 1989) der PKC eine Rolle bei der durch Proctolin induzierten Signalkaskade zugeschrieben. In der Mandibularmuskulatur von Locusta migratoria konnte der kontraktionsauslösende Effekt des Proctolins durch die unspezifischen Proteinkinase Hemmstoffe H7 und H8 jedoch nicht verhindert werden, was darauf schließen lässt, dass in diesem Muskel Proctolin nicht über die PKC wirkt (Baines & Downer, 1992). Die Ergebnisse verdeutlichen dennoch, dass in einer Vielzahl unterschiedlicher Arthropoden-Muskeln die PKC ein wichtiger intrazellulärer Regulator der Wirkungsweise des Neuromodulators Proctolin darstellt.

Aus verschiedenen Zelltypen ist weiterhin bekannt, dass die lösliche Guanylatzyklase durch intrazelluläres Ca2+ gehemmt werden kann (Gukovskaya & Pandol, 1995; Parkinson et al., 1999;

Kazerounian et al., 2002). Proctolin erhöht in verschiedenen Arthropoden-Muskeln die intrazelluläre Ca2+-Konzentration (Dunbar & Huddart, 1982; Wegener & Nässel, 2000). Wenn dies auch in der Extensormuskulatur von Idotea der Fall wäre, könnte eine durch Ca2+ bedingte Hemmung der Guanylatzyklase auch hier eine Rolle spielen.

Da bei Applikation von 30 mM KCl die Muskelfasern depolarisieren und kontrahieren, könnte dadurch auch die intrazelluläre Ca2+-Konzentration erhöht werden. Falls eine Ca2+-induzierte Hemmung der Guanylatzyklase in den Extensormuskelfasern von Idotea vorliegen würde, müsste sich die cGMP-Konzentration hier signifikant reduzieren. Der Wert der cGMP-Konzentration nach Stimulation der Fasern mit 30 mM KCl liegt jedoch im Bereich der cGMP-Konzentration unter Kontrollbedingungen. Dass Proctolin die Guanylatzyklase noch über einen anderen Weg als über den PKC-Weg hemmt, kann außerdem durch die Ergebnisse der cGMP-Konzentrationsmessung mit dem PKC-Hemmstoff BIM-1 ausgeschlossen werden. Wäre ein weiterer Weg der Guanylatzyklase Hemmung vorhanden, hätte sich die reduzierende Wirkung des Proctolins auf die cGMP-Konzentration durch BIM-1 nicht vollständig hemmen lassen.