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2 Methodische Grundlagen

2.4 Die Theorien der Firma als Erklärungs- und Analyseinstrumentarien .1 Grundlagen .1 Grundlagen

3.1.5 Persönliche Motive der Unternehmensleitung

Schließlich wird das Zustandekommen von Unternehmensübernahmen mit per-sönlichen Motiven der Unternehmensleitung erklärt. Die in diesem Zusammen-hang entwickelten Thesen fußen auf empirischen Beobachtungen, die belegen, dass Unternehmensübernahmen nicht nur mit dem Ziel der Marktwertmaximie-rung zu erklären sind.268 So wurde beobachtet, dass es häufig infolge der Ankün-digung einer Unternehmensübernahme zu erheblichen Kurseinbrüchen auf der Seite des Bieters kam und Unternehmensübernahmen in besonders hoher Kon-zentration bei konglomeraten Zusammenschlüssen scheiterten.269 Daraus wurde der Schluss gezogen, dass das Zustandekommen von Unternehmensübernahmen auch auf nicht ökonomische Faktoren zurückzuführen sein muss.270 Diese Thesen, die im Gegensatz zu den zuvor dargestellten Erklärungsansätzen nicht auf objek-tive ökonomische Zusammenhänge, sondern auf die individuellen Interessen des Managements abstellen, werden in der Literatur unter den Bergriffen empire buil-ding und hybirs hypothesis diskutiert.271

Die empire building These beschreibt einen Ansatz, nach dem das Management einer Bietergesellschaft die Entscheidung zur Übernahme eines anderen Unter-nehmens nicht an den Interessen der Anteilseigner ausrichtet, sondern an dem Ziel ein corporate empire zu errichten.272 Die persönliche Motivation zur Errichtung eines corporate empire kann beispielsweise in der Erweiterung des Einflussbe-reichs des Managements und dem damit verbundenen Zugewinn an Macht, Presti-ge und Selbstbestätigung liePresti-gen.273 Auch das Streben nach einer besseren Entloh-nung, die gewöhnlich mit der Zunahme der Unternehmensgröße einhergeht, oder

267 Vgl. Lucks/Meckl (2002), S.7f.

268 Vgl. Roll (1986), S.205.

269 Vgl. Black (1989), S.19ff.

270 Vgl. Herkenroth (1994), S.330.

271 Vgl. grundlegend hierzu Romano (1992), S.145ff.

272 Vgl. Herkenroth (1994), S.330f. (allerdings ohne zwischen empire building und hybirs hypo-thesis zu unterscheiden); KöKoWpÜG-Hirte, Einl. Rn.28ff.; Lucks/Meckl (2002), S.10.

273 Vgl. Lucks/Meckl (2002), S.10.

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der Schutz vor der Gefahr des Arbeitsplatzverlustes infolge von Unternehmens-übernahmen, können in diesem Zusammenhang angeführt werden.274

Die hybirs hypothesis vermutet die Ursache von Unternehmensübernahmen in einer Fehleinschätzung des Managements hinsichtlich des tatsächlichen Wertes des Zielunternehmen oder seiner Fähigkeit, das erworbene Unternehmen in ge-winnbringender Weise zu leiten.275

3.1.6 Stellungnahme

Aus der vorangegangenen Darstellung wird deutlich, dass den Erklärungsansätzen sehr unterschiedliche Annahmen zugrundeliegen und sie für die Beschreibung der Ursachen für Unternehmensübernahmen keine einheitliche Perspektive einneh-men. Es ist wichtig zu betonen, dass die unterschiedlichen Theorien keineswegs abschließend sind. Soweit sie sich nicht widersprechen, müssen sie als komple-mentäre Ansätze zur Erklärung eines Phänomens verstanden werden,276 dessen Zustandekommen von mehreren unterschiedlichen Ursachen bedingt sein kann.277 Eine abschließende Erklärung für die Entstehung von Unternehmensübernahmen können die dargestellten Theorien nicht bieten.278 Zugleich wird anhand der unter-schiedlichen Ansätze deutlich, dass Unternehmensübernahmen vor dem Hinter-grund eines komplexen Geflechts von Motivationen und Interessen der unter-schiedlichen Akteuren und Betroffenen des Übernahmeverfahrens zu sehen sind.279 Auch muss beachtet werden, dass sich die Erklärungsansätze, einschließ-lich der empirischen Daten, ihren Ursprung weitestgehend in der US-amerikanischen Forschung haben. Wegen der unterschiedlichen rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen in den USA und Deutschland dürfen die die-se deshalb nicht ohne eine gewisdie-se Zurückhaltung auf den deutschen Markt für Unternehmenskontrolle übertragen werden.280.

3.2 Die ökonomischen Funktionen des Markts für Unternehmenskontrolle

274 Vgl. KöKoWpÜG-Hirte, Einl. Rn.28ff.; Lucks/Meckl (2002), S.10.

275 Vgl. KöKoWpÜG-Hirte, Einl. Rn.28ff.; Roll (1986), S.186; Romano (1992), S.150ff.

276 Vgl. Jensen (1986), S.328; Jensen (1988b), S.333; Lenel (1992), S.10.

277 Vgl. Arnold (2007), S.245; Lenel (1992), S.20; Schwartze (1993), S.269; So zu verstehen auch KöKoWpÜG-Hirte, Einl. Rn.11ff und 33f.; Kirchner (1999), S.484.

278 Vgl. Liekefett (2004), S.826.

279 Vgl. Coppik (2007), S.104f.

280 Vgl. KöKoWpÜG-Hirte, Einl. Rn.31f.; ausführlich Mühle (2002), S.118ff.

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Im Zusammenhang mit den ökonomischen Funktionen des Markts für Unterneh-menskontrolle werden im Wesentlichen zwei Kategorien diskutiert, denen zufolge der Markt für Unternehmenskontrolle zu einer effizienten Ressourcenallokation beitragen soll: Zum einen soll der Markt für Unternehmenskontrolle durch seine bloße Existenz disziplinierende Wirkung auf das Management im Rahmen der Agenturproblematik entfalten, und zum anderen durch die tatsächliche Zustande-kommen von Unternehmensübernahmen einen Beitrag zu der Verbesserung der Ressourcenallokation leisten.

3.2.1 Disziplinierungsfunktion

Ein Ansatz der sich mit der Funktion des Markts für Unternehmenskontrolle be-fasst, diskutiert diese im Zusammenhang mit dem unternehmensinternen Kon-trollgefüge. Im Zentrum dieser Diskussion steht die These, dass der Markt für Unternehmenskontrolle eine disziplinierende Wirkung auf das Management ent-faltet und damit als Kontrollmechanismus im Hinblick auf die Agenturproblema-tik dient.281 Dieser These liegt die bereits oben erwähnte Annahme zugrunde, dass sich die Qualität des Managements einer Publikumsgesellschaft im Aktienkurs widerspiegelt und dieser mit dem Nachlassen der Qualität des Managements fällt.282 Geschieht dies, so werden Unternehmen mit einem leistungsfähigeren Management auf diesen Umstand aufmerksam und versuchen durch den Erwerb von Aktien – in der Regel auf dem Wege der öffentlichen Übernahme - die Herr-schaft über das Unternehmen zu erlangen, um den Aktienkurs der GesellHerr-schaft durch die Optimierung der Ressourcenverwendung zu steigern.283 Es ist zu erwar-ten, dass es zu diesem Zweck zunächst zu einem Austausch des bisherigen ineffi-zienten Managements kommen wird.284 Die Existenz von Unternehmensübernah-men mit der damit verbundenen Gefahr für die Manager des ZielunternehUnternehmensübernah-mens, ihre Leitungsmacht zu verlieren, entfaltet damit als Sanktionsmechanismus prä-ventiv-verhaltenssteuernde Wirkung auf das Management.285 Um dieser Gefahr zu entgehen, wird das Management darum bemüht sein, den Aktienkurs hoch zu

281 Vgl. grundlegend Manne (1965), S.110ff.

282 Vgl. Gliederungspunkt 3.1.1.

283 Vgl. Bebchuk (1982a), S.1030; Easterbrook/Fischel (1981), S.1169ff.; Gilson (1981), S.841;

Jensen (1988a), S.23ff.

284 Vgl. Immenga/Noll (1990), S.35.

285 Vgl. Easterbrook/Fischel (1981), S.1174; so auch Arnold (2007), S.236; Hahn (1992), S.117.

Untersuchungen zeigen, dass über 60% der Manager innerhalb von drei Jahren nach erfolgrei-cher feindlierfolgrei-cher Übernahme ihre Beschäftigung verlieren. Demgegenüber beträgt die Entlas-sungsquote bei normalem Geschäftsverlauf lediglich 21%, hierzu Bak (2003), S.95 m.w.N.

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ten, was zu einer Interessenanbindung an die Ziele der Anteilseigner führt.286 Da-neben kann auch ein bereits abgegebenes Übernahmeangebot eine positive verhal-tenssteuernde Wirkung auf das Management ausüben, wenn es noch die Möglich-keit sieht, die Übernahme durch unternehmenswertsteigernde Maßnahmen abzuwehren.287 Auf diese Weise kommt dem Markt für Unternehmenskontrolle im Hinblick auf die Agenturproblematik eine disziplinierende Funktion zu288 und trägt zur Reduktion von Transaktionskosten bei.289

3.2.2 Allokationsfunktion

Einem bedeutenden Teil der Ansätze zur Erklärung von Unternehmensübernah-men liegt die Annahme zugrunde, dass diese dazu beitragen, dass das Gut Unter-nehmenskontrolle sowie die in dem Unternehmen gebundenen Ressourcen durch den Marktmechanismus des Kapitalmarkts, ihrer optimalen ökonomischen Ver-wendung zugeführt werden.290

Wie soeben dargestellt wurde, wird dem Markt für Unternehmenskontrolle die Fähigkeit zugesprochen, disziplinierende Wirkung auf das Management auszu-üben.291 Setzt die Existenz des Markts für Unternehmenskontrolle als externer Kontrollmechanismus einen positiven Leitungsanreiz für das Management, so sorgt das für eine Reduktion der Agenturkosten. Dies ist zum einen auf die Tatsa-che zurückzuführen, dass Anreizsysteme keine Kontroll- und Überwachungskos-ten verursachen.292 Zum anderen kann die Verstärkung der Interessenbindung des Managements an die Ziele der Anteilseigner dazu führen, dass das Management darum bemüht sein wird, die in dem Unternehmen gebundenen Ressourcen einer optimalen Verwendung zuzuführen, da Unternehmen nur durch einen sparsamen und effizienten Umgang mit den knappen Ressourcen und permanente Leistungs-steigerung im Markt überleben können.293 Als Beispiel kann die free cash flow Theorie genannt werden, nach der die Übernahmegefahr für ein Unternehmen

286 Vgl. Immenga/Noll (1990), S.35.

287 Vgl. Easterbrook/Fischel (1981), S.1169ff.; Kirchner (1999), S.483; hierzu auch Gliederungs-punkt 4.1.

288 Vgl. Arnold (2007), S.235ff.; Herkenroth (1994), S.314.

289 Vgl. KöKoWpÜG-Hirte, Einl. Rn.17; hierzu auch Gliederungspunkt 3.2.1.

290 Vgl. Bebchuk (1994), S.957ff.; Kirchner (1999), S.481; Lucks/Meckl (2002), S.5f.; Schwarze (1993), S.267.

291 Vgl. Gliederungspunkt 3.2.1.

292 Vgl. Kirchner (2000b), S.1824.

293 Vgl. Immenga/Noll (1990), S.39.

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dann steigt, wenn es über zu viele liquide Mittel verfügt.294 Aus diesem Grund wird sich das Management veranlasst sehen, die liquiden Mittel effizienter zu verwenden. Soweit die Disziplinierungswirkung zu einer Optimierung der Un-terStruktur und der Größe des Unternehmens führt, ist das nicht nur den Interes-sen der Anteilseigner und der übrigen Stakeholder förderlich, sondern führt in der Regel auch zu einer Steigerung des gesamtwirtschaftlichen Nutzens.295

Über diese, auf die internen Strukturen des Unternehmens bezogenen positiven Wirkungen hinaus, soll der Markt für Unternehmenskontrolle auch über den Marktmechanismus zu einer Optimierung der Ressourcenallokation beitragen. Mit der Möglichkeit der Aktionäre, ihre, in den Unternehmensanteilen repräsentierten Entscheidungsrechte über die Verwendung der im Unternehmen gebundenen Res-sourcen zu verkaufen, kann der Kapitalmarkt zu einem Mechanismus werden, der über die Zuordnung dieser Ressourcen entscheidet.296 In diesem Fall unterliegen Unternehmensübernahmen einem Marktprozess, der Transaktionen gestattet, durch die sich die Beteiligten besser stellen und Ressourcen an den Ort ihrer wirt-schaftlich wertvollsten Verwendung gelangen können. Wird davon ausgegangen, dass die Marktakteure nutzenmaximierend handeln und die gleiche Verhand-lungsmacht haben, so kann bereits aus der Tatsachen, dass sich die Akteure auf eine Transaktion geeinigt haben, darauf geschlossen werden, dass sich beide Par-teien positive allokative Wirkungen versprechen.297 Der Markt für Unternehmens-kontrolle kann damit eine Infrastruktur bereitstellen, über die Ressourcen Ver-wendungen zugeführt werden können, die die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt steigern.298

3.2.3 Kritik: Die Grenzen der Funktionsfähigkeit des Markts für