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Die Neubestimmung des Cogito

Bemerkungen zur Transformation des Subjekts bei Jean-Paul Sartre

1 Die Neubestimmung des Cogito

Die erste Bestimmung in dieser Entwicklung des Für-sich dürfte unproble-matisch sein, da es sich um die „Anwesenheit bei sich“ oder das „Bewusst-sein“ handelt: Damit wird in anscheinend klassischer Manier gerade die Dimension des Cogito selbst in den Vordergrund gerückt, was Sartre aus-drücklich evoziert (SN 163; EN 115), wenn er an Heidegger den bezeich-nenden Vorwurf richtet, das „Projekt“ oder den „Entwurf“ – d. h. die Art und Weise, in der die Eigenart der „menschlichen-Realität“ nicht das Sich-Einschliessen der Sache, sondern die „Ek-sistenz“ als Eröffnung von Mög-lichkeiten ist – nicht in der Dimension des Bewusstseins verankert zu haben (ein Vorwurf, der auch auf Seite 182 [SN; EN 128] wieder formuliert wird). Gegen Heidegger muss also erkannt werden, dass es keinen Entwurf ohne Subjekt gibt; kein Dasein ohne Bewusstsein, weil derjenige, der seine Möglichkeiten entwirft, sich notwendigerweise seiner selbst und des ihm Möglichen bewusst sein muss. In der Nachfolge Husserls wird die Kluft zwischen der Phänomenologie Heideggers und jener Sartres durch Sartres Wille, im Rahmen einer Philosophie des Subjekts oder des Bewusstseins zu ver bleiben, besonders deutlich: „Man muss vom Cogito ausgehen“ (SN 164;

EN 116) – eine Formel, die später in Der Existentialismus ist ein Humanis­

mus wieder aufgenommen und erläutert wird: „Man muss von der Subjek-tivität ausgehen“, sagt dann Sartre und präzisiert, dies sei die Position der

„Existentialisten“ (Existentialismus 119 [17]). Also vom Cogito ausgehen, selbst wenn es das Ziel ist, diesen sehr klassischen Ausdruck neu zu bestim-men.

Tatsächlich definierte sich das Bewusstsein bei den Modernen klassi-scherweise durch die Identität mit sich: Durch das „Ich = Ich“ Fichtes in seiner traditionellen Interpretation. Diese klassische Vorstellung vom Cogito neu zu bestimmen – das bedeutet für Sartre, den Modus zu berück-sichtigen, in der die Identität (oder die Übereinstimmung des Seins mit sich, welches das ist, was es ist) tatsächlich die Eigenart der Sache (und nicht des Bewusstseins), die Eigenart des An-sich (und nicht des Für-sich) bestimmt. Das An-sich allein ist wesentlich voll von sich selbst, ist ohne Distanz, ohne Leere, ohne Riss: Absolute Dichtheit. Die Eigenart des

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Sich dagegen ist die Nicht-Koinzidenz, die konstante Nichtung dessen, was es ist im Namen dessen, was es nicht ist, aber doch plant zu sein. Nun ginge es an diesem Punkt darum (um die Anwesenheit-bei-sich des Be-wusstseins neu zu definieren), die erworbenen Kenntnisse der Intentiona-litätstheorie zu integrieren – denn dies wäre im Grunde das, was (in der Formel „alles Bewusstsein ist Bewusstsein von etwas“) die Abweichung – ausgedrückt durch das „von“ zwischen dem Bewusstsein und dem, wovon es Bewusstsein ist – enthalten würde.

Um die Tragweite von Sartres Vorschlag zu erfassen, ist es hier notwen-dig, ihn zu vervollständigen. Aristoteles, der behauptete, die Seele sei ge-wissermassen alle Dinge, wusste nicht um die Subjektivität, die er noch in der Welt der Dinge verschwinden liess. Dagegen drückt allein schon die Formel der Intentionalität die Unreduzierbarkeit des Für-sich auf das Uni-versum des An-sich aus, indem sie unterstreicht, es gebe kein Bewusstsein ohne eine Objektivierung, die das Bewusstsein von der Sache auf Distanz hält. Betrachten wir das Beispiel von Sartre: Wenn ich eine Bewusstseins-empfindung von meiner Überzeugung habe, behaupte ich mich gleichzei-tig als jemand, der nicht auf sie reduzierbar ist; eine Differenz schleicht sich in die Identität ein, eine Transzendenz kündigt sich im Innern der Immanenz mit sich an, die jedes Subjekt charakterisiert (SN 168–9;

EN 119). Kurz: Die „Beziehung des Subjekts mit sich selbst“ ist „eine Dualität“ – oder, anders ausgedrückt: Die Anwesenheit-bei-sich des Sub-jekts, die immer zugleich ein „Abheben von sich selbst“ ist, setzt für das Bewusstsein eine Form fest, die nicht ihre eigene Koinzidenz ist; diese Koinzidenz mit sich könnte also nur einen Horizont konstituieren.

Hier taucht einmal mehr die schon im ersten Teil des Buches besonders akzentuierte Thematik der Subjektivität auf – als einer fundamental nicht-enden Macht im Sinne einer kontinuierlichen Nichtung dessen, was sie ist:

„Das Sein des Bewusstseins […] ist das Nichts“ (SN 171; EN 120), schreibt Sartre; ein Zitat, das zwar durch gesuchte Brillanz zu blenden sucht, das aber auch den tiefen Gedanken ausdrückt, die Subjektivität als Freiheit sei vor allem ein Losreissen. Es wäre Aufgabe einer eingehenderen Arbeit zu untersuchen, inwiefern die Formulierung dieser Wahrheit tatsächlich (d. h.

über den blossen Wortlaut hinaus) eine Neubestimmung dessen ist, was das Wesen der glaubwürdigsten philosophischen Cogito-Theorien war.

Wir werden uns auf eine solche Untersuchung, die weit über den Text von Das Sein und das Nichts hinaus (und namentlich zu Fichte) führen müsste, nicht einlassen. Festgehalten sei einfach: Wenn eine ausführlichere Werk-interpretation nicht der Frage nachginge, wie Sartre selber sein Verhältnis zu den Gedanken seiner Vorgänger über das Cogito (namentlich zu jenen

Descartes’) gesehen hat – würde man ein wichtiges Beurteilungselement vermissen.

Der präzise philosophische Sinn dieser Seiten über die Transformation des Cogito würde nun freilich verfehlt, wenn man nicht erfasste, wie sich im Hintergrund ein kritisches Verständnis über die cartesianische Tradition hinwegsetzt, der sich Sartre wiederholt ausdrücklich verschrieben hat. Diese klar proklamierte Einschreibung in eine Tradition bleibt dennoch schwie-rig zu rekonstituieren (wäre es auch nur, um die Sichtweise zu gewinnen, die Sartre selbst vorschwebte), aber sie war dem Autor zum Zeitpunkt von Das Sein und das Nichts immerhin so wichtig, dass er 1946 unter dem Titel Die cartesianische Freiheit einen erstaunlichen Text publizierte, der unsere hauptsächliche Informationsquelle dafür bleibt, wie Sartre die Archäologie seiner eigenen Konzeption des Cogito begriff.

Um gleich mit der wesentlichen These zu beginnen: Sartre glaubt, dass Descartes „mehr als jeder andere verstanden hat, dass jeder einzelne Denk-schritt das ganze Denken involviert, und zwar ein autonomes Denken, das sich bei jedem seiner Akte in eine vollständige und absolute Unabhängig-keit versetzt“ (Freiheit). Eine solche Darstellung, die aus dem Denken, so wie es Descartes auffasst, eine „Erfahrung der Autonomie“ macht, könnte den philologisch sensibilisierten Leser verwirren. Bei näherem Hinsehen scheint Sartre in diesem gewundenen Text jedoch vor allem von der Über-zeugung beherrscht zu sein, in der Freiheitsauffassung Descartes’ (und vielleicht allgemein bei den Modernen) herrsche eine Spannung zwischen zwei Modellen, die später in den Werken Spinozas und Kants ihre reinsten Ausprägungen erfahren sollten: Zwischen einem („spinozistischen“) Mo-dell, in dem Freiheit blosse Einwilligung in die äussere Notwendigkeit einer prästabilierten Ordnung wäre, und einem („kantianischen“) Modell, in dem die Freiheit als absolute Autonomie erschiene, als eigene Her-stellung einer Ordnung, die sie ex nihilo erschafft.

So präsentiert Sartre Descartes einmal als jemanden, der scheinbar einer quasi-spinozistischen Reduktion der Freiheit auf die Kenntnis der Ord-nung der Wesenheiten nahesteht: Wenn der cartesianische Gott die „ewi-gen Wahrheiten“ erschaffe, sei das nicht die Angele„ewi-genheit des Menschen, und ausserdem bringe einen die Infragestellung der Indifferenz-Freiheit eher (durch die offenbar existierende Ordnung) auf die Idee einer Ad-häsions-Freiheit als jene einer begründenden Freiheit. Bald rückt er aber trotzdem die cartesianische Freiheit in den Bereich der Autonomie, indem er unterstreicht, wie sie „durch ihre eigenen Kräfte“ die intelligiblen Re-lationen zwischen den Wesenheiten entdecke – Descartes stehe dann in diesem Punkt in direktem Gegensatz zu Spinoza, der sich dafür entscheide

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„die menschliche Subjektivität zu opfern“. Die entscheidende Entdek-kung von Descartes sei sogar: Trotz einer schon im voraus bestehenden Ordnung der Wesenheiten, die ganz bestimmt die Freiheit limitiert, habe er „die Verantwortung des Menschen gegenüber dem, was wahr ist“ inso-weit bejaht, als diese natürliche Ordnung der Seienden sich erst durch sein Urteil erklären lasse und eine „Ordnung der Wahrheiten“ werde. Damit die Wahrheit sich ereigne, fährt Sartre fort, müsse sich der Mensch auf das Wahre einlassen, sich auf eine Weise an das Wahre heften, die nur von ihm selbst abhänge. In diesem Sinne besitze jeder Mensch eine unendliche Freiheit – nämlich „in der unendlichen Macht, gut zu urteilen und das Wahre vom Falschen zu unterscheiden“, wie Descartes in der vierten Me-ditation schreibt. Auf der vollständigen Freiheit insistierend, die „jedem Menschen in gleicher Weise zukommt“, habe Descartes gezeigt, welche Verbindung sich zwischen „dem Geist der Wissenschaft und dem Geist der Demokratie“ einstelle, so dass das Cogito – die Erfahrung dieser „für alle Menschen gleichen“ Freiheit – sogar das allgemeine Stimm- und Wahl-recht fundieren würde. Bei Descartes ist der Mensch das Lebewesen, durch das die Wahrheit in der Welt erscheint – eine Formel ganz parallel derjeni-gen, die in Das Sein und das Nichts auf das Verhältnis des Menschen zu den Werten („das Lebewesen, durch das die Werte existieren“) gemünzt wor-den war. Hier stellt sich die Frage, inwiefern der existentialistische Huma-nismus seine innersten Motive nicht dem cartesianischen HumaHuma-nismus verdankt.

Die Frage ist umso legitimer, als jenseits dieser Wahrheitserfahrung – falls es einen Bereich gibt, wo sich Descartes (laut Sartre) „eine wahrhafti-ge Autonomie des Menschen“ vorstellt – die Beziehung zu den Formen des Nichts besteht, konstituiert durch das Böse oder den Irrtum gegenüber der Vollkommenheit des Seins (d. h. gegenüber Gott). Da Gott in mir für diese Formen des Nichts nicht verantwortlich sein kann, die von meiner Be-grenztheit herrühren, hängt es vollständig von mir ab, ob ich den Begehren des Schlechten oder Falschen nachgebe oder nicht. Hier bekommt die Indifferenz-Freiheit wieder einen Sinn, denn es liegt allein an mir, nicht zwischen solchen Formen des Nichts zu wählen. „Weil die Ordnung der Wahrheiten ausserhalb von mir existiert“ (und auf jeden Fall meine Fun-dierungs-Fähigkeit beschränkt), gilt: „Das, was mich als Autonomie de-finieren wird, ist nicht die schöpferische Neuerung, es ist die Ver-weigerung“; kurz: „Durch das Verweigern sind wir frei“ (d. h. durch das Verweigern des Falschen, durch das Nein-Sagen zum Nicht-Sein). Die wahrhaftige Erfahrung des freien Aktes ist der Zweifel: Als Kraft zu fliehen, sich zu entziehen, sich zurückzuziehen. Da der Zweifel als reine Negation

eine nichtende Kraft sei, habe Descartes Folgendes entdeckt: „Die Frei-heit kommt nicht vom Menschen, insofern er ist (wie ein plenum an Exi-stenz unter anderen erfüllten ExiExi-stenzen ohne Mängel), sondern insofern er nicht ist, insofern er begrenzt und beschränkt ist“. Hier erscheint auch das Motiv, das später in Wahrheit und Existenz gegen Heidegger ausge-wertet wird: Weil der Mensch begrenzt ist, ist er verantwortlich, also frei im Sinne einer Freiheit als nichtender Macht.

Durch diese Neuinterpretation des cartesianischen zweifelnden Cogito als Nichtung lief Sartre indessen Gefahr, nicht mehr angeben zu können, inwiefern seine eigene Arbeit die Philosophie des Bewusstseins eigent-lich erneuerte. Deshalb konnte der Text über Die cartesianische Freiheit nicht schliessen, ohne (um Distanz zu schaffen) darauf zu beharren, dass die Autonomie-Freiheit (als die Weigerung, einen Irrtum oder etwas Unklares zu akzeptieren) bei Descartes auf eine die Wesenheiten be-jahende Adhäsions-Freiheit ausgerichtet geblieben sei: Der Wille unter-werfe sich dem Verstand, und wenn das Subjekt auch pure Negation sei, so daure diese Negation nur einen Moment und transformiere sich in reines Übernehmen des Seins – dies aber werde (so die Auffassung Sartres) dem Gefühl dafür, worin sich die wahre Freiheit erweise – „der wahre Urheber dieser Akte zu sein“ nämlich – nicht ausreichend gerecht.

Dieses Gefühl kannte Descartes aber, denn damit definierte er die Grosszügigkeit: Der Grosszügige ist derjenige, der „einsieht, dass es nichts gibt, das ihm wirklich gehört als die freie Vefügungsgewalt über die Willenskräfte“. Aber die cartesianische Freiheitskonzeption als sim-ple Freiheit zum Schlechten oder zum Irrtum (währenddem sich der Mensch im Hinblick auf das Gute oder Wahre von der Hand Gottes lenken lässt) bleibt schliesslich hinter den undeutlich wahrgenommenen Werten einer tatsächlichen Ethik der Autonomie zurück. Descartes’

Werk enthielt Forderungen, die ihm seine philosophischen Postulate (Gott, die Ordnung der Welt) nicht zu erfüllen erlaubt hätten, und es gelte heute, um tatsächlich „von der Subjektivität auszugehen“, diese Forderungen (jene der Autonomie) vollständig zu entwickeln, indem man sie von solchen Postulaten loslöste.

Eine vollständige Analyse von Die cartesianische Freiheit müsste denn-noch eine letzte Wendung des Textes hervorheben: Unabhängig von seiner Aufwertung der Grosszügigkeit bezeuge auch Descartes, dass er „begriffen hat, dass die Freiheitsidee die Forderung einer absoluten Autonomie mit-einschliesst“, denn, selbst wenn er einer solchen Forderung nicht alle ihre Rechte habe geben können, denke er die Freiheit Gottes in reinen Schöp-fungsbegriffen. Wenn er uns also auch sagt, die Freiheit des Menschen sei

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identisch mit dieser Freiheit Gottes, ist es ihm doch nie gelungen, diese Identität wirklich zu denken.

Die cartesianische Auffassung von der Freiheit wäre also demnach in den Hinweisen über die Freiheit Gottes zu finden. Nach Descartes habe es eine zweihundert Jahre dauernde Glaubenskrise benötigt, bis der Mensch diese konstituierende Freiheit, die „wesentliche Basis des Humanismus“, wieder zu seinem eigenen Gebrauch erlangte und sich endlich begriff als „das Wesen, dessen Erscheinung bewirkt, dass eine Welt existiert“. Das Cogito, von dem man heute auszugehen habe, sei tatsächlich nichts anderes als die Wahrheit des cartesianischen Cogito, das sich selbst zurückgegeben worden sei – und zwar durch das Anbrechen einer Kultur, in der, nach dem Tod Gottes und nach vielen Fantasmen über irgendeine „Ordnung der Welt“, die Forderungen, die in den Thesen Descartes über die Freiheit sowohl Unterstützung als auch Widerspruch erfahren hatten, endlich ihre ganze Tragweite entfalten könnten.

Erschöpft sich indessen Sartres Neubestimmung des cartesianischen Cogito in den Gedanken, die Die cartesianische Freiheit skizziert? Da er den Akzent eher auf das geistige Vermächtnis des Autors als auf dessen Be-schränkungen legt, treten kritischere Bemerkungen zur cartesianischen Vorstellung der Subjektivität bei Sartre eigentlich in den Hintergrund.

Hören wir ihn dagegen in Der Existentialismus ist ein Humanismus (133 [65–

6]): „Wir aber wollen das Reich des Menschen als eine Gesamtheit von Werten konstituieren, die sich vom Reich des Materiellen unterscheiden.

Die Subjektivität, die wir so als Wahrheit ausmachen, ist jedoch keine streng individuelle, denn wir haben nachgewiesen, dass man im cogito nicht nur sich selbst, sondern auch die anderen entdeckt. Durch das ich denke erreichen wir, im Gegensatz zur Philosophie Descartes’, im Gegensatz zur Philosophie Kants, uns selbst im Angesicht des anderen, und der andere ist für uns ebenso gewiss wie wir selbst. So entdeckt der Mensch, der sich selbst durch das cogito unmittelbar erreicht, auch alle anderen, und er ent-deckt sie als die Bedingung seiner Existenz. Er wird sich dessen bewusst, dass er nichts sein kann […], wenn nicht die anderen ihn als solchen aner-kennen.“ Einige Zeilen weiter fügt Sartre hinzu, die Erfahrung des Cogito erfordere zugleich die Entdeckung „eine[r] Welt, die wir Intersubjektivität nennen werden“: Das Für-sich müsse als ein „Für-andere“ erklärt werden, was auch dem Übergang vom zweiten zum dritten Teil im Text des Werkes von 1943 entsprechen wird. Um es präziser auszudrücken: Sich „auf dem Gebiet der Subjektivität“ zu befinden, bedeute gerade, diese „Klippe des Solipsismus“ zu vermeiden, an der (unter verschiedenen Bezeichnungen und in unterschiedlichem Grad) die ganze vorhergehende

Bewusstseins-philosophie gescheitert sei. Um dieses Ziel zu erreichen, müsse als Aus-gangspunkt nicht eine Relation des selbst zum selbst, sondern „eine inter-monadische Relation“ angenommen werden.

Wir werden hier nicht auf die Frage eintreten, inwiefern der gegen das cartesianische Cogito erhobene Vorwurf des Solipsismus begründet ist und natürlich noch viel weniger auf jenen gegen das kantische, so klar „inter-subjektive“ Subjekt. Sartres Vorgehen, aus diesem einen Prototypen des

„Für-sich“ zu machen, vermöchte sowieso keinen unterrichteten Leser der Kritiken zu überzeugen. Dagegen ist herauszuschälen, welche philosophi-sche Option wohl in diesen mehr oder weniger anfechtbaren Lesarten der klassischen Cogito-Theorien zum Ausdruck kommt: Sartre hat sich in der Tat vorgenommen, das Cogito auf eine Weise neu zu bestimmen, dass die Beziehung zum anderen konstitutiv für die Beziehung zu sich selbst würde.

Das ist eine Option, die uns heute nicht gleichgültig lassen kann und die seinem Versuch sicher eine philosophische Aktualität verleiht. Nicht nur wird so (zumindest im Prinzip) einer Forderung Rechnung getragen, der sich keine postmetaphysische Bezugnahme auf die Idee der Subjektivität mehr entziehen zu können scheint (wodurch sich Sartre philosophisch als Zeitgenosse behauptet) – darüber hinaus begänne sich damit abzuzeich-nen, aus welchen intrinsischen Gründen dieses Projekt einer Neubestim-mung des Cogito die Theorie des Subjekts dazu veranlassen würde, den zu wählenden Ort ihrer Vollendung im Bereich der Moralphilosophie, oder allgemeiner, im Bereich der praktischen Philosophie zu finden (deren Um-risse durch die Beziehung zwischen den Bewusstseinen definiert werden).

Eine Fragestellung, die uns direkt zu den Seiten über „das Für-sich und das Sein des Wertes“ aus Das Sein und das Nichts zurückführt, wo die Analyse der Subjektivitätsstrukturen in ihrem Verlauf genau zu dieser

„praktischen“ Wiederbetonung des Subjekts fortschreiten wird.