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Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit

3 Ist Unaufrichtigkeit zynisch?

4 Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit

Es wäre schwierig, eine Studie über Sartres Analyse der Unaufrichtigkeit abzuschliessen, ohne Sartres kontroverse Behauptungen hinsichtlich „Ehr-lichkeit“ und „Aufrichtigkeit“ zu beachten und kritisch zu beurteilen. Der verfügbare Raum erlaubt hier aber nur einen skizzenhaften Abriss.

3 Ich stehe hier in der Schuld von Thomas Flynn, der den Kern dieses Punktes (an den ich früher selber gedacht habe) in seinem Kommentar zu meinem Buch Bad Faith, Good Faith, and Authenticity während einer ausgedehnten „Autor-trifft-Kritiker“-Sitzung im Rahmen des Tref-fens der American Philosophical Association zum Ausdruck gebracht hat (die Tagung fand in Los Angeles ca. am 28. März 1998 statt).

Sartre macht die verwirrende Behauptung, dass die Ehrlichkeit, ge-wöhnlich als die „Antithese der Unaufrichtigkeit“ apostrophiert, die phä-nomenologische/ontologische Struktur und das Ziel der Unaufrichtig-keit teile. Das Ideal der EhrlichUnaufrichtig-keit sei: „Der Mensch soll für sich selbst nur das sein, was er ist“ (SN 138; EN 98); über das Ziel der Ehrlichkeit heisst es: „Machen, dass ich mir das eingestehe, was ich bin, damit ich schlies-slich mit meinem Sein übereinstimme“ (SN 151; EN 106). Oder: „Ehrlich sein, sagten wir, ist das sein, was man ist“ (SN 145; EN 102). Aber der

„eigentliche Stoff des Bewusstseins“ („nicht zu sein, was man ist“) schliesst die Möglichkeit aus, dass die menschliche-Realität „zu sein, was man ist“

oder sein An-sich erreicht. Jeder Versuch, ehrlich zu sein, ist „zum Schei-tern verurteilt“ (SN 146; EN 102–3). „Was ist denn also die Ehrlichkeit, wenn nicht eben ein Phänomen der Unaufrichtigkeit?“ (SN 146–7; EN 103). Das Ziel der Ehrlichkeit, wie das der Unaufrichtigkeit, sei, „sich ausser Reichweite zu bringen […]. Machen, dass ich bin, was ich bin nach dem Modus von ‚Nicht-das-sein-was-man-ist‘.“ Es ist geplante „Flucht“

vor der Freiheit in den Modus des An-sich-seins (SN 150–1; EN 106); es ist ein Versuch, der Ambiguität und der Nicht-Substantialität der freien menschlichen-Realität zu entfliehen, indem man die Selbst-Koinzidenz anstrebt; indem man versucht, das Bewusstsein festzunageln.

Wie anderswo schon ausgeführt (vgl. Santoni 1995, 10–6 und 1997), halte ich wiederum die These aufrecht, dass hier ein grosser Teil von Sartres Anspruch seine Wurzeln in einer Äquivokation hat und deshalb scheitert. Kurz: Ich glaube, dass sich Sartre illegitimerweise vom ge-wöhnlichen Sprachgebrauch oder vom gege-wöhnlichen Sinn von Ehrlich-keit als sein „was man ist“ zu der hochtechnischen Bedeutung dieses Ausdrucks hin bewegt, die er dem Begriff in seinem eigenartigen ontolo-gischen System unterlegt. Anders gesagt: Sartre gelingt es, gewöhnliche Befürworter der Ehrlichkeit zu schockieren, indem er den allgemeinge-bräuchlichen Ausdruck „sein, was man ist“ mit seiner eigenen techni-schen Bedeutung ausstattet und daraus schliesst, dass jeder Entwurf der Ehrlichkeit, der plant „zu sein, was man ist“, das verdinglichende (z. B.

„An-sich“-gelenkte), objektivierende Unaufrichtigkeitsunternehmen kon-stituiere, das sein ontologisches System – und seine (davon) abgeleitete Analyse der Unaufrichtigkeit – suggeriert. Die Anwendung seiner tech-nischen Bedeutung von „sein, was man ist“ auf die umgangssprachliche Bedeutung des Ausdrucks versagt darin, die positive Konnotation des Ausdrucks, die im umgangssprachlichen Gebrauch intendiert ist, (z. B.

„wahr sein gegen sich selbst“ oder „leben gemäss dem, wozu man sich bekennt“) adäquat anzuerkennen, und sie befleckt auf diese Weise

will-81 4 „Unaufrichtigkeit“

kürlich die Bedeutung von Ehrlichkeit. An einer Stelle gibt er zu: „Uns geht es hier nur um die Ehrlichkeit, die auf sich selbst in der gegenwär-tigen Immanenz aus ist“ (SN 151; EN 106). Aber sogar wenn dies sein dominierendes und exklusives Anliegen wäre – und der überwiegende Teil des Textes macht diesen Vorbehalt nicht – können wir berechtigter-weise fragen, wie oft man die Art von Forderung stellt, die z. B. der

„Champion der Ehrlichkeit“ dem Homosexuellen aufzwingt; oder wie oft man beim Streben nach Ehrlichkeit eigentlich Selbst-Objektivierung beabsichtigt? Sartres sonst schwungvoller und kontroverser Argumenta-tion zur Unaufrichtigkeit der Ehrlichkeit nimmt diese restriktive und enge Interpretation viel von ihrer Überzeugungskraft (z. B. SN 145–51;

EN 102–6). Ausserdem nützt die letztere Behauptung, wie ich zu zeigen versuchte, eine Äquivokation aus.

Sartres Diskussion der „Aufrichtigkeit“ im „Unaufrichtigkeits“-Kapitel von Das Sein und das Nichts ist ähnlich mühsam und verwirrend: „Das Ideal der Aufrichtigkeit (das glauben, was man glaubt) ist, wie das der Ehrlich-keit, (das sein, was man ist) ein Ideal von An-sich-sein“ (SN 157; EN 110);

das heisst, das Ideal der Aufrichtigkeit ist ein Unaufrichtigkeitsideal. Wenn alles Bewusstsein metastabil, schwer fassbar, auf Distanz zu sich selbst und unruhig ist; falls alles Glauben in der Folge nicht genügend Glauben ist und so den Glauben „verfehlt“, dann ist jeder Entwurf, vollständig zu glauben, was man glaubt; ist jeder Entwurf, das Glaubensbewusstsein fest-zunageln, ein Entwurf der Selbsttäuschung und der Unaufrichtigkeit. Auf diese Weise kann Aufrichtigkeit, wie Ehrlichkeit, nicht die Antithese der Unaufrichtigkeit sein, „weil die Unaufrichtigkeit die Aufrichtigkeit wie-dererfasst und sogar zum Ursprung ihres Entwurfs zurückgleitet.“ (SN 159 Anmerkung ; EN 111 note 1), oder – wie er später in Cahiers pour une morale sagt – „nur die Unaufrichtigkeit kann am Ursprung der Aufrichtigkeit sein“ (Cahiers 18, Eigenübers.).

Sagen lässt sich zumindest, dass Sartres dürftige Diskussion der Aufrichtigkeit in Das Sein und das Nichts zwei Seiten aufweist, und ich möchte die andere Seite nun aufwerten. Obwohl er behauptet, die Auf-richtigkeit teile das UnaufAuf-richtigkeitsideal der Selbst-Koinzidenz (z. B.

SN 157–8; EN 110), stellt er diese zwei „unmittelbaren Haltungen“ doch deutlich einander gegenüber. Er macht z. B. klar: „Die Unaufrichtigkeit bewahrt nicht die Normen und Kriterien der Wahrheit, so wie sie von aufrichtigen kritischen Denkern akzeptiert werden. […] sie findet sich von Anfang an damit ab, […] nicht überzeugt und in Aufrichtigkeit verwandelt zu werden“ (SN 155; EN 108–9; Hervorhebung von R. S.).

Um hier wenigstens meine Entwicklungslinie anzudeuten:

Unaufrichtig-keit als eine fundamentale existentielle Haltung repräsentiert eine her-metische unkritische Haltung (oder „Bestimmung des Seins“) gegenüber Beweisen, wohingegen die Aufrichtigkeit eine offene, kritische Haltung oder „Bestimmung des Seins“ gegenüber Beweisen einschliesst. Wie wir gesehen haben, missbraucht die Unaufrichtigkeit den Glauben, indem sie von der Unmöglichkeit eines „vollkommenen Glaubens“, sowie von der Ambiguität und dem selbstzerstörerischen Potential jedes Glaubens profitiert. Indem sie sich „zweigesichtige“, zweideutige Begriffe aus-denkt und einen kritischen Beweis umgeht, erlaubt sie sich selbst, durch unkritische und selektive Beweise „überredet“ zu werden. Aber obwohl Aufrichtigkeit, wie alles Bewusstsein, den ontologischen Wunsch des Be-wusstseins nach Vervollständigung (z. B. nach der Fülle des Seins) und die Disposition zu einer „unerschütterlichen Standhaftigkeit im Glau-ben“ teilt, verfolgt sie doch nicht dieses „Ideal“ des Seins; sie benutzt auch nicht die Unmöglichkeit, den perfekten Glauben zu erreichen, als Ausrede, um „ungerechtfertigten Glauben“ als überzeugend zu akzep-tieren. Mit anderen Worten: Obwohl das Aufrichtigkeits-Bewusstsein, wie jeder Glaube, das Ideal des „vollkommenen Glaubens“ teilt – weil es von Geburt an der Selbst-Koinzidenz oder dem Füllen des „Loches im Sein“ zuneigt –, so beutet es doch nicht die Unmöglichkeit aus, das Ziel zu erreichen, oder flieht vor dieser Unmöglichkeit: Das Aufrichtigkeits-bewusstsein duldet nicht, wie die Unaufrichtigkeit, dass stillschweigend unangenehme „Wahrheiten“ oder die Angst vor einem „beunruhigten“

Bewusstsein ausser Reichweite verlegt werden. Deshalb sollte Aufrich-tigkeit nicht einfach als ein Fall von UnaufrichAufrich-tigkeit angesehen werden.

Ich habe in dieser gedrängten Gegenüberstellung den Akzent auf das gelegt, was ich epistemologische Aufrichtigkeit nenne. Diese kurzen Kom-mentare sollten jedoch schon andeuten, dass Aufrichtigkeit – ebenso wie Unaufrichtigkeit – auch ontologisch betrachtet werden kann. Tatsächlich kann von der epistemologischen Aufrichtigkeit gesagt werden, sie wurzle in einer „unmittelbaren Haltung“, die wir angesichts unseres Seins einneh-men, das heisst, angesichts unserer mehrdeutigen Freiheit oder unseres

„beunruhigten“ Bewusstseins. Trotz einiger Aussagen Sartres, die sugge-rieren (und auch oft in dieser Bedeutung verstanden werden), dass man die Unaufrichtigkeit an der Wurzel der Aufrichtigkeit finde, dass Bewusstsein Mangel sei und die Vervollständigung intendiere, sollte man erkennen, dass das Bewusstsein für Sartre frei ist, beides zu tun; es kann vor seinem Über-lassensein an die Freiheit und die Verantwortung fliehen, oder es kann diesen Umstand akzeptieren. Das letztere würde natürlich die ontologi-sche Haltung der Aufrichtigkeit konstituieren. Im Gegensatz zur

Unauf-83 4 „Unaufrichtigkeit“

richtigkeit akzeptiert die Aufrichtigkeit präreflexiv die Mehrdeutigkeit des Bewusstseins.4

Kurz: Trotz Sartres Pessimismus und Ambivalenz in Hinsicht auf die Möglichkeit der Aufrichtigkeit behaupte ich, dass der Begriff der Aufrich-tigkeit in Sartres Buch Das Sein und das Nichts zu retten ist. Man darf das jedoch nicht so interpretieren, als betrachte ich Aufrichtigkeit im Sinne Sartres als eine „Haltung“ der Befreiung vom ursprünglichen Entwurf oder von der „natürlichen Haltung“ der Unaufrichtigkeit. Obwohl ich tatsächlich glaube, dass Sartres Philosophie eine Befreiung aus der Hölle der mit der Unaufrichtigkeit verbundenen „natürlichen“ und (für Sartre) präreflexiven Verfolgung der Selbst-Koinzidenz und des Seins verschafft („la poursuite de l’Être c’est l’enfer“ – Cahiers 42), halte ich aufrecht – und Francis Jeansons „anerkannte“ Interpretation würde mich hier gewiss un-terstützen (Jeanson 1965) – dass diese Befreiung nur durch eine gewollte reflexive „radikale Konversion“ zu einer „neuen“ moralischen Haltung und Lebensweise zustandekommt, in der ich beschliesse, die spontane, mehr-deutige und beunruhigende Freiheit, die ich bin, zu bejahen, zu schätzen und zu leben. Diese Art von Befreiung nennt Sartre Authentizität. Obwohl Interpreten von Sartre – und manchmal Sartre selbst5 – zu oft die sartre-schen Kategorien der Authentizität und der Aufrichtigkeit verschmolzen haben, unterstützen Sartres Tagebücher und die Cahiers pour une morale, zusammen mit einigen Fussnoten in Das Sein und das Nichts (z. B. SN 159;

EN 111), glaube ich, mein Beharren darauf, dass sie nicht gleichgesetzt werden sollten. Die Leser müssen jedoch für meine vollständige Argumen-tation an anderer Stelle nachsehen (Santoni 1995, Kap. 6 und 7).6

Aus dem Englischen übersetzt von Peter Mosberger.

4 Für meinen detaillierten Versuch, Sartres Konzept der „Aufrichtigkeit“ zu rekonstruieren und zu retten, vgl. Santoni 1995, vor allem die Kapitel 4 und 6. In diesem Werk lege ich auch dar, welchen Punkten der Analyse des amerikanischen Kommentators Joseph Catalano ich zustimme oder bei welchen ich Einwände habe. Vgl. Santoni 1997/1, vor allem 83–5.

5 In seiner Konklusion in Das Sein und das Nichts, in Der Existentialismus ist ein Humanismus und in Überlegungen zur Judenfrage scheint Sartre diese Begriffe zu verwechseln und/oder sie austauschbar zu verwenden.

6 Um einen Vorgeschmack meines Arguments zu erhalten, seien die Leser darauf hingewiesen, dass Sartre in Cahiers pour une morale z. B. sagt, dass die Authentizität als „eine Weise, sich selbst und für sich selbst zu sein […] die Dialektik der Ehrlichkeit und der Unaufrichtigkeit transzendiert“ (490, Eigenübers.).

Literatur

Catalano, Joseph 1996: Good Faith and Other Essays. Perspectives on Sartrean Ethics, Lan-ham, Rowman and Littlefield Publishers.

Detmer, David 1998: unpublizierter detaillierter Kommentar zu Bad Faith, Good Faith, and Authenticity in Sartre‘s Early Philosophy anlässlich einer ‚Author Meets Critics‘-Session;

American Philosophical Association, Los Angeles, Ca., 28. März 1998.

Eshleman, Matthew 2008: „The Misplaced Chapter on Bad Faith, or Reading Being and Nothingness in Reverse,“ Sartre Studies International, Vol. 14, No. 2, 1–22.

Eshleman, Matthew 2008: „Bad Faith is Necessarily Social,“ Sartre Studies International, Vol. 14, No. 2, 40–47.

Jeanson, Francis 1965: Le problème moral et la pensée de Sartre, Paris, Seuil.

Kaufmann, Walter (Hrsg.) 1954: The Portable Nietzsche, New York, The Viking Press.

Monasterio, Xavier 1997: „Santoni on Bad Faith and Sincerity. A Vindication of Sartre“, in:

Sartre Studies International, 3, Issue 2, 52–61.

Morris, Phyllis 1992: „Sartre on the Self-Deceiver’s Translucent Consciousness“, in: Journal of the British Society of Phenomenology, 23, No. 2, 103–19.

Morris, Phyllis 1997: „Review of Bad Faith, Good Faith, and Authenticity in Sartre’s Early Philosophy“, in: Man and World, 30, 115–22.

Nietzsche, Friedrich 1954: „The Anti-Christ“, in: The Portable Nietzsche. Selected and trans-lated by Walter Kaufmann, New York, The Viking Press, 565–656.

Santoni, Ronald E. 1990: „The Cynicism of Sartre’s ‚Bad Faith‘“, in: International Philosophi-cal Quarterly, 30, No. 1, 1–15.

Santoni, Ronald E. 1995: Bad Faith, Good Faith, and Authenticity in Sartre’s Early Philosophy, Philadelphia, Temple University Press.

Santoni, Ronald E. 1997: „Towards a Mature Sartrean Ethics. On Catalano’s ‚Sketch‘“, in:

Sartre Studies International, 3, Issue 1, 82–94.

Santoni, Ronald E. 1997: „On Monasterio’s ‚Vindication‘ of Sartre“, in: Sartre Studies Inter-national, 3, Issue 2, 63–71.

Santoni, Ronald E. 2004: „Mauvaise Foi,“ in Dictionnaire Sartre, F. Noudelman and G. Phi lippe, eds., Paris, Honoré Champion.

Santoni, Ronald E. 2005: „The Bad Faith of Violence – and Is Sartre in Bad Faith Regarding it?“ Sartre Today: A Centenary Celebration, A. Van den Hoven and A. Leak, eds., New York and Oxford, Berghahn Books. Also in Sartre Studies International, Vol. 11, No. 2, 62–77.

Santoni, Ronald E. 2008: „Is Bad Faith Necessarily Social?“, Vol. 14, No. 2, 23–39.

Santoni, Ronald E., Forthcoming 2014: L’ Omniprésence de la mauvaise foi dans l’ œuvre de Sartre – et son influence rétentissante,“ in L’ Actualité de Jean-Paul Sartre: philosophie, littérature, politique, Lazzari Alessandro, ed., Presses Universitaires de Rennes.

Das Kapitel über „Die unmittelbaren Strukturen des Für-sich“, das den zweiten Teil von Das Sein und das Nichts eröffnet, ist in zweifacher Hin-sicht interessant:

– Indem Sartre die Ergebnisse seiner Arbeit über die Phänomenologie einbringt, präsentiert er hier (mehr oder weniger überzeugend) die Umrisse seiner Theorie des Subjekts.

– Ausserdem beleuchtet das Kapitel, in dem Masse wie es die durch den Beitrag der Phänomenologie erneuerte Theorie des Subjekts entwi-ckelt, zum ersten Mal auch die philosophisch letzten Gründe von Sartres markantem Interesse am Problem der Moral.

Es ist bekannt, dass Sartre auf den letzten Zeilen des Buches ein „nächstes Werk“ ankündigt, in dem sich die Fragestellung „auf das Gebiet der Moral“ verschieben sollte: Die Ontologie, die er ausgearbeitet habe (im Sinne, dass Das Sein und das Nichts ganz der Unterscheidung zweier Arten des Seins – dem An-sich der Dinge und dem Für-sich der „menschlichen-Realität“ – gewidmet war), zeige den Menschen tatsächlich (erklärt er in dieser Schlusspassage), dass es in ihrem Sein selbst eine moralische Problematik gebe, da der Mensch das Wesen sei, „durch das die Werte existieren“, insofern „seine Freiheit die einzige Quelle des Wertes“ sei.

Er legitimiert diese keinen Widerspruch duldende Behauptung und das daraus resultierende Programm auf einigen sehr schwierigen Seiten dieses Kapitels unter dem Titel: „Das Für-sich und das Sein des Wertes“

(SN 181 ff.; EN 127 ff.). Um diese Legitimation zu verstehen, ist es gleich-wohl notwendig, diese Seiten (wie es hier versucht werden soll) wieder in ihren Kontext zu stellen; ebenso das Kapitel über „Die unmittelbaren

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