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2 Literaturübersicht

2.5 Epidemiologie

2.5.1 Natürliche Reservoire

Der Erreger wird in einer Vielzahl von Quellen gefunden. Vornehmlich handelt es sich aber um den Verdauungstrakt von warmblütigen Lebewesen. Für C. jejuni und C. coli scheint eine besondere Adaptation an Vögel zu bestehen. Das lässt sich mit den hohen Prävalenzraten im Darminhalt dieser Tiere und der optimalen Wachs-tumstemperatur von 42 °C erklären (SKIRROW 1994). Es wurden aber auch Nach-weise in Oberflächengewässern geführt. Zu berücksichtigen ist dabei, dass Campylobacter auch bei klinisch gesunden Menschen und Tieren nachgewiesen wurde, die somit latente Träger darstellen (TEUFEL 1983).

2.5.1.1 Umwelt

Das Vorkommen von Campylobacter in der Umwelt wurde durch Nachweise in Gewässern geführt. Regelmäßig wird von Campylobacter-Nachweisen in Ober-flächengewässern berichtet. Untersuchungen in den Niederlanden ergaben Campylobacter-Nachweise in 24 von 26 analysierten Flusswasserproben mit Mengen von 0,2 bis 24 MPN pro 100 ml. Auch Untersuchungen von sechs Badeseen erbrachten Nachweisraten von 58 bis 92 % mit MPN-Werten von 0,2 bis 160 pro 100 ml. Eine Speziesbestimmung mittels PCR ergab 48 % C. coli, 29 % C. lari und 23 % C. jejuni (n = 222) (JACOBS-REITSMA et al. 2003).

SAVILL et al. (2001) wiesen in 60 % der untersuchten 42 Flusswasserproben Campylobacter nach, wobei auch hier C. coli und C. lari häufiger als C. jejuni waren.

MOORE et al. (2001) fanden sogar 87,5 % Campylobacter-positive Flusswasser-proben. In einer Studie von BROWN et al. (2004) wurde ein 10 km2 großer Bereich in der ländlichen Gegend von Cheshire (United Kingdom) auf das Vorkommen von thermophilen Campylobacter aus unterschiedlichen Probenmaterialien aus der Umwelt untersucht wie Wildtierfäzes, Wasser und Erde. Dieser Landstrich wurde vornehmlich zur extensiven Rinderhaltung mit ca. 70 Betrieben und für Freizeit-aktivitäten genutzt. In den untersuchten Proben konnten C. jejuni, C. coli und C. lari

nachgewiesen werden. Dabei stammten 15 % (C. jejuni), 17 % (C. coli) bzw. 5 % (C. lari) der gewonnenen Isolate aus Wasserproben.

Untersuchungen von Wasserproben zu verschiedenen Jahreszeiten zeigten saisonale Unterschiede. So wurden höhere Nachweisraten von Campylobacter im Winter als im Sommer bestätigt (BOLTON et al. 1987, JONES et al. 1990, OBIRI-DANSO u. JONES 1999). Dies lässt darauf schließen, dass das Vorkommen von Campylobacter in Oberflächengewässern von der Umgebungstemperatur und der Sonneneinstrahlung bzw. der damit einhergehenden UV-Strahlung beeinflusst wird.

Eine Inaktivierung von C. jejuni und C. lari erfolgt bei einer Lichteinstrahlung vergleichbar mit der Intensität an einem sonnigen Junitag innerhalb von 30 Minunten.

Bei Dunkelheit hingegen ist die Überlebensrate temperaturabhängig. Während bei 37 °C schon nach 12 Stunden keine Campylobacter mehr nachweisbar waren, konnten bei 4 °C noch bis zu fünf Tagen später Campylobacter angezüchtet werden (OBIRI-DANSO et al. 2001).

Während Flüsse und Badeseen regelmäßig kontaminiert sind, ist der Nachweis in Grundwasser oder Brunnenwasser eher selten (BRENNHOVD et al. 1992, MOORE et al. 2001).

2.5.1.2 Säugetiere

Auch in der Tierwelt ist Campylobacter weit verbreitet. Bereits Anfang des 20.

Jahrhunderts gab es Berichte über Aborte bei Rind und Schaf, bei denen der Nachweis auf Campylobacter-verdächtige Erreger geführt wurde (MCFADYEAN u.

STOCKMANN 1913). Inzwischen ist das Ausmaß der Campylobacteriose als Zoonose bekannt geworden. Insbesondere für C. jejuni können viele Tierarten als Reservoir für den Menschen angesehen werden wie Nagetiere, Wildvögel, Schafe, Pferde, Rinder, Schweine, Geflügel und auch Haustiere (NACHAMKIN 2001).

Eine Reihe verschiedener Campylobacter spp. wurde bei Rindern nachgewiesen.

ATABAY und CORRY (1998) fanden bei Untersuchungen von Kotproben gesunder Rinder C. jejuni, aber vor allem auch C. hyointestinalis, C. fetus und C. sputorum.

Einige Tiere waren mit mehr als einer Campylobacter-Spezies besiedelt. Die Nachweisraten lagen in drei untersuchten Herden zwischen 37 und 81 %.

GIACOBONI et al. (1993) isolierten ebenfalls verschiedene C. ssp. (C. jejuni, C.

hyointestinalis, C. fetus ssp. fetus) aus Kot von Kälbern und Rindern und zeigten, dass Kälber im Alter von unter einem Jahr mit 97,1 % höher belastet waren als die Rinder (46,7 %). Weitere Prävalenzangaben ausgewachsener Kühe aus Norwegen, Portugal, Japan, Dänemark und den USA hatten Werte zwischen 0,8 und 46,7 % (ROSEF et al. 1983, CABRITA et al. 1992, GIACOBONI et al. 1993, WESLEY et al.

2000, HOAR et al. 2001, NIELSEN 2002). GARCIA et al. (1985) untersuchten Schlachtrinder und fanden bei 50 % der Tiere Campylobacter. STANLEY et al.

(1998) wiesen sogar bei 89,4 % der untersuchten Schlachtrinder Campyolobacter im Darminhalt nach. Weiterhin zeigten sie in einem Untersuchungsverlauf von zwei Jahren eine saisonale Schwankung mit zwei Peaks, einem im Frühjahr und einem im Herbst. Die saisonalen Schwankungen fielen dabei mit einem Haltungswechsel zusammen, wenn die Tiere im Frühjahr auf die Weiden und im Herbst zurück in die Stallungen getrieben wurden, so dass ein Wechsel in der Ernährung und Tränkung der Tiere als verantwortlich für dieses Phänomen angenommen werden konnte (STANLEY u. JONES 2003). Eine ähnliche Häufung Campylobacter-positiver Kühe in den Monaten im Sommer und Herbst konnten HANNINEN et al. (1998) feststellen.

Im Winter, wenn die Trinkwasserversorgung über das gechlorte städtische Wasser erfolgte, waren die Nachweisraten von Campylobacter niedriger. Im Sommer jedoch tranken die Tiere aus einem See, in dem häufiger C. jejuni nachgewiesen wurde.

Weitergehende Untersuchungen mit PFGE zeigten, dass ein konstant infiziertes Tier den See kontaminiert haben musste, da dies das einzige Profilmuster war, das in den darauf folgenden Monaten bei isolierten Campylobacter festgestellt wurde. Zu einem späteren Zeitpunkt konnte dieses Isolat auch bei anderen Tieren der untersuchten Herde festgestellt werden.

HUMPHREY und BECKETT (1987) stellten fest, dass 10 von 12 untersuchten Herden Campylobacter ausschieden. Diese positiven Herden hatten Zugang zu Flusswasser, wogegen die negativen Herden mit Leitungswasser getränkt wurden.

Dies zeigt die Bedeutung ständiger Ausscheider und die Rolle der Wasser-versorgung in der Übertragung von Campylobacter innerhalb einer Rinderherde.

Neben latenten Trägern von Campylobacter gibt es auch Berichte über Infektionen mit Krankheitsfolge bei Rindern. Eine bedeutende Erkrankung ist die als Tierseuche gemaßregelte Deckinfektion der Rinder (Deckinfektionen-Verordnung der Rinder), verursacht durch C. fetus ssp. venerealis, die durch Zuchtbullen übertragen wird.

C. fetus ssp. fetus verursacht sporadische Aborte bei Kühen (MACLAREN u.

WRIGHT 1977, BAWA et al. 1991, HUM et al. 1994, CAMPERO et al. 2003, GIVENS 2006). Auch für andere Campylobacter spp. sind Erkrankungsfälle beim Rind beschrieben worden. Sie können Enteritiden bei Kälbern mit teilweise tödlicher Folge nach sich ziehen oder sind aber ebenfalls die Ursache für Aborte bei Kühen (AL MASHAT u. TAYLOR 1983, WELSH 1984, DIKER et al. 1990, STEINER et al. 1997).

Dennoch geben einige Autoren an, dass Campylobacter spp. als normale Darmflora des Rindes angenommen werden sollten, da Campylobacter bei kranken wie auch gesunden Kälbern gleichermaßen häufig isoliert werden konnte (SNODGRASS et al.

1986, BUSATO et al. 1999).

Campylobacter werden zu einem hohen Prozentsatz bei gesunden Schweinen nachgewiesen. Insbesondere C. coli ist die am häufigsten identifizierte Spezies bei dieser Tierart und gilt als normaler Darmbewohner des Schweins (NIELSEN et al.

1997, HARVEY et al. 1999, ALTER et al. 2005). Die Prävalenz von Campylobacter beim Schwein am Ende der Mast wird mit 85 % angegeben (WEIJTENS et al. 1993).

GEBREYES et al. (2005) untersuchten Schweine aus Betrieben, in denen keine antimikrobiellen Substanzen zur Therapie oder als Leistungsförderer eingesetzt wurden. Bei den Untersuchungen wurden ausschließlich C. coli gefunden, die Nachweisraten lagen bei 55,8 % zum Ende der Mast und bei 26 % zum Zeitpunkt der Schlachtung. Bei der Untersuchung von Schlachtschweinen in den Niederlanden fanden OOSTEROM et al. (1985) 79 % positive Tiere. Die erhaltenen Isolate waren alles C. jejuni, was zeigt, dass neben C. coli auch andere C. spp. bei dieser Tierart isoliert werden können. Die untersuchten Tiere waren gesunde Träger von Campylobacter. Ähnlich hohe Prävalenzen fanden HARVEY et al. (1999) und

konnten bei 70 bis 100 % der untersuchten Schweine Campylobacter spp.

nachweisen, dabei war C. coli im Mittel mit 60 % die am meisten isolierte Spezies.

C. jejuni wurde im Mittel mit 31 % isoliert. NIELSEN et al. (1997) hingegen gaben eine Campylobacter-Prävalenz von nur 46 % für Schlachtschweine an, mit einem C. coli-Nachweis von 95 %.

Neben den bekannten Reservoiren für Campylobacter mit epidemiologischem Zusammenhang zu Erkrankungen des Menschen gibt es auch einige Berichte über das Vorkommen bei Hund und Katze. So wurde zu Beginn der 80er Jahre ein Zusammenhang zwischen Infektionen mit C. jejuni durch den engen Kontakt mit an Durchfall erkrankten Welpen vermutet (BLASER et al. 1980b). SKIRROW (1981) beschrieb die Prävalenz bei gesunden Hunden und Katzen mit 49 bzw. 45 % für Streuner. Bei Haustieren war sie mit 1,6 % niedriger. Ein geringer Anteil dieser Tiere kann mit einer dem Menschen vergleichbaren Symptomatik erkranken. Auch er sah die Übertragung der Erkrankung auf den Menschen und vornehmlich auf Kinder durch den Umgang mit erkrankten Tieren als gegeben an und vermutete, dass etwa 5 % der humanen Campylobacteriosen von der Übertragung durch Hunde stammte.

FLEMING (1983) fand einen deutlichen Unterschied in der Campylobacter-Prävalenz bei Hunden mit Diarrhö (11,7 %) und ohne (1,6 %). Andere Autoren zeigten Campylobacter-Isolierungsraten bei Hund und Katze von bis zu 46,9 %. Nicht immer waren auch Krankheitssymptome mit der Ausscheidung verbunden. Ein signifikanter Unterschied wurde vornehmlich bei Hunden unter 12 Monaten festgestellt, wo die Erkrankungshäufigkeit höher war. Zudem stellte sich heraus, dass C. upsaliensis bei Hunden und Katzen sowie C. helveticus bei Katzen neben C. jejuni zu einem erheblichen Anteil isoliert werden können (BURNENS et al. 1992, HALD u. MADSEN 1997, STEINHAUSEROVA et al. 2000, WIELAND et al. 2005, WORKMAN et al.

2005).

2.5.1.3 Wildvögel

Eine große Bedeutung als Reservoir und für den Eintrag von Campylobacter in Nutztierbestände haben Wildvögel (KAPPERUD u. ROSEF 1983, GREGORY et al.

1997, CRAVEN et al. 2000, STANLEY u. JONES 2003). Dabei ist eine ganze Reihe von Wildvogelarten als Träger von Campylobacter spp. identifiziert worden.

LUECHTEFELD et al. (1980) wiesen bei 35 % untersuchter Zugenten C. jejuni nach.

PACHA et al. (1988) konnten die große Bedeutung unterschiedlicher Wasservögel als Träger von C. jejuni aufzeigen: Bei Kranichen und Enten lag die Nachweisrate bei 81 bzw. 73 %, bei Gänsen jedoch nur bei 5 %. In einer groß angelegten Studie zur Untersuchung verschiedener Zugvogelarten auf das Vorhandensein von Campylobacter in Schweden wurde gezeigt, dass die tatsächliche Prävalenz von vielen ökologischen und phylogenetischen Faktoren abhängig war und eine große Variabilität aufwies, was die Einschätzung der grundsätzlichen Bedeutung von Wildvögeln allgemein als Reservoir und auch als Vektor erschweren kann. Von 1.794 untersuchten Zugvögeln konnte C. jejuni bei 5,0 % der Vögel nachgewiesen werden und C. lari bei 5,6 %, C. coli nur bei 0,9 % (WALDENSTROM et al. 2002).

Für den Eintrag von C. lari in die Umwelt und insbesondere in Oberflächengewässer scheinen Seemöwen eine große Bedeutung zu haben, da gerade bei dieser Vogelart C. lari und UPTC isoliert wurden (SKIRROW u. BENJAMIN 1980a, FRICKER et al.

1983, KANEKO et al. 1999, MOORE et al. 2002). MOORE et al. (2002) erklärten die Möwe als einzige warmblütige Spezies mit UPTC-Nachweis und vermuteten, dass die ernährungsbedingt erhöhte Freisetzung von Harnstoff eine Besiedlung des Darms mit Urease-positiven Bakterien ermöglicht.

Da die mit Campylobacter besiedelten Vögel in der Regel gesund sind, werden Campylobacter als normaler Bestandteil der intestinalen Flora angesehen (KAPPERUD u. ROSEF 1983, PACHA et al. 1988, WALDENSTROM et al. 2002).