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2 Literaturübersicht

2.3 Das Bakterium

2.3.4 Differenzierung

2.3.4.3 Molekularbiologische Differenzierungsmethoden

Um dem relativ hohen Aufwand der Serotypisierung zu entkommen, wurde versucht, einfachere Alternativverfahren zu entwickeln, die eine sichere Typisierung und breite Verfügbarkeit ermöglichen. In einer Übersicht von WASSENAAR und NEWELL (2000) wurden geeignete Methoden der Genotypisierung vorgestellt. Dabei handelte es sich um fla-Typing (Flagellin Typing), PFGE (Pulsfeldgelelektrophorese),

Ribotyping, RAPD (Random Amplified Polymorphic DNA), AFLP (Amplified Fragment Length Polymorphism), PCR-RFLP (Restriction Fragment Length Polymorphism) und die Nucleotid Sequenzierung. Anwendung finden diese Methoden in der Aufdeckung der gewaltigen Vielfalt verschiedener Campylobacter-Genotypen und bei der Klärung epidemiologischer Zusammenhänge (OWEN et al. 1994, ON et al. 1998, STEELE et al. 1998, SIEMER et al. 2005). Nur so sind die komplexen Beziehungen zwischen der Herkunft, der Aus- und Weiterverbreitung der verschiedenen an Krankheits-ausbrüchen beteiligten Spezies nachvollziehbar, was Interventionsmaßnahmen ermöglicht. Tabelle 2 gibt eine Übersicht über die Eigenschaften der wichtigsten Typisierungsmethoden für Campylobacter.

Tabelle 2: Vergleich der Eigenschaften unterschiedlicher molekularbiologischer Typisierungsmethoden nach WASSENAAR und NEWELL (2000).

Methode

Diskriminie- rungsfähigkeit Typisierbarkeit (%) Reprodu- zierbarkeit Empfind- lichkeit (genetische Instabilität) Zeitaufwand Kosten

fla-Typisierung mäßig 100 gut ja < 1 T niedrig

PFGE gut 100 gut ja 3 - 4 T durchschnittlich

Ribotypisierung schwach 100 gut ja 3 - 4 T durchschnittlich RAPD durchschnittlich ~ 80 niedrig ja < 1 T niedrig

AFLP gut 100 gut nein 2 – 3 T durchschnittlich

Flagellin-Typisierung

Campylobacter besitzen zwei Flagellin-Gene, flaA und flaB (NUIJTEN et al. 1990).

Die fla-Typisierung macht sich die zwei Flagellin-Gene von Campylobacter zu Nutze, die aus konservativen und variablen Regionen bestehen. Dabei wird ein PCR-Produkt mittels RFLP analysiert (MEINERSMANN et al. 1997). Das Vorhandensein konservativer Regionen hat den Vorteil einer festen Primerwahl, während durch die variablen Regionen ein spezifisches Fingerprinting möglich ist. Ein mit spezifischen Primern generiertes PCR-Produkt wird in Folge mit Restriktionsenzymen geschnitten.

Die im Gel generierten Banden erlauben einen Vergleich der Isolate und ermöglichen die Feststellung von Stammunterschieden. Mit dieser Methode sind sowohl C. jejuni und C. coli typisierbar, aber auch bei C. lari und C. helveticus konnte die fla-Typisierung erfolgreich angewandt werden (OWEN et al. 1993). Obwohl das Verfahren relativ einfach und kostengünstig durchführbar ist und die Ergebnisse gut in elektronische Datenbanken integriert werden können, ist eine übergreifende Vergleichbarkeit wegen der geringen interlaboratoriellen Übereinstimmung der Methode (sieben Verfahren sind derzeit in der Nutzung) nur schwer möglich (WASSENAAR u. NEWELL 2000).

PFGE

Bei der Pulsfeld-Gelelektrophorese (PFGE) werden Bakterien in ein Gel eingebettet und die chromosomale DNA mit Restriktionsendonukleasen geschnitten. Blöckchen aus Agarose, in denen die DNA-Fragmente enthalten sind, werden in ein Agarosegel eingesetzt. Eine wechselnde, aus unterschiedlichen Richtungen angelegte Spannung führt zu einer Auftrennung der Fragmente und zur Bildung abgegrenzter Banden. Die aus den Banden entstandenen Profile untersuchter bakterieller Isolate werden auf Übereinstimmungen und Unterschiede verglichen und können so zur Klärung epidemiologischer Zusammenhänge herangezogen werden (TENOVER et al. 1995).

Früh zeigte sich dabei auch die Eignung zur Typisierung von C. jejuni und C. coli in epidemiologischen Fragestellungen (YAN et al. 1991, SUZUKI et al. 1993). Bei einigen C. jejuni-Stämmen mit DNAse-Aktivität wird die DNA bereits während der Bearbeitungsschritte vor der Elektrophorese abgebaut, diese Stämme sind dann nicht mehr typisierbar. Um das zu verhindern, wird ein zusätzlicher Behandlungs-schritt mit Formaldehyd zur Fixierung der Zellen empfohlen (GIBSON et al. 1994).

Ribotyping

Die Ribotypisierung nutzt die im Campylobacter-Genom enthaltenen Kopien der ribosomalen RNA (5s, 16s und 23s). Diese Abschnitte zeigen stark konservative Kernregionnen mit variablen Randbereichen (GRAY et al. 1984). Damit eignen sie sich für den Einsatz in Typisierungsverfahren. Verdaute genomische DNA wird dabei

nach Elektrophorese im Southern-Blot mit spezifischen rRNA-Sonden hybridisiert.

Die epidemiologisch wichtigen Campylobacter-Spezies C. jejuni, C. coli, C. laridis, C. fetus und C. upsaliensis konnten mit diesem Verfahren typisiert werden und zeigten charakteristische Banden (MOUREAU et al. 1989). Dabei stellte diese Methode ihre Vorteile auch bei phänotypisch schlecht differenzierbaren Spezies unter Beweis (KIEHLBAUCH et al. 1991).

RAPD

Bei der Random-Amplified-Polymorphic-DNA-Methode werden reproduzierbare Profile erstellt, ohne dass zuvor eine DNA-Isolierung erforderlich wäre. Dies wird durch den Einsatz mehrerer kurzer zufällig generierter 10-mer-Primer erreicht. Das Verfahren hat sich auch für die Typisierung von Campylobacter als erfolgreich gezeigt (MAZURIER et al. 1992, HERNANDEZ et al. 1995). Eine Schwäche dieses Verfahrens ist jedoch die geringe Reproduzierbarkeit, die die Vorteile der kosten-günstigen Durchführung und des hohen Diskriminierungpotentials abschwächen kann. Zudem ist die Interpretation sehr subjektiv (WASSENAAR u. NEWELL 2000).

AFLP

Bei dieser Methode wird die gesamte genomische DNA mit zwei Restriktions-enzymen verdaut und anschließend ein PCR-Produkt generiert. Die eingesetzten Primer werden markiert, und so lassen sich die entstandenen Produkte nach einer Gelektrophorese als Banden darstellen. Die Bezeichnung AFLP sollte nicht als eine synonyme Abkürzung für die Untersuchung auf Fragmentlängen-Polymorphismen verstanden werden, da das Verfahren nicht Fragmentlängen bestimmt, sondern das Vorhandensein oder Fehlen von Restriktionsschnittstellen nachweist. Die Methode wurde ursprünglich intensiv zur genetischen Untersuchung von Pflanzen eingesetzt, konnte aber ihre Eignung auch bei der Typisierung von Bakterien zeigen (VOS et al.

1995, HUYS et al. 1996). Dieses Verfahren konnte bisher sowohl für C. jejuni als auch für C. coli zur Klärung epidemiologischer Zusammenhänge genutzt werden (SIEMER et al. 2005, WIELAND et al. 2005).

Vergleichsuntersuchungen der verschiedenen molekularbiologischen Verfahren konnten die Vor- und Nachteile für die Typisierung von Campylobacter aufzeigen und damit herausstellen, welche Methode für die jeweilige Fragestellung am geeignetsten ist. NIELSEN et al (2000) erarbeiteten eine Bewertung und Einordnung von phänotypischen und genotypischen Typisierungsverfahren zur Untersuchung von 90 C. jejuni-Isolaten unterschiedlicher Herkunft (Humanisolate, Isolate von Geflügel und Rindern). Einige Isolate standen mit einem Erkrankungsausbruch im Zusammen-hang. Die Ergebnisse hinsichtlich der Diskriminierungsfähigkeit (D-Index) zeigten, dass die klassische Serotypisierung nach Penner die geringste Unterscheidungskraft hatte (D-Index 0,868) und somit den genotypischen Verfahren unterlegen war.

Riboprinting (D-Index 0,945) und fla-RFLP (D-Index 0,960) lagen im Mittelfeld. RAPD und PFGE konnten die untersuchten 80 C. jejuni-Stämme in 56 bzw. 50 verschiedene Typen einteilen (D-Index 0,984, 0,974) und waren die Methoden mit dem höchsten Diskriminierungspotential. Die Typisierbarkeit lag für alle genutzten Verfahren bei 100 %. In der Untersuchung zeigte sich weiter, dass die hoch diskriminierenden Methoden in der Regel weitere Unterteilungen der Typen aus schwächer diskriminierenden Verfahren erbrachten. Allerdings bestand zwischen den Typen der RAPD als auch der PFGE nur eine Übereinstimmung von 60 %. Dies lag in den unterschiedlichen Prinzipen begründet, die hinter den beiden Methoden stehen, so dass Unterschiede möglich sind. Die Verwendung der Restriktionsenzyme mit unterschiedlichem Schnittverhalten (KpnI > SmaI) in der PFGE hatte bspw. einen Einfluss auf die Anzahl erhaltener Subtypen. Insgesamt zeigte sich aber ein hierarchischer Stammbaum hinsichtlich der Subtypen mit einer steigenden Unter-teilung von den schwächer diskriminierenden Methoden zu denen mit einem hohen Unterscheidungspotential. Alle Verfahren waren in der Lage, die Ausbruchsisolate korrekt zu identifizieren.

In einer anderen Studie zur Typisierung von C. jejuni und C. coli zeigte die PFGE eine geringgradig höhere Unterteilung gegenüber der RAPD, auch hier war sie jedoch abhängig von den eingesetzten Restriktionsenzymen. Insgesamt zeigten beide Verfahren eine gute Übereinstimmung (ONO et al. 2003). Die hohe Unterscheidungskraft der PFGE gegenüber der fla-Typisierung zeigten auch

FITZGERALD et al. (2001). Die Kombination beider Verfahren aber schien zur Untersuchung hinsichtlich des Schicksals von Campylobacter in der Umwelt am sinnvollsten.

Ein Problem bei der Typisierung von Campylobacter kann die genetische Instabilität des Bakteriums sein. Die genotypischen Verfahren haben dabei eine unterschied-liche Empfindlichkeit gegenüber Veränderungen in der DNA (siehe Tabelle 2, Seite 15). WASSENAAR et al. (1998) wiesen darauf hin, dass Isolate mit unterschiedlichen PFGE-Profilen dennoch klonalen Ursprungs sein können, wie sich beim Vergleich der Isolate mit weiteren Untersuchungsmethoden herausstellte. Diese in der PFGE abweichenden Befunde führten sie auf spontane Mutationen im Campylobacter-Genom zurück und folgerten daher, dass der Einsatz von mindestens zwei Typi-sierungsverfahren erforderlich ist, um eine akkurate Aussage über die Verwand-schaftsgrade treffen zu können. Veränderungen des Genoms wurden auch für das Flagellin-Gen beschrieben, was zu einer begrenzten Nutzbarkeit des fla-Typing auf die Langzeittypisierbarkeit von Campylobacter im Rahmen von Monitoring-Program-men mit sich bringt (HARRINGTON et al. 1997). Bei der AFLP zeigte sich, dass dieses Verfahren bedingt durch seine Analyse über das gesamte Genom weniger anfällig gegenüber Punktmutationen und genetischen Veränderungen ist. Es bedarf jedoch weiterer Untersuchungen, um die Unempfindlichkeit zu klären (DUIM et al.

1999). WASSENAAR und NEWELL (2000) bezeichneten die AFLP als ein viel-versprechendes Mittel, um epidemiologische Zusammenhänge auch auf inter-nationaler Ebene aufzuklären.