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2 Literaturübersicht

2.5 Epidemiologie

2.6.1 Campylobacter in der Broilermast

Die Übertragung von Campylobacter auf das Wirtschaftsgeflügel ist vielfältig und bisher nicht eindeutig geklärt, da viele verschiedene Faktoren eine Rolle spielen. Die vertikale Übertragung über die Ovarien wird weitgehend ausgeschlossen (PEARSON et al. 1993, JACOBS-REITSMA et al. 1995, CHUMA et al. 1997). Jüngere molekularbiologische Untersuchungen weisen jedoch darauf hin, dass dieser Übertragungsweg nicht völlig außer Acht gelassen werden sollte, da verwandte Klone bei Mutterherden und Nachkommen gefunden wurden (COX et al. 2002, HIETT et al. 2003).

Eintagsküken sind somit bei der Einstallung zur Mast Campylobacter-frei und Untersuchungen zeigten, dass die Besiedlung unter Feldbedingungen nach einem Zeitraum von etwa zwei bis vier Wochen stattfindet (NEILL et al. 1984, LINDBLOM et al. 1986, GREGORY et al. 1997, SHREEVE et al. 2000). Dies ist bemerkenswert, da Inokulationsversuche ergaben, dass die Tiere bereits zu einem früheren Zeitpunkt empfänglich für eine Besiedlung mit Campylobacter sind (ACHEN et al. 1998). Für diese so genannte Lag-Phase, in der die Tiere unter Umweltbedingungen nicht kolonisiert werden, scheinen maternale Antikörper verantwortlich zu sein, die einen hemmenden Effekt auf eine Kolonisation vor der zweiten Woche haben (SCHULZE u. ERLER 2002, SAHIN et al. 2003). Ebenso wird der Einfluss einer inhibierenden Wirkung kompetitiver Bakterien diskutiert, die eine Besiedlung mit Campylobacter unterdrücken können. Bei Fütterungsversuchen mit E. coli, Klebsiella pneumoniae

und Citrobacter diversus konnten Hemmeffekte auf die Besiedlung von Küken mit Campylobacter festgestellt werden (SCHOENI u. DOYLE 1992). Wenn die ersten Tiere einer Herde Campylobacter aufnehmen, kommt es selbst mit geringen Dosen von nur 10 KbE innerhalb weniger Tage zu einer massiven Vermehrung der Bakterien im Broilerdarm, wie experimentell ermittelt wurde (NEWELL u.

WAGENAAR 2000). Die Übertragung von Tier zu Tier innerhalb der Herde erfolgt dann sehr schnell, einerseits durch Koprophagie, aber auch durch verschmutzte Einrichtungsgegenstände, Luft und Wasser. Das führt innerhalb weniger Tage zu einer nahezu vollständigen Besiedlung der ganzen Herde (BERNDTSON et al. 1996, EVANS u. SAYERS 2000, SHREEVE et al. 2000), das heißt zu einer Inner-Herden-Prävalenz von 100 %.

Die größte Bedeutung für die Besiedlung von Geflügelbeständen mit Campylobacter wird den horizontalen Übertragungswegen zugesprochen (BULL et al. 2006). Damit sind alle Einflüsse aus der Umwelt gemeint, die zu einem Eintrag in den Bestand führen können.

Mastgeflügel wird heutzutage fast ausschließlich in intensiver Bodenhaltung aufgestallt. Die Stallgebäude sind geschlossene Einheiten mit Zwangsbelüftung und künstlicher Beleuchtung und haben demzufolge nur kleine Öffnungen nach außen.

Die Haltung erfolgt auf einem eingestreuten Betonboden. Damit Campylobacter in diese Gebäude gelangen kann, müssen also Lücken in diesem nahezu geschlos-senen System vorhanden sein. Ein wichtiger Faktor sind dabei das Hygiene-management auf der Farm und die Personalhygiene: Z. B. kann mangelnde Reinigung der Bekleidung eine Kontamination des Bestandes erleichtern (HUMPHREY et al. 1993, BOUWKNEGT et al. 2004). Weitere Faktoren wie die Wasserversorgung (PEARSON et al. 1993), der Zugang von Kleintieren (Schad-nager, Wildvögel) und Insekten werden als Risikofaktoren diskutiert (GREGORY et al. 1997, HALD et al. 2004). Ebenso haben Leerstehzeiten und die Länge der Serviceperiode zwischen den einzelnen Herden maßgeblichen Einfluss auf eine Besiedlung der Folgeherde. Die Wiederbelegung erfolgte bei 50 % der Mastanlagen nach ungefähr 12 Tagen. Für eine Wiederbelegung innerhalb von sechs Tagen konnte ein Odd-Ratio von 1,6 ermittelt werden (WEDDERKOPP et al. 2000).

In einer parallelen Untersuchung der Broilerfarmen wurden zwischen den Herden-durchgängen persistierende Campylobacter-Klone nachgwiesen, die bei späteren Durchgängen wieder in Herden auftauchten. Es wurde vermutet, dass in dem Stall-gebäude oder um das Gebäude herum ständige Reservoire bestanden, die zu einem Eintrag von Campylobacter in die Broilerherden führten. Ein Faktor war die stallnahe Lagerung der alten kontaminierten Einstreu, die mit Fliegen als Vektor eine ständige Quelle darstellen kann (PETERSEN u. WEDDERKOPP 2001).

Die Kenntnis der Eintragswege ist von großer Bedeutung, da mit ihrer Hilfe versucht werden kann, diese Wege im Rahmen eines verbesserten Hygiene-Managements für den Eintritt von Campylobacter zu verschließen und somit die Herdenprävalenz zu senken (VAN DE GIESSEN et al. 1998, RIVOAL et al. 2005).

Die bei Mastgeflügel hauptsächlich isolierbare Campylobacter-Spezies ist C. jejuni, mit Isolierungsraten zwischen 60,3 und 96 %. C. coli ist die zweite regelmäßig isolierte Spezies mit Raten bis zu 18,4 % (EFSA 2006). In einigen Fällen wurden auch C. lari zu einem geringen Prozentsatz bei Broilerherden gefunden. HALD et al.

(2000) wiesen in ihren Untersuchungen C. jejuni zu 87,0 %, C. coli mit 8 % und C. lari mit 5 % bei den untersuchten Broilerherden nach.

Molekularbiologische Differenzierungen mit PFGE zeigten, dass Geflügelherden in der Regel von einer begrenzten Anzahl verschiedener Genotypen besiedelt werden.

HÖÖK et al. (2005) fanden im Laufe einer Mastperiode acht verschiedene C. jejuni-Typen innerhalb einer Herde, die jedoch nicht alle gleichzeitig nebeneinander nachweisbar waren. Ebenso konnten Veränderungen im Laufe der Haltung bis zur Schlachtung festgestellt werden. Daraus wurde gefolgert, dass unter epidemio-logischen Gesichtspunkten bedacht werden sollte, dass die Campylobacter-Besiedlung einer Herde einer natürlichen Dynamik unterworfen ist, die durch genetische Veränderungen der Bakterien selbst, aber auch durch verschiedene Expositionsstadien der Herde bestimmt wird. Die Tendenz der Koexistenz verschiedener Campylobacter-Genotypen innerhalb einer Herde konnte auch in Untersuchungen von PETERSEN et al. (2001) bestätigt werden. Bei einer weiteren experimentellen Studie wurde aber auch gezeigt, dass bestimmte Campylobacter-Stämme in der Lage sind, eine Besiedlung durch weitere Campylobacter-Stämme zu verhindern und

dann innerhalb einer Herde zu dominieren oder andere bereits vorhandene Stämme aus einer vorhergehenden Besiedlung zu verdrängen (KOROLIK et al. 1998).