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2 Literaturübersicht

2.5 Epidemiologie

2.6.2 Transport, Schlachtung, Verarbeitung

2.6.2.2 Campylobacter in der Broilerschlachtung

Während der Schlachtung und Verarbeitung der Broiler kommt es zu einer Kontamination der Schlachtkörper. Dies ist bedingt durch die fäkale Verschmutzung der Anlage von Campylobacter-positiven Herden (BERNDTSON et al. 1992, HERMAN et al. 2003).

Der Schlachtvorgang und die Schlachthygiene haben einen bedeutenden Einfluss auf die Prävalenz und die Zahl der Campylobacter auf dem Fleisch, das den Schlachthof verlässt und in den Handel gelangt.

Schlachthöfe für Geflügel sind in unterschiedliche Funktionsbereiche unterteilt. Eine räumliche Trennung erfolgt in den „unsauberen“ Schwarzen- und den „sauberen“

Weißen-Bereich. Dem Schwarzen-Bereich sind alle Vorgänge zugeordnet, die die Bearbeitung der von außen hereingebrachten Tiere betreffen. Er umfasst die Anlieferungs- und Wartebereiche der Tiere, den Transportkistenwäscher, die Betäubungsanlage, die Entblutungsbahn, die Brühung und die Entfederung. Danach werden die Karkassen in die Bratfertiglinie umgehängt. Häufig werden dabei auch die Ständer abgesetzt. Mit dem Umhängen gelangen die Karkassen in den Weißen-Bereich, in dem verschärfte Hygienerichtlinien gelten. In diesem Bereich erfolgen die

weiteren Schritte der Eviszeration und die Kontrolle durch die amtlichen Fachassistenten. Daran schließt sich die Kühlung an, worauf die Tierkörper entweder als Ganzes verpackt oder aber direkt zerlegt und dann als Teilstücke weiter vermarktet werden (BARKER u. STALS 2004). Der Aufbau eines Geflügel-schlachthofes ist schematisch in Abbildung 2 auf der nächsten Seite dargestellt. Für die Übertragung von Keimen und auch von Campylobacter sind besonders die Schritte der Brühung und Entfederung im Schwarzen-Bereich und die Eviszeration sowie die Kühlung im Weißen-Bereich von Bedeutung (SHANE 1992, BRYAN u.

DOYLE 1995).

Der Schlachtprozess beginnt mit der Betäubung der Tiere, danach werden entweder manuell oder maschinell mit einem Halsschnitt die Gefäße geöffnet und die Tiere durch Blutentzug getötet. Im anschließenden Brühvorgang werden die Tierkörper über einen Zeitraum von zwei bis drei Minuten in heißes Wasser getaucht, um ein Lösen der Federn aus den Follikeln für den folgenden Entfederungsvorgang herbeizuführen.

In der Verarbeitung von Geflügel werden zwei verschiedene Brühverfahren unter-schieden: Das Niedrigbrühverfahren mit Wassertemperaturen zwischen 50 und 53 °C wird hauptsächlich für frisch vermarktetes Geflügelfleisch eingesetzt. Beim Hoch-brühverfahren liegt die Wassertemperatur bei 55 bis 60 °C. Diese Temperaturen führen zu einer stärkeren Schädigung der Epidermis, deshalb wird dieses Verfahren vornehmlich bei gefroren und tiefgefroren vermarktetem Geflügel eingesetzt.

Die Brühung ist ein kritischer Prozess in der Schlachtung, da die Tierkörper den Brühtank stark verschmutzt erreichen. KOTULA und PANDYA (1995) wiesen bis zu Log10 7,5 KbE Campylobacter je Gramm Probenmaterial nach, wobei der Nachweis auf Federn und Brusthaut am höchsten war.

Abbildung 2: Schematische Darstellung einer Broilerschlachtung

Hängen Betäuben Halsschnitt Entbluten

Brühen

1. Geflügelfleischkontrolle Eviszeration

2. Geflügelfleischkontrolle Gewinnung verzehrsfähiger

Organe

(Hals, Herz, Leber, Muskelmagen)

Karkassentrimmer / Innen- Außenwäscher Kühlung

Umhängen in das Zerlegeband

Optional: Zerlegen

Das Brühverfahren gilt daher als bedeutende Kontaminationsmöglichkeit für die durchlaufenden Schlachtkörper (BAKER et al. 1987). Es können zwar Keime von der Oberfläche abgewaschen werden, dennoch kommt es zu einer raschen Umverteilung von Campylobacter auf andere Karkassen, die durch Fäzes der positiven Herden in das Brühwasser eingebracht werden. Ein Teil der Campylobacter kann durch die Brühwassertemperaturen abgetötet werden. Jedoch hat die vorhandene Ver-schmutzung des Wassers mit Federn, Fäzes und Eiweißpartikeln einen schützenden Effekt gegen die Hitzeeinwirkung, so dass Campylobacter im Brühwasser überleben können (BRYAN u. DOYLE 1995). Bei Untersuchungen zum Einfluss der Brühwassertemperaturen konnten OOSTEROM et al. (1983b) eine Reduktion von Campylobacter bei einer Brühtemperatur von 58 °C feststellen. Der Effekt war aber bei einer Temperatur von 51,8 °C in einer parallelen Untersuchung nicht immer feststellbar. WEMPE et al. (1983) fanden dagegen keine signifikanten Unterschiede in der Prävalenz von C. jejuni auf den Endprodukten beim Einsatz verschiedener Brühwassertemperaturen von 49, 53 und 60 °C. Allerdings waren Wasserproben aus dem Tanküberlauf bei 60 °C Campylobacter-negativ.

Die direkte Untersuchung von mit Campylobacter inokulierter Geflügelhaut erbrachte eine höhere Reduktion von Campylobacter bei 60 °C von über zwei Log10-Stufen pro cm2 als bei 50 °C mit weniger als einer Log10-Stufe pro cm2 (YANG et al. 2001).

SLAVIK et al. (1995) stellten hingegen bei 56 °C Brühtemperatur gegenüber Temperaturen von 60 und 52 °C die größte Campylobacter-Reduktion auf Karkassen von sechs bis sieben Wochen alten Broilern fest. Es zeigte sich, dass die Mikrotopographie der Haut unter diesen Bedingungen verändert wurde, was ein Anhaften der Bakterien erschwerte und zu hydrophoben Eigenschaften der Haut führte. Wichtig sei daher für die Auswahl der richtigen Brühkonditionen die Anpassung an das Schlachtalter der Tiere, da bei jüngeren Tieren kein Unterschied zwischen den drei Brühwassertemperaturen in der Wirkung auf die Campylobacter-Reduktion feststellbar war.

Bei der nachfolgenden Entfederung durchlaufen die Karkassen mit rotierenden Gummifingern versehene Maschinen. Dabei werden unter Einsatz großer Mengen von Wasser die Federn von den Karkassen geschlagen und abgespült. In diesem

Zusammenhang kann es zu erheblichen Oberflächenkontaminationen kommen. Es zeigte sich bei Untersuchungen an diesem Prozessschritt, dass es nach der Entfederung zu einem Anstieg von Campylobacter auf den Karkassen kam (IZAT et al. 1988, BERRANG u. DICKENS 2000). Dies liegt an der intensiven mechanischen Behandlung der Tierkörper, in deren Zusammenhang es zum Austritt von Fäzes aus der Kloake kommen kann. Dadurch werden die Rupffinger zusätzlich zu der bereits vorhandenen Kontamination durch die Tierkörperoberflächen verschmutzt, was zu einem Anstieg der Belastung auf den Karkassen nach der Entfederung führt. Die besondere Bedeutung dieses Kontaminationsweges stellten BERRANG et al.

(2001a) heraus. Sie untersuchten das Ausmaß der Kontamination durch den Austritt von Fäzes aus der Kloake, indem sie vergleichend unbehandelte und mit Kloakenstopfen versehene Tierkörper den Entfederungsprozess durchlaufen ließen.

Bei den behandelten Karkassen waren der Nachweis von positiven Brusttupfern sowie die Campylobacter-Keimzahl signifikant niedriger als bei der unbehandelten Kontrolle. WEMPE et al. (1983) wiesen Campylobacter in 94,4 % untersuchter Tropfwasserproben an der Entfederungsmaschine nach und sprachen dem Prozess eine große Bedeutung für Kreuzkontaminationen zu. ATANASSOVA et al. (2003) fanden in ihren Untersuchungen die höchsten Isolierungsraten von Campylobacter in Proben nach der Entfederung.

Im Zusammenhang mit der Eviszeration wird von einem weiteren Anstieg der Oberflächenzahl von Campylobacter auf Broilerkarkassen berichtet (OOSTEROM et al. 1983b, IZAT et al. 1988). BAKER et al. (1987) maßen der Eviszeration die größte Bedeutung für die Kontamination mit Campylobacter zu. In ihren Untersuchungen in drei Schlachthäusern konnten sie einen drei- bis vierfachen Anstieg der Campylobacter-Zahl bei Brusttupfern von Broilern und Enten feststellen. Dieser Anstieg war durch die Kontamination mit Fäzes bedingt. BERRANG et al. (2004) stellten in vergleichenden Untersuchungen bei künstlich mit Fäzes kontaminierten Karkassenhälften den großen Einfluss bereits kleiner Mengen Blinddarminhalts auf den Anstieg der Campylobacter-Zahl auf den Karkassen fest. Sie nutzten Blinddarminhalt mit einem mittleren Campylobacter-Gehalt von Log10 8,1 KbE/g.

Bereits die Inokulation von 50 bis 100 mg je Karkassenhälfte hatte einen

signifikanten Anstieg der Campylobacter-Zahl in den Spülproben zur Folge. Die als Kontrollgruppe nicht inokulierten Karkassenhälften derselben Tiere waren deutlich schwächer mit Campylobacter belastet. Andererseits konnte in einer Untersuchung von ROSENQUIST et al. (2006) nur in einem der beiden untersuchten Schlacht-häuser ein statistisch bedeutender Anstieg der Campylobacter-Zahl bei Halshaut-proben nach der Eviszeration festgestellt werden. BERRANG et al. (2004) wiesen darauf hin, dass nach der Eviszeration häufig Wasch- und Sprühschritte folgen, die auf die Reduzierung der fäkalen Kontamination nach der Eviszeration ausgerichtet sind. Allerdings wurde die Wirkung hinsichtlich einer Signifikanz bisher nicht ausreichend geklärt. Neben der Bedeutung des Darminhalts scheint auch der Kropfinhalt ein Risiko für die Kontamination der Karkassen mit Campylobacter bei der Eviszeration darzustellen, da Campylobacter nach diesem Prozessschritt in Halshautproben und im Brustbereich gefunden wurden (KEENER et al. 2004). BYRD et al. (1998b) wiesen Campylobacter im Kropfinhalt von sieben der neun untersuchten Herden nach, wogegen nur bei drei von sechs dieser Herden auch die Blinddarmproben positiv waren. JEFFREY et al. (2001) fanden Campylobacter bei 20 von 22 untersuchten Herden im Kropfinhalt, aber nur bei 48 % der insgesamt untersuchten Proben, wobei die Blinddarmproben eine Nachweisrate von 94 % erbrachten. Diese Unterschiede im Vergleich zu der vorher erwähnten Studie führten sie auf die Art der eigenen Probenuntersuchung zurück, da ausschließlich das Kropfgewebe, aber nicht zusätzlich der Inhalt untersucht wurde.

Nach der Eviszeration erfolgt vor der Kühlung der Karkassen ein Waschschritt zur Reinigung der Oberfläche und der Körperhöhle von Blut, Fäzes und Gewebsresten.

Anstelle der früher gebräuchlichen Form des Trimmens, also einer Beseitigung und Entfernung verschmutzter und beschädigter Stellen mit einem Messer, werden heute Waschautomaten zur Reinigung der Karkassen eingesetzt. An diesen Waschvorgang schließt sich der Kühlschritt an, in dem die Temperatur der Karkassen abgesenkt wird, um damit bakterielles Wachstum zu hemmen. In der Geflügelproduktion gebräuchliche Kühlverfahren sind die Tauchkühlung im Spinchiller und die Luftkühlung. Bei der Tauchkühlung werden die Karkassen im Gegenstromprinzip mittels großer Stahlschnecken durch ein Wasserbad geleitet. Der Zufluss von

frischem, kaltem Wasser erfolgt vom Ende des Prozesses aus, um zum Abschluss des Durchlaufes der Karkassen die größtmögliche Kühlwirkung und das hygienisch reinste Wasser im Becken zu haben. Ein weiteres Verfahren ist die Luftkühlung, die auch als Sprüh-Luftkühlung mit einem vorher geschalteten Sprühvorgang gekoppelt sein kann. Die Karkassen werden durch einen Tunnel oder Raum geleitet, der von den Seiten mit stark bewegter kalter Luft geflutet wird. Bei der Kühlung im Tauchverfahren kommt es durch den Wascheffekt zu einer Reduzierung der Campylobacter-Zahl auf der Oberfläche der Karkassen. Die Campylobacter werden von der Oberfläche heruntergespült (OOSTEROM et al. 1983b, ROSENQUIST et al.

2006). CASON et al. (1997) zeigten eine Reduktion von Campylobacter nach der Tauchkühlung in Höhe von Log10 1,5 KbE pro Karkasse, allerdings lag die Prävalenzabsenkung bei nur 1 %. Das Verfahren stellt aber auch ein Risiko für die Übertragung von Campylobacter auf andere Karkassen dar. WEMPE et al. (1983) wiesen besonders auf die Gefahr von Kreuzkontaminationen bei diesem Kühl-verfahren hin. Sie fanden in allen untersuchten Wasserproben aus dem Kühltank Campylobacter und bezeichneten diesen Prozess daher als einen Haupt-übertragungsweg auf Karkassen, die vorher frei von Campylobacter waren. Im Luftkühlverfahren kommt es beim Einsatz trockener Luft zu einer Reduzierung von Campylobacter durch den austrocknenden Effekt, auf den Campylobacter sehr empfindlich reagieren (OOSTEROM et al. 1983b). In einer vergleichenden Unter-suchung beider Kühlverfahren von SANCHEZ et al. (2002) zeigte sich, dass die Inzidenz von Campylobacter bei Karkassen aus der Luftkühlung mit 39,3 % positiver Proben signifikant niedriger war als bei Karkassen nach der Tauchkühlung mit 48,7 %. Die Untersuchungen erfolgten an zwei verschiedenen Schlachthöfen, die jedoch vergleichbare Bedingungen boten und die Auswahl der Proben geschah zufällig. Dieser Unterschied wurde auf einen höheren Anteil an Kreuz-kontaminationen bei der Tauchkühlung zurückgeführt.