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5 Diskussion

5.4 Ausblick

Die Campylobacteriose hat in den letzten Jahren weiter an Bedeutung gewonnen und ist mehr in den Vordergrund des öffentlichen Interesses getreten. Insbesondere die Meldungen über hohe Campylobacter-Belastungen von Geflügelfleisch geben Anlass zur Besorgnis, vor allem wenn man die aktuellen Risikobewertungen berück-sichtigt, nach denen ein Zusammenhang zwischen belastetem Fleisch und der Gefahr einer Erkrankung besteht. Da die Kosten für die öffentliche Gesundheit ein erhebliches Ausmaß annehmen können, ist es schon aus volkswirtschaftlicher Sicht bedeutsam, die Inzidenz der Erkrankung zu senken (BRYAN u. DOYLE 1995). Dies kann effektiv über eine Expositionssenkung geschehen.

In dieser Untersuchung konnte gezeigt werden, dass es in einem modernen Schlachtprozess zu einer Reduktion der Campylobacter-Zahlen auf den Geflügel-karkassen kommt. Dennoch ist ein erheblicher Teil der verpackungsfertigen Produkte mit Campylobacter belastet.

Entscheidend für die Belastung ist der Status der Herde. Durch den immensen Eintrag von Campylobacter durch positive Herden resultiert auch die Kontamination der Produkte von negativen Herden. Dabei entschieden insgesamt die Prävalenz der

angelieferten Herden, aber auch die Keimdichte im Blinddarm über das Ausmaß der Schlachthof- und Produktkontamination.

Der Vergleich von Herden mit einem positiven und einem negativen Campylobacter-Status zeigte, dass eine Vermeidung oder Verringerung der Kontamination im Rahmen einer logistischen Schlachtung möglich ist. Allerdings ist dies mit einem erheblichen technischen Aufwand und hohen Kosten für Mäster und Schlachthof verbunden und daher in der Praxis wohl nur schwer durchführbar, insbesondere auch in Ermangelung ausreichend schneller Methoden zur Statusbestimmung der Herden. Die Entwicklung von Schnellmethoden wäre jedoch wünschenswert, um eine frühzeitige Information zum Campylobacter-Status der Broilerherden vor der Schlachtung zu erhalten.

Somit bleibt derzeit nur der Versuch der Dekontamination innerhalb der Schlachtung, um weitere Reduzierungen im Prozess erreichen zu können. Der Einsatz von chemischen Dekontaminationsverfahren, wie sie in den USA durchgeführt werden (s. Kap 2.6.2.4), ist jedoch in Europa derzeit nicht zugelassen.

Die EFSA prüft derzeit aber die Anwendung von Dekontaminationsmitteln hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Unbedenklichkeit und ihrer Effektivität. Weitere physikalische Verfahren sind noch nicht praxisreif, werden aber in Feldversuchen geprüft.

Zur Durchführung von Risikoabschätzungen ist es besonders wichtig, eine umfas-sende Datengrundlage zu haben. Diese sollte möglichst vergleichbar mit anderen Untersuchungen sein. In diesem Zusammenhang zeigte sich, dass sich die ISO-Methode zur qualitativen und quantitativen Untersuchung auf Campylobacter bei Proben aus der Schlachtung eignet. Es konnte auch herausgestellt werden, dass die Kombination mehrerer Verfahren, wie Direktausstrich und Anreicherung in Verbin-dung mit zwei festen Kultivierungsmedien, zu einer höheren und damit sichereren Nachweisrate führte als eine Methode allein. Dies sollte bei einem Vergleich von Ergebnissen mit anderen Studien, in denen nur ein Verfahren eingesetzt wurde, berücksichtigt werden.

6 Schlussfolgerungen

• Der Einsatz kombinierter Methoden zur Isolierung von Campylobacter, wie Anreicherung und Direktausstrich, hat in dieser Studie zu einer sichereren Aussagekraft der Prävalenzen und auch der Ergebnisse der Quantifizierung geführt. So konnten Abschätzungen der Campylobacter-Zahl vorgenommen werden, auch wenn das Ergebnis unterhalb der Nachweisgrenze im Direktausstrich lag.

• Die Campylobacter-Prävalenz der untersuchten Herden lag bei 70 % und war damit hoch.

• Bei der Untersuchung der Broilerherden auf das Vorkommen von Campylobacter zeigte sich eine Saisonabhängigkeit. In den Wintermonaten waren weniger Herden mit Campylobacter kolonisiert als in den anderen Monaten des Jahres. Des Weiteren zeigten die Keimzahlbestimmungen im Sommer und Herbst höhere Belastungen mit Campylobacter als im Frühjahr und Winter.

• Im Verlauf der Schlachtung und Verarbeitung kam es zu einer Reduktion der Prävalenz von Campylobacter auf den Schlachtkörpern und zu einer Reduzierung der Keimzahl.

• Der Campylobacter-Status der Herde war von großer Bedeutung für die Prävalenz und die Keimzahl auf den Karkassen. Bei Herden mit einem positiven Befund im Blinddarm waren über 90 % der untersuchten Proben Campylobacter-positiv. Herden mit einem negativen oder einem niedrigen Kolonisierungsgrad zeigten Prävalenzraten von etwa 50 % und niedriger. Hier war der Status der zuvor geschlachteten Herde kennzeichnend für das Ausmaß stattfindender Kreuzkontaminationen.

• Ein Vergleich der Campylobacter-Zahl auf Karkassen beim Eintritt in den Weißen Bereich der Schlachtanlage (nach dem Brühen und Entfedern) mit Karkassen zum Ende des Schlachtprozesses (nach der Kühlung) ergab eine Keimzahlreduktion um 0,7 Log10-Stufen.

• Die ermittelte Keimzahl von Campylobacter auf den Karkassen zeigte eine signifikante Korrelation mit der ermittelten Keimzahl im Blinddarminhalt. Daher lässt sich schlussfolgern, dass Herden mit einer hohen Campylobacter-Dichte im Darminhalt auch höher belastete Karkassen in und nach der Schlachtung zur Folge haben.

• Die untersuchten Brühwasserproben waren zu 93,9 % mit Campylobacter belastet. Die Prävalenz war bei der Schlachtung von positiven Herden mit 100 % höher als bei den negativen Herden mit 77,8 %. Ebenso waren die gemittelten Keimzahlen bei den positiven Herden mit 3,4/3,3 KbE/ml (mCCDA/Karmali) höher als bei den negativen Herden, bei denen nur drei bzw. sechs Proben (mCCDA/Karmali) oberhalb der Nachweisgrenze lagen.

• Die Untersuchung von Transportkäfigen erbrachte 72 % Campylobacter-positive Käfige nach der Reinigung und Desinfektion. Dies spricht für unzureichende Maßnahmen im Zusammenhang mit der Säuberung der Käfige, die so eine Gefahr für den Eintrag von Campylobacter in negative Bestände darstellen.

• Bei der Differenzierung der Campylobacter-Isolate konnte festgestellt werden, dass C. jejuni bei Geflügelherden dominierend ist. C. coli wurde zu einem geringeren Teil isoliert. Die Herden waren vornehmlich nur von einer Spezies kolonisiert, vereinzelt konnten Mischkolonisationen nachgewiesen werden.

• Die von Campylobacter-positiven Herden in die Schlachtung eingebrachte

Spezies war auch bei den Nachweisen an den Schlachtstationen

vorherrschend. Wurden neben den herdenspezifischen Stämmen weitere Campylobacter nachgewiesen, gaben diese ebenso wie die positiven Nachweise auf Karkassen der Campylobacter-negativen Herden einen Hinweis auf Kreuzkontaminationen.

• Die Durchführung der Untersuchungen als Langzeitstudie über 1,5 Jahre, die Kombination von Anreicherung und direkter Quantifizierung an den verschiedenen Schlachtstufen sowie die Beprobung von Herden mit positivem und negativem Campylobacter-Status erlaubt eine Verallgemeinerung der oben genannten Aussagen in Bezug auf die Schlachtung von intensiv gemästeten Broilerherden und die zu erwartende Campylobacter-Kontamination in Deutschland.

7 Zusammenfassung

Felix Reich

Quantifizierung und Prävalenz thermophiler Campylobacter spp. in der Broiler-schlachtung und Fleischverarbeitung im Rahmen einer Langzeitstudie

Thermophile Campylobacter spp. sind die derzeit häufigste Ursache bakteriell bedingter Magen-Darm-Erkrankungen des Menschen in Europa. Eine bedeutende Quelle für humane Erkrankungen stellt Geflügelfleisch dar. Es ist häufig mit einer hohen Anzahl dieser Bakterien belastet, so dass es im Rahmen einer mangelnden Küchenhygiene zu Kreuzkontaminationen von roh zu verzehrenden Speisen kommt.

Auch unzureichend erhitztes Geflügelfleisch ist als Infektionsquelle bekannt.

Während die Tiere selbst nicht erkranken, sind sie doch Träger des Bakteriums. Im Rahmen des stark industrialisierten Schlachtprozesses kommt es zu einer Aus-breitung von Campylobacter. Da eine Eradikation dieses Bakteriums derzeit weder in der Mast noch auf den nachfolgenden Schlacht- und Verarbeitungsstufen möglich ist, wird zumindest eine Keimzahlverminderung angestrebt. Um sichere Risiko-bewertungen durchführen und die bedeutenden Prozessschritte für mögliche Interventionsmaßnahmen aufzeigen zu können, sind neben Daten zur Prävalenz insbesondere quantitative Daten zu Campylobacter in der Broilerschlachtung erforderlich.

In dieser Untersuchung wurden 40 Broilerherden über einen Zeitraum von 18 Monaten auf ihren Campylobacter-Status im Blinddarm untersucht, um eine Aussage über die Prävalenz der Herden bei Anlieferung an den Schlachthof treffen zu können.

Der Schwerpunkt der Untersuchung lag auf der Quantifizierung von Campylobacter im Schlachtprozess. Hierzu wurden monatlich Proben von Broilerherden an verschiedenen Stationen der Schlachtung und Verarbeitung entnommen und Veränderungen der Prävalenz sowie der Keimzahl ermittelt. Die

Beprobungs-stationen waren die Brühung/Entfederung, die Eviszeration und die Kühlung, nach deren Durchlauf Karkassen entnommen wurden. Die Beprobung von Teilstücken in der Zerlegung sollte Aufschluss über die Belastung verpackungsfertiger Produkte geben. Brühwasserproben wurden entnommen, um das Ausmaß der Campylobacter-Belastung zu Beginn des Schlachtprozesses festzustellen. Des Weiteren wurden die Transportkäfige nach der Reinigung und Desinfektion untersucht.

Im Untersuchungszeitraum lagen unterschiedliche Jahreszeiten, um so saisonale Unterschiede bewerten zu können. Ein Vergleich der Belastung von Campylobacter-positiven und -negativen Herden erlaubte eine Aussage über das Ausmaß von Kreuzkontaminationen.

Die Kombination qualitativer und quantitativer Untersuchungen erhöhte die Sicherheit der Prävalenz und der Keimzahlbestimmungen bei der Analyse von Campylobacter an den verschiedenen Schlachtstationen. Der Einsatz von zwei Selektivmedien erbrachte vergleichbare Ergebnisse bei der Quantifizierung, wobei das Karmalimedium eine leichtere Auswertung ermöglichte.

Die Prävalenzuntersuchungen der Broilerherden ergaben in 70 % (28) der Fälle einen positiven Campylobacter-Nachweis.

Die Ergebnisse von Proben aus der Schlachtung der Campylobacter-positiven Herden zeigten im Prozessverlauf eine Reduktion der Campylobacter-Zahl. Zu Beginn lagen die gemittelten Campylobacter-Zahlen der Karkassen bei Log10 5,4/5,5 KbE je Probe (mCCDA/Karmali), nach der Kühlung nur noch bei Log10 4,7/4,8 KbE je Probe. Die Verringerung der Oberflächenbelastung von Campylobacter betrug somit 0,7 Log10-Stufen. Diese Veränderung war statistisch signifikant.

Insgesamt waren die Proben der positiven Herden hoch belastet und es konnten Prävalenzen von über 87 % für alle Probenarten festgestellt werden. Die Brustfilets waren zum Ende des Schlachtprozesses noch mit Log10 2,7/3,0 KbE pro Filetpaar belastet. Bei den Campylobacter-negativen Herden lag die Prävalenz mit maximal 44 % bei den Karkassen am höchsten. Die Campylobacter-Zahl war bei einem Großteil der Proben unterhalb der Nachweisgrenze der quantitativen Methode.

Die Differenzierung der erhaltenen Campylobacter-Isolate zeigte, dass C. jejuni die bei Broilerherden dominierende Spezies war (73,6 %), gefolgt von C. coli (24,9 %). Bei der Analyse der Isolate aus dem Blinddarminhalt wurde bei den meisten Herden nur eine Campylobacter-Spezies nachgewiesen, wobei sowohl Herden mit ausschließlicher C. jejuni- als auch mit C. coli-Besiedlung vorkamen.

Mischbesiedlungen waren bei sechs Herden feststellbar.

Der Status des Brühwassers und der Transportkäfige zeigte, dass es auch in der Schlachtumgebung zu einer Ausbreitung von Campylobacter kam. Das Brühwasser bot somit einen Ort für eine Kontamination nachfolgender negativer Herden.

Unzureichend gereinigte Transportkäfige stellten eine Gefahr für den Eintrag von Campylobacter in negative Bestände dar.

Es konnten saisonale Einflüsse aufgezeigt werden, da es im Frühjahr und Winter zu einer Häufung von Campylobacter-negativen Herden kam. Die Tagesmittel der Campylobacter-Zahlen bei positiven Herden lagen darüber hinaus im Sommer und Herbst höher als in den anderen Quartalen.

Im Verlauf der Schlachtung und Verarbeitung kam es zu Kreuzkontaminationen unterschiedlichen Ausmaßes. Dies ließ sich einerseits durch den Nachweis Campylobacter-positiver Proben bei der Schlachtung von -negativen Herden erkennen, andererseits durch das Vorkommen von Campylobacter-Spezies, die nicht aus dem Blinddarminhalt isoliert wurden.

Die in diesen Untersuchungen eingesetzte Kombination von Medien und Verfahren in der Analyse von thermophilen Campylobacter erhöhte die Sicherheit der Bestim-mung von Prävalenzen und Keimzahlen an den verschiedenen Schlachtstufen. Des Weiteren ermöglichte die Auslegung als Langzeitstudie über 1,5 Jahre die Einbeziehung des Herdenstatus und jahreszeitlicher Einflüsse, so dass eine Verallgemeinerung der Ergebnisse auf die zu erwartende Kontamination von intensiv gemästeten Broilerherden mit Campylobacter in Deutschland gemacht werden kann.