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7  Gestaltungsmöglichkeiten für Packungsbeilagen

7.5  Motivationsmittel zum Lesen der Packungsbeilage

be-schriebenen Risiko1518. Wurden die Häufigkeiten mit gleichem Nenner präsentiert, sprich 8,9 bzw. 2,6 Patienten von 1.000, so konnten immerhin etwa 73 Prozent das größere Risiko korrekt benennen1518. Um Fehlinterpretationen zu vermeiden, wird daher bei Angabe verschiedener Häufigkeiten von einigen Autoren empfohlen, einen konstanten Nenner zu wählen, während der Zähler entsprechend verändert werden sollte1489 1499. Die aktuell auf europäischer Ebene sowie vom BfArM empfohlenen Häufigkeitsangaben berücksichtigen dies zurzeit nicht1721516.

Bereitschaft zur Therapie wurde in der Untersuchung dann verzeichnet, wenn in der Informationsbro-schüre anstelle des Hinweises auf die Wirksamkeit zusätzlich ein Hinweis zur Verminderung des Risi-kos von Nebenwirkungen durch Einhaltung des empfohlenen Dosierungsschemas enthalten war1529. Deshalb sollten in Packungsbeilagen der Nutzen und die möglichen Risiken der Arzneimitteltherapie ausgewogen und realistisch dargestellt werden1499 1532 1533 1534. Zu vermeiden ist diesbezüglich eine zu optimistische und beschönigende Darstellung z.B. durch Bagatellisieren der Risiken13241525.

Ob für Handlungsanweisungen in Patienteninformationen bevorzugt eine positive oder negative Dar-stellungsperspektive gewählt werden soll, wird im Schrifttum kontrovers diskutiert1337 1535 1536 1537. Einigkeit besteht jedoch dahingehend, dass durch Verwendung positiver oder negativer Darstellungs-perspektiven („frames“) Einfluss auf die Entscheidung, die Einstellung und das Verhalten des Einzel-nen genommen werden kann1535 1537 1538 1539. Einige Studien konnten in diesem Zusammenhang ein besseres Verständnis und eine überzeugendere Wirkung von Instruktionen mit positiver Darstellungs-perspektive feststellen, das heißt wenn als Begründung für Anweisungen die günstigen Auswirkungen des Einhaltens der Hinweise anstelle der nachteiligen Folgen einer Non-Compliance aufgeführt wurden1499 1536. Jedoch scheint die Ausprägung dieses Effektes von verschiedenen Faktoren abzu-hängen1499 1536 1540. Als ein relevanter Faktor wird die Art der Anweisung angesehen, sprich ob der Patient eine bestimmte Handlung ausführen soll, um ein bestehendes Risiko zu vermeiden bzw. zu vermindern oder ob er eine Handlung unternehmen soll, damit ein Risiko erkannt werden kann.

Sofern eine Handlung ausgeführt werden soll, die dem Erkennen eines Risikos dient, ist eine Betonung der negativen Konsequenzen bei Nichtumsetzung der Instruktion wahrscheinlich geeigneter1535. Die Personen fühlen sich durch negative Formulierungen vermutlich einem größeren Risiko ausgesetzt und sind dann eher bereit, die Anweisung auszuführen1535. In der Untersuchung von Meyerowitz und Chaiken waren die befragten Frauen, die Hinweise zur Bedeutung der Selbstuntersuchung ihrer Brust zur Krebsvorsorge unter Betonung der negativen Folgen eines Unterlassens der Untersuchung erhalten hatten, eher zur Brustuntersuchung bereit1541.

Handelt es sich jedoch um eine Anweisung, mit der der Patient zu einem präventiven Verhalten aufge-fordert werden soll, so ist die Befolgung der präventiven Anweisung für ihn weniger risikoreich, denn sie dient der Erhaltung der bestehenden Gesundheit und der Verminderung von Risiken. Unter diesen Umständen wird ein unterstützender Effekt von Instruktionen angenommen, die positive Auswir-kungen des präventiven Verhaltens vermitteln1535 1542. Beispielsweise waren die befragten Frauen in der Untersuchung von Rothman et al. eher bereit, Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor zur Vorbeugung von Hautkrebs zu verwenden, sofern die Informationsbroschüre die positiven Auswir-kungen des präventiven Verhaltens anstelle der negativen Konsequenzen bei Nichtbefolgen betonte1535.

7.5.2 Illustrative Elemente

Grundsätzlich wird die Verwendung illustrativer Elemente, wie Symbole oder Piktogramme, in Packungsbeilagen von zahlreichen Autoren empfohlen732 1136 15431544. Solche Elemente können beson-ders für das Verständnis von Patienten mit geringer Lesefähigkeit oder älteren Patienten mit Visusverlust hilfreich sein132313391545.

Die Verwendung von Illustrationen in Patienteninformationen verbesserte in Untersuchungen das Ver-ständnis und die Compliance der Patienten154315461547. So wurden die Angaben der Packungsbeilage in

einer Untersuchung von Mansoor und Dowse signifikant besser verstanden, wenn die Packungsbeilage zusätzlich Piktogramme zur Verdeutlichung komplexer Hinweise enthielt1546. Zudem wurden mehr-stufige Handlungen bei Verwendung bildlicher Elemente zur Darstellung der Handlungssequenz schneller und von den Befragten mit geringerer Fehlerquote ausgeführt1548. In der Studie von Kools et al. konnte hierdurch ein signifikant positiver Einfluss auf das Verstehen der einzelnen Schritte einer Inhalation mit einem Dosieraerosol unter Zuhilfenahme eines Spacers sowie die korrekte Ausführung der eigentlichen Inhalation festgestellt werden1548.

Die Patienten waren in Untersuchungen zudem zufriedener mit Patienteninformationen, wenn Abbil-dungen enthalten waren bzw. befürworteten bildliche Elemente in Packungsbeilagen1546 1549 1550 1551. Beispielsweise wünschten immerhin 98 Prozent der 60 Befragten in der Studie von Mansoor und Dowse die Aufnahme von Piktogrammen in Packungsbeilagen1546. In einer Befragung durch Mwingira und Dowse gaben alle Befragten an, dass sie Packungsbeilagen mit Piktogrammen bevorzugen, und dass Piktogramme ihnen helfen, die Angaben zu verstehen1551.

Darüber hinaus konnte in Untersuchungen festgestellt werden, dass Illustrationen die Aufmerksamkeit des Lesers erregen und zu einer verstärkten Wahrnehmung derart herausgestellter Warnhinweise füh-ren13191552. Beispielsweise führte die zusätzliche Aufnahme eines Piktogramms auf einem Etikett in der Untersuchung von Friedmann zu einem signifikant stärkeren Bewusstsein der Produktgefahr1552. Ein gesteigertes Bewusstsein der Produktgefahr hatte wiederum einen positiven Einfluss auf das Lesen sowie das Befolgung der Anweisungen1553. Demzufolge kann auch die Motivation des Patienten zum Lesen der Patienteninformation durch grafische Elemente gesteigert werden1554.

Außerdem wird davon ausgegangen, dass grafisch dargestellte Hinweise leichter und schneller kogni-tiv verarbeitet werden als reine Textelemente154715481555. Daher konnten bessere Erinnerungsleistungen von Hinweisen erzielt werden, die in Form illustrativer Elemente präsentiert wurden1339 1556 1557. Bei-spielsweise konnten die Befragten in der Studie von Kools et al. signifikant mehr Anwendungsschritte bei Inhalation mit einem Dosieraerosol aufzählen, wenn die Informationsbroschüre zusätzlich die An-wendung verdeutlichende Abbildungen enthielt im Vergleich zu reinem Fließtext1548.

Tabelle 31: Beispielhaft ausgewählte Piktogramme, die in verschiedenen Untersuchungen für Patienteninformationen entwickelt wurden

Abschnitt Für den jeweiligen Abschnitt der Patienteninformation entwickelte Symbole Dosierung1546

15581559

3-mal täglich 2 Tabletten einnehmen.

4-mal täglich einnehmen. 2 Kapseln vor dem Einschlafen einnehmen.

Art der Anwendung1546

156015611562

Nicht mit Milchprodukten einnehmen. Im Ganzen einnehmen. Nicht teilen oder öffnen.

In den Mund nehmen, einige Zeit im Mund behalten und dann hinterschlucken.

Nicht mit Milchprodukten einnehmen. Im Ganzen einnehmen. Nicht teilen oder öffnen.

In den Mund nehmen, einige Zeit im Mund behalten und dann hinterschlucken.

In Packungsbeilagen kommen in diesem Zusammenhang Piktogramme zum Hervorheben besonders relevanter Warnhinweise, zur Illustration der Arzneistoffklasse oder zur Veranschaulichung der Applikationsart sowie der Dosierung zum Einsatz (Tabelle 31)1309 1339 1343 1563. Morrow et al. verwen-deten symbolisch dargestellte Uhren in Arzneimittelinformationen zur Verdeutlichung des Zeitpunkts der gewünschten Anwendung13391556. Bernardini et al. entwickelten Piktogramme zur Kennzeichnung der einzelnen Abschnitte einer Packungsbeilage1564. Auch Tabellen können den Patienten beim Ver-ständnis der Sachverhalte unterstützen1406 1434 1565. Fuchs und Hippus empfehlen basierend auf einer Untersuchung die tabellarische Darstellung der Dosierung, da infolgedessen das Auffinden einzelner Angaben erleichtert war1425. Auch die übersichtliche tabellarische Darstellung der Nebenwirkungen durch Fuchs hatte einen positiven Einfluss auf deren Zuordnung zur entsprechenden Häufigkeitsanga-be1291. Außerdem sind Piktogramme zur Verdeutlichung der Art der Anwendung denkbar13391548. Grundsätzlich sollte jedoch mit Piktogrammen, Abbildungen oder Tabellen in Patienteninformationen sparsam umgegangen werden, da diese Elemente auch vom Text ablenken können100513381341. Die ver-wendeten Illustrationen sollten generell in der Nähe des zugehörigen Textabschnitts stehen und eine Beschriftung tragen1323133813921566. Bild und Textinformation sollten dabei stets aufeinander abgestimmt sein12171313. Die zusätzliche Darstellung des Textinhaltes in Form einer Abbildung dient in diesem Fall der Verdeutlichung bzw. Wiederholung des im Text dargestellten komplexen Sachverhalts1434 15471561. Es wird angenommen, dass Illustrationen und Text über zwei voneinander unabhängige Systeme, das nicht-verbale und das verbale System, kognitiv verarbeitet werden, die funktionell eng miteinander verbunden sind. Durch Präsentation von Text und assoziiertem Bild werden beide Systeme angespro-chen und folglich wird eine korrektere kognitive Verarbeitung des Hinweises sichergestellt, wodurch das Merken erleichtert wird154815611567. Außerdem bevorzugten die Patienten in einer Untersuchung von Sojourner und Wogalter signifikant die Patienteninformationen, die Illustrationen zusätzlich zum Text enthielten und zogen diese den Instruktionen vor, die nur Text oder nur Piktogramme enthielten1561. Zudem wurde eine Anleitung gänzlich ohne Illustrationen signifikant gegenüber der Instruktion, die ausschließlich Illustrationen ohne entsprechende Erläuterung im Text enthielt, favorisiert1561.

Werden Abbildungen ohne zusätzliche textliche Beschreibung oder Beschriftung präsentiert, so steigt die Gefahr einer Fehlinterpretation15581560 15681569. Zahlreiche Untersuchungen konnten in diesem Zu-sammenhang eine zumeist fehlerhafte Deutung verwendeter Illustrationen aufzeigen besonders durch Patienten mit niedrigem Bildungsstand oder ältere Menschen15581568 1569 1570. Beispielsweise wurde die symbolische Darstellung einer durchgestrichenen schwangeren Frau auf der Packung eines thalidomidhaltigen Arzneimittels zur Behandlung von Lepra in Brasilien vermutlich falsch interpre-tiert und das Arzneimittel als Abtreibungsmittel eingesetzt1571. Eine ähnliche Fehlinterpretation wurde für ein vergleichbares Symbol auf einem isotretinoinhaltigen Aknetherapeutikum berichtet1465 1572. So schrieb ein großer Teil der 97 von Daniel et al. befragten Frauen dem Aknetherapeutikum infolge des Piktogramms fälschlicherweise eine schwangerschaftsverhütende Wirkung zu oder deutete das Pikto-gramm anderweitig falsch (Abbildung 26)1573.

Abbildung 26: Piktogramm zur Verdeutlichung der Kontraindikation „Schwangerschaft“1573

Daher sollten Piktogramme vor der Verwendung in Patienteninformationen in Bezug auf deren Ver-ständlichkeit bzw. eventuelle Fehlinterpretationen getestet werden1560 1568 1574. So empfiehlt das

„American National Standard Institute“ branchenübergreifend für Piktogramme in Instruktionstexten, dass diese im Rahmen eines Verständlichkeitstests von mindestens 85 Prozent der Befragten richtig erkannt werden und nur maximal 5 Prozent der Befragten das Symbol derart falsch interpretieren, dass dies schwerwiegende Folgen haben könnte15721575. Dies entspricht auch den Anforderungen der Austra-lischen Organisation „Standards Australia“ an die Verständlichkeit von Piktogrammen15721576. Gemäß den Anforderungen der Internationalen Organisation für Normung an Sicherheitszeichen wird hinge-gen bereits ein Anteil von 67 Prozent richtihinge-gen Antworten als ausreichend erachtet1575. Aufgrund der möglichen schweren gesundheitlichen Konsequenzen einer falschen Arzneimittelanwendung wurden in Untersuchungen, in denen Piktogramme für Arzneimittelinstruktionen entwickelt wurden, zumeist die Kriterien des „American National Standard Institute“ angelegt1577157815791580.

Illustrative Elemente sollten jedoch nicht vom Text umschlossen sein, da dadurch die Lesbarkeit des Textes erschwert wird13941520. Weiterhin sollte eine geeignete Größe gewählt werden1578. Kleine Illus-trationen erschwerten in Untersuchungen zumeist die Interpretation durch die Befragten1568. Allerdings sollten die Abbildungen auch nicht zu groß sein, um den Textfluss nicht unterbrechen1005. Auch die farbliche Gestaltung sollte angemessen sein und darf den Leser nicht zu stark vom Text ablenken1363

1578. Die Abbildungen sollten zudem möglichst einfach gestaltet sein und die bezweckten Aussagen klar und eindeutig vermitteln133913631578. Zahlreiche Autoren empfehlen daher, auf abstrakte oder ausge-fallene Darstellungen möglichst zu verzichten1338 1556 1578. Das gleiche gilt für alarmierende Dar-stellungen, die den Patienten möglicherweise verängstigen und die Compliance folglich beeinträch-tigen könnten1520. Außerdem regen einige Autoren an, mit Illustrationen nicht gleichzeitig mehrere Aussagen zu vermitteln sondern nur eine Kernaussage13381378.

Eine standardisierte Reihe von 81 Piktogrammen zur Anwendung in Patienteninformationen sind von der „United States Pharmacopeia“ (USP) entwickelt worden1581 1582. Die Piktogramme, die zusätzlich zu den Ausführungen im Text verwendet werden sollen, folgen einem allgemeinen Schema1582. Je nachdem, ob es sich um ein Verbot, einen Warnhinweis, einen allgemeinen Hinweis oder einen Auf-bewahrungshinweis handelt, werden unterschiedliche geometrische Formen zugrunde gelegt1582. Die Piktogramme wurden nach Angaben des USP in Bezug auf deren Verständlichkeit mit Hilfe von ver-schiedenen Personengruppen bewertet1581. Einige der Piktogramme sind zudem in Untersuchungen verschiedener Autoren hinsichtlich der Verständlichkeit bewertet worden, wobei sie häufig zu Fehl-interpretationen führten. Dowse und Ehlers konnten unter Beteiligung von 304 Südafrikanern nach deren Interpretation von USP-Piktogrammen nur bei zwei der 23 ausgewählten USP-Piktogramme das vom „American National Standard Institute“ angelegte Kriterium von 85 Prozent nachweisen1579. Dies konnte eine Studie von Wolff und Wogalter mit 143 medizinischen Laien in den USA bestätigen1562. Auch die Untersuchung von Knapp et al. in Großbritannien mit 160 Befragten ergab, dass die Mehr-zahl der ausgewählten USP-Piktogramme von weniger als 85 Prozent der Befragten korrekt verstan-den wurverstan-den1568.

Darüber hinaus gibt es produkt- und branchenübergreifende Empfehlungen zur Gestaltung von Pikto-grammen. Beispielsweise gilt als Standardsymbol des „American National Standard Institute“ für Warnhinweise in Instruktionstexten ein gleichseitiges Dreieck mit Ausrufezeichen15831584.