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5  Inhaltliche Anforderungen des Fachpersonals an Packungsbeilagen

5.2  Einstellung des Fachpersonals zur Packungsbeilage

Tabelle 20: Arzneimittelinformationen, die Patienten von Ärzten vermittelt wurden sowie deren Häufigkeit

Untersuchung Häufigkeit von Arzneimittelinformationen, über die Ärzte die Patienten informierten

Autor Methodik Dosierung Risiken der Therapie Sonstige Informationen Tarn, D. M.

et al.1032

Auswertung von 185 Konsultationen (diverse Arznei-mittel); USA;

1999.

Anwen-dungsdauer:

Dosis:

Frequenz und Zeitpunkt:

34 % 55 % 58 %

Nebenwirkungen: 35 % Name (Präparat):

Wirkung des Arzneimittels:

74 % 87 %

Schildmann, J. et al.1064

Befragung von 75 psychiatrischen Patienten; Deutsch-land; Studienjahr unbekannt (Pub-likationsjahr 2003).

Nebenwirkungen und Risiken (allgemein):

50 % Name (Präparat):

Nutzen:

Alternative Therapiemöglich-keiten:

90 % 70 % 20 %

Jedoch ist das Bewusstsein des Fachpersonals im Hinblick auf die Relevanz der Risikoinformationen für den Patienten gestiegen, so dass Risiken der Arzneimitteltherapie seit Anfang der 80er-Jahre ten-denziell häufiger Bestandteil von Patientengesprächen sind1048. Beispielsweise waren bei immerhin 85 Prozent der 131 analysierten ärztlichen Konsultationen in einer U.S.-amerikanischen Studie von Young et al. aus den Jahren 2003 bis 2004 Informationen zu möglichen Nebenwirkungen erteilt worden1065. Auch in einer Untersuchung von Kooy et al. aus dem Jahr 2004 wurden am häufigsten Informationen zu Nebenwirkungen von den 198 befragten Apothekern an Patienten vermittelt1066.

Aushän-digung der Packungsbeilage in der Apotheke, dass die Apotheker den Patienten lieber im Rahmen eines Gesprächs informieren1057. Die Packungsbeilage dient aus der Sicht des Fachpersonals lediglich als Ergänzung zu den erteilten Instruktionen, z.B. wenn dem Fachpersonal für die Informationen nur wenig Zeit bleibt107510761077. In einer diesbezüglichen von Kaczmarek et al. durchgeführten Befragung in U.S.-amerikanischen Apotheken gaben immerhin etwa 71 Prozent der Apotheker an, eine Kombina-tion aus mündlicher Patientenberatung und ergänzenden schriftlichen ArzneimittelinformaKombina-tionen zu bevorzugen. Nur etwa sieben Prozent der 70 Apotheker bewerteten die ausschließliche Instruktion des Patienten über schriftliche Informationsquellen als geeignet1075.

Diese Einstellung ist auch auf die kritische Bewertung möglicher Folgen einer Instruktion des Patien-ten mittels Packungsbeilagen zurückzuführen, denen durch zusätzliche mündliche Hinweise vorge-beugt werden könnte (Tabelle 21). Insbesondere die schlechte Gestaltung und detaillierte Angaben, die den Patienten verunsichern bzw. verängstigen könnten, werden als Nachteile von Packungsbeilagen aufgeführt1078. Immerhin 70 Prozent der in einer U.S.-amerikanischen Untersuchung von Fleckenstein befragten 110 Ärzte nannten eine Überforderung und etwa 62 Prozent eine Verängstigung der Patien-ten als mögliche Folgen der Bereitstellung von Packungsbeilagen. Etwa 76 Prozent der befragPatien-ten 95 Apotheker sahen die Gefahr einer vermehrten Selbstmedikation in Situationen, die eine ärztliche Kon-sultation erfordern. Als großer Vorteil von Packungsbeilagen wurden in der Studie das bessere Thera-pieverständnis von etwa 72 Prozent und eine positive Auswirkung auf die Patienten-Compliance von etwa 70 Prozent der Ärzte genannt1078. Außerdem hebt Stone die ständige Verfügbarkeit der Packungs-beilage, um mündliche Instruktionen des Fachpersonals nachzulesen, hervor1077. Pollock et al. betonen die möglichen positiven Auswirkungen durch ein aktiveres Mitwirken des Patienten1073.

Tabelle 21: Argumente der Ärzte und Apotheker gegen und für den Einsatz von Packungsbeilagen Argumente gegen Packungsbeilagen Argumente für Packungsbeilagen

Die Packungsbeilage ist ein staatlicher Eingriff in den Aufgabenbereich des Fachpersonals911079.

Die Packungsbeilagen werden vom Hersteller er-stellt und sind unausgewogen formuliert677.

Sie liegen dem Patienten erst nach der Verschrei-bung bzw. dem Kauf und damit zu spät vor677.

Der Patient wird verunsichert und verängstigt10801081

1082. Neben der häufigeren Meldung von Nebenwir-kungen kann dies eine Non-Compliance des Patienten zur Folge haben1083108410851086.

Die Informationen der Packungsbeilagen sind zu ausführlich907. Der Patient wird unpersönlich sowie zu direkt informiert1057.

Die Packungsbeilage greift in das Beziehungsge-füge zwischen Arzt/Apotheker und dem Patienten ein677107310781087.

Packungsbeilagen enthalten teilweise falsche, irre-führende oder unkonkrete Angaben1088108910901091.

Die Packungsbeilage fördert die Selbstdiagnose und die Selbstmedikation73310731091.

In den USA sind außerdem Schwierigkeiten mit der Verteilung an die Patienten sowie der Kostenfaktor ein Kritikpunkt1079 10831092.

Die Packungsbeilage dient auch der Erfüllung des Rechts des Patienten auf Information6771093.

Der Patient wird in die Lage versetzt, dass Arznei-mittel sachgerecht anwenden zu können sowie für Anwendungsfehler sensibilisiert10701073.

Die Informationen der Packungsbeilage sind für den Patienten stets verfügbar1070.

Der Patient kann die im Gespräch mit dem Fach-personal erhaltenen Informationen nochmals nach-lesen, was zur Verminderung von Medikations-fehlern beiträgt677107310771091.

Der Patient wird stärker zur Mitarbeit und Mitver-antwortung bei der Therapie motiviert1070.

Packungsbeilagen können das Wissen der Patienten zum Arzneimittel verbessern und so zur früh-zeitigen Erkennung von Nebenwirkungen oder Arzneimittelinteraktionen durch den Patienten bei-tragen106710701083.

Eine geeignete Packungsbeilage kann die Nutzen-Risiko-Abwägung durch den Patienten unterstützen und den Dialog mit dem Arzt bzw. Apotheker för-dern sowie zur Steigerung der Compliance des Patienten beitragen1067107310831092.

Ein positiver Effekt derzeitiger Packungsbeilagen wird vom Fachpersonal häufig nur unter der Voraussetzung inhaltlicher und formaler Optimierung dahingehend gesehen, dass der Patient in einer angemessenen Sprache nur noch die wichtigsten Informationen erhält. Unter dieser Voraussetzung werden Packungsbeilagen meist als sinnvoll und hilfreich für den Patienten beurteilt71 99910801094. Des-halb ist es nicht verwunderlich, dass derzeit nur ein geringer Anteil des Fachpersonals die Patienten anweist, die Packungsbeilage zu lesen10201072. Eine Befragung von 543 belgischen Ärzten im Jahr 1990 durch Vander Stichele et al. ergab, dass lediglich 38 Prozent der Ärzte ihre Patienten zum Lesen der Packungsbeilage auffordern1072. Ebenso gaben nur etwa 8 Prozent der von Berthelot et al. im Jahr 2001 befragten 341 Rheumatologen in Frankreich an, den Patienten immer das Lesen der Packungsbeilage zu empfehlen. Immerhin 32 Prozent der Rheumatologen bestätigten, dass sie diese Empfehlung in keinem Patientengespräch erteilen1020.

Zudem unterschätzt das Fachpersonal die tatsächliche Nutzung von Packungsbeilagen durch die Patienten, so dass weniger als die Hälfte des Fachpersonals der Auffassung ist, dass Packungsbeilagen mehrheitlich von den Patienten gelesen werden (siehe Tabelle 22)10711072.

Tabelle 22: Auswahl von Untersuchungen zur Bewertung der Häufigkeit des Lesens von Packungsbeilagen

Autor(en) Methodik Einschätzung des Leseverhaltens

Vander Stichele, R.

H. et al.1072

Schriftliche Befragung von 535 Allge-mein- und Fachärzten in Belgien; 1990.

Nur 30 % der befragten Ärzte schätzten, dass mehr als die Hälfte ihrer Patienten die Packungsbeilage lesen.

Jürgens, J. P.; Basara, L. R.1094

Schriftliche Befragung von 438 Apo-thekern in den USA; Studienjahr unbe-kannt (Publikationsjahr 1994).

Nur 47,3 % der befragten Apotheker glau-ben, dass die Packungsbeilagen gelesen werden.

Mottram, D. R.;

Reed, C.1071

Schriftliche Befragung von 48 Apothe-kern in Großbritannien; Studienjahr unbekannt (Publikationsjahr 1997).

Nur etwa 29 % der Apotheker vermuten, dass die Packungsbeilagen von den Patien-ten mehrheitlich gelesen werden.

Dagegen gehen die Ärzte und Apotheker fälschlicherweise eher von einer verstärkten Nutzung des Internets, des Fernsehens und von Magazinen als Informationsquelle oder der Befragung ebenfalls erkrankter Menschen aus10021095. Die im Jahr 2007 von Kaboli et al. durchgeführte Studie ergab, dass etwa 17 Prozent der 145 befragten Ärzte bzw. Angehörigen des klinischen Fachpersonals annehmen, dass das Internet eine für die Patienten bedeutsame Informationsquelle ist. Dagegen wurde das Internet von lediglich sechs Prozent der 189 befragten Patienten als bedeutende Recherchemöglichkeit ge-nannt1002. Jedoch werden das Internet und Fernsehen vom Fachpersonal als ungeeignete Informations-quellen bewertet, da sie den Patienten überfordern und verunsichern könnten1023 1073. Zusätzlich unter-schätzen Ärzte und Apotheker die Nutzung von an das Fachpersonal gerichteten Informationsquellen durch die Patienten (Fachinformationen; „Physicians’ Desk Reference“ in den USA)1002 1073 1095. So glaubte in der Untersuchung von Warner et al. keiner der 62 befragten Psychologen, dass Patienten das U.S.-amerikanische Arzneimittelverzeichnis nutzen. Dagegen gaben immerhin 16 Prozent der 105 befragten Patienten an, nach Informationen in diesem Verzeichnis zu recherchieren1095. Als für den Patienten geeignete Informationen nannte das Fachpersonal in Befragungen lediglich den Arzt und Apotheker oder den Arzneimittelhersteller99310201023.

5.3 Informationen, die Packungsbeilagen aus der Sicht des