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2.2 Nationale und internationale Berichterstattungssysteme

2.2.2 Surveillance, Monitoring, Berichterstattung – Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Begriffe

2.2.2.2 Monitoring in der Praxis

Ein Monitoringsystem ist gemäß heutigem Verständnis eine problemorientierte Vielzweckeinrichtung, die unterschiedliche Funktionen hat und mit einer breiten Palette von „Produkten“ die Informationsbedürfnisse verschiedener Kunden – die Spanne reicht hier von Fachspezialistinnen und -spezialisten aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen, Sozialplanerinnen und –planern, bis hin zu den Medien und zur breiten Öffentlichkeit – befriedigt. Monitoring bzw. Monitoringsysteme werden in verschiedenen Wissenschaftsbereichen und der Wirtschaft verwendet. Eine Auswahl – differenziert nach

58 Fehr/Brand (1998:158-159)

Wiss. Theorie zur Lösung von Problemen Funktion von Monitoring

Identifikation des Problems

Theoriegeleitetes Forschungsprojekt Forschung/Forschungsergebnisse

Empfehlung und Implementierung von Maßnahmen

Erfolgskontrolle/Evaluation

(Neu-) Bestimmung des Problems

gesundheitlichen und sozialen sowie ökologischen und wirtschaftlichen Inhalten - wird nachfolgend dargestellt.

Monitoring mit gesundheitlichen und sozialen Inhalten

Monitoring kleinräumiger Entwicklungsprozesse (MKE) ist Bestandteil des Erneuerungskonzeptes für den Duisburger Stadtteil Marxloh. Das N.U.R.E.C.-Institut Duisburg richtete das MKE-Projekt Ende 1996 in Kooperation mit dem Amt für Statistik, Stadtforschung und Europaangelegenheiten in der Stadt Duisburg ein.

Aufgabenstellungen waren die Entwicklung eines edv-gestützten Instruments, die Bestandsaufnahme und Erfassung der Strukturen in sanierungsbetroffenen Stadtteilen, die Analyse der Erfolgsbedingungen sowie der Ergebnistranfer.

Die Einzelmodule des Monitoring kleinräumiger Entwicklungsprozesse wurden zu einem kleinräumigen Beobachtungssystem verknüpft, das die Zusammenhänge zwischen räumlichen Strukturmerkmalen, Meinungsbildern und Verhaltensmustern in sanierungsbetroffenen Stadtteilen erfasst. Mit Hilfe der Cluster- und Faktorenanalyse wurde eine sozialräumliche Differenzierung des Projektgebietes vorgenommen.

Geplant ist die Erweiterung des Monitoring-Instruments um Fallanalysen. Zu diesem Zweck werden weitere Messdurchgänge des Monitoring-Instruments durch Raumstrukturanalysen sowie erneute Repräsentativbefragungen durchgeführt.59

Mit dem seit 1998 laufenden Bund-Länder-Programm „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – die soziale Stadt“ hat Stadtmonitoring neue Bedeutung erlangt.

Gemeint sind mit dem Programm integrierte und stadtteilbezogene Erneuerungsansätze für benachteiligte Stadtteile, die weit über bisherige, rein städtebauliche Ansätze hinausreichen. Es geht um die intelligente Verknüpfung von Wirtschafts-, Arbeitsmarkt-, Sozial- und Infrastrukturpolitik. Der Stadtentwicklungspolitik kommt dabei eine wichtige räumliche Bündelungsfunktion zu, mit deren Hilfe die unterschiedlichen Politik- und Handlungsfelder in einem integrierten Handlungskonzept zusammengeführt werden. Entsprechende Ansätze sind bereits seit längerer Zeit in westeuropäischen Nachbarländern (insbesondere Niederlande) realisiert, insbesondere für Evaluation und Monitoring solcher Programme können hier Erfahrungen genutzt werden. Als Vorläufer und auch Vorbild des Bund-Länder-Programms gilt das in Nordrhein-Westfalen laufende Programm

„Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf“, das seit 1994 läuft.60

Das Gutachten „Sozialorientierte Stadtentwicklung“, 1998 von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Technologie in Auftrag gegeben, charakterisiert in verschiedenen Berliner Bezirken problembehaftete Gebiete. Diese Gebiete weisen Anzeichen einer beschleunigten Entwicklung der sozialen und stadträumlichen Segregation auf (u.a. wirtschaftliche Schwierigkeiten, zunehmende Verarmung, Fortzug mittlerer Einkommensschichten, ethnische Probleme). Als möglicher Lösungsweg wird die Einführung eines Quartiersmanagements unterstützt

59 Neumann (1999)

60 Zimmer-Hegmann (2001)

durch ein regionales Monitoringsystem vorgeschlagen. Es sind hier insbesondere die regionalen Bedarfe im gesundheits-, sozial- und arbeitsmarktpolitischen Bereich zu identifizieren. Durch Beobachtung (Monitoring) und Bewertung örtlicher Daten und Fakten soll dabei ein Instrument zur Planung und Steuerung der bezirklichen Angebote entstehen.

Seit 1999 sind 15 – im Jahr 2001 erweitert auf 17 – begrenzte „Gebiete mit besonderem Entwicklungsbedarf“ festgelegt worden. Die Dauer des Pilotverfahrens wurde ursprünglich auf drei Jahre festgelegt, inzwischen erfolgte eine zweijährige Verlängerung. Vor Ort sollen sogenannte QM-Teams die Bewohner und Gewerbetreibenden zur Beteiligung und Mitwirkung an Entwicklungsprozessen in ihrem Wohngebiet aktivieren, verschiedene Interessengruppen und lokale Akteure zusammenführen sowie Hilfestellung bei der Entwicklung von Projekten geben. Der Erfolg des Quartiersmanagement wird sehr kontrovers diskutiert. Ein ursprünglich als Baustein des Monitoring geplanter Überblick zu Angeboten der sozialen Unterstützung und Gesundheitsförderung ist noch nicht realisiert.61

Im medizinischen Bereich gibt es eine Vielzahl von Monitoring-Projekten, die der Überwachung von Funktionen und Funktionsstörungen, speziell auch der Überwachung von Patienten bzw. Risikoträgern dienen. Dazu zählen:62

- Interoperatives Monitoring: Sammelbezeichnung für Verfahren, die zur Überwachung von Gehirn- und Nervenfunktionen während operativer Eingriffe angewandt werden. Beispiele sind das quantitative Elektroencephalogramm zur Überwachung der Narkose-Tiefe und die somatosensorisch evozierten Potentiale in der Wirbelsäulenchirurgie.

- Durch medizinisches (bed-side) Monitoring werden die Vitalfunktionen von Patienten unter Intensivpflege kontrolliert. Ambulantes Monitoring dient der Überwachung von Menschen unter Alltagsbedingungen, z.B. von Piloten oder Astronauten während schwieriger Aufgaben, oder von Herz-Kreislauf-Patienten durch 24-Stunden-Registrierung des Elektrokardiogramms oder des Blutdrucks.

- Das Selbst-Monitoring ist eine in der Klinischen Psychologie verbreitete Methode, das Auftreten von Verhaltensstörungen und Krankheitssymptomen vom Patienten selbst registrieren zu lassen, um verhaltenstherapeutische Modifikation zu erreichen.

Monitoring mit ökologischen und wirtschaftlichen Inhalten

Im Bereich des Umweltmonitorings gibt es zahlreiche Beispiele, eins soll hier vorgestellt werden. Ein Monitoring gefährdeter Nutztierrassen und Kulturpflanzensorten führt das Monitoring-Institute for Rare Breeds and Seeds in Europe. Dabei steht der Aus- und Aufbau umfangreicher Datenbanken zur Lösung folgender Aufgaben im Mittelpunkt: 63

61 Castello (1998:9-10); SenStadt (2004b) und (2004c)

62 Fahrenberg/Myrtek (1996: 34-37); Petermann (1998: 121-123)

63 Monitoring Institute (2000)

- Erfassen und Aufzeichnen gefährdeter Nutztierrassen und Kulturpflanzensorten in Vergangenheit und Gegenwart (mapping).

- Dauernde Beobachtung der Situation und Wahrnehmung des Handlungsbedarfs (watching).

- Regelmäßige Abschätzung eines eingetretenen Handlungsdefizits und Alarmierung zuständiger Behörden (alarming).

Im Bereich der Wirtschaft gilt Monitoring als anerkanntes Instrument zur systematischen Beobachtung und Analyse der Entwicklung von Märkten und Marktpotentialen. Die Unternehmen haben erkannt, dass die Besetzung von Wettbewerbspositionen und die Sicherung von Standortvorteilen davon abhängt, inwieweit die entsprechenden Entwicklungslinien und die sich anbahnenden Veränderungen rechtzeitig erkannt, angemessen bewertet und in ihren Konsequenzen handlungsleitend umgesetzt werden können. Auf dem Markt finden sich verschiedene Institutionen, die sich auf Wirtschaftsmonitoring spezialisiert haben. So bietet beispielsweise die Deutsche Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) Monitoring als Positionsüberwachung an. Mit dem Monitoring-Service erhalten die Kunden in regelmäßigen Abständen systematisch aufbereitete Berichte. Sie zeigen die Wettbewerbsposition an, anhand einer grafischen Verlaufsstatistik können Fortschritte z.B. der Promotion-Kampagne verfolgt werden.64

Die Firma GENIOS bietet einen Monitoring-Service für Unternehmen, Institutionen und Privatpersonen an: Aus dem Bereich der Wirtschaft werden Daten und Informationen recherchiert, Suchprofile erstellt, der Aufbau von auf den Informationsbedarf zugeschnittener Datenbanken mit entsprechenden Suchmasken realisiert sowie Info-Systeme für Knowledge-Management und Risc-Management erstellt. Ziel ist die Lieferung von Inputs für das Informationsmanagement der Kunden.65

In Österreich wird ein Schulsystem-Monitoring durchgeführt: Es bietet Daten, Fakten und Analysen zur Schulentwicklung; periodische Studien über wichtige Indikatoren im Schulwesen sowie theoretische Grundlagen und Methoden.66

64 GTZ (2001)

65 GENIOS (2000)

66 BMBWK (2000)