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4 Konzept einer integrierten Gesundheits- und Sozialberichterstattung im regionalen Ansatz und seine

4.3 Methoden und Daten

4.3.1 Indikatorenbasiertes Monitoringsystem

Das definierte Beobachtungssystem soll den Vergleich gesundheitlicher und sozialer Dimensionen sowohl zwischen den Regionen Deutschlands (horizontal und vertikal) als auch im zeitlichen Verlauf ermöglichen.

222 Anmerkung: Im November 2003 fand in Berlin, organisiert vom Robert Koch-Institut, ein Workshop zu web-basierten Informationssystemen der Gesundheitsberichterstattung auf der Bund- und Länderebene statt. Eine offizielle Tagungsdokumentation gibt es nicht, einige Vorträge liegen der Autorin als Arbeitspapiere vor. Im Literaturverzeichnis zu finden unter RKI (2003 b).

Die Indikatorenauswahl erfolgte einerseits durch ein theoriegeleitetes (deduktives) Verfahren. Entsprechend diesem sog. Top-Down-Ansatz wurde ein ausgewogenes und umfassendes Datensetting zur Erfassung gesundheitlicher und sozialer Aspekte aufgestellt.

Ziel ist die Einbeziehung wesentlicher Dimensionen der Lebensbedingungen – objektive Lebensbedingungen wie auch subjektives Wohlbefinden. Auf der Grundlage der in Kapitel 2 gewonnenen Erkenntnisse gehören nach gegenwärtigem Forschungsstand dazu die Bereiche Demographie (räumliche und natürliche Bevölkerungsentwicklung), Bildung, Arbeits- und Wohnbedingungen, Gesundheitszustand und –versorgung, Einkommen und seine Verwendung, Freizeit, Partizipation, Umwelt, Mobilitätschancen, öffentliche und soziale Sicherheit. Ein weiteres Ziel des Indikatorensystems ist die Eignung für verschiedene Nutzergruppen: Einerseits soll für Politiker und die Öffentlichkeit (z.B.

Medien, Betroffene) ein schneller Überblick möglich sein, andererseits sollen für Wissenschaftler und fachwissenschaftlich orientierte Entscheidungsträger die Informationen auch in erforderlicher Tiefe vorliegen (vgl. Abbildung 4.3.2). Die Kombination eines gestuften Informationssystems und die Verwendung verschiedener sozialwissenschaftlicher Analysemethoden (deskriptive und multivariate Datenanalyse) ermöglichen die Umsetzung dieser Forderungen.

Abbildung 4.3.2: Informationsangebot und –bedarf nach Nutzergruppen

(Quelle: eigene Darstellung)

Im nächsten Arbeitsschritt wurde die Verfügbarkeit der für dieses theoretische Indikatorensystem erforderlichen Daten geprüft. Bei diesem praxisorientierten, induktiven Vorgehen – Bottum-up-Ansatz - wurde schnell deutlich, dass für die angestrebte regionale Vergleichbarkeit ausschließlich auf objektive Daten zurückgegriffen werden kann.

Verschiedene bevölkerungsstatistische und sozioökonomische Berichtssysteme liefern auf den unterschiedlichen regionalen Ebenen und mit unterschiedlicher zeitlicher Tiefe Informationen zu den o.g. Bereichen der sozialen und gesundheitlichen Lebensbedingungen der Bevölkerung Deutschlands (vgl. Kapitel 2, Abschnitte 2.2.3.4, 2.2.4.4 und 2.2.5.2 Datenquellen). Unter dieser Einschränkung wurde eine adäquate (theoriegeleitete) Gewichtung der für die einzelnen Dimensionen verwendeten Indikatoren - unter dem Focus der Einbeziehung gesundheitlicher und sozialer Aspekte und dem Wissen um ihre wechselseitige Beeinflussung - angestrebt. Des Weiteren wurde nach

Leit- und Ergänzungsindikatoren Indizes

Differenzierte Informationen für Fachwissenschaftler, fachwissenschaftlich

orientierte Entscheidungsträger Informationspyramide

hohe Aggregation

niedrige Aggregation

Übersichtliche, verdichtete Informationen für Politiker, Öffentlichkeit (Medien, Betroffene)

Leit- und Ergänzungsindikatoren Indizes

Differenzierte Informationen für Fachwissenschaftler, fachwissenschaftlich

orientierte Entscheidungsträger Informationspyramide

hohe Aggregation

niedrige Aggregation

Übersichtliche, verdichtete Informationen für Politiker, Öffentlichkeit (Medien, Betroffene)

kostengünstigen, regelmäßigen und für alle zu betrachtenden Regionen gleichermaßen verfügbaren Veröffentlichungen der im Rahmen der amtlichen Statistik erhobenen Daten gesucht.

Das entwickelte Berichterstattungssystem für den regionalen Vergleich ausgewählter deutscher Städte und der Region Berlin-Brandenburg ist eine Kombination des o.g.

deduktiven und induktiven Ansatzes. Es enthält die folgenden acht Lebensbereiche:

Abbildung 4.3.3: Bereiche des Indikatorensystems für den räumlichen und zeitlichen Vergleich gesundheitlicher und sozialer Lebensbereiche verschiedener Region Deutschlands

(Quelle: eigene Darstellung)

Die integrierte Berichterstattung über gesundheitliche und soziale Phänomene dient der Situationsanalyse der gesundheitlichen und sozialen Lage der Bevölkerung sowie der Evaluierung von Maßnahmen, Programmen und Projekten zur Verbesserung der gesundheitlichen und sozialen Lage. Im Sinne eines Frühwarnsystems soll sie rechtzeitig auf die Entstehung von gesundheitlichen und sozialen Problemfeldern hinweisen und Handlungsempfehlungen geben.

Grundsätzlich soll das Indikatorensystem für die integrierte Gesundheits- und Sozialberichterstattung ein Monitoring für folgende - als gesellschaftlicher Konsens geltende - Ziele einer nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft sein: Soziale und gesundheitliche Gerechtigkeit einschließlich der Generationengerechtigkeit, der Geschlechtergerechtigkeit sowie der räumlichen Gerechtigkeit. Die allgemeine Relevanz für die ausgewählten Bereiche des Indikatorensystems besteht deshalb in der Möglichkeit, Risikogruppen, Problemregionen und schwierige Lebensbereiche darzustellen, zu

Gesundheits-versorgung

Gesundheits-zustand

Partizipation

Wohnen

Erwerbsleben Einkommen Bildung

Demographie

Indikatoren-system – Bereiche -

Gesundheits-versorgung

Gesundheits-zustand

Partizipation

Wohnen

Erwerbsleben Einkommen Bildung

Demographie

Indikatoren-system – Bereiche

-beschreiben und zu analysieren. Jeder Lebensbereich hat darüber hinaus eine spezifische Relevanz - wie z.B. ausgeglichene Bevölkerungsbilanz, hohes Niveau der Schul- und Berufsausbildung, angemessene Einkommensverhältnisse, gleichberechtigter Zugang zu Arbeit und hohes Niveau des Gesundheitszustandes - die in der folgenden Übersicht dargestellt wird:

Tabelle 4.3.1: Spezifische Relevanz der einbezogenen acht Dimensionen des Indikatorensystems für den räumlichen und zeitlichen Vergleich verschiedener Regionen

Bereich Relevanz

Demographie - Die demographische Struktur stellt den engeren Rahmen dar, in dem sich soziale Situationen und Lebenslagen entwickeln. Bevölkerungszahl und -struktur sind Grundlage für viele Berechnungen in anderen Bereichen (z.B.

Krankenhausbetten je 1.000 Einwohner).

- Demographische Angaben bilden auch Werteinstellungen ab, so spiegelt sich z.B. in der Zahl der Kinder die Einstellung zu Kindern und Familie wider, das Wanderungsgeschehen kann Gradmesser für den Wert gutes Wohnen sein.

- Die Bevölkerungsdichte ist als generelles Maß der regionalen Bevölkerungsverteilung mit einer Vielzahl von weiteren Strukturmerkmalen verknüpft. So ist die Verteilung der Bevölkerung im Raum und der Grad ihrer Konzentration wesentlich z.B. zur Beurteilung des Arbeitsmarktes, der Auslastung von Infrastruktur.

- Die Alters-, Geschlechts- und Nationalitätsstruktur der Bevölkerung und ihre Veränderungen sind Ausgangspunkte für Lebenslagen. Ihre Ausprägung ist Grundlage für Bedarfsabschätzungen hinsichtlich schulischen Infrastrukturbedarfs, Ausbildungs- und Berufseinstiegsmöglichkeiten, des Erwerbspotentials oder auch spezifischen Infrastrukturbedarfs (z.B. ambulante, teilstationäre und stationäre Betreuung, Kindertagesstätten, Schulen, Freizeiteinrichtungen).

- Jugend- und Altenquotienten zeigen, in welchem Umfang durch junge Menschen bedingte Bildungskosten und für alte Menschen bedingte Versorgungskosten für die erwerbsfähige Bevölkerung auftreten. Sie sind zugleich Hinweis auf den Bedarf entsprechender sozialer und gesundheitlicher Infrastruktur.

- Wanderungen – als räumliche Bevölkerungsbewegung neben der natürlichen – weisen auf Qualitäts- bzw. Attraktivitätsdisparitäten von Regionen hin. Sie haben in Deutschland den größten Einfluss auf Veränderungen der Bevölkerungsstruktur.

Bildung - Die schulische, berufliche und universitäre Aus- und Weiterbildung sind wesentliche Merkmale zur Charakterisierung der Chancen des Einzelnen aber auch der Potentiale bestimmter Regionen (Humankapital).

- Erreichte Schulabschlüsse bilden eine wesentliche Vorrausetzung für die Integration der Menschen in das Erwerbsleben, sie charakterisieren soziale Lagen.

- Der Bildungsgrad hat großen Einfluss auf das Arbeitslosigkeits-, Sozialhilfe- und Armutsrisiko von Einzelpersonen und Familien.

Bereich Relevanz

- Bildung ist eine wesentliche Voraussetzung für gesundheitsbewußtes Verhalten (z.B. Alkohol- und Nikotinmissbrauch, mangelnde Bewegung) und hat damit unmittelbaren Einfluss auf den Gesundheitszustand (z.B.

Auftreten lebensstilbedingter chronischer Krankheiten und bestimmter als vermeidbar definierter Todesursachen bzw. vorzeitige Sterblichkeit) der Menschen.

- Die Differenzierung nach Geschlecht und Nationalität charakterisiert die Gleichberechtigung oder Benachteiligung bestimmter Bevölkerungsgruppen.

- Die Versorgung mit Kindergartenplätzen hat einerseits Relevanz für den Bildungsinput für die Jüngsten der Bevölkerung, andererseits kann ein KITA-Platz für Mütter und Familien Voraussetzung für ihre Beteiligung am Arbeitsmarkt sein.

- Das Gesamtangebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen misst das Verhältnis zwischen Bedarf und Kapazität auf dem Ausbildungsmarkt und weist auf regionale Überangebote bzw. Defizite hin.

- Hochschulen und Fachhochschulen sind Ausdruck für in der Region vorhandene hochwertige Bildungsinfrastruktur und zugleich für das in der Region ausgebildete Potential an hochqualifizierten Arbeitskräften.

Einkommen - Einkommen haben eine zentrale Relevanz für die Beschreibung sozialer Lagen. Sie zeigen den Bedarf an sozial- und arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen.

- Personen und Haushalte mit niedrigen Einkommen (auch bedingt durch geringfügige Beschäftigung) und längerem Bezug von Transfereinkommen (bedingt durch Arbeitslosigkeit und/oder Sozialhilfeberechtigung) haben hohe Armutsrisiken.

- Neben den ökonomischen Auswirkungen hat die Höhe des Einkommens und die Beteiligung am Erwerbsleben Einfluss auf die Bildungsbeteiligung, die Wahrnehmung von Gesundheitsangeboten und Freizeitaktivitäten sowie insgesamt die Beteiligung am gesellschaftlichen Leben.

- Die Differenzierung nach Geschlecht und Nationalität charakterisiert die Gleichberechtigung oder Benachteiligung bestimmter Bevölkerungs-gruppen hinsichtlich ihrer ökonomischen Situation und ihrer Integration in den Arbeitsmarkt.

- Für die Arbeitslosigkeit von Frauen ist von einer Unterschätzung durch den hohen Anteil der „stillen Reserve“, d.h. nicht beim Arbeitsamt gemeldeter Arbeitssuchender auszugehen.

- Das Ausmaß der Jugendarbeitslosigkeit kann ein Hinweis auf mangelhafte schulische und betriebliche Ausbildung sein. Während das Ausmaß der Arbeitslosigkeit älterer Arbeitnehmer Hinweis auf den Strukturwandel und die Dauerhaftigkeit der regionalen Arbeitslosenproblematik ist.

Erwerbsleben - Die Erwerbstätigkeit – nach Art, Zeitumfang und Qualifikation - hat eine zentrale Relevanz für die Beschreibung sozialer Lagen. Sie dient einerseits der Sicherung des Lebensunterhaltes, darüber hinaus aber auch der persönlichen Selbstentfaltung.

Bereich Relevanz

- Die Entwicklung und Struktur der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (Arbeiter, Angestellte, Personen in beruflicher Ausbildung, die in gesetzlicher Versicherung pflichtversichert sind d.h. ohne Berücksichtigung von Beamten, Selbständigen, mithelfenden Familienangehörigen und geringfügig Beschäftigten) gilt als Maß der dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze. Je nach Region werden damit 65 bis 85 % aller Erwerbstätigen erfasst.

- Die Beschäftigungsstruktur zeigt die Modernität einer Region an: ein hoher Anteil Beschäftigter im Tertiären Sektor (Wirtschaftsbereiche Handel, Nachrichtenübermittlung, Kredit und Versicherung, sonstige Dienstleistungen, Staat und Organisationen, Gebietskörperschaften und Sozialversicherung) signalisieren moderne, zukunftsfähige Tätigkeitsstrukturen mit hohen Bildungsvoraussetzungen.

- Die Qualifikation der Erwerbstätigen ist Hinweis auf die Arbeitsplatzsicherheit (hohe Arbeitsplatzgefährdungen im Primären und Sekundären Sektor (Wirtschaftsbereiche Land- und Forstwirtschaft, Tierhaltung bzw. klassische Produktionsbereiche, wie Bergbau, Baugewerbe) und zugleich Hinweis auf die Beschäftigungsstruktur der Region.

- Einpendlerüberschüsse charakterisieren einen Überschuss an Arbeitsplätzen (nach Wirtschaftsbereichen und Qualifikationsniveau) bezogen auf die ansässige Bevölkerung, während hohe Auspendlerüberschüsse ein Defizit an Arbeitsplätzen zeigen.

- Die Differenzierung nach Geschlecht charakterisiert die Gleichberechtigung oder Benachteiligung von Frauen und Männern hinsichtlich ihrer Beteiligung am Erwerbsleben.

Wohnen - Die Versorgung mit Wohnraum nach Art, Qualität, Ausstattungsmerkmalen und Preis – ist für Personen und Familien wichtiges Kriterium für die Verwirklichung von Lebensplänen, die Gestaltung beruflicher und Freizeitaktivitäten und damit Ausdruck der sozialen Lage.

- Die Ausstattungsmerkmale der Wohnung (Bad, Warmwasser, Zentralheizung), die Höhe der für die einzelnen Bewohner zur Verfügung stehenden Wohnfläche sowie die Wohnumgebung (Lärmbelastung, Grün- und Spielflächen) sind abhängig vom Einkommen und haben Auswirkungen auf den physischen und psychischen Gesundheitszustand der Menschen.

Partizipation - Die Teilnahme und Mitgestaltung der Bevölkerung am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben ist wesentlich für die Stabilität des Gemeinwesens. Die Statistik hat nur wenige Möglichkeiten, um das vielfältige soziale und politische Engagement abzubilden (z.B.

Mitgliedschaft in Parteien und Gewerkschaften, Religionszugehörigkeit).

- Die Wahlbeteiligung gilt als allgemeinster Gradmesser für das politische Engagement der Bevölkerung.

Gesundheitszustand - Zwischen sozialer Lage (z.B. Einkommen, Erwerbstätigkeit, Bildung) und

Bereich Relevanz

Gesundheit besteht ein enger Zusammenhang. So wirken sich soziale Faktoren auf die physische und psychische Gesundheit der Menschen aus, andererseits ziehen gesundheitliche Einschränkungen (z.B. Behinderung, chronische Krankheiten) soziale Veränderungen (wie z.B. Arbeitslosigkeit, Sozialhilfebezug infolge von Pflegebedürftigkeit) nach sich.

- Der Gesundheitszustand der Bevölkerung wird neben der Inanspruchnahme gesundheitlicher Angebote, der Struktur und Kosten des Gesundheitswesens im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung (GBE) ausführlich und regelmäßig dargestellt. Für das Indikatorensystem der integrierten Gesundheits- und Sozialberichterstattung wird ein Schlüsselindikator für den Gesundheitszustand – die Lebenserwartung – herausgegriffen. Die weiteren Ergebnisse der GBE können, ausgehend von dem Knotenpunkte Lebenserwartung, für tiefere Beschreibungen und Analysen herangezogen werden.

Gesundheitsversorgung - Zwischen Gesundheitszustand und sozialer Lage besteht ein enger Zusammenhang. Die verfügbaren Angebote der gesundheitlichen Infrastruktur sind ein Hinweis auf die Qualität der Gesundheitsversorgung:

ein dichtes Netz von Angeboten kann Ausdruck von Vielfalt der medizinischen Versorgungslandschaft sein und zugleich bietet es für Akutkranke, Alte, Familien mit Kindern eine schnelle Erreichbarkeit.

- Die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung wird neben dem Gesundheitszustand, der Inanspruchnahme gesundheitlicher Angebote, der Struktur und Kosten des Gesundheitswesens im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung (GBE) ausführlich und regelmäßig dargestellt. Für das Indikatorensystem der integrierten Gesundheits- und Sozialberichterstattung wurden Schlüsselindikatoren der medizinischen Versorgung – Ärzte und Krankenhausbetten je 1.000 Einwohner – herausgegriffen. Die weiteren Ergebnisse der GBE können, ausgehend von dem Knotenpunkt ärztliche und stationäre Versorgung, für tiefere Beschreibungen und Analysen herangezogen werden.

(Quelle: eigene Darstellung)

Unter Berücksichtigung der wissenschaftstheoretischen, funktionalen, nutzerorientierten und praktischen Anforderungen zur Aufstellung von Indikatoren und –systemen (vgl.

Abschnitt 3.1 Indikatorensysteme) enthält das Indikatorensystem für eine integrierte Gesundheits- und Sozialberichterstattung folgende Elemente:

Einzelindikatoren: Sie bilden die Grundlage für die acht Dimensionen des Indikatorensystems.

- Aus mathematisch-statistischer Sicht sind dies überwiegend Quotienten zweier in Beziehung stehender Größen (z.B. Jugendquotient – Anteil der unter 15jährigen an den 15 bis unter 65jährigen in Prozent; Krankenhausbetten je 1.000 Einwohner), ein Indikator ist eine Absolutgröße (z.B. Fläche in km2) und der Indikator Lebenserwartung stellt eine komplexe Maßzahl dar.

- Dem Typ nach sind alle einbezogenen Indikatoren deskriptive Indikatoren, sie dienen der Beschreibung der Ist-Situation und erlauben keine Aussagen zur Kausalität.

o Für alle Indikatoren ließen sich durch Erweiterung des Indikatorensystems Dynamik-Indikatoren aufstellen, die eine Veränderung gesundheitlicher und sozialer Phänomene im Zeitverlauf für die einzelnen Dimensionen abbilden (z.B. Deskriptiver Indikator: Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss an den Schulabgängern des Jahres x in Prozent, Dynamik-Indikator: Veränderung des Anteils der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss des Jahres x gegenüber dem Jahr y gemessen an Schulabgängern des entsprechenden Jahres in Prozent).

o Für die Hälfte der acht Dimensionen – für die anderen standen entweder Differenzierungen, wie Staatsangehörigkeit im Vordergrund oder entsprechende Daten waren nicht verfügbar - wurden geschlechterdifferenzierte Indikatoren verwendet (z.B. Anteil der weiblichen sozialversicherungspflichtig (sv) Beschäftigten an allen sv Beschäftigten). Damit wird die Beteiligung am Arbeitsmarkt bzw. mit anderen Indikatoren z.B. der Gesundheitszustand von Frauen und Männern dargestellt und ermöglicht Aussagen zur Gendergerechtigkeit. Das Indikatorensystem erlaubt auch an dieser Stelle eine Erweiterung durch die Aufstellung von Gleichstellungsindikatoren: Einerseits kann durch Differenzierungen z.B. des genannten Indikators Anteil der weiblichen sozialversicherungspflichtig (sv) Beschäftigten an allen sv Beschäftigten in Wirtschaftsbereiche, Qualifizierungsniveau, Teilzeit- bzw.

Vollzeitbeschäftigung die Gendergerechtigkeit gemessen werden.

Andererseits erlaubt die Aufstellung von Dynamik-Indikatoren die Beurteilung des Genderfortschritts, d.h. wie haben sich Zugangs- und Lebensmöglichkeiten bzw. der Gesundheitszustand von Frauen und Männern verbessert.

o Ausgehend von Zielvariablen entsprechender Nachhaltigkeitskonzepte (z.

B. hohes Niveau des Gesundheitswesens, ein hohes Niveau der Schul- und Berufsausbildung) können einige der aufgestellten Indikatoren die statistische Abbildung von Nachhaltigkeit (z.B. Lebenserwartung) abbilden, andere müssen – auch in Kombination mit prognostischen Indikatoren, die sich z.B. an Werten anderer Regionen orientieren – aufgestellt und in das Indikatorensystem integriert werden.

- Grundsätzlich wurde für jeden Bereich die Unterscheidung in Leit- und Ergänzungsindikatoren angestrebt. Leitindikatoren, im Sinne von Schlüsselindikatoren, beschreiben den jeweiligen Lebensbereich hinreichend genau. Ergänzungsindikatoren differenzieren die Leitindikatoren in Bezug auf Altersgruppen, Nationalität und Geschlecht (vgl. Tab. 4.3.2). Für die Bereiche Partizipation, Gesundheitszustand und –versorgung wurden in Ermanglung geeigneter – für alle Regionen gleichermaßen verfügbarer - Indikatoren ausschließlich Leitindikatoren aufgestellt.

Aggregierte Indikatoren: Ausgehend von den Einzelindikatoren wurden zur Verdichtung der Informationen unter Verwendung der Faktorenanalyse Indizes berechnet (zu Einzelheiten der Variablenauswahl und Bildung der Indizes vgl.

Abschnitte 4.4.1.2 und 4.4.2.2).

Das oben beschriebene System zeigt die Einbeziehung von Indikatoren und gleichzeitig die Erweiterungsmöglichkeiten hinsichtlich inhaltlicher Aspekte (Geschlecht, Nationalität), zeitlicher Dimension, struktureller Aspekte (Ergänzung um weiterer Indikatoren zur Abbildung des Prozesses der Erhaltung und Wiederherstellung von Gesundheit). Damit beweist das Konzept eine hohe Flexibilität und bestätigt gleichzeitig den theoretisch begründeten „Mut zur Lücke“. Ein Indikatorensystem für eine integrierte Gesundheits- und Sozialberichterstattung kann nicht alle Facetten des Themas abbilden, es muss jedoch ausreichend Schnittstellen für die Integration zusätzlicher Module bieten.

Insgesamt enthält das Beobachtungssystem für acht Lebensbereiche 49 Indikatoren, 19 Leitindikatoren und 30 Ergänzungsindikatoren. Die einzelnen Indikatoren sind der Tabelle 4.3.2 zu entnehmen.

Tabelle 4.3.2: Indikatorensystem für den räumlichen und zeitlichen Vergleich verschiedener Regionen Deutschlands - Bereiche und Indikatoren

Indikator Bereich

(Kurzbe-zeichnung)

Ziel

Leitindikator (L) Ergänzungsindikator (E) 1. Demographie

(DEM)

- ausgeglichene Bevölkerungs-bilanz

- Befriedigung der individuellen Bedürfnisse der Familienbildung - Verbesserung

der Integration von Migranten

- Bevölkerungsdichte - Ausländeranteil in % -

Gesamtwanderungs-saldo je 1.000 Einwohner

- Natürlicher Saldo je 1.000 Einwohner - Anteil der unter

15jährigen an den 15 bis unter 65jährigen in

% (Jugendquotient) - Anteil der 65jährigen

und älteren an den 15 bis unter 65jährigen in

% (Altenquotient)

- Fläche in km2 - Frauenanteil in % - Fertilitätsrate

- Außenwanderungssaldo je 1.000 Einwohner

- Binnenwanderungssaldo insgesamt je 1.000 Einwohner

- Binnenwanderungssaldo der Deutschen je 1.000 Deutsche

- Binnenwanderungssaldo der Ausländer je 1.000 Ausländer

- Anteil der Einwohner von 75 Jahren und älter an den Einwohnern in %

- Anteil der Frauen 75 Jahre und älter an den Einwohnern 75 Jahre und älter in %

2. Bildung (BIL)

- Wahrung der Entwicklungs-chancen für die junge Generation - hohes Niveau der

Schul- und

Berufsaus-- Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss an den Schulabgängern in

%

- Schulabgänger mit Hochschulreife an den Schulabgängern in %

- Kindergartenplätze je 100 Einwohner <6 Jahre - Anteil der Ausländer an

den Schülern in % - Anteil der Ausländer in

Grund- und Hauptschulen an den Schulen dieser

Indikator Bereich

(Kurzbe-zeichnung)

Ziel

Leitindikator (L) Ergänzungsindikator (E) bildung

- Verbesserung der Integration von Migranten

- Kurse an

Volkshochschulen je 10.000 Einwohner

Schulform in % - Anteil der Ausländer in

Real-, Gesamtschulen und Gymnasien an den Schülern dieser Schulform in % - Gesamtangebot an

betrieblichen

Ausbildungsplätzen je 100 Nachfrager in % - Studenten an

wissenschaftlichen HS und FS je 1.000 Einwohner 3. Einkommen

(EIN)

- Sicherung der sozialen Stabilität - Wahrung der

Generationen-gerechtigkeit - angemessene Einkommens-verhältnisse -

gleichberechtig-ter Zugang zu Arbeit - Verminderung

der Abhängigkeit von staatlichen Transfer-leistungen - Verbesserung

der Integration von Migranten

- Empfänger laufender Hilfe zum

Lebensunterhalt außerhalb von

Einrichtungen je 1.000 Einwohner

- Anteil der Arbeitslosen an den Arbeitnehmern in %

- Empfängerinnen laufender Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von

Einrichtungen je 1.000 Frauen

- Anteil ausländischer Empfänger laufender Hilfe zum

Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen an den Empfängern laufender Hilfe zum

Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen in % - Haushalte, die Empfänger

von Mietzuschuss (spitz) sind, je 1.000 Haushalte - Arbeitslose Frauen je

1.000 Frauen im Alter von 15 bis unter 65 Jahren - Anteil der arbeitslosen

Ausländer an den Arbeitslosen in % - Arbeitslose unter 25 Jahre

je 1.000 Einwohner im Alter von 15 bis unter 25 Jahren

- Arbeitslose 55 Jahre und älter je 1.000 Einwohner im Alter von 55 bis unter 65 Jahren

- Anteil der Arbeitslosen, 1 Jahr und länger arbeitslos, an den Arbeitslosen in % 4. Erwerbsleben

(ERW)

- Befriedigung der individuellen Bedürfnisse nach Arbeit

- Gleichberechtig-ter Zugang zu

- Beschäftigungsdichte - Pendlersaldo je 1.000

sv Beschäftigte

- Anteil der weiblichen sv Beschäftigten an den sv Beschäftigten in % - Anteil der Teilzeit sv

Beschäftigten an den sv Beschäftigten in %

Indikator Bereich

(Kurzbe-zeichnung)

Ziel

Leitindikator (L) Ergänzungsindikator (E) Arbeit

- hohes Niveau der Schul- und Berufsaus-bildung - Verbesserung

der Integration von Migranten

- Anteil der weiblichen Teilzeit sv Beschäftigten an den Teilzeit sv Beschäftigten in % - Anteil der sv

Beschäftigten mit geringer Qualifikation an den sv Beschäftigten in % - Anteil der sv

Beschäftigten mit hoher Qualifikation an den sv Beschäftigten in % 5. Wohnen

(WOH)

- Befriedigung der individuellen Bedürfnisse nach adäquater Versorgung mit Wohnraum

- Personen je Raum - Anteil Einpersonen-Haushalte in %

- Wohnfläche je Einwohner in m2

6. Partizipation (PAR)

- Teilhabe- und Gestaltungsmög-lichkeiten auf staatlicher und nichtstaatlicher Ebene

- Wahlbeteiligung Bundestagswahl in %

7. Gesundheits-zustand (GZ)

- hohes Niveau des Gesundheits-zustandes

- Mittlere

Lebenserwartung Männer in Jahren - Mittlere

Lebenserwartung Frauen in Jahren 8.

Gesundheits-versorgung (GV)

- hohes Niveau der Gesundheits-versorgung

- Ärzte je 100.000 Einwohner

- Krankenhausbetten je 10.000 Einwohner (Quelle: eigene Darstellung)