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Methoden zur Untersuchung der Wiederkäuervormagenfunktion

5.4 Pansen und Haube

5.4.1 Methoden zur Untersuchung der Wiederkäuervormagenfunktion

Die im folgenden Kapitel beschriebenen Methoden hatten folgende Untersuchungsziele:

- Weg der aufgenommenen Nahrung - Motorik der Vormägen

- Motorik des Wiederkauens

- Zusammensetzung der Pansengase

- pH-Wert und Temperatur in den Vormägen

- Mikrooganismen und Verdauung im Vormagensystem 5.4.1.1 Pansenfistel

Um das Vormagensystem der Wiederkäuer möglichst minimal-invasiv und ohne Beeinflus-sung der physiologischen Funktionen studieren zu können, wurde bereits 1832 von FLOU-RENS die Pansenfistelmethode entwickelt (LOHSE 2000, S. 19) und mehrfach später ge-nutzt: STIGLER (1931), TRAUTMANN und SCHMITT (1933a), BRÜGGEMANN (1935), KRZYWANEK und QUAST (1936), NICHOLS (1947), QUIN und VAN DER WATH (1939), u.a.

Da QUIN et al. in Südafrika in den Jahren 1930-1950 eine der detailliertesten Beschreibungen zur Pansenfistulierung lieferten, die sich bis heute durchgesetzt hat, soll auf deren Methode besonders eingegangen werden. Als Pansenfistelrohre bevorzugten die Autoren Rohre aus Ebonit, da sie nicht wie Metallrohre der Korrosion unterliegen.

Vier bis sechs Wochen vor dem Eingriff wurden die Tiere einzeln gehalten und mit einer Ta-gesration von 300 g Heu und 360 g Mais gefüttert. 24-48 Stunden vor der Operation ließen die Autoren die Tiere hungern.

Eine Schmerzausschaltung der Tiere wurde durch eine intravenöse Verabreichung von Chlo-ralhydrat erzielt. Nach chirurgischer Vorbereitung des OP-Feldes erfolgte 5 cm caudal der letzten Rippe und parallel zum Rippenbogen ein ca. 20 cm langer Schnitt durch die Bauch-wand.

Nach Eröffnung der Bauchhöhle konnte der dorsale Pansensack mit einer Pansenfasszange von den Autoren gegriffen und durch die Wunde nach außen gezogen werden. Mit Catgut (Stärke 1) legten QUIN et al. (1938) eine Tabaksbeutelnaht an, wobei Pansenwand und Peri-toneum vereinigt wurden. Mitten im abgenähten Feld wurde ein zwei cm langer Schnitt ge-setzt, durch den das Pansenfistelrohr durchgeschoben werden konnte. Durch das Zuknoten der Tabaksbeutelnaht wurde das Pansenfistelrohr am Pansen fixiert.

Das nach außen reichende freie, flexible Ende des Rohres konnten die Autoren durch das Omentum majus stoßen und durch ein zweites Loch, im Winkel zwischen der letzten Rippe und den Querfortsätzen der Lendenwirbel, nach außen führen und dort festnähen. Somit wur-de wur-der Pansen mit wur-dem großen Netz an wur-der Bauchwand fixiert. Pansenfistulierte Tiere konnten nach Angaben des Autors über Monate hinweg bei gutem Allgemeinbefinden diese Fisteln behalten (Abb. 5.5).

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Abbildung 5.5: Schafe mit geschlossenen Pansenfisteln (QUIN et al. 1938) 5.4.1.2 Röntgenkontrastmittel

Die Entdeckung von Röntgenstrahlen durch W. RÖNTGEN im Jahre 1895 (BERGMANN et al. 1987) und die fortgesetzte Entwicklung von Röntgenbildern und -kontrastmittel ermöglichte erstmals CZEPA und STIGLER (1925) Einblicke in die Passage der Ingesta im Magen-Darm-Trakt von Wiederkäuern.

Nach oraler Eingabe von dem Röntgenkontrastmittel Bariumsulfat konnten die Autoren durch eine Serie von angefertigten Röntgenbildern die Passage des Kontrastmittels und somit auch die Passage des Futters durch den Magen-Darm-Trakt verfolgen.

Nachteile dieser Methode:

- Die Vormägen können mit Kontrastbrei nicht ausreichend gefüllt werden, da sonst die physiologischen Magenfunktionen beeinträchtigt werden.

- Die zur Anfertigung der Röntgenbilder notwendige Seitenlage der Tiere ist unphy-siologisch und beeinträchtigt den Transport großer Nahrungsmengen

- Um die genaue Passagerate und Funktion der Vormägen darzustellen, müssten die Röntgenaufnahmen in so hoher Frequenz erfolgen, dass es für den Versuch unrea-lisierbar ist (WESTER 1930d)

- Nach TRAUTMANN (1932b) wirkt Bariumsulfat mazerierend auf Schleimhäute und submuköses Gewebe. Eine kurz nach den Versuchen vorgenommene Tötung einiger Versuchstiere ergab, dass sich die Schleimhaut der Vormägen nach An-wendung von Bariumsulfat ohne Substanzverlust löste. Durch Gaben von Citoba-rium konnten diese Schleimhautveränderungen vermieden werden.

5.4.1.3 Methode zur Bestimmung der Futterpassagedauer

Zur Bestimmung der Futterpassagedauer durch die Vormägen oder den gesamten Verdau-ungskanal sowie für die partielle (Vormägen) oder Gesamtverdaulichkeit wurden nicht-resorbierbare „Marker“ benutzt, die vollständig mit dem Kot ausgeschieden wurden.

Für die Erfassung der Futterpassage durch die Vormägen benutzten MOORE et al. (1932), AKSSENOWA (1932) und PHILLIPSON (1939) Pansen und Labmagenfisteln um die Vor-gänge zu beobachten.

Die Verweildauer von Kasein im Pansen bestimmte KICK (1936) anhand von Untersuchun-gen des Panseninhaltes (Fisteln) und des Kotes der Tiere.

HOELZEL (1930) verfütterte Glasperlen an Rinder, EWING und SMITH nutzten 1917 kleine Gummibälle, die Rindern oral verabreicht und im Kot nach Abschluss der Futterpassage wie-der gesammelt wurden, um die Passagedauer zu bestimmen. MOORE und WINTER

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(1934) bestimmten ebenfalls die Passagegeschwindigkeit bei Rindern mit Gummibällen und Eisenoxid.

1930 fütterten LENKEIT und HABECK Schafe mit Hafer, welcher mit Farbstoffen (Fuchsin-Diamant) stabil sowie physiologisch indifferent gefärbt war. Nach zweiwöchiger Anfütte-rungsperiode wurden täglich in jeweils 5 g des Tagesmischkotes die ausgeschiedenen gefärb-ten Futterreste erfasst und die Passagedauer festgestellt. Einen ähnlichen Versuchsaufbau nutzten u.a. USUELLI (1933) und BALCH (1950a,b), um die Passagedauer bei Schafen und Rindern zu bestimmen. Als Farbstoffe wurden jedoch Magenta, Rhodamin B, Brilliant-Grün und Kristall-Violett verwendet.

Die Nutzung von Chromoxid, um die Passagerate und Verdaulichkeit des Futters zu bestim-men, wurde 1918 von EDIN vorgeschlagen; einige Jahre später, 1950, verabreichten KANE et al. diese Substanz erstmals an Rinder.

5.4.1.4 Pansenfenster

Obwohl Pansenfisteln bereits seit dem 19. Jh. zur Beobachtung der Pansenmotorik verwendet wurden, konnte von TRAUTMANN (1932b) eine bessere Betrachtung durch Anlegen von Pansenfenstern ermöglicht werden.

Hierbei wurde bei Ziegen ein Stück von 10x 20 cm aus der seitlichen Bauchwand entfernt, so dass die kaudalen Anteile des dorsalen und ventralen Pansensackes sowie die Endblindsäcke in ihren kranialen Abschnitten von außen zu erkennen waren. Die zwischen den Pansenabtei-lungen bestehenden Furchen ließen bei Beobachtung des Pansens durch das Fenster eine ein-wandfreie Orientierung zu.

Eine Betrachtung für längere Zeit war jedoch nicht möglich, da nach Angaben des Autors bereits einige Tage nach Einsetzen des Fensters von der Pansenoberfläche Fibrin ausgeschie-den wurde, wodurch die Beobachtung zunehmend erschwert wurde.

5.4.1.5 Druckmessung zur Beurteilung der Vormagenmotorik

BRÜGGEMANN beschrieb 1935 die Doppelballonmethode zur Aufzeichnung einer Druck-verlaufskurve zur Darstellung der Pansenbewegungen (Abb. 5.6).

Hierzu führte der Autor einen kleinen, an einem Glasrohr befestigten, aufblasbarer Gummi-ballon durch eine Fistel in den Pansen ein. Am anderen Ende des Rohres befand sich ein gleichartiger Ballon, der in ein Gefäß, gefüllt mit Wasser, eingetaucht war. Der Luftraum über dem Wasser stand in den Versuchen mit einer Marey´schen Kapsel in Verbindung, die eine Druckkurve der Magenbewegungen aufzeichnen konnte.

Abbildung 5.6: Aufbau der Doppelballonmethode (BRÜGGEMANN 1935)

a. Großer Gummifingerling, der in den Pansen eingeführt wird

b. Durchbohrter Gummistopfen (Der Fingerling wird luftdicht hier am Stopfen befestigt) c. Zweiter Gummistopfen

d. Dreiweghahn

e. Kleiner Gummifingerling

f. Kleine Saugflasche, mit Wasser gefüllt g. Schlauch, der zur Marey´schen Kapsel führt

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Eine Alternative, um die Vormagenmotorik ohne Röntgen oder Pansenfisteln zu beurteilen, wurde 1949 von DOUGHERTY und CRUMB beschrieben. Diese Autoren benutzten einen Druckmesser an der Flanke, der die Druckveränderungen an einen Schreiber weiterleitete.

Die Aufzeichnungen glichen denen der Doppelballonmethode, allerdings wurde diese Metho-de nicht-invasiv durchgeführt und barg somit weniger Komplikationen als ein operativer Ein-griff.

5.4.2 Ergebnisse der Untersuchungen