6.1 Allgemeine Grundlagen für den Energieumsatz und den Eiweißstoffwechsel
6.1.3 Blutanalysen
Bis 1900 lagen noch keine Analysen des Blutzuckers bei Wiederkäuern vor (KLEMME 2003, S. 126). Erste Ergebnisse wurden zu Beginn des 20. Jh. veröffentlicht (Tab. 6.2).
Dass der Blutzucker im Plasma gelöst vorlag, wurde 1910 von LYTTKENS und SANDGREEN bei Wiederkäuern beschrieben. Im selben Jahr gelang RONA und TAKA-HASHI der Nachweis von geringen Mengen an Dextrose in den Blutkörperchen. Bei einer postpranialen Hyperglykämie stieg in Versuchen von FRANK (1911) bei Menschen der Ge-halt von gelöster Dextrose im Blutplasma stark an, während die Erythrozyten lediglich eine geringe Steigerung des Zuckergehaltes aufwiesen.
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Bei den Blutzuckeruntersuchungen der Wiederkäuer sollten Normalwerte, der Einfluss von Umweltfaktoren (Futter, AVDEEVA et al. 1922), Trächtigkeit (SCHEUNERT und v.
PELCHRZIM 1923, TEICHMAN und LOGISCHEN 1932), die Regulation sowie Verände-rungen bei Krankheiten („Galt“-Mastitis, WIDMARK und CARLENS 1925) ermittelt wer-den. Später wurde der Blutzucker besonders häufig bei Ketosefällen analysiert. Diese Be-stimmungen wurden bald zur Routine.
Tabelle 6.2: Publikationen zum Blutzuckergehalt bei Wiederkäuern Jahr Land Autor/en Blutzucker (mg/
100 ml Blut)
1922 F AVDEEVA et al. 65,0 Kein Anstieg nach kohlenhyd-rat-reichem Futter
1923 D BANG 80,0
62,5-82,5 Während Verdauung 1923 D SCHEUNERT, v.
PELCHRZIM 66,7-100 Nüchtern
40,0-61,0 Milchkühe
63,0 Kuh, unmittelbar nach Kalbung 72,0 Kuh, 1 Std. nach Kalbung
LOGI-SCHEN (starke
Schwan-kungsbreite)
Rinder
1932 USA HODSON et al. Milchkühe, Variationsfaktoren 1933 UK ALLCROFT 60,0-70,0 Laktierende Kühe
28,0-51,0 Milchkühe, Vollblut 1933 USA TURK, WORK
33,7-53,6 Milchkühe, Plasma
1935 UK BODDIE Ketose-kranke Kühe
1935 AR CAMPORI 40,0-70,0 Milchkühe
125 Neugeborene Kälber
54,4 1-jährige Jungtiere
52,0 Färsen
104 Kälber (Durchschnitt)
81,0 Kälber (vor Fütterung) 1939 USA KENNEDY et al.
129 Kälber (nach Fütterung)
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Jahr Land Autor/en Blutzucker (mg/
100 ml Blut)
Bemerkung
118 Untersuchung zur Glukosetole-ranz: 1 Std. nach Inj. Von 0,1 g / kg Glukose
168 1 Std. nach Inj. Von 0,2 g / kg Glukose
1945 UG BELL, JONES
253 1 Std. nach Inj. Von 0,5 g / kg Glukose
1947 UK ALLCROFT 41-70 Ketose-kranke Kühe
100 Neugeborene Kälber
1950 USA McCANDLESS, DYE
60,0 Kälber, 6 Wo. alt SCHAFE
1923 D SCHEUNERT, v.
PELCHRZIM
51,1-89,9
1923 D BANG 70,0
1927 D KLIENEBERGER 54,0-61,0
1928 D VÖLKER 51,8 Normalwerte
1931 D OTTO 51,0
1933 D KRZYWANEK,
BRÜGGEMANN
51,0 Einfluss von Glukosefütterung (keiner)
1933 UK ALLCROFT, STRAND
51,0 Einfluss von Glukosefütterung, Schafe u. Lämmer (keiner)
1936 D BRÜGGEMANN 58,30 +/- 0,22
1937 D KRZYWANEK,
HOFMANN 20,0 Nach Insulininjektionen, Schafe
1938 UK SNOOK, GODDEN Schafe um den Geburtszeit-punkt, neugeborene Lämmer;
Ketonkörper
1940 USA ELDER, UREN Ketosekranke Schafe
1946 USA SHAW, DAUGHER-TY
Tragende Schafe: eiweißreiche
vs. eiweißarme Rationen 38,4 +/- 3,06 Australische Schafe 1950 AUS REID
39,1 +/- 3,37 Englische Schafe ZIEGEN
1923 D BANG 70,0
1925 D SCHUHECKER 49,0-64,0
44,0 (Serum: 52)
48,3 Durchschnitt, tragende Ziegen
1928 D VÖLKER
63,0-74,0 Männlich, 2-5jährig 1933 USA CUTLER 24,0-63,0 (45) Insulinschock bei 18,0 mg/ml
1934 USA CUTLER 24,0-65,0 Ruhezustand
1939 USA HOUCHIN et al. Laktierende vs. nicht-laktierende Ziegen
100
Aus späterer Zeit zeigt die Arbeit von McCANDLESS und DYE (1950), dass die Blutzzu-ckerwerte bei Kälbern ähnlich wie bei Monogastriern bei der Geburt hoch sind und später abfallen.
Aus den Analysen der 1920er Jahre wurde erst gesichert erkannt, dass der Blutzuckerspiegel bei Wiederkäuern deutlich niedriger als bei Monogastriden war. Die Ursache hierfür blieb jedoch bis 1950 unerkannt (Abschnitt 6.2.3).
6.1.3.2 Fettsäuren
Der sicheren Nachweis, dass flüchtige Fettsäuren vom Pansen resorbiert werden können und im Blut zirkulieren wurde 1942 von PHILLIPSON und McANALLY und 1944 von BARC-ROFT et al. (1944b) in Cambridge erbracht. Weitere Untersuchungen, insbesondere zur Art und Menge der resorbierten Fettsäuren, wurden verstärkt nach 1950 durchgeführt (u.a.
PFANDER und PHILLIPSON 1953, ANNISON et al. 1957).
TIEMANN beschrieb 1936 höhere Cholesterin-Spiegel bei männlichen sowie älteren Ziegen und ermittelte einen Anstieg des Gesamtfettgehaltes im Blut im Laufe des Tages. Auch bei Kühen interessierte zeitweilig der Cholesterinspiegel im Blut (Tab. 6.3).
Tabelle 6.3: Publikationen zum Gehalt an Lipiden im Blut von Wiederkäuern
Jahr Land Autor/en Tierart/en Substanz
1936 D TIEMANN Ziegen Cholesterin
1936 UK GRAHAM et al. Milchkühe Fettsäuren
1936 UK PARRY, SMITH Ochsen Fettsäuren (gesättigt und unge-sättigt)
1938 UK SMITH Milchkühe Cholesterin, Fettsäuren 1938 USA REDER Milchkühe Cholesterin, Fettsäuren, Lipase
1938 USA ALLEN Milchkühe Cholesterin
6.1.3.3 N-haltige Komponenten im Blut
Von den N-haltigen Substanzen im Blut interessieren aus der Sicht der Tierernährung beson-ders Gesamteiweiß und Rest-N bzw. Harnstoff.
Erste Analysen über den Gesamteiweißgehalt stammen erst aus den 1940er Jahren (Tab. 6.4) mit Unterteilung nach Albumin, Globulin und Fibrinogen. Den Aminosäurengehalt im Blut von Rindern bestimmte ROTHERMEL (1941).
Der Rest-Stickstoff, der aus Harnstoff, Harnsäure, Purinbasen, Kreatin, Kreatinin, Aminosäu-ren, Inidkan, Rhodan, Cholin und Acetylcholin besteht (RUSTIGE 1958), wurde erstmals 1905 bestimmt Vor allem auf Grund der Bedeutung des Rest-N im Blut von Wiederkäuern für die Höhe der Rohproteinaufnahme, die Bestimmung des Stoffwechsels von Harnstoff sowie aus klinischen Gründen folgten im Beobachtungszeitraum zahlreiche Untersuchungen (Tab.
6.4).
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Tabelle 6.4: Untersuchungen über N-haltige Substanzen im Serum
Jahr Land Autor/en Tierart/en Gesamteiweiß Rest-Stickstoff
1905 D FEIGL Rinder +
1916 D BANG Rinder +
1916 D STRAUSS Rinder +
1918 D VOLHARD Rinder +
1921 D WAGNER Rinder +
1921 D LICHTWITZ Rinder +
1922 USA FOLIN Rinder +
1925 D v. PELCHRZIM,
SCHEU-NERT Rinder,
Schafe +
1927 A OTTER Rinder +
1928 USA HAYDEN, FISH Rinder +
1928 D SKRANEK, OTTER Rinder +
1929 D BONNIER et al. Milchkühe +
1930 USA ANDERSON et al. Rinder +
1931 I RONDELLI Rinder +
1931 D OTTO Schafe +
1932 I SANCHIRICO Rinder +
1938 D SAUER Rinder +
1939 USA KENNEDY et al. Rinder,
Färsen +
1939 USA HOUCHIN et al. Ziegen + +
1940 USA WISE et al. Kälber + +
1940 IND KEHAR Rinder + (Serum)
1941 H RAJCSÁNYI Rinder + (Serum)1)
1941 D ROTHERMEL Rinder,
Schafe, Ziegen
+ (Serum) 3)
1942 D NOWAK Rinder + (Serum)1)
1945 IND KEHAR, MURTY Rinder + (Serum) +
1946 USA BRITTON Schafe +
1946 USA TEERI et al. Kälber +
1947 D NESENI, KÖRPRICH Rinder + +
1947 USA HANSEN, PHILLIPS Kälber + (Serum)1)
1948 USA McDONALD Rinder +
1948 USA DINNING et al. Rinder,
Schafe +
1949
b CDN WATSON et al. Schafe +2)
1949 D LOHMANN, KOSSEL Rinder,
Schafe +
1) Albumin, Globulin, Fibrinogen 2) Radioaktiv (N15) markierter Harnstoff 3) Aminosäuren