4.1 Prüfung konventioneller Futtermittel auf Verträglichkeit, Akzeptanz und Eignung
4.1.1 Grünfutter
Im Abschnitt über Grünfutter werden Publikationen über Weidefütterung wegen der unter-schiedlichen Aspekte nicht behandelt, sondern im Kapitel „Fütterungspraxis“ beschrieben.
Unter der vorliegenden Überschrift sind in Tabelle 4.1 Arbeiten über frisches und künstlich getrocknetes Grünfutter sowie Rübenblätter zusammengestellt. Solche Versuche sind bis 1930 noch selten, wie auch schon vor 1900 (KLEMME 2003, S. 75), nehmen jedoch in den 30er und 40er Jahren zu. In den Versuchen wurden viele unterschiedliche Gräser, Leguminosen, Markstammkohl and andere Futterpflanzen geprüft.
30
Tabelle 4.1: Fütterungsversuche mit frischem oder getrocknetem Grünfutter Jahr Land Autor/en Tierart/en Futtermittel Ziele
1907 D HOLY
Wieder-käuer Französisches Raygras Nährwert
1908 F FLEURY Rinder Sorghosblätter Verträglichkeit 1911 1922 USA WHITE,
CHAPMAN
Milchkühe Maispflanzen, verschd.
Erntetermine
MiL 1923 USA BABCOCK Milchkühe Grüne Luzerne MQ 1930 S EDIN,
SUN-DERLIN
Rinder Markstammkohl Nährwert
1933 USA BAKER Färsen Grüne Luzerne MaL
1933 D SCHMIDT et al. Milchkühe Markstammkohl MiL 1933 USA NEWLANDER Milchkühe Getr. Gras Nährwert 1934 EST POOL Milchkühe Gras; Stallfütterung Futterbedarf 1934 USA KNOTT,
HODGSON
Milchkühe Getr. Gras Nährwert 1934 USA CAMBURN Milchkühe Getr. Gras Nährwert 1934 IND SAYER Milchkühe Berseem Verträglichkeit 1935 D BÜNGER Milchkühe Markstammkohl MiL
1936 USA WOODWARD Milchkühe Gras Futterbedarf
1936
a UK WATSON,
FERGUSON Milchkühe Getr. Gras Nährwert 1936
b
UK WATSON, FERGUSON
Milchkühe Getr. Gras, Mineralsäu-ersilage
Milchkühe Sudangras MiL
1938 b
D RICHTER et al. Milchkühe Künstlich getr. Süßlu-pinengrünfutter
MiL 1938 UK TINLEY,
BRY-ANT
Milchkühe Getr. Gras Nährwert 1938
a D SCHARRER,
NEBELSIEK Milchkühe Lampes kraussblättrige Futtermalve MiL 1939 USA HENKE, GOO Milchkühe Napiergras, Sudangras MiL 1939 D NEHRING et al. Rinder Künstlich getr.
Süßlu-pinen
MiL 1939
b
D BÜNGER et al. Milchkühe Künstlich getr. Süßlu-pinengrünfutter
Milchkühe Phacelia MiL
1941 D NEHRING, SCHRAMM
Rinder Steinklee Nährwert
1941 D RICHTER, E-HINGER
Rinder Künstlich getr. Grünfut-ter
Nährwert, Verträg-lichkeit
1941 S AXELSSON Rinder Gras vs. Heu Nährwert 1943 USA HUSSONG,
QUAM Milchkühe Pfeffergras Einfluss auf Butterqualität, -indolgehalt
31
Jahr Land Autor/en Tierart/en Futtermittel Ziele 1943
PEARSE Bullen Verschiedene Gräser Palatabilität 1944 CH INEICHEN Milchkühe Getr. Gras MiL
1946 USA N.R.C. Milchkühe Gras Futterbedarf
1947 NS McDOWALL et
al. Milchkühe Gartenkresse Milch-, Butterge-schmack
1948 UK BARTLETT et al.
Milchkühe Gras MiL
1948 IND KEHAR Rinder Saccharum spontaneum Linn.
Nährwert, Verträg-lichkeit
1948 IND KEHAR et al. Rinder Carthemus oxycantha Bieb
Nährwert, Verträg-lichkeit
1949 UK SWANN Milchkühe Markstammkohl Futteraufnahme
1950 CH KÄGI Milchkühe Gras MiL, MQ
1950 USA HOPE et al. Milchkühe Getr. Gras MiL
In Tabelle 4.2 sind Fütterungsversuche mit Rübenblättern zusammengestellt. Als wertvolle Nebenprodukte des Ackerbaus fanden sie zunehmend Beachtung. Da z.T. auch unerwünschte Nebeneffekte (laxieren) auftraten, wurde auch geprüft, ob waschen oder Beifütterung von Holzkohle präventiv wirkte.
Tabelle 4.2: Fütterungsversuche mit Rübenblättern (mit Köpfen)
Jahr Land Autor/en Tierart/en Futtermittel Ziele 1905 D KIRCHNER Milchkühe Rübenblätter Nährwert 1907
a
D HONCAMP,
KATAYAMA
Rinder Getr. Rübenkraut Nährwert 1927 S CARLENS Rinder Zuckerrübenkraut Verträglichkeit 1928 D BÜNGER Milchkühe Rübenblätter MiL, MQ 1928 S CARLENS Rinder Rübenkraut Wirkung auf
Stoff-wechsel 1931
b
D RICHTER et al. Milchkühe Gewaschene vs. Unge-waschene Rübenblätter
MiL 1931 D
ZWANGER-MANN
Milchkühe Zuckerrübenblätter u. -köpfe
MQ 1933 D ISEKE Milchkühe Zuckerrübenblätter u.
-köpfe
MiL, MQ 1933 D LÜTHGE Milchkühe Rübenblätter mit
Holz-kohle
Verträglichkeit 1935 I ALBERTI Rinder Rübenblätter u. –köpfe Verträglichkeit 1935 D NITSCHE,
WITTRICH
Milchkühe Ausschließliche Rüben-blattfütterung
MF
1936 USA DAVIES Milchkühe Rübenblätter MQ
32
Jahr Land Autor/en Tierart/en Futtermittel Ziele 1936
b
A LIEBSCHER Milchkühe Mit Kupfer behandelte Rübenblätter
MQ 1936 USA TROUT,
TAYLOR
Milchkühe Rübenköpfe MQ
1936 USA MORTON et al. Bullen Rübenköpfe MaL 1937 USA MORTON,
OS-LAND Bullen Rübenköpfe MaL
1938 USA INGRAHAM Bullen Zuckerrübenköpfe MaL 1939 D EHINGER Milchkühe,
Schafe
Künstlich getr. Rüben-kraut
MiL 1941 USA HUFFMAN et
al.
Milchkühe Chicoreespitzen Nährwert 1942
b S AXELSSON Milchkühe Rübenköpfe MiL, Nährwert
1949 UK HARVEY Milchkühe,
Bullen Zuckerrübenblätter MiL, MaL 1950 D BLAU Milchkühe Rübenblätter MiL, MF 4.1.2 Silagen
Die Konservierung von pflanzlichen Futterstoffen durch natürliche Säuerungsprozesse war nach Angaben von GROß und RIEBE (1974, S. 59) bereits in prähistorischen Zeiten bekannt.
Erst im 19. Jh. wurde deutlich, dass es sich bei der Silierung um Gärungsprozesse handelte, wobei Zucker der Pflanzen in verschiedene Säuren (v.a. Milch-, Butter- und Essigsäure) um-gewandelt wird. Die Entdeckung, dass Bakterien die Gärungen verursachten, gelang erstmals PASTEUR im Jahr 1857. Weitere Untersuchungen der säurebildenden Bakterien sowie deren Funktionen wurden zwischen 1900-1950 von ESTEN und MASON (1912), HUNTER (1921), sowie SCHEUNERT und SCHIEBLICH (1925) unternommen.
Im vorliegenden Untersuchungszeitraum veröffentlichten WOLKENFUSS (1901), VÖLTZ (1927) sowie LÖHNIS (1935) Vorschläge zur Herstellung verschiedener Silagen.
Fütterungsversuche mit Silagen wurden nach KLEMME (2003, S. 75) bis 1900 lediglich in geringem Ausmaß durchgeführt (erstmals 1887).
Nach der Jahrhundertwende scheinen solche konservierten Futtermittel zunächst auch noch keine größere Bedeutung erreicht zu haben (Tab. II, Anhang). Während und nach dem 1.
Weltkrieg nahm die Versuchstätigkeit auf diesem Gebiet aber nachhaltig zu, vor allem in Deutschland, während des 2. Weltkrieges dann auch in den USA.
Bis ca. 1930 wurden hauptsächlich der Nährwert von den leicht silierbaren Rübenblatt- und Maissilagen und deren Einfluss auf die Milchleistung von Kühen untersucht. Die Herstellung dieser Silagen wurde 1901 von WOLKENFUSS wie folgt beschrieben: Die Blätter werden in kreisförmige Gruben (2,5-3 m breit, 1,2-1,5 m tief) einzeln aufeinander hingelegt. Als Unter-lage diente eine Schicht Stroh, die eine Erdverschmutzung der untersten Blätter vermeiden sollte. Die Blätter in den Gruben wurden durch 2 Ochsen oder Pferde, die in der kreisförmi-gen Grube ähnlich wie ein einem Göpel herumgetrieben wurden, festgetreten. Somit wird die Luft ausgeschlossen. HONCAMP prüfte 1917 die Verluste beim Einsäuern von Rübenkraut.
Nach 1930 wurden verstärkt Fütterungsversuche mit Mais-, Sonnenblumen- und Erbsensila-gen publiziert.
Anfang der 1930er Jahre hatten SPILDO (1933) und VIRTANEN (1934) auf die Möglichkeit einer pH-Wert-Senkung durch Zusatz von Mineralsäuren (Salzsäure, Schwefelsäure) auf-merksam gemacht. Alsbald wurde diese Möglichkeit in Fütterungsversuchen getestet, um
33
die Verträglichkeit dieser A.I.V.-Silagen, ihre Wirkung auf den Säure-Basen-Haushalt oder auf den Ca-und P-Gehalt im Blut der Tiere zu überprüfen (Tab. 4.3).
Tabelle 4.3: Fütterungsversuche mit Mineralsäuresilagen
Jahr Land Autor/en Tierart/en Futtermittel Ziele 1935 UK PATTERSON Milchkühe Mineralsäuresilage
(A.I.V. Grassilage) MiL, Verträglich-keit
1935 USA PETERSON et al.
Milchkühe Mineralsäuresilage (A.I.V. Grassilage)
MiL, Carotin- und Fettgehalt der Milch
1935 NE BROUWER,
DIJKSTRA Milchkühe Ensiliertes Gras (mit u.
ohne
1935 FIN AIKKINEN Milchkühe Mineralsäuresilage (A.I.V. Grassilage)
Verträglichkeit 1935
b
D KIRSCH Milchkühe Mineralsäuresilage (A.I.V. Grassilage)
Stickstoff-, Ca- u.
P-Stoffwechsel 1936 NE BROUWER,
DIJKSTRA
Milchkühe Ensiliertes Gras (mit u.
ohne
1936 D GIGAS Milchkühe Mineralsäuresilage Einfluss auf Säure-Basen-Haushalt 1936
b
I BRACCINI Milchkühe Mineralsäuresilage (Rü-benblätter)
MiL, MQ 1937 USA
CUNNING-HAM et al.
Milchkühe Luzerneheusilage, be-handelt mit SO2
MiL
1937 DK ROTTENSTEN Bullen Mineralsäuresilage (A.I.V. Grassilage)
MaL, Einfluss auf Ca- und
P-Stoffwechsel 1938 S AXELSSON et
al.
Milchkühe Mineralsäuresilage MiL 1938 DK MØLLGAARD,
THORBEK Milchkühe Mineralsäuresilage
(A.I.V. Grassilage) Nährwert, Einfluss auf Säure-Basen-Haushalt
1938 IR DREW et al. Rinder Mineralsäuresilage (A.I.V. Grassilage)
Nährwert 1938 DK ROTTENSTEN Milchkühe Mineralsäuresilage
(A.I.V. Grassilage)
Effekt auf Ca und P-Stoffwechsel 1940 USA LEPARD et al. Milchkühe Mineralsäuresilage Einfluss auf
Säure-Basen-Haushalt 1943 USA KING Milchkühe Mineralsäuresilage,
Lu-zernesilage Einfluss auf Säure-Basen-Haushalt
34 4.1.3 Heu, Stroh
Obwohl Heu und Stroh seit Beginn der Viehhaltung als Standardfuttermittel für Wiederkäuer eingesetzt werden (KLEMME 2003, S. 10), wurden im Untersuchungszeitraum v.a. in den USA noch mehrere Forschungsarbeiten zur Verträglichkeit und zum Einfluss verschiedener Heu- (Tab. III, Anhang) und Stroharten (Luzerne-, Wiesen- und Timotheeheu, Roggenstroh, u.a., Tab. 4.4) auf die Milchleistung von Kühen durchgeführt, z.T. auch bei Schafen (Tab.
11.18).
Versuche mit zerkleinertem, eingeweichtem oder aufgeschlossenem Heu und Stroh werden in Tab. 4.30 aufgeführt.
Tabelle 4.4: Fütterungsversuche mit verschiedenen Stroharten
Jahr Land Autor/en Tierart/en Futtermittel Ziele 1920 USA HACKEDORN,
SOTOLA Mastrinder Erbsenstroh Einfluss auf Mast-leistung
1939 PH MACAHILIG Mastrinder Reisstroh, Melasse MaL 1945 USA LOOSLI et al. Milchkühe Verschiedene Stroh-,
Heuarten
MiL, MF 1949 USA STODDARD Milchkühe Verschd. Stroh-,
Heuar-ten
MiL
4.1.4 Rüben
Die Nutzung von Rüben als Futtermittel für landwirtschaftliche Tiere entwickelte sich im 18.
und 19. Jh. parallel zur der Nutzung von Kartoffeln. Im 20. Jh. sank jedoch die Zahl der Fütte-rungsversuche zugunsten von Kartoffeln (s.u.). So wurden bis 1900 29 Untersuchungen mit Rüben veröffentlicht (KLEMME 2003, S. 174-205), von 1900 bis 1950 insgesamt 31 Versu-che (Tab. 4.5).
Während bis 1900 der Schwerpunkt der Untersuchungen bei Runkelrüben lag, wurde im 20.
Jh. auch die Zuckerrübe (Verträglichkeit, Einfluss auf Milchmenge und –zusammensetzung) geprüft, vorwiegend in Deutschland, wo sich eine umfangreiche Zuckerrübenindustrie entwi-ckelt hatte.
Vorwiegend wurde der Einfluss der Rüben auf die Milchleistung von Kühen untersucht; die Verträglichkeit jedoch lediglich in sechs Versuchen erforscht. Insbesondere DEICH (1916) beoachtete nach Verfütterung von 35-40 Pfund Zuckerrüben/ Kuh/ Tag (entpricht 3 kg Zu-cker/ Tier) offenbar eine Pansenacidose (erhöhter Speichelfluss, verminderte Milchleistungen, Festliegen). Der Autor hielt einen Maximalwert von 1 kg Zucker/ Tier/ Tag für vertretbar.
Neben Zuckerrüben und Runkelrüben wurden auch Kohlrüben und Topinambur getestet (Tab.
4.5).
35
Tabelle 4.5: Fütterungsversuche mit Rüben und Topinambur
Jahr Land Autor/en Tierart/en Futtermittel Ziele
1904 USA CLARK Rinder,
Schafe Runkelrüben Verträglichkeit
1910 USA CARLYLE,
MORTON Stiere Zuckerrüben MaL
1911 A HOLTERBACH Hammel Zuckerrüben Verträglichkeit 1916 D DEICH Milchkühe Zuckerrüben Verträglichkeit größerer Mengen 1919 UK HENDRICK et
al. Rinder Verschiedene Rüben MaL
1924 UK FISHWICK Milchkühe Zuckerrüben vs. Hafer- u. Wickensilage MiL
1926 D HANSEN
Wieder-käuer
Zuckerrüben Nährwert, Verträg-lichkeit
1931 b
DE STEENSBERG Milchkühe Zuckerrüben, Zucker-rübensilage
MiL, MQ 1931 P BARANIECKI,
BATIUTA
Milchkühe Zuckerrüben Verträglichkeit 1931
d
D FRÖLICH, LÜTHGE
Milchkühe Zuckerrüben vs. Tro-ckenschnitzel u. Futter-rüben
MiL
1931 P ROGOZIVSKI, PLOSKI
Milchkühe Zuckerrüben MiL, Butterfettge-halt
1931 DE ESKEDAL Milchkühe Futterrüben, verschie-dene Sorten
MiL
1931 UK PATERSON Mastrinder Kohlrüben MaL
1932 D FINGERLING Rinder Zuckerrüben Nährwert 1932
b
D HONCAMP et al.
Milchkühe Zuckerrüben MiL, Nährwert
1933 UK PATERSON Mastrinder Kohlrüben MaL
1933 a
D KRONACHER
et al.
Milchkühe Futterrüben, Trocken-schnitzel
Milchkühe Verschd. Futterrüben, Topinambur
MiL 1935 IL
SEMENTO-VSKAIA et al.
Rinder Topinambur MaL
1935 UK PATTERSON Milchkühe Mangold vs. A.I.V.
Grassilage
MiL, Verträglich-keit
1935 IR CONROY Milchkühe Kohlrüben MiL
1935 I CARBONE Milchkühe Kohlrüben MiL
1937 a
I BRACCINI Milchkühe Futterrüben vs. Maissi-lage
MiL 1938
a D RICHTER,
HERBST Milchkühe Massenrüben, Gehalts- u. Zuckerrüben MiL 1939 D SOMMER et al. Milchkühe Futterrüben,
verschie-dene Sorten
MiL
36
Jahr Land Autor/en Tierart/en Futtermittel Ziele 1940
a
D BÜNGER et al. Milchkühe Kohlrüben: verschiede-ne Sorten
MiL, Palatabilität 1943
a
NE BROUWER et al.
Milchkühe Mangold (Runkelrüben) MQ, Butterqualität 1945 RUS SINJAGIN Milchkühe Zuckerrüben MiL
1949
a N BREIREM Milchkühe Futterrüben MiL
1950 USA HEINEMANN et al.
Mastrinder Zuckerrüben: trocken, ensiliert, gekocht
MaL
4.1.5 Kartoffeln
Im 19. Jh. gewannen Kartoffeln zunehmend an Interesse in der Fütterung landwirtschaftlicher Nutztiere. So wurden bis 1840 bei Wiederkäuern 13 Fütterungsversuche mit Kartoffeln veröf-fentlicht und von 1840 bis 1900 insgesamt 17 (KLEMME 2003, S. 34; 174-205).
Im Beobachtungszeitraum wurden - verstärkt ab 1930 - überwiegend in Deutschland Fütte-rungsversuche mit rohen, gedämpften oder silierten Kartoffeln durchgeführt (Tab. 4.6). Nach SCHMIDT und VOGEL (1931a) kamen sie auf Veranlassung der Deutschen Kartoffelbau-Gesellschaft und durch Vermittlung der Reichsarbeitsgemeinschaft der deutschen Tierzucht-Institute zu Stande und wurden nach einem einheitlichem Versuchsplan durchgeführt. Es be-stand ein Eigeninteresse der Kartoffelbau-Gesellschaft zur Ausdehnung des Kartoffelanbaus.
Auf leichten Böden konnte ein ggr. höherer Energieertrag pro Hektar bei Kartoffeln als bei Rüben erzielt werden.
Während Untersuchungen mit Kartoffeln vorwiegend in Deutschland durchgeführt wurden, erscheinen in den 1940er Jahren auch entsprechende Arbeiten aus den USA, v.a. mit Süßkar-toffeln (Batate). Diese dort heimische Knollenart wurde bereits von den Urbewohnern, ver-schiedenen Indianerstämmen, als Nahrungsmittel verwendet (VON PACZENSKY und DÜNNEBIER 1994).
Tabelle 4.6: Fütterungsversuche mit Kartoffeln
Jahr Land Autor/en Tierart/en Futtermittel Ziele 1909 D HANSEN Milchkühe Rohe Kartoffeln MiL
1915 D VÖLTZ,
DIET-RICH Milchkühe Rohe u. gedämpfte
Kar-toffeln MiL
1926 D BABCOCK Milchkühe Kartoffeln, Kohl MQ 1930 EST MÄGI Milchkühe Rohe Kartoffeln MiL 1931
a D SCHMIDT,
VOGEL Milchkühe Rohe Kartoffeln MiL 1931
a
D RICHTER et al. Milchkühe Rohe u. eingesäuerte, gedämpfte Kartoffeln
MiL, MF 1931 D BÜNGER Milchkühe Rohe Kartoffeln MiL 1931 D OLDENBURG Milchkühe „Pepo“ Kartoffeln MQ 1931 D ZORN Milchkühe Rohe u. eingesäuerte
gedämpfte Kartoffeln MiL 1931
a
D FRÖLICH, LÜTHGE
Milchkühe Rohe u. eingesäuerte Kartoffeln
MiL 1931
a
D LÜTHGE Rinder,
Schafe
Rohe und eingesäuerte Kartofeln
MiL
37
Jahr Land Autor/en Tierart/en Futtermittel Ziele 1931 USA DICE Milchkühe Kartoffeln vs.
Maissila-ge
MiL, Milchfett 1931 NE BROUWER Milchkühe Kartoffelpülpe MiL, MF 1932 D RICHTER,
FERBER
Milchkühe Eingesäuerte gedämpfte Kartoffeln
MiL, MQ 1933
b D FINGERLING Rinder Kartoffelflocken
u. -schnitzel Nährwert
1933 UK PATERSON Mastrinder Kartoffeln MaL
1935 a
USA ATKESON, ANDERSON
Milchkühe Rohe u. gedämpfte Kar-toffeln
Verträglichkeit, Butterqualität 1937 CH LANDIS,
BURCKHARDT
Milchkühe Kartoffeln MiL 1938
b D BÜNGER Milchkühe Kartoffeln MiL, MQ
1941
a D BÜNGER et al. Milchkühe Getrocknete Eiweißreste
(aus Kartoffeln) Palatabilität, Ver-träglichkeit, MiL 1943
c NE BROUWER et
al. Milchkühe Kartoffeln MQ, Butterqualität 1945 F BONNET et al. Milchkühe Tuberine (N-haltiges
Kartoffelextrakt)
MiL, MF 1947 USA RUSOFF et al. Rinder Getr. Süßkartoffeln Nährwert 1947
b USA BRIGGS et al. Rinder,
Lämmer Getr. Süßkartoffeln Palatabilität, träglichkeit, Ver-daulichkeit 1948 USA MATHER et al. Milchkühe Getr. Süßkartoffeln MiL 1948 USA FRYE Milchkühe Süßkartoffelmehl vs.
Maismehl
MiL 1949 USA KEYES,
NEL-SON
Milchkühe Kartoffeln MiL, MQ 1950 USA RUSOFF et al. Milchkühe Getr. Süßkartoffeln vs.
Mais-Soja-Silage
MiL
4.1.6 Rückstände bei der Rübenverarbeitung
Die bei der Zuckerrübenverarbeitung anfallenden Nebenprodukte wie Schnitzel und Melasse wurden - abgesehen von einem Versuch von 1863 - erst in den 1880er Jahren bei Wieder-käuern eingesetzt (KLEMME 2003, S. 65 bzw. 84, 88, 89). Nach 1900 gewannen sie größere Bedeutung (Tab.4.7). Neben der Melasse werden Diffusions- und Trockenschnitzel verwen-det. Vermutlich in Jahren mit überhöhter Produktion (BOGDANOW 1905) wurde auch un-mittelbar Zucker eingesetzt.
38
Tabelle 4.7: Rückstände der Rübenverarbeitung und Zucker
Jahr Land Autor/en Tierart/en Futtermittel Ziele
1902 D FELDTMANN Rinder Melasse MiL
1903 F THIERRY Wiederkäuer Melasse Futterbedarf 1903 F DECHAMBRE Wiederkäuer Melasse Futterbedarf 1903 D HANSEN Wiederkäuer
Zuckerrüben-schnitzel
Nährwert
1905 D ALBRECHT Rinder Melasse MiL
1905 H CAGNY, St.
WEISSER Ochsen, Schafe Melasse Verträglichkeit 1905 H BABES,
DI-NESCU Milchkühe Melasse MiL, MQ
1905 RUS BOGDANOW Schwyzer Kühe Zucker MiL
1906 D SCHREIBER Rinder Melasse Nährwert
1906 D LEYNEN Rinder Melasse Verträglichkeit
1908 USA SHAW, NOR-TON
Ochsen Getr. Rüben-schnitzel
D MORGEN et al. Milchkühe Extrakte von Fut-terrüben u. Tro-ckenschnitzeln
MF
1912 H ZAITSCHEK Milchkühe Rübenschnitzel,
Rübenkraut MiL, MQ 1915 D
SCHNEIDE-WIND
Rinder Melasse, Zucker Verträglichkeit 1924 USA TROWBRIDGE Jährlingsstiere Melasse MaL
1928 D BÜNGER Milchkühe Rübenschnitzel,
Melasse MiL, MQ 1931 F RANDOIN,
LECOQ Rinder Melasse Nährwert
1931 UK CRAMPTON Milchkühe Melasse MiL
1931 USA EDWARDS Mastrinder Melasse MaL
1932 UK CRICHTON,
ALLCROFT Rinder Zuckerrohrsilage MaL
1932 b
D HONCAMP et al.
Milchkühe Zucker, zuckerhal-tige Stoffe
1934 IND SINGH, SINGH Rinder Melasse Verträglichkeit 1934 USA HENKE Milchkühe Melasse Verträglichkeit,
MiL 1935 GB CRANFIELD,
MACKINTOSH Milchkühe Melassierte Rü-benschnitzel MQ 1936 USA MAYNARD et
39
Jahr Land Autor/en Tierart/en Futtermittel Ziele 1936 USA PRATT Milchkühe Rübenschnitzel:
naß vs. trocken Verträglichkeit, MiL
1936
b CZ SVOBODA Bullen Rübenschnitzel MaL
1937 UK WEST Bullen
Zuckerrüben-schnitzel vs. Man-gold
MaL, Fleischquali-tät
1937 USA BLIZZARD,
TAYLOR Mastrinder Melasse MaL, Verträglich-keit
1938 USA HENING, DAHLBERG
Milchkühe Getr. Rüben-schnitzel
MQ (Geschmack) 1940
a
D SCHMIDT et al. Milchkühe Blancken-burg´sche Tro-ckenschlempe
Verträglichkeit, MiL
1941 USA KNODT Milchkühe Glukose MF
1941 b
D BÜNGER et al. Milchkühe Getr. Ei-weißschlempe
MiL 1945 USA BRAY et al. Bullen Melasse MaL 1945 S OLSSON, JARL Milchkühe Melassierte
Rü-benschnitzel
MiL, MQ 1947 PR RIVERA
BRENES et al.
Milchkühe Melasse MiL
1949 IND GUPTA Mastrinder Zuckerrohr Verträglichkeit 1949 USA JONES Milchkühe
Holzzucker-melasse Palatabilität, MiL
4.1.7 Getreidekörner
Fütterungsversuche mit Getreidekörnern zur Prüfung ihres Einflusses auf Milchleistung oder Verträglichkeit umfassten überwiegend ganze Körner wie Hafer, Gerste, Mais, Weizen und Hirse. Seltener enthielten die Rationen auch Reis- oder Reisfuttermehl (Tab. 4.8).
Mehrere Untersuchungen wurden mit gekeimtem Getreide (Gerste, Hafer) durchgeführt (Tab.
4.30). Man erwartete nach PARIS (1926) sowie SCHMIDT und KLIESCH (1937) eine höhe-re Verdaulichkeit und eine bessehöhe-re Bekömmlichkeit als bei gewöhnlicher Verfütterung der Getreidekörner.
40
Tabelle 4.8: Fütterungsversuche mit verschiedenen Getreidekörnern
Jahr Land Autor/en Tierart/en Futtermittel Ziele 1902 H KORBULY,
WEISER
Wiederkäuer Hafer Nährwert 1905 D HEMETER Mastrinder Reismehl Verträglichkeit 1905 H WEISER,
ZAIT-SCHEK
Ochsen, Schafe Besenhirsekorn MaL
1907 USA SMITH Rinder Roggen, Luzerne Verträglichkeit 1907 USA MAIRS Rinder Weizenmehl,
Luzer-nemehl
Verträglichkeit 1908 CDN GAMBLE, DAY Rinder Maiskörner, Hafer,
Weizen
Nährwert 1909 D MICHELS Kälber Gequetschter Hafer Aufzucht 1909 USA FLINT Rinder Roggenmehl,
Sorg-humkörner MiL 1911 D RENNER Milchkühe Reisfuttermehl,
Se-samkuchen
MiL 1913 H WEISER,
ZAIT-SCHEK
Rinder Futtermais Nährwert, Beein-flussung durch Saatweite 1923 USA STARKEY,
SALMON
Rinder Maiskörner, Reis-mehl, Bohnen
MaL 1925 USA BABCOCK Milchkühe Grüner Roggen MQ 1926 USA HAYDEN,
MONROE
Milchkühe Weizen, Maiskörner Verträglichkeit, MiL 1932 USA WEBER,
CON-NELL
Rinder Weizenmehl MaL 1933 PL KOLANOWSKI Milchkühe Hafer MiL, MQ 1933 USA WEBER Mastrinder Haferkörner MaL 1934 USA WILLARD Milchkühe Gerste MiL 1934 USA TAYLOR,
AN-THONY
Milchkühe Haferkörner vs. Ha-ferstroh
MiL, Palatabilität 1935a USA TRETSVEN Milchkühe Roggenkörner MiL, MQ 1936 USA HAWKINS et al. Milchkühe Hafer, Maiskörner MiL
1936 USA WEBER Mastrinder Gerstenkörner MaL 1936 USA GERLAUGH,
ROGERS
Kälber CCM, Maiskörner Wachstum 1936 USA DARNELL,
CO-PELAND
Milchkühe Mais, Hafer, Milo, Gerste: Mehl vs. Kör-ner
MiL
1937 USA WEAVER, MOF-FETT
Mastrinder Reiskörner MaL 1938 USA BRANAMAN et
al.
Bullen Maiskörner, verschd.
Zubereitungen
MaL 1938b D RICHTER,
E-HINGER
Milchkühe Körnermaisschrot MiL, MF 1938 USA HOPPER et al. Bullen Mais- vs.
Gerstenkör-ner
MaL 1938 USA BRAY Bullen Maiskörner, Reis,
Baumwollsaatmehl, Melasse
MaL
1938 USA GERLAUGH Bullen Maiskörner, Klee-, Timotheeheu
MaL
41
Jahr Land Autor/en Tierart/en Futtermittel Ziele 1942 USA AUTREY et al. Milchkühe Verschd.
Getreide-körner
MiL 1942 USA OLSON Milchkühe Gemahlener Mais,
Hafer
MiL, Palatabilität 1942 USA ATKESON,
BECK
Milchkühe Sorghumkörner, ge-mahlen 1944 UK WOODMAN Milchkühe Gerstenkörner MiL 1944 AUS HEWITT,
TUR-NER
Milchkühe Weizenkörner MiL 1944 USA DAWSON et al. Milchkühe Verschd.
Getreide-körner
MiL 1945 USA BECHTEL et al. Milchkühe Sorghumkörner MiL 1946 ZA VERBEEK Milchkühe Hafer, Weizen MiL 1947b UK McCLYMONT,
PAXTON
Milchkühe Hafer MF
1947 USA NORTON, SA-VAGE
Milchkühe Verschd. Getreide-körner
MiL, Palatabilität 1947 IND GUPTA Bullen Gerste, Mais, Jowar,
Bajra
Nährwert
1947 UK CROWTHER Rinder Hafer, Weizen Verträglichkeit 1949 USA KNAPP et al. Mastrinder Maiskörner, Weizen MaL
1949 H I´SÓ Rinder Sorghumkörner Nährwert 1949 ZA PENZHORN Milchkühe Maiskörner Nährwert, MiL 1949 USA HUFFMAN,
DUNCAN
Milchkühe Maiskörner (Supple-ment bei Luzerneheu)
MiL
4.1.8 Rückstände des Gärungsgewerbes
Als Nebenprodukte der im 19. Jh. zunehmenden Brauerei und Brennerei fiel eine größere Menge an Schlempen und Trebern an, die zur ökonomischen Verwertung an Nutztiere verfüt-tert wurden. Bereits im 18. und 19. Jh. dienten sie als Futtermittel, doch erste Publikationen über Fütterungsversuche stammten erst aus den 1850er Jahren, in den 1880er Jahren wird verstärkt darüber berichtet (KLEMME 2003, S. 49, 74-76).
Zwischen 1900 und 1950 waren insgesamt 17 Untersuchungen über den Nähr- und Produkti-onswert von Schlempen und Treber bekannt, 7 davon aus Deutschland (Tab. 4.9).
Die Untersuchungen wurden mit Milchkühen durchgeführt, um den Einfluss dieser Substan-zen auf die Milchleistung zu prüfen. ROEMMELE (1934) untersuchte die Verträglichkeit verschiedener stärkereicher Schlempen.
Lediglich BLACK et al. (1945) und MORRISON (1949) untersuchten in den USA die Wir-kung von Brauereiabfällen bei Mastbullen, um den Einfluss auf die Mastleistungen der Tiere zu ermitteln.
Rückstände der Müllerei (Roggenkleie, STOCKKLAUSNER und DAUM 1931) wurden nicht als Hauptkomponente in Rationen für Wiederkäuer verwendet und somit hier nicht berück-sichtigt.
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Tabelle 4.9: Fütterungsversuche mit Rückständen des Gärungsgewerbes (Milchkühe) Jahr Land Autor/en Futtermittel
1905 USA LINDSEY Verschd. Brennerei- u. Brauereinebenprodukte
1910 U BALOGH Maisschlempe
1911 b
D RENNER Getr. Biertreber
1912 H WEISER Frische vs. getr. Schlempe 1913 H ZAITSCHEK Schlempe, Weizenkleie
1914 H ZAITSCHEK Schlempe, stärkehaltige Rohstoffe 1927 UK DAVIES, SULLIVAN Schlempe
1930 D RÜDIGER, WURSTER Schlempe, stärkehaltige Rohstoffe 1931 D STOCKKLAUSNER,
DAUM
Roggenkleie
1932 IR DREW, DEASY Malz
1933 D DIBBERN, SUDHOLT Schlempe, stärkehaltige Rohstoffe 1933 A GOLDMANN Schlempe, stärkehaltige Rohstoffe
1934 D ROEMMELE Maisschlempe
1941 b
D BÜNGER et al. Getr. Eiweißschlempe
1944 D HOCK Kornbrennereischlempe
1945 USA BLACK et al. Brauereiabfälle
1949 D SPANN Schlempe, stärkehaltige Rohstoffe
1949 USA MORRISON Biertreber
4.1.9 Eiweißergänzungsfuttermittel
Eiweißhaltige Ergänzungsfuttermittel waren bei Milchkühen unentbehrlich, wie schon Versu-che im 19. Jh. gezeigt hatten. In der 1. Hälfte des 20. Jh. wurde eine Vielzahl verschiedener proteinreicher Futtermittel geprüft. Bei der Auswertung wird zwischen Eiweißen pflanzlicher und tierischer Herkunft unterschieden (Tab. IV, Anhang; 4.10-4.12). Unter zahlreichen Ei-weißträgern pflanzlicher Herkunft erschien aus historischer Sicht eine besondere Betonung der Versuche mit Lupinen- und anderen Leguminosenkörnern sowie Hefen sinnvoll, so dass
Eiweißhaltige Ergänzungsfuttermittel waren bei Milchkühen unentbehrlich, wie schon Versu-che im 19. Jh. gezeigt hatten. In der 1. Hälfte des 20. Jh. wurde eine Vielzahl verschiedener proteinreicher Futtermittel geprüft. Bei der Auswertung wird zwischen Eiweißen pflanzlicher und tierischer Herkunft unterschieden (Tab. IV, Anhang; 4.10-4.12). Unter zahlreichen Ei-weißträgern pflanzlicher Herkunft erschien aus historischer Sicht eine besondere Betonung der Versuche mit Lupinen- und anderen Leguminosenkörnern sowie Hefen sinnvoll, so dass