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Mediterrane Küste und das Libanon-Gebirge (Libanon) Mugharet el-Bezez

2.1.4. Höhlenfundstellen in der mittleren Levante

2.1.4.1. Mediterrane Küste und das Libanon-Gebirge (Libanon) Mugharet el-Bezez

Die größte Höhle bei südlibanonischen Adlun liegt in Klifffelsen (16 m ü. NN) in der Sichtweite von der Küste und beträgt einen tunnelartigen Gang mit einem verengten Eingang und niedrigen Seitengängen im hinteren Teil (Abb. L35). Der unterirdische Raum ist auf der ganzen Länge (ca. 35 m) vom Tageslicht, das durch den hohen Eingang sowie eine Deckenöffnung im mittleren Bereich eindringt, wenigstens teilweise erhellt. El-Bezez – den Namen nach die „Höhle der Brüste“ galt mindestens seit der Zeit der Phönizier als die Stelle der weiblichen Weihung, die Fruchtbarkeit und genügend Milch in Brüsten zu gewinnen (Zumoffen 1900: 7 cf., Garrod – Kirkbride 1961: 8). In der byzantinischen Periode entstanden ein Kalkofen und weitere Anlagen mit gebauten Böden und Wänden als ein Hinterland der nahen Küstenstadt Ornithopolis in der Höhle, die zusammen mit späteren Räubergruben zur Vermischung der Ablagerungen führten. Am Beginn der Untersuchung von D. Garrod im Jahre 1963 wurden mächtige obere Schichten ohne Dokumentation beseitigt und eine postpaläolithische Sequenz blieb nur im Vorderteil der Höhle und an ihrem Ende im Seitengang („Cave V“) erhalten, größtenteils im gestörten Zustand (Kirkbride 1983). Die ältesten Gefäßscherben vom Byblos- Typ setzten in das Frühneolithikum (Kirkbride 1983a).

Hauptmenge der neolithischen Funde ist von großen Schlaggeräten („Heavy Neolithic“) gebildet, die als Geräte zum Hacken, Schlagen, Hobeln oder Kratzen bei Holzarbeiten angenommen werden. Ihre Datierung ist wegen vergleichbaren Freilandfundstellen ohne stratifizierten Befunden unsicher, man setzt eher die Einordnung in den früheren Etappen des Neolithikums voraus (Kirkbride 1983a). Die zweite Fundstelle in Adlun – Abri Zumoffen –

liegt 60 m von der Höhle el-Bezez, aber ergab keine erhaltenen Funde aus der untersuchten Zeitspanne. Die kleine Höhle in der Wand des Überhanges, ursprünglich voll von Ablagerungen, wurde bei wirtschaftlichen Arbeiten bis auf das paläolithische Niveaus ausgeräumt, und der selbe Überhang wurde durch Steinabbau teilweise gestört (Garrod – Kirkbride 1961).

Auf der Halbestrecke zwischen Adlun und Antelias-Tal liegt nicht weit der Küste eine größere Höhle Jiye I mit Lesefunden der gespaltenen Steinartefakten, die wohl in das Natoufien gehören können (Copeland – Wescombe 1965: 96).

Das Tal Nahr Antelias

Die Höhle Antelias lag nordöstlich von Beirut im gleichnamigen Tal. Sie gehörte bis nach ihrer Niedergang im Steinbruch im Jahre 1965 zu den bekanntesten libanonischen vorgeschichtlichen Fundstellen und wurde mehrmals zwischen 1870er und 1890er Jahren und noch kurz um 1948 ausgegraben, ohne dass genügende Angaben zum Fundsituation und Schichtenfolge erhalten blieben. Die Höhle öffnete sich mit einem großen, südwestlich orientierten Portal nah einer ganzjährigen Wasserquelle in der Mündung des Tales. Von dem hellen, 20 m langen Eingangsraum trat man durch zwei kleinere Durchgänge in eine weitere dunkle Fortsetzung, die in einer geräumigen Halle 10 mal 15 m und durch einem Spaltengang weiter in inneren Teilen des Karstsystems führte (Abb. L35). Die Höhle beträgt in ihrem kartierten Teil 60 m Länge und 6-9 m Höhe. Archäologische Funde kamen wahrscheinlich nur im Vorderraum der Höhle vor (Zumoffen 1900: 49 cf.) und sind aus den Ausgrabungen von Zumoffen und Ewing erhalten. Neben wenigen epipaläolithischen Feuersteinartefakten wird durch zwei Knochenharpunen (Abb. L35) und vereinzelte untypische Feuersteinstücke aus der Schicht I auch eine Natoufien Siedlungsetappe erwägt (Copeland - Hours 1971, Copeland 1991). Eine Sichelklinge zeigt an das Frühneolithikum (Copeland - Hours 1971), während das Alter der Menschenknochen sowie eine Bestattung eines achtmonatlichen Neugeborenen mit Beigaben (Feuersteinartefakte, Tierknochen, Muschel) bei einem Stalagmit im Vorderraum bleibt unbekannt; beim Grab wird an das Interval zwischen dem Jungpaläolithikum und Neolithikum nachgedacht (Vallois 1957, Copeland – Wescombe 1965:

67).

Nur nah talaufwärts von der Höhle Antelias befand sich heute ebenso im Steinbruch abgebaute Abri Bergy, der in 1930er und 1940 Jahren von Väter Bergy und Ewing untersucht wurde und eine Sequenz vom jungpaläolithischen Kebarien bis zum Epipaläolithikum mit einer oberflächlichen Schicht des älteren Natoufiens ergab (Copeland – Waechter 1968). Die ähnliche Sequenz von der Wende Pleistozän – Holozän mit fehlenden postpaläolithischen Schichten wurde unter dem fast niedergegangenen Felsüberhang Ksar Akil in einem nahen Tal etwa 200 m von der Höhle Antelias. Die Sequenz schließt hier mit dem Epipaläolithikum (Tixier 1970) oder Natoufien (Kurtén 1965: 7), ohne dass die jüngste Siedlungsetappe mehr behandeln würde.

Das Tal Nahr el-Kelb

Im Tal Nahr el-Kelb, etwa 4 km nördlich und parallel vom Antelias-Tal, gibt es ein aktives Karstsystem mit der früh bekanntesten libanonischen Schauhöhle (Jiita III) sowie der anderen ausgedehnten Höhle Jiita I (Jaita), welche schon am Ende des 19.

Jahrhunderts archäologisch untersucht wurde. Die untere Höhle mit einem unterirdischen See ist durch einige Gänge mit der oberen Höhle – einem trockenen tunnelartigen Raum von Länge 56 m, Stärke 2-5 m und Höhe 2-9 m – verbunden (Abb. L35), davon der Gang gleich hinter dem Eingang sehr reich an archäologische Funde galt und in der Brockengestein verfestigte mehrere Silexartefakte, grobe Gefäßscherben und „Küchenabfall“ von unbekannten, angeblich neolithischen, Alter ergab. Im Hauptgang wurde von Zumoffen und seinen Vorgängern ebenso gegraben, neben Feuersteinartefakten und Scherben (manche gleiche wie im Seitengang) sind ein geschliffenes Gerät sowie eine Feuersteinsäge (Abb. L35) aus der aschenhaltigen Ablagerung beschrieben (Zumoffen 1897: 427 cf., 1900: 92 cf., 1910: 147 cf.). Die erhaltenen Funde sollen Analogien im mittleren Neolithikum in Byblos aufweisen, manche Scherben deuten ebenso auf spätere Besuche der Höhle im Chalkolithikum sowie wohl in der Frühbronzezeit (Copeland – Wescombe 1965: 91).

Auf einer Terrasse, 30 m oberhalb der Eingänge von den Höhlen Jiita I und III (200 m talaufwärts), befindet sich ein in Jahren 1962-64 untersuchter Abri Jiita II (Dahr el-Mghâra) mit der erwiesenen jung- und spätpaläolithischen sowie Natoufien Besiedlung, deren Schichten jedoch durch historischen bis rezenten Einrichtungen der Stelle größtenteils aus dem Abri beseitigt und auf die mäßig geneigten Terrasse herunter erodiert wurden. Deshalb liegen sie hierher in der umgekehrten Schichtenfolge mit Natoufien Funden unter denen vom Paläolithikum, und ein Teil der Natoufien Kulturschicht mit Stein- und Feuersteinartefakten, Knochengeräten, Perlen sowie durchbohrten Dentalium-Muscheln ist durch einst gelegentlich offene Klüfte im Kalksteinmassiv sogar in die herunterliegende Jiita III Höhle gelungen. Die Natoufien Feuersteinartefakte enthalten ebenso Helwan-Retusche und zeigen (auch) auf eine Besiedlung in der älteren Kulturperiode. Die Buntheit der Funde soll auf eine Dauersiedlung eher als auf eine kurzfristige Lagerstätte hindeuten. Wegen der in der Neuzeit ausgeräumten Oberschicht lässt sich nur wenig zur späteren Nutzung des Abris aussprechen, nach einer Scherbe geschah es so wenigstens im Chalkolithikum (Hours 1966, Copeland 1991).

Bei Jiita befindet sich ebenso Höhle Qachqouch (Qashqoush) mit einem interessanten Befund (Abb. L37). Der unterirdische Bach fließt zwischen zwei Siphons durch eine Kammer, auf deren Oberfläche ein bronzezeitliches Gefäß und –reste vorlagen. Unter einer Holzkohleschicht befand sich eine Hockerbestattung mit einem beiliegenden Anhänger und Scherben, die in das jüngere Chalkolithikum fallen seien. Der ursprüngliche Eingang führte durch den Bach von dem gegenübergelegenen Teil der Kammer und ist heute völlig verschüttet (Le Pennec 1992-93).

An der Küste 9 km nördlich von Ras el-Kelb liegt Adamshöhle (Ma´amiltein) mit einem übersinterten Boden und beim Eisenbahnbau im 19. Jahrhunderts abgebautem Eingangsbereich, von der angeblich neolithische Silexartefakte, Knochen und Keramikscherben stammen sollten (Zumoffen 1897: 437-8, Copeland – Wescombe 1965:

103).

In der Mündung des Nahr Kelb, 5 km von Jiita, liegt an der Meerküste ein Kliff Ras el-Kelb – die Stelle von ziemlich strategischer Bedeutung an der Fernstraße entlang der Küste zwischen dem Norden und Süden, die bislang mehrere Spuren der vorgeschichtlichen

Fundstellen und historischen Denkmäler belegt. Ihre Verkehrsbedeutung erbrachte der Stelle im 20. Jahrhunderts gleichfalls große Schaden, wenn Höhlen und Felswände beim Straßen-und Eisenbahnbau teils oder völlig abgebaut worden sind. Ablagerungen in hallenförmiger Ras el-Kelb I – der größten unter hiesige Höhlen – wurden in Form der Breccie schon bei dem Bau der Römerstraße benutzt, und die übrigen Sedimente im Hinterteil der Höhle sind 1942 bei der Straßentunnelbau beseitigt und die Höhlenteile abgebrochen worden, bevor die Höhle fachlich untersucht werden konnte (Garrod – Henri-Martin 1961). Wenige Altfunde der Feuersteinartefakte unter einem mittelpaläolithischen Ensemble aus Ras el-Kelb I wurden von Zumoffen auch als neolithisch angenommen. Im Neolithikum erstreckte sich jedoch die Hauptbesiedlung auf dem Plateau der Kliffvorsprung, wie Anzahl der geschlagenen sowie geschliffenen Geräte andeutet. Ein Teil der Funde wurde an Hängen in Felsspalten und kleine Höhlungen wahrscheinlich durch eine Erosion sekundär überlagert (Zumoffen 1897: 432 cf., 1900: 115 cf.). Eine chalkolithische Nutzung von Ras el-Kelb ist durch Funde aus zwei heute niedergegangenen Höhlen belegt. Die Bestattungshöhle Ras el Kelb II mit drei Menschenskeletten und Keramik wurde beim Tunnelbau 1960 ohne Untersuchung abgebaut (Copeland – Wescombe 1965: 124-125). Die zweite Höhle Ras el-Kelb III wurde ebenfalls durch die Eisenbahnbau im zweiten Weltkrieg bis auf ihren hinteren Teil von Breite 13 m abgebrochen, es gelang sie jedoch teilweise zu untersuchen, bevor sie durch eine Mauer geschlossen worden ist. Aus der fast unstratifizierten, mächtigen Ablagerung wurden Menschenknochen von wenigsten 25 Individuen sowie Scherben des Chalkolithikums und Gefäße und –reste aller Perioden der Bronzezeit neben weiteren Sonderfunden (Spinnwirtel, Perlen, Bronzen, Steinartefakte) freigelegt. Das chalkolithische Horizont mit Vorhandensein der Holzkohle liegt direkt auf der pleistozänen Ablagerung (Mackay – Kennedy 1956). Trotz der Verzweifeln der Verfasser, dass dem Chalkolithikum die Gräber gehören sollten, denn die Holzkohleschicht eine Siedlungsaktivität anzeigen sei, scheint sich wahrscheinlicher die bronzezeitliche Bestattungstradition auf der Stelle schon seit dem jüngeren Chalkolithikum zu beginnen.

Harajel – Nabaa el Mghara

Die urgeschichtliche Fundstelle hoch am Fuß des Libanon-Gebirges (1215 m ü. NN) gehört trotz der frühesten Erforschungen und neue speläologische Funde zu den rätselhaften Höhlen.

Bei ihrer Entdeckung in 1870er Jahren wurden hinter dem kleinen Eingang Gefäße und Knochen oberflächlich verstreut. Zumoffen fand später im ersten Bogen des Ganges eine Kumulation der Wildtierknochen und in einer Wandnische zahlreiche, teils verzierte Scherben der Keramik (Zumoffen 1897: 430 cf., 1910: 159 cf.). Nach Zumoffen war die Höhle 160 m lang und 1-8 m breit. Nabaa el-Mghara stellte vor Erweiterungsarbeiten 1964 bei ihrer kurzfristigen touristischen Eröffnung einen ungefähr 360 m langen und durch den Bach geflossenen Korridor mit mehreren Verkrümmungen und Schotter- oder Lehmlagern dar (Abb. L36), die wegen hohen Wasserstand nur während des Sommers und Winters zugänglich ist, wann keine Regenzeit sowie Schneeschmelzen geschieht. Die Höhle wurde damals mit einem Siphon geschlossen, und ihr Vorderteil ist in eine Quellenleitung herrichtet worden.

1989 wurden geschlagene Steinartefakte am Bachufer 210 m tief in der Höhle gefunden, und die nachfolgende Untersuchung erbrachte weitere Feuersteinartefakte, Basaltstücke sowie wenige Knochengeräte – alle aus dem Bachbett im hinteren Höhlenteil. Ihre langzeitige Vorkommen im Wasser ist offenbar durch abgeriebene Kanten und Oberflächen belegt (Karkabi – Majdalani 1989). Wenigstens ein retuschiertes Feuerstein sowie ein Knochengerät sind zwischen den Funden nach Bestimmung von J. Cauvin und D. Stordeur in das Neolithikum gesetzt (Karkabi 1991). Zahlreiche teilsbearbeitete Feuersteinknollen von der zoo- oder anthropomorphen Form bleiben undatiert (Abb. L36), sie erinnern jedoch an ähnliche Stücke aus der Natoufien Schicht in der Höhle el-Wad in Israel. Etwa 300 m von der

Höhle seien neolithische Silexe im Freien gefunden worden (Zumoffen 1897, 1900, 1910). Bei einer Revision von F. Hours wurden jedoch unter einem Abri in der gleichen Lage nur jungpaläolithische Artefakte geborgen (Copeland – Wescombe 1965: 89, Karkabi 1991: 59).

Das Küstengebiet Nord-Libanons und Syriens

Eine der durch den Eisenbahnbau im Jahre 1942 größtenteils vernichteten Fundstellen stellt Abu Halka (Mugharet el-Kebire) an der Küste südlich von Tripoli dar. Die unerforschte Haupthöhle – ursprünglich wohl ein hallenartiger Raum mit kurzen Seitengängen – war durch eine Felsenspalte mit einem ehemaligen Überhang mit zwei kleinen Halbhöhlen, davon eine mittels einem Längsschnitt ergraben wurde. Die obere Schicht gehörte dem Chalkolithikum und ergab Gefäßscherben sowie uncharakteristischen Feuersteinartefakte (Haller 1946).

Im mediterranen Gebiet Syriens in der Umgebung von Hafenstadt Tartus befindet sich die Schauhöhle Mgharet Beit al-Wadi, die ein umfangreiches Höhlensystem mit einem kleinen, aus dem Eingang ausgeflossenen Bach des aktiven unteren Karstniveau darstellt. Von einer der Hallen in der oberen Etage fanden libanonische Speläologen im Jahre 2002 chalkolithische bis jungbronzezeitliche Funde (Jabbour-Gédéon et al. 2004).