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2.1.5. Auswertung der Höhlenfundstellen in der Süd- und Mittellevante 1. Chronologie

2.1.5.2. Höhlennutzung in der Levante

Höhlen in der südlichen Levante erreichen meisten kleinere Größenverhältnisse und sind in porösen Kalkriffen gebildet, denen Aufstehen aus der geologischen Sicht während einer kurzen Zeit durchgelaufen worden ist (Horowitz – Tchernov 2005). Größere Höhlenlabyrinthe kommen vornehmlich in Riffen und Schluchten in der westlichen Randzone des Jordan-Tales vor, aber typische Tropfsteinhöhlen sind auf dem gesamten Gebiet von Israel sehr rar, in

Vergleichung mit der nördlichen Levante. Für Nutzungsmöglichkeiten der Höhlen stehen ihre mikroklimatischen Bedingungen ebenso unter Aufmerksamkeit, denn einen saisonellen Siedlungsmuster näher beeinflussen können. Die systematischen Vermessungen der Temperatur und Feuchtigkeit wurden lediglich in der El-Wad-Höhle in Karmel vorgenommen und sind mit Teilsergebnissen der zwei weiteren nahen Höhlen im Rahmen unterstützt. Die ständige Temperatur und Feuchtigkeit wird in ihrer gesamten Länge von 70 m gemessen und erweis keinen größeren Unterschied zum Außenwetter: Im März ist die Temperatur mit 16 Grad gleich, im Sommer ist der Vorderraum mit 28oC um 3-4 Grad kühler aus die Terrasse und um drei Grad wärmer als der Höhlengang. Die Höhlentemperatur in der Winterzeit wurde in der Levante noch nicht festgestellt (Weinstein-Evron 1998: 40-43).

Natoufien

Die Höhlen nehmen in der Natoufien-Kultur eine bedeutende Rolle ein, denn sie reichen im Kerngebiet ungefähr eine Hälfte der gesamten Fundstellen – wie die großen, langfristig bewohnten Basislager, so kleineren Lagerstätte – ein. Der Dreier von Höhlen – Shuqba im Wadi en-Natuf, El-Wad und Kebara ermöglichten, die Charakteristik und gründliche Chronologie der Kultur am Wende der 1920er und 1930er Jahren aufzustellen.

Die Befunde

Wie es schon oben erwähnt wurde, bestehen im Kerngebiet Siedlungsareale regelmäßig mit einer zentralen Fundstelle und weiteren kleineren Höhlen mit zeitgleichen Funden. Für das Karmel-Gebirge gilt als die bedeutendste Stelle die Mündung des Wadi el-Mughara mit der Zentralhöhle el-Wad und kleineren Nebenhöhlen, die einen großen Basislager zusammen darstellen. Im älteren Natoufien bestand auf die Terrasse und im Eingangsraum von El-Wad ein Bestattungsplatz von ungefähr 100 Gräbern und im hinteren, dunklen Teil der Höhle befand sich neben kleineren Steinstrukturen eine Konzentration der verschiedenartigen Gegenstände, die anhand ihrer Gattung und Erhaltungsstand als eine „Abfallzone“ von M.

Weinstein-Evron aufgezeichnet ist. Neben den Gräbern wurden auch weitere Steinstrukturen, Bodenmörser, Herdstellen sowie eine Plattform freigelegt, deren gegenseitige Beziehungen nicht erklärt sind und ruft einen Eindruck von einer mehretappigen Entwicklung der Kulturschicht hervor. Im jüngeren (und späten) Natoufien scheint sich die eigene Höhle unbeachtet zu bleiben, und auf der Terrasse entstanden neue Siedlungsstrukturen mit Mauern, Pflastern und Herdstellen. Ob zu dieser Zeit auch einige Gräber gehören, ist nicht sicher, keinesfalls wären sie eine bedeutende Zahl gegen dem älteren Natoufien betragen. Die zweite alt-natoufien Höhle Kebara enthält ebenso eine mächtige Kulturschicht mit zwei Lagen der Menschenknochenreste. In der Übergangsperiode entstand eine Begräbnisstätte am Hang unter der Haupthöhle von Nahal Oren, die ein anderes Mikroareal im Karmel-Gebiet darstellt.

Seit dem jüngeren Natoufien wurden die Gräber von einer Dauersiedlung mit zwei Grundhorizonten überlagert und zeitgleich erschienen Funde im Vordersaal der gegenüber liegenden Höhle Ezba (Abu Usba). Eine Bedeutung der Haupthöhle im Siedlungsareal bleibt wegen den völlig ausgeräumten Ablagerungen leider unbekannt. Abseits dieser zwei Siedlungsarealen liegt die im Jungnatoufien genutzte Höhle Raqefet, die einerseits als eine kleine Begräbnisstelle mit 6 erhaltenen und weiteren gestörten Bestattungen diente und anderseits eine Bearbeitung der Feuersteinartefakte an der Stelle – auch unter Benutzung der Rohstoffe aus dem Bereich von El-Wad – belegte.

Das zweite Siedlungsgebiet bestand westlich des Karmel-Gebirges im Hochland der Galiläa und eine Zentralfundstelle ist hier mit der Hayonim-Höhle repräsentiert. Im älteren Natoufien

entstand im Höhleneingang eine Siedlung von dicht aneinander gebauten ovalen Wohnungen, teils mit Herdstellen, und in der Randzone in Richtung zur Höhlenwand sowie in die Höhleninnern nahmen den Platz Gräber ein. Im jüngeren Natoufien wurde die Siedlung im Eingang verlassen und auf die Terrasse vor der Höhle umsetzt, die leeren Baureste dienten nun lediglich als eine Bestattungszone (22 Begräbnisse) weiter. Neun Gräber wurden auch zwischen Siedlungsobjekten auf der Terrasse entdeckt. Gegen Ende der Natoufien Periode ist ein Befund in der nahliegenden Höhle Hilazon Tachtit datiert, die einen Rest der Siedlungsschicht mit ähnlichen Fundgattungen wie in Hayonim ergab. Inmitten der Halbhöhle lagen manche Bestattungen in Steinstrukturen sowie in Gruben vor.

Weiter nach Nordosten, im oberen Jordan-Tal, bestand die größte Natoufien Freilandsiedlung Ain Mallaha (Einan) mit Hausstrukturen entsprechenden den in Hayonim.

Von einem Lesefund aus der Qumranhöhle XII/56 abgesehen, stellt die einzige Höhlenfundstelle im Jordan-Tal Iraq ed-Dubb mit der im späten Natoufien beginnenden Besiedlung dar. Ob Hausobjekte vorangehende die PPNA Besiedlung da schon zu diesem Zeitpunkt bestanden, ist aus den wenigen Resten nicht zu entscheiden.

Das nächste Siedlungsgebiet erstreckt sich in der Judäa, jedoch enthält keine große Basissiedlung vom Typ Hayonim oder Mallaha und nähert eher der Situation im Karmel. Eine bislang vereinzelte Höhle Shuqbah mit einigen gestörten Bestattungen und zwei jungnatoufien Kulturschichten mit Feuerstellen liegt nach einer neueren Prospektion wohl auch in einem Siedlungsareal des Wadi en-Natuf. Eine Konzentrierung der Höhlenfundstellen liegt in zwei Tälern der Judäawüste. Wahrscheinlich nur die Terrasse von El-Khiam kann als eine Dauersiedlung gelten, deren tatsächlichen Aufschwung erst mit dem vorkeramischen Neolithikum startete. Ihre 100 cm mächtige alt- bis jungnatoufiene Sequenz von vier Kulturschichten ergab jedoch keine Siedlungsobjekte und nur wenige Sonderfunde. Aus dem Abri Erq el Ahmar kommen die einzigen Menschenreste aus diesem Wüstengebiet, die als ein Gruppengrab beerdigt wurden. Hinzu muss man noch eine Kulturschicht mit Feuerstellenresten und reichem Steininventar zurechnen. Die übrigen Höhlen ergaben wenig aussagekräftige Befunde oder nur Lesefunde (Umm ez-Zuweitina, Tor Abu-Sif, Umm Qala´a, Et-Tin?, Umm Qatafa??), und ebenso die Fundumstände der bemerkenswerten Steinfiguren mit Fruchtbarkeitsthematik (ein Menschenpaar in Koituslage, ein phallischer Stößel) von Ain Shakri bleiben näher unbekannt.

Die Fundstellen in den südlichen Wüstengebieten von Negev und Jordanien stellen Felsüberhänge oder Halbhöhlen mit mehr oder wenig vorhandener Kulturschichten von erhaltenen sowie verschleppten Feuerstellen dar, die neben Feuersteinartefakten lediglich wenige Funde ergaben. Wenig aussagekräftige Befunde kommen auch in der mittleren Levante vor, von dort aus entweder Lesefunde (Antelias, Jiye I, Ain Choaab, Jabrud II), alte und ungenügend publizierte Untersuchungen (Abri Bergy, Ksar Akil), oder anders gestörte Situation bekannt sind (Jiita II). Kulturschichten scheinen sich weniger entwickelt und mit typologisch nicht repräsentativem Inventar zu sein (Nachcharini, Jabrud III, Qornet Rharra).

Die kleine Halbhöhle Baaz stellt dank neuen Untersuchungen vom N. Conards Team eine vereinzelt gut bekannte kleine Bewohnung vom Ausmaß eines Hauses dar. Die jungnatoufien Schicht der Behausung bestand vom Lehmboden inmitten der Höhle mit einer Feuerstelle, einem vertieften Mörser und üblichem Hausinventar.

Die Höhlentypen

Wenn man die Gestalt und Geomorphologie der Höhlen in Aufmerksamkeit stellt, überwiegen im Kerngebiet der Natoufien-Kultur die geräumigen, vom Tageslicht gut beleuchteten Hallen

nicht zu hoch über dem Talgrund, einen Vorteil bedeuten dabei Terrassen vor dem Eingang (Typ A). Es handelt sich um größere Halbhöhlen (Kebara, Shuqba mit kleinen Nebenkammern, Hilazon Tachtit, Ha-Ela?, Iraq ed-Dubb, Tor Abu-Sif?) sowie ihre kleinere Varianten (Höhlen rings El-Wad, Ain Shakri?, Et-Tin?, Qumranhöhle XII/56 mit einer hinteren geschlossenen Spalte), Felsüberhänge (Iraq ez-Zighan, Abri Sefunim, Erq el Ahmar, eventuell Höhlungen über die Terrasse in El-Khiam), oder gangartige Hallen (Nahal Oren, bei Hayonim und Umm ez-Zuweitina mit hinterem Ausgang; in der Gruppe würde auch Umm Qatafa fallen). Wenn die Höhlen mehrhallenförmige Räume ohne weiterer Fortsetzung ausbilden (Typ HH), kommt die Natoufien Kulturschicht ausschließlich im vorderen, genügend lichten Teil vor (die Vorhalle in Sefunim und Ezba, die zwei ersten Hallen in Raqefet). Nur zwei Ausnahmen bleiben, die in diesen Kategorien nicht passen: die berühmte El-Wad stellt einen in kleineren Kammern getrennte Höhlengang dar, der seit seiner Mitte dunkel wird, trotzdem enthält die Kulturschicht auch in diesem hinteren Teil. Hinzu geht noch den Bericht über einer Karstquelle am Höhlenrückteil zu, die sich heute im unterirdischen Niveau befand, jedoch im Natoufien am Lebenshorizont gewesen sein könnte. Zur Gestalt der zweiten Höhle Umm Qala´a besteht nur eine Beschreibung, danach es um ein größeres Höhlensystem mit sieben Saals und zwei Eingänge handelt. Die Fundstellen in den südlichen Wüstengebieten von Negev und Jordanien korrespondieren vornehmlich mit Felsüberhängen oder kleinen Höhlen (Halbhöhlen?), so weit es aus überwiegend kürzlich und summarisch behandelten Artikeln beurteilen lässt. Eine besonders bunte Auswahl der Höhlen bieten Karstgebiete der mittleren Levante, die aber nur sehr beschränkte Möglichkeiten zur Vergleichung mit den sporadisch publizierten oder erkannten Fundstellen erlauben. Die beherrschende Gruppe stellen Felsüberhänge und Halbhöhlen (Typ A: Abri Bergy, Ksar Akil, Jiita II, Jabrud II und III, Baaz) und „kleine Höhlen“ (Ain Choaab, Qornet Rharra) dar.

Nachcharini ist als eine „ovalförmige“ Höhle und Jiye I als eine „größere“ Höhle beschrieben.

Lediglich die Höhle von Antelias zeigt eine Ausnahme, denn einen Ausgang des aktiven Karstsystems bildet. Die vorausgesetzte Natoufien Schicht wurde wahrscheinlich nur im hellen vorderen Saal von Antelias gefunden.

Das Fundinventar

Die besser untersuchten Natoufien Höhlenfundstellen erweisen eine Reihe von ähnlichen Merkmalen. Sie enthalten mächtige Schichtenfolge, die dem langfristigen und wiederholenden Aufenthalt entsprechen, sowie Gräber von einigen Bestattungen bis zum kleinen Gräberfeldern (El-Wad, Nahal Oren, Hayonim). Öfter kommen auch Gruppengräber vor, die mehr typisch für größeren, langfristig genutzten Siedlungen sind. Sie werden für Beweis einer Kontinuität oder einen konstituierten Bestattungsbereich innerhalb der Höhle mit allmählich eingelegten zusätzlichen Bestattungen ins Kollektivgrab angenommen (Byrd – Monahan 1995: 265-266, Lengyel – Bocquentin 2005: 280-283). Die Bestattungszonen sind in größeren Fundstellen wie Hayonim, Nahal Oren und Ain Mallaha von der gleichzeitigen Siedlung räumlich streng abgetrennt (Bar-Yosef 1998: 164). Die kleinen Gräberstätten in Höhlen wie Raqefet, Hilazon Tachtit oder Kebara können umgekehrt Fundorten mit ungeplanten wiederkehrenden Aufenthalten darstellen, jedoch sei man ebenso Gemeinschaftsgröße, Siedlungsdauer oder unterschiedliche Tradition dieser Fundstellen in Betracht ziehen (Lengyel – Bocquentin 2005, 280-283). Mit der Begräbnissen scheint sich die Hauptzahl an Kleinschmuck und Verzierungsgegenstände nach den Befunden eng zusammen zu hängen, und eine Verstreuung der Kleinfunde (Perlen, Anhänger, durchlochte Muschel u.

a.) in einer Kulturschicht – meist mit durchwühlten Menschenknochen begleitet – deutet auf weitere gestörte Gräber hin. Auch Knochengeräte treten oftmals als Beigaben auf, während bei übrigen Fundkategorien wie Bruchstücke von Steingefäßen, Stößel und anderen Steingeräten sowie Feuersteinartefakte ihre Zuweisung zum Grabinventar oder zur

Kulturschicht gewöhnlich unmöglich ist. Ockerklumpen oder seine Spuren an Stößeln, Mörsern oder anderen Gegenständen scheinen sich mit den Bestattungen in Beziehung zu stehen, aber nicht unbedingt. Sie zeigen zunächst einen Zusammenhang mit unlandwirtschaftlichen Tätigkeiten eher als Geräte zur Kornverarbeitung. In Höhlenfundstellen nah des Mittelmeeres (Hayonim, El-Wad, Kebara; Antelias) erscheinen Geräte zum Fischfang wie Harpunen, Hacken und Knebelangel, während die Sichelklingen öfters auf der Fundstellen mit einem landwirtschaftlichen Hinterland vorkommen (Bar-Yosef – Belfer-Cohen 1998). Eine besondere Kategorie der Funde stellen die Kunststücke dar. Beide reichsten Kollektionen aus El-Wad und Nahal Oren sind mit den Gräbern verbunden und allem Anschein nach waren Teilen der Beigaben. Es handelt sich um Tier- oder Menschenkopfdarstellungen aus Stein und Knochen – im Fall von El-Wad auch als stark symbolisierte Feuersteinknollen, weiter um dekorierte Sichelhefte, Stößel sowie Steingefäße, und andere Knochengegenstände von unbestimmter Funktion. Neben den einfachen doppelrunden Feuersteinknollen von Gestalt anscheinend an Menschen- oder Tierfiguren kommen in El-Wad auch einzigartige Begräbnisse mit Kopfverzierung vor (Weinstein-Evron – Belfer-Cohen 1993). Von Kebara stammen verzierte Sichelhefte, die wohl in einem Zusammenhang mit mehr als ein Tausend der Sichelklingen stehen können und an eine bevorzugte Getreidesammeln einer besitzenden Gemeinschaft deuten seien. Kebara ist auch durch eine ziemliche Zahl der Anhänger und andere Knochengeräte interessant, die mit lediglich wenigen Menschenknochenresten hinsichtlich der Menge nicht korrespondieren.

Hinzu umgekehrt stellt Shuqba eine auf Vielzahl und Variabilität ziemlich arme Höhlenfundstelle dar. Vom Blick des Vorhandenseins an Sonderfunden gehört die größte Höhlensiedlung in Hayonim zu wenig reichen Fundstellen.

Die Höhlennutzung

Die planmäßig durchführten Untersuchungen mehreren Höhlen der Natoufien Kultur ermöglichen unter Berücksichtigung modernen naturwissenschaftlichen Analysen ausführlichere Betrachtungen über Funktion der Fundstellen und ihren Platz im Leben der Natoufien Gemeinschaften zu erforschen. Wie es schon oben erwähnt wurde, gibt es eine Variabilität zwischen einzelnen Fundstellen, die ihre Spezialisierungsbereiche oder sozioökonomische Bedingungen der Heimgemeinschaften berücksichtigen können. Die großen Basislager deuten gegensätzlich dem Saisonaufenthalt der spätpaläolithischen Jäger-Sammler-Gruppen auf eine langzeitliche Besiedlung. Das wird von naturwissenschaftlichen Beobachtungen unterstrichen, jedoch gilt noch keine eindeutige Übereinstimmung, ob die Basislager ganzjährig ohne Unterbrechung besiedelt waren und handelte es sich also um die ältesten Sesshaftsiedlungen, oder ob sie in einer Siedlungsstruktur der übergehenden, mehrmals während des Jahres besuchten Zentralplätze gefallen hätten. Auf dem Beispiel der Hayonim-Höhle gehören zu den größten Indikatoren der Sesshaftigkeit Knochenreste von der Hausmaus Mus musculus, die während des Natoufiens eine Selbstdomestikation von Mus spretoides durchlebte, und in Verbindung mit langfristig produzierten Siedlungsabfall steht.

Sie kommen schon in der älteren Natoufien-Schicht zu Tage und nehmen in der jüngeren Natoufien noch zu (Bar-Yosef – Tchernov 1966, Bar-Yosef – Valla 1990). Auch das erhöhte Vorkommen von Sperlingskolonien in Hayonim zeigen an reiche und regelmäßige Nahrungsreste im Lebensbereich der Menschen (Pichon 1991). Die dauerhaften oder wiederholend ganzjährig besuchten Siedlungen werden ebenso von Zementumzuwachsen auf der Gazellenzähnen unterstützt, die im Gegensatz zur jungpaläolithischen Schicht der Hayonim Höhle nicht nur Winter-, sondern auch Sommerlager erweisen (Lieberman 1991, Bar-Yosef 1998: 168). Als weitere Indikatoren können Pollen von blühenden Pflanzen aus den Feuerstellen sowie manche Arten der essbaren Meermollusken dienen, die in Hayonim auf Frühlings- und Sommerzeit zeigen. Die ganzjährige Reproduktion der Gazelle, Vorkommen

von Hausmaus und Haushund sowie Knochen im Frühling gestorbenen neugeborenen Tiere deuten auch in El-Wad auf keine Saisonlager, sondern auf eine während des Jahres langzeitliche Besiedlung hin. Die Natoufien Gemeinschaften sind auf 30 bis 50 Menschen oder auf Größe einer breiten Familie eingeschätzt (nach Weinstein-Evron 2005: 287). P.

Akkermans und G. Schwartz unterscheiden zwischen einer „wohnhaften“ Mobilität gesamter Gruppe und einer „logistischen“ Mobilität einzelner Glieder einer gesiedelten Gesellschaft.

Während beim ersten Fall zieht die ganze Gruppe von einer Stelle zur anderen Stelle, um neue Naturquellen gewinnen zu können – oft in Saisonzyklen, die logistische Mobilität betrifft Einzelnen oder kleine Gruppen, die spezifische Ausgaben außerhalb ihres Basislager ausführen und zu ihrer heimischen Gemeinschaft zurückkehren. Aus dem archäologischen Blick sei das Model der wohnhaft-mobilen Gesellschaft an die spätpaläolithische Geometrische Kebarien Kultur angepasst werden, während im Natoufien sei die logistische Mobilität wenigsten bei manchen Fallen ebenso vorkommen (Akkermans – Schwartz 2003:

38).

Nach Ergebnissen der Nahrungsanalyse, die Sr/Ca Verhältnis in Menschenknochen erfasst, verpflegte sich die Population des älteren Natoufiens in Hayonim, El-Wad, Kebara und Ain Mallaha gleichmäßig von Pflanzen/Getreide sowie von Fleisch. Im jüngeren Natoufien nimmt der Pflanzenanteil ab und die Fleischnahrung überwältigt (Nahal Oren, Ain Mallaha), aber im PPNA kehrt es sich wieder zum ausgeglichenen Verhältnis zurück (Sillen 1984). Lediglich kleine Unterschiedlichkeiten der zeitgleichen Nahrungsdaten zwischen den Fundstellen lassen sich wahrscheinlich die globalen klimatischen Änderungen während des jüngeren Dryas (ca.

10.600-9200 BC) zuzuschreiben. Von den Natoufien Fundstellen in Syrien und Libanon fehlen Belege für Pflanzenkultivierung (Akkermans – Schwartz 2003: 35). Die Jagdpraxis wurde in El-Wad mit der Zerstückelung der Beute bis in der Siedlung vor der Höhle durchgeführt. Erhöhte Aktivitäten um die Fleischverarbeitung sind auf der Fundstelle auch durch die Gebrauchspurenanalyse der Feuersteinartefakte unterstrichen und unterscheiden sich von der Freilandsiedlung Ain Mallaha oder Hayonim ohne so die markante Spezialisierung. Bei Hayonim tritt nach der Gebrauchspurenanalyse auf der ersten Stelle – d.

h. mit fast einem Drittel der Proben – eine Bearbeitung der Knochen auf und ein Fleischzerschneiden beträgt nur 12 % der Rohstoffverarbeitung. In der Höhle ist auch die Ernte eines wilden Getreides erwiesen. Hayonim erweckt also einen Eindruck von der allseitig orientierten langjährigen Siedlung, deren Bewohner alle benötigten Bedürfnisse an der Stelle ausgeführt konnten.

Kontakte zwischen nahen und fernen Gebieten sind in einigen Fällen auch bewiesen, jedoch ihr Wesen ist nicht mit Sicherheit erklärt. Einerseits können sie aus gleichgefertigten Artefakten von verschiedenen Fundstellen, oder anderseits von der Ursprung der Rohmaterialen abgeleitet werden. Zum ersten Punkt können zwei Knochenstücke mit einem ähnlichen Ornament von Gitternetz gehören, die aus den 50 km voneinander entfernten Höhlen Hayonim und Kebara stammen, und ihre Ursprung könnte von einer gleichen oder befreundeten Gemeinschaft nicht ausgeschlossen werden (Campana 1991, Bar-Yosef – Belfer-Cohen 1999, Bar-Yosef – Belfer-Cohen 1998: 254). Das betrifft jedoch nicht geritzte Steinplatten oder Gerölle, die außer Hayonim in der anatolischen Höhle Öküzini sowie in anderen epipaläolithischen Orten des Mittelmeergebiets vorkommen (vgl. Marshack 2002).

Fernkontakte oder lange Reisen nach Rohstoffquellen sind für die Karmel-Fundstellen mit den Basaltgegenständen belegt, denn ihr Ursprung steht in Golananhöhen, also ca. 100 km entfernt (Bar-Yosef 1998: 165). Eine andere Geschäftsware stellten Muschel vom Roten Meer dar. Nach Aussage der Menschenskelette aus den Natoufien Gräbern waren die Kontakte überwiegend streitlose, denn das Knochenmaterial nur seltene Spuren der Gewalt in

Vergleichung mit anderen epipaläolitischen Gruppen im Nahosten aufweist (Belfer-Cohen et al. 1991: 421). In welche Kategorie fallen die Perlen aus Rückenknochen von Rebhuhn, die in Hayonim hergestellt waren und kommen auch als eine Beigabe im Gruppengrab unter dem 140 km entfernten Felsüberhang Erq el Ahmar, bleibt offen.

Das Klima

Das Bestehen der Höhlenbesiedlung soll man noch kürzlich mit der Klimaentwicklung in der Levante vergleichen. Ein verbesserndes Klima nach dem kalten und humiden Spätglazial verstärkte Naturquellen der Pflanzen- sowie Tierwelt und ermöglichte der Menschengruppen in mehreren günstigen Plätzen eine längere Zeit aufzuhalten. In Verbindung mit der beginnenden Natoufien-Kultur kam eine trockene Periode, und eine anwachsende Baumbedeckung des Gebietes setzte flüssig durch die ganze Periode des älteren Natoufiens fort. Erst durch die erhöhte Trockenzeit im jüngeren Natoufien, die mit dem jüngeren Dryas korrespondiert, wurde die Landschaft arid und ist mit einem Waldrückzug betroffen worden.

Der Stand überdauerte noch im vorkeramischen Neolithikum (Bar-Yosef – Valla 1990, Cauvin et al. 1997, Weinstein-Evron 1998: 129f). Die verlaufende Entwaldung der Hochland- und Gebirgsgebieten mit Hauptvorkommen der Höhlenstellen konnte im jüngeren Natoufien einen neuen Raum für Subsistenzstrategien aufschließen, was nicht nur zur territorialen Expansion, sondern auch zu einer Verdichtung der alten Siedlungsarealen verantwortlich dürfte. Im späteren Natoufien konnte es gegenüber zum Verlassen der wasserarmen Landschaft führen. Man muss jedoch erinnern, dass die Meinung der Forscher auf die weitgehend ungenügend erkannten feineren Klimaentwicklung nicht übereinstimmend steht. Es gilt auch die Ansicht, die Einwirkungen des jüngeren Dryas in der Levante lediglich für begrenzt zu halten und hiermit auch kleine Veränderungen auf die Vegetation, z. B.

überdauernde Waldbedeckung des Karmel-Gebirges vorauszusetzen (vgl. Weinstein-Evron 2005: 288). Gegen einem einheitlichen Bild auf das Klima und seinen Einfluss auf die Landschaft im jüngeren und späteren Natoufien sprechen auch naturwissenschaftliche Ergebnisse aus den südlichen Wüstengebiete von zentralen Negev und Südjordanien. Nach

überdauernde Waldbedeckung des Karmel-Gebirges vorauszusetzen (vgl. Weinstein-Evron 2005: 288). Gegen einem einheitlichen Bild auf das Klima und seinen Einfluss auf die Landschaft im jüngeren und späteren Natoufien sprechen auch naturwissenschaftliche Ergebnisse aus den südlichen Wüstengebiete von zentralen Negev und Südjordanien. Nach