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Malerei

Im Dokument Cy Twombly (Seite 37-41)

II. Kritischer Literaturüberblick und Forschungsstand

2. Sekundärliteratur

2.1. Malerei

Die erste ernstzunehmende Rezeption fand in den Sechzigerjahren statt: Robert Pincus-Witten122 verfasste 1968 den Aufsatz Learning to Write123 im ersten dem Künstler gewidmeten amerikanischen Museumskatalog. Er verortete Twombly zu Recht in der Tradition expressionistischer Kalligrafie:124

„One theme stands out in the sparse criticism devoted to the development of Cy Twombly’s painting – namely, that it is at once intimately connected with the physical act of handwriting, yet more elevated and esthetic than mere script.

Painting, for Twombly is regarded as a special category of calligraphy.”125

1975 erschien The Alchemy of Mind and Hand126, ein Aufsatz von Suzanne Delehanty127. Sie beleuchtete Twomblys Oeuvre anschaulich unter dem Gesichtspunkt der künstlerischen Traditionen der griechischen und römischen Antike, Leonardo da Vincis, Nicolas Poussins und Marcel Duchamps.

„Since childhood, Cy Twombly has been passionately interested in Greek and Roman history and mythology. In his imagination Twombly revisits the classical woved with a sensual immediacy and through his art he reinvents the past as a means of self-discovery.”128

      

122 Pincus-Witten, Robert A., ( geb. 1935), Galerie Direktor, Kritiker und Kunsthistoriker, Ausstellungsdirektor bei C&M Arts, New York City, vgl. Del Roscio 2002, S. 312.

123 Pincus Witten, Robert: Learning to Write (Cy Twombly), 1968, in: Del Roscio 2002, S.

56-60. Ursprünglich erschienen im Ausstellungskatalog des Milwaukee Art Center, Milwaukee, WI, 1968.

124 Vgl. Stemmrich, Gregor: Über das Wesen von etwas sprechen. Geschichte, Diskurs, Mythos im Werk von Cy Twombly, in: Kat. Ausst. Wien 2009, S. 60 ff.

125 Pincus-Witten 1968, in: Del Roscio 2002, S. 56.

126 Delehanty, Suzanne: The Alchemy of Mind and Hand, o.O. 1975, in: Del Roscio 2002, S.

61-73.

127 Suzanne Delehanty, Gründungsdirektorin des Miami Art Museum und zur Direktorin des Jane Voorhees Zimmerli Art Museum in Rutgers, The State University von New Jersey ernannt.

Vgl. Del Roscio 2002, S. 310.

128 Delehanty 1975, in Del Roscio 2002, S. 61.

Delehanty deckte in ihren Ausführungen wichtige Texte der Mythologie und Poesie als feste Bestandteile und Quellen für Twomblys Arbeiten auf. Von dem französischen Sozial- und Literaturkritiker Roland Barthes129, der zu Twomblys engsten Freunden zählte, stammen zwei viel zitierte Aufsätze130 aus dem Jahr 1979, erstmals publiziert im Ausstellungskatalog des Whitney Museum of American Art vor allem in Bezug auf seine markanten und immer wieder kehrenden Schriftzeichen:

„TW’s oeuvre […] is a question of writing and that has something to do with calligraphy. […]. With TW, letters are the very opposite of letterings and are formed without application, but even so they’re not really childish since a child applies himself, presses carefully, rounds things out, sticks […].”131

Ein wichtiger Beitrag ist Gottfried Boehms132 Aufsatz von 1987133, der sich mit Twomblys Arbeiten auf Papier auseinandersetzte. Insbesondere wurde die Rolle der Schrift, des Zeichens und der Spur untersucht und äußerst anschaulich interpretiert.

„Dennoch ist es keine fremde und aufgesetzte Anstrengung, Twomblys Bilder

‚lesen‘ zu wollen, zu beobachten, wie uns Wort, Begriff, Zahl und Zeichen gezeigt und zugleich entzogen werden, wir ins Bild geraten wie auf die offene See, deren Launen und Lakunen sich das Auge ganz allein gegenüber sieht.“134

Kirk Varnedoe organisierte für die große Twombly Retrospektive im Jahr 1994 im Museum of Modern Art ein Künstlerforum. In diesem Kontext wurde über Twomblys Rolle in der zeitgenössischen Kunstszene diskutiert. Diesbezüglich entstand nach langer Recherche zahlreicher Briefe und Schriftstücke des Künstlers und nach vielen Gesprächen der umfangreiche Aufsatz Inscriptions in Arcadia135. Zahllose, bis dahin wenig bekannte Bilder wurden in stringent chronologischer

      

129 Roland Barthes (1915 - 1980 Paris) Vgl. Del Roscio 2002, S. 309.

130 Barthes, Roland: Cy Twombly ou Non multa sed multum, 1979, Multhipla edizioni, Milano und Sagesse de l’Art. The Wisdom of Art in: Kat. Ausst. Cy Twombly. Paintings and Drawings 1954-1977, New York, Whitney Museum of American Art, 1979.

131 Barthes 1979 (1) (Non multa sed multum), in: Del Roscio 2002, S. 89.

132 Gottfried Boehm (Geb. 1942) ist ein deutscher Kunsthistoriker und Philosoph. Er war Professor für Kunstgeschichte an der Rhur Universität, Bochum und an der Justus Liebig Universität, Giessen und später Professor für moderne Kunstgeschichte an der Universität Basel.

Vgl. Del Roscio 2002, S. 309.

133 Boehm, Gottfried: Erinnern, Vergessen – Cy Twomblys Arbeiten auf Papier, in: Kat.

Ausst. Cy Twombly. Serien auf Papier. 1957-1987, Bonn, Städtisches Kunstmuseum 1987.

134 Boehm 1987, in: Kat. Ausst. Bonn 1987, S. 1.

135 Varnedoe, Kirk, Inscriptions in Arcadia, New York 1994.

Reihenfolge aufgeführt. Durch dieses Verzeichnis wurde es erstmals möglich, der Werkgenese bei Twombly nachzuspüren.136 Aufgrund der großzügigen Unterstützung des Künstlers enthält der Katalog, neben der vollständigen Darstellung der Bilder, Zeichnungen und Collagen bis 1994, eine vom Künstler autorisierte Biografie, was erstmals den direkten Einblick in eine persönliche Sphäre ermöglichte.

Mit dem umfangreichen vierbändigen Werkkatalog Catalogue Raisonné of the Paintings137 von Heiner Bastian138 gelang es dem Autor, das gewaltige malerische Werk Twomblys, seine Zeichnungen und Collagen, systematisch darzustellen.

Kirk Varnedoe139 organisierte für die große Twombly Retrospektive 1994 im Museum of Modern Art in New York ein Künstlerforum, in welchem über Twomblys Rolle in der zeitgenössischen Kunstszene diskutiert wurde. Nach langer Recherche zahlreicher Briefe und Schriftstücke des Künstlers und vielen Gesprächen entstand Varnedoes eindrucksvoller Aufsatz Inscriptions in Arcadia140. Hier wurden erstmals in adäquater Weise Werk und Leben des Künstlers nebeneinander gestellt und auf diese Art ein wichtiger Beitrag in der Twombly Rezeption geleistet.

Des Weiteren sind zwei sehr hilfreiche Publikationen zu nennen, die die Forschungsarbeit maßgebend unterstützten: Zum einen Writings on Cy Twombly141, eine Textsammlung von Nicola del Roscio aus dem Jahr 2002 und die erste Twombly Monographie142 von Richard Leeman aus dem Jahre 2005, die beide in ihrer Komplexität große Anerkennung verdienen. In der       

136 Cy Twombly. A Retrospective, Katalog der Ausstellung des Museum of Modern Art, New York, vom 25. September 1994 bis 10. Januar 1995 und der Nationalgalerie Berlin, u. a.,

München 1994.

137 Bastian, Heiner: Cy Twombly – Catalogue Raisonné of the Paintings, Volume I 1948-1960, Werkkatalog, Schirmer/Mosel, München 1992.

Bastian, Heiner: Cy Twombly – Catalogue Raisonné of the Paintings, Volume II 1961-1965, Werkkatalog, Schirmer/Mosel, München 1993.

Bastian, Heiner: Cy Twombly – Catalogue Raisonné of the Paintings, Volume III 1966-1971, Werkkatalog, Schirmer/Mosel, München 1994.

Bastian, Heiner: Cy Twombly – Catalogue Raisonné of the Paintings, Volume IV 1972-1995, Werkkatalog, Schirmer/Mosel, München 1995.

138 Kunstsammler und Direktor von Heiner Bastian Fine Art, Berlin.

139 Der US-Kunsthistoriker Kirk Varnedoe (1946 – 2003) war mehr als ein Jahrzehnt bis zu seinem frühen Tod der leitende Kurator der Abteilung Malerei und Skulptur des Museum of Modern Art in New York (1988-2001). Vgl. Del Roscio 2002, S. 313.

140 Varnedoe, Kirk: Inscriptions in Arcadia, 1994, in: Kat. Ausst. New York 1994, Cy Twombly. A Retrospective, Museum of Modern Art/ Nationalgalerie Berlin u.a., München 1995 (AK), 25. September 1994 bis 10. Januar 1995, Schirmer/Mosel, München 1994).

141 Del Roscio, Nicola: Writings on Cy Twombly, Textsammlung, Schirmer/Mosel, München 2002.

142 Leeman, Richard: Cy Twombly. Malen. Zeichnen. Schreiben, Schirmer, München 2005.

Schriftensammlung von del Roscio wurden die wesentlichen Stellungnahmen verschiedenster Kunsthistoriker, Kuratoren, Journalisten, Lehrer und Künstlerfreunde Twomblys chronologisch in einem Band zusammengefasst. Die Auswahl reicht von 1951 bis 2001 und gewährt einen umfangreichen Einblick in die Rezeptionsgeschichte Twomblys.

Leeman ist es gelungen, viele der Texte und Bilder in Twomblys Oeuvre zu entschlüsseln und klar darzulegen. Die reiche Auswahl an Bildmaterial und die geschickt ausgewählten Aufnahmen ermöglichen in vielerlei Hinsicht eine weiterführende Beschäftigung mit Twomblys Technik und Material.

Des Weiteren ist Jutta Görickes Dissertation Cy Twombly – Spurensuche143 von 1994 besonders hilfreich für eine Beurteilung von Twomblys Werkgenese. Dem Leser wird ein verständlicher Leitfaden präsentiert.

Als sehr aufschlussreich erwies sich die 1999 veröffentlichte Dissertation von Martina Dobbe, Querelle des Anciens, des Modernes et des Postmodernes:

exemplarische Untersuchungen zur Medienästhetik der Malerei im Anschluß an Positionen von Nicolas Poussin und Cy Twombly144. Dobbe führte ausführliche Analysen von ausgewählten Bildern Twomblys durch und verglich diese mit solchen seiner Zeitgenossen Jackson Pollock und Barnett Newman. Diese gelungene kunsthistorische Kontextualisierung verdankt die vorliegende Arbeit wichtige Details.

Besonders hervorzuheben ist der Ausstellungskatalog der Tate Modern London von 2008 Cy Twombly Cycles and Seasons.

Von besonderer Bedeutung war das bereits erwähnte Interview von Nicholas Serota im Katalog der Londoner Retrospektive mit Beiträgen von Nicholas Cullinan, Tacita Dean und Richard Shiff. Für die Ausstellung wurden Werkgruppen ausgewählt, die Meilensteine aus Twomblys Oeuvre von den Fünfzigerjahren bis heute markieren. Diese Ausstellung ermöglichte ein intensives Studium der Originale und führte vor allem die deutlichen Bezüge von Twomblys Malerei und seinen Skulpturen vor Augen.

      

143 Göricke, Jutta: Cy Twombly. Spurensuche, Technische Hochschule Aachen, Diss., Aachen 1994, erschienen: S. Schreiber, München 1995.

144 Dobbe, Martina: Querelle des Anciens, des Modernes et des Postmodernes:

exemplarische Untersuchungen zur Medienästhetik der Malerei im Anschluß an Positionen von Nicolas Poussin und Cy Twombly, Universität Bochum, Diss., Bochum 1997, erschienen: Wilhelm Fink Verlag, München 1999.

Die Ausstellungskataloge - Cy Twombly: states of mind, MUMOK Wien145, von 2009 und Cy Twombly: the natural world, The Art Institute of Chicago, Chicago 2009146 - aktueller Twombly Präsentationen bildeten wichtige Ergänzungen für die vorliegende Arbeit.

Im Dokument Cy Twombly (Seite 37-41)