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Makrosoziologische Faktoren des Konsumverhaltens

4 Zielgruppe junge Erwachsene

4.2 Das Bio-Kaufverhalten der Zielgruppe junge Erwachsene

4.2.1 Theoretische Ansätze zur Erklärung des Kaufverhaltens

4.2.1.3 Soziologische Modelle des Kaufverhaltens

4.2.1.3.1 Makrosoziologische Faktoren des Konsumverhaltens

Die makrosoziologischen Ansätze zum Kaufverhalten betrachten soziale Kategorien oder auch Gruppen, die zwar ähnliche Merkmalsausprägungen aufweisen, untereinander aber nicht notwendigerweise in Kontakt stehen müssen. Hierbei kann es sich z. B. um Gruppen gleichen Alters oder gleicher Einkommensverhältnisse handeln. Die Merkmale werden je nach Art der Untersuchung einzeln oder in Kombination betrachtet. Vielfach werden sie unter dem Begriff Kultur

zusammengefasst. Da das Konsumverhalten eines Menschen stark durch kulturelle Faktoren beeinflusst wird, sollen diese und ihr Einfluss auf das Kaufverhalten in diesem Kapitel dargestellt werden.

Kulturkreis

Das Verhalten eines Menschen und damit auch sein Kaufverhalten sind zu einem großen Teil erlernt. Schon als Kind werden grundsätzliche Werthaltungen, Präferenzen und Verhaltensweisen angenommen. Die Kultur, in der ein Mensch aufwächst, spielt hierbei eine zentrale Rolle. Die umgebende Gesellschaft, die eigene Familie und andere Institutionen bestimmen grundlegende Werte und Einstellungen. Nach Hoebel (1960) ist Kultur die Summe erlernter Verhaltensweisen, welche von den Mitgliedern einer Gesellschaft geteilt wird. Kultur ist also eine Struktur miteinander in Zusammenhang stehender Werthaltungen und Verhaltensweisen der Gesellschaftsmitglieder. Ein Kulturkreis kann demnach für eine übernationale Gruppierung und deren Kultur stehen, z. B. für die westliche, die fernöstliche oder die afrikanische Kultur. Ebenso kann es sich bei einem Kulturkreis um ein Land oder eine Sprachgemeinschaft handeln (Bodenstein/Spiller 1998, S.

57). Nach Terpstra/Sarathy (2000, S. 91), sind Elemente von Kultur:

Stand der Technologie und materielle Kultur

Sprache

Kunstgeschmack / Ästhetisches Empfinden

Bildung

Religion

Einstellungen und Werte

Soziale Organisation

Politische Ordnung

Diese Elemente können sich in verschiedenen Kulturkreisen unterscheiden. So differieren beispielsweise die dominierenden Werthaltungen z. T. stark. In Deutschland besitzen Werte wie Geborgenheit, Sicherheit, Treue, Fleiß, Liebe, Verantwortung (Raffée/Wiedmann 1987; Vinson et al 1977, S. 44-50) einen hohen

Stellenwert, während in den USA Selbstachtung, gute Beziehungen zu anderen Menschen, Anerkennung und Selbstverwirklichung wichtige gesellschaftliche Werte darstellen (Vinson et al. 1977, S. 44-50).

Subkultur

Kulturkreise spalten sich nach Kotler/Bliemel (1999) in Subkulturen, hauptsächlich in die vier folgenden Arten auf.

Nationalitätengruppen finden sich innerhalb größerer Kulturkreise, z. B. Europas und der USA. Sie zeichnen sich durch besondere ethnische Merkmale aus, innerhalb Europas gibt es beispielsweise dementsprechend viele Landessprachen.

Konfessionsgruppen bilden sich aus den Mitgliedern der unterschiedlichen Religionen innerhalb einer Kultur. So dominiert in Europa zwar das Christentum, es finden sich aber auch zahlreiche Anhänger anderer Religionen wie des Judentums und des Islam.

Stammesgruppen wie Ostfriesen oder Bayern unterscheiden sich ebenfalls in vielerlei Hinsicht, z. B. durch eigene Dialekte, Gebräuche und Lebensweisen.

Geographische Regionen wie das Schwabenland, Ostfriesland u. a. teilen einen Kulturkreis nach Gebieten auf.

Weitere für das Marketing bedeutsame Subkulturen stellen soziale Schichten, Lebensstilgruppen und soziale Milieus dar, die aufgrund ihrer besonderen Relevanz für die Analyse des Konsumverhaltens im Folgenden näher beschrieben werden.

Soziale Schicht

Innerhalb eines Kulturkreises teilt sich die Bevölkerung in Schichten, welche den Rang bzw. die Stellung einer Person innerhalb der Gesellschaft kennzeichnen. Die Art der Schichteinteilung ist verschieden differenziert, in westlichen Kulturen kann es sich hierbei z. B. um die folgenden sieben Schichten handeln (Kotler/Bliemel 1999, S. 311):

• Obere Oberschicht

• Untere Oberschicht

• Obere Mittelschicht

• Mittelschicht

• Arbeiterklasse

• Obere Unterschicht

• Untere Unterschicht

Für das Marketing ist die Schichteneinteilung von Bedeutung, da innerhalb einer sozialen Schicht jeweils spezifische Verhaltensweisen auftreten. So kennzeichnet die Angehörigen einer bestimmten Schicht auch ein eigenes Kaufverhalten, sie zeigen eindeutige Produkt- und Markenpräferenzen. Aus diesem Grund konzentrieren sich Marketingmaßnahmen häufig auf einzelne Schichten. Die Zugehörigkeit zu einer Schicht lässt sich nicht allein anhand eines einzelnen Merkmals definieren, vielmehr erfolgt die Abgrenzung mittels einer Kombination mehrerer Variablen. Hierzu dienen besonders kaufverhaltensrelevante Variablen, die in starkem Zusammenhang miteinander stehen z. B. Beruf, Einkommen, wirtschaftliche Verhältnisse, Ausbildungsgrad (Kotler/Bliemel 1999, S. 312). Diese Faktoren, und damit auch die Zugehörigkeit zu einer sozialen Schicht, können sich im Lauf des Lebens wandeln.

Sozialer Auf- und Abstieg ist möglich durch Veränderung der Einkommensverhältnisse, durch Einheiraten in eine höhere soziale Schicht o. ä. Die Bedeutung des sozialen Rangs für das Konsumverhalten nimmt seit einiger Zeit im Zuge der Individualisierung der Gesellschaft ab. Dies äußert sich in einem zunehmenden persönlichen Konsumstil, der eigene Werte und Einstellungen berücksichtigt und sich sehr deutlich bei jungen Konsumenten zeigt. Aus diesem

Grund sollen im Folgenden mit dem Konzept der Lebensstile und der sozialen Milieus zwei Ansätze vorgestellt werden, die für das Verständnis des Kaufverhaltens junger Erwachsener aus dem Grunde bedeutsam sind, da sie das persönliche Bewusstsein des Konsumenten und dessen Wertorientierungen als Segmentierungskriterien zur Unterscheidung einzelner Gruppen einbeziehen.

Das Konzept der Lebensstile

Bei Lebensstilen handelt es sich um eine Verknüpfung typischer Verhaltensmuster von Personen und Personengruppen, die sich aus spezifischen Einstellungen, Aktivitäten, Interessen und dem (Konsum-)verhalten zusammensetzen (Kroeber-Riel/Weinberg 1999, S. 547; Kotler/Bliemel 1999, S. 319). Im Gegensatz zu traditionell lebenden Bevölkerungen, die meist eine kollektive Mentalität teilen, nimmt in modernen, zunehmend individualistisch geprägten Gesellschaften die Bedeutung eines bestimmten Konsums aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gesellschaftsschicht ab (Solomon et al. 1999, S. 401; Bodenstein/Spiller 1998, S.

53). Anders als früher, sind heute bestimmte Einkaufsstätten und Produkte nicht mehr alleiniges Symbol für den sozialen Status. Zwar ist die finanzielle Ausstattung noch immer der wichtigste limitierende Faktor, so dass Personen niedriger Gesellschaftsschichten auch heute noch eher Käufer preisgünstiger Produkte sind.

Jedoch finden sich bspw. im Discounter mittlerweile Angehörige aller sozialen Schichten. Der gesellschaftliche Status unterstellt einem Individuum also nicht mehr den Kauf bestimmter Waren, ein dem sozialen Status angemessener, also

„standesgemäßer“ Einkauf ist zwar noch zu beobachten, findet sich aber seltener als dies früher der Fall war. Meist werden heute durch die Form des Konsums persönliche Einstellungen und das individuelle Lebenskonzept demonstriert. Welche Produkte wo gekauft werden zeigt also nicht mehr allein, was eine Person sich leisten kann, sondern viel eher, mit welchen Werten der Käufer sich identifiziert.

Auch nach Solomon et al. (1999, S. 401) bezieht sich der Lebensstil auf bestimmte Konsummuster, welche die Präferenzen des Konsumenten in Bezug auf die Verwendung zeitlicher und finanzieller Ressourcen reflektieren aber auch in Zusammenhang mit seinen Einstellungen und Werten stehen. Solomon et al. (1999) sehen daher Lebensstile auch als neue Form eines Statussystems, das weniger durch das Einkommen als durch die Markerfunktion bestimmter Güter entsteht.

Indem hier die in Kulturen und Subkulturen unterschiedlichen Verhaltensmuster

berücksichtigt werden, versucht die Konsumentenforschung mit Hilfe der Lebensstile Marktsegmente abzugrenzen, die sich durch gleiches oder ähnliches Konsumverhalten auszeichnen (Lastovicka 1982, S. 126). Das Konzept der Lebensstile wird außer zur Marktsegmentierung (Freter 1983, S. 82ff.) auch zum Vergleich des Konsumentenverhaltens innerhalb von Kulturen und Subkulturen herangezogen (Kroeber-Riel/Weinberg 1999, S. 547). Lebensstile können sich im Laufe des Lebens ändern, die Zugehörigkeit einer Person zu bestimmten Lebensstilgruppen ist also nicht dauerhaft festzulegen. Sie hängt von Variablen wie Alter, Stand im Lebenszyklus, Alltagsleben u. a. ab. So ist der Lebensstil eines Studenten im Allgemeinen ein anderer als der eines Familienvaters, der nach Beendigung seines Studiums im Berufsleben steht. Lebensstile können sich ebenso auf einzelne Personen wie auf soziale Gruppen, z. B. Lehrer, Frauen, Jugendliche usw. beziehen (Kroeber-Riel/Weinberg 1999, S. 47). Sie eignen sich zur Analyse fast aller Konsumgüterbereiche (Trommsdorff 1989, S. 187ff.).

Nach Kroeber-Riel/Weinberg (1999, S. 547) umfasst der Lebensstil folgende Faktoren:

• Muster des beobachtbaren Kaufverhaltens (Art des Konsums, Produkte, Einkaufsstättenwahl usf.)

Muster psychischer Größen (Werte, Einstellungen, Meinungen)

Beide Faktoren können zur Bestimmung des Lebensstils dienen, entweder in ihrer Kombination oder einzeln, da sich die Muster weitgehend decken. Eine Bestimmung des Lebensstils ist demnach z. B. anhand beobachtbarer Verhaltensvariablen wie z. B. dem Kleidungsstil möglich, ebenso aber auch anhand der persönlichen Werte und Einstellungen (Kroeber-Riel/Weinberg 1999, S. 548). Eine simultane Betrachtung beider Muster ermöglicht eine noch genauere Bestimmung.

Die Messung des Lebensstils erfolgt durch verschiedene Ansätze. Die am häufigsten verwendeten sind der Anfang der 1970er Jahre entwickelte AIO (Activities-Interests-Opinions)-Ansatz von Wells und Tigert (1971) sowie der VALS2-Ansatz. Beim AIO-Ansatz werden zur Bestimmung des Lebensstils drei Komponenten des Verhaltens, üblicherweise durch Befragungen ermittelt und miteinander sowie mit demographischen Merkmalen wie Alter, Beruf, Familienstand usw. in Zusammenhang gesetzt. Dabei steht AIO für:

A (Activities): beobachtbare Aktivitäten (Arbeit, Freizeit, Einkauf, Sozialverhalten)

I (Interests): emotional bedingtes Verhalten/ Interessen (Freizeit, Wohnen, Familie, Erziehung, Beruf, Ernährung)

O (Opinions): kognitive Orientierungen/ Meinungen (zur eigenen Person, Politik, Wirtschaft, Erziehung, Umwelt)

Das VALS-System wurde ursprünglich 1960 vom Stanford Research Institute (SRI) entwickelt, um Gründe für die sich in einer Gesellschaft stetig wandelnden unterschiedlichen Überzeugungen, Werte und Einstellungen zu gewinnen (Kotler/Bliemel 1999, S. 321). 1978 wurde dann der VALS-Ansatz, eine „kommerziell verfügbare, psychographische Marktsegmentierung“ durch „SRI International’s Values and Lifestyles“ eingeführt (ebenda 1999). Dieser Ansatz wurde 1989 verstärkt auf das Konsumentenverhalten ausgerichtet. In VALS2 wurde die Persönlichkeitstheorie mit der Produktforschung vereinigt, um der wachsenden Anzahl an Produkten, Absatzkanälen und Medien Rechnung zu tragen. Mit 35 Fragen zur Einstellung sowie vier mit demographischem Inhalt, unterteilt VALS2 die erwachsenen Amerikaner in acht Gruppen mit unterschiedlichem Verhalten. Vier dieser Gruppen sind demnach reich an persönlichen Ressourcen, hierbei handelt es sich um die „Verwirklicher“, die „Erfüllten“, die „Erreicher“ und die „Erleber“. Bei den anderen vier Gruppen sind nur wenige dieser Ressourcen vorhanden, sie sind die

„Gefestigten“, die „Aufstreber“, die „Selbermacher“ und die „Überlebensbemühten“

(Kotler/Bliemel 1999, S. 322). Im Marketing können durch diese Klassifizierung Zusammenhänge zwischen einem Produkt und einer bestimmten Lebensstilgruppe hergestellt werden, so dass überprüft werden kann, ob diese sich durch das Produkt besonders angesprochen fühlt oder ob das Marketing optimiert werden sollte. Eine andere Form der sozialen Kategorisierung mit Hilfe von Wertvorstellungen und Lebensstilen wird im folgenden Abschnitt beschrieben.

Soziale Milieus am Beispiel der Sinus Milieus

Ein weiteres Konzept der makrosoziologischen Konsumforschung zur Segmentierung von Konsumentengruppen ist die Einteilung in soziale Milieus. Wie oben beschrieben, können Angehörige derselben Gesellschaftsschicht trotz gleicher soziodemographischer Merkmale ein unterschiedliches Alltagsleben aufweisen, welches sich auf ihren Konsum auswirkt (Bodenstein/Spiller 1998, S. 56;

Gerhard/Rössel 2002, S. 261). Bei der Einteilung in soziale Milieus werden daher soziodemographische Faktoren mit sog. weichen Merkmalen der psychologischen Konsumforschung wie beispielsweise Wertvorstellungen und Lebensstilen kombiniert (Bodenstein/Spiller 1998, S. 56). Mit Hilfe dieser Variablen werden die Konsumenten dann in soziale Milieus eingeordnet. Das Ziel ist dabei eine möglichst genaue Abbildung der sozialen Wirklichkeit von Konsumenten zur Antizipation spezifischen Konsumverhaltens. Dem Modell des Alltagswissens und –handelns zufolge, lässt sich diese soziale Wirklichkeit ausschließlich anhand der individuellen Wahrnehmung des Alltags rekonstruieren. Hiermit folgt das Modell der Phänomenologischen Soziologie, welche besagt, dass ein entscheidender Unterschied zwischen der tatsächlichen Welt und der Welt aus Sicht eines wahrnehmenden Individuums existiert (Morel et al. 1995). So bezeichnet Schütz (1971) die Art und Weise, durch welche eine Person die Welt wahrnimmt, als „Struktur der Lebenswelt“ bzw. als „Welt des Alltags“. Nach Schütz handelt das Individuum dieser Wahrnehmung entsprechend charakteristisch. So ähneln sich bestimmte Gruppen von Personen, die daher auch „Gruppen Gleichgesinnter“ genannt werden (TdW 2002, S.18f.), in ihrer Lebensweise. Entsprechend dieser Annahme teilt das Sinus Institut in Heidelberg, ausgehend von der sozialen Lage und den Grundorientierungen, die Bevölkerung in zehn verschiedene Milieus ein (Sinus 2002a). Die Abbildung 7 zeigt die Segmentierung aus dem Jahr 2002.

Abbildung 7: Soziale Milieus in Deutschland 2002 (nach Sinus) B 3 Konsum-Materialisten

BC 3 Hedonisten

C 12 Moderne Performer C 2 Experimentalisten

Quelle: Sinus (2002a)

Die Buchstaben A, B und C stehen hierbei für die Grundorientierungen, die sich aus grundlegenden Wertorientierungen sowie Alltagseinstellungen zu Arbeit, Familie, Freizeit, Geld und Konsum zusammensetzen. Die Zahlen 1, 2 und 3 stehen für die sozialen Schichten (zusammengesetzt aus Einkommen, Beruf und Bildung). Es gilt dabei, je höher das entsprechende Milieu in der Abbildung liegt, desto höher sind Bildung, Berufsgruppe und Einkommen. Je weiter rechts das Milieu in der Abbildung positioniert ist, desto moderner ist die Grundorientierung (Sinus 2002a).

Die Grundorientierungen wurden von Sinus wie folgt eingeteilt:

A= Traditionelle Werte, Pflichterfüllung, Ordnung (Fleiß, Familie, Treue)

B= Modernisierung I, Konsum-Hedonismus, Postmaterialismus (Schwerpunkt auf Genuss und Spaß am Leben, dazu gehören individueller Konsum ebenso wie Selbstverwirklichung, Kultur etc.)

C= Modernisierung II, Patchworking, Virtualisierung (gegensätzliche Werte wie traditionelle und moderne Lebenseinstellungen nebeneinander)

Die sozialen Schichten wurden zusammengefasst in:

1= Oberschicht/ obere Mittelschicht 2= Mittlere Mittelschicht

3= Untere Mittelschicht/ Unterschicht

Entsprechend dieser Einteilung steht z. B. das Milieu der Konservativen A12 (siehe Abbildung 7) für die Grundorientierung A und setzt sich zusammen aus Personen der Schichten 1 und 2. Es handelt sich demnach um Käufer, denen traditionelle Werte, Pflichterfüllung und Ordnung wichtig sind und die aus der Oberschicht, oberen Mittelschicht oder der mittleren Mittelschicht stammen.

Nach Sinus (2002a) ergibt sich eine Einteilung in insgesamt zehn Milieus, die sich in die folgenden vier Hauptgruppen aufteilen:

• Gesellschaftliche Leitmilieus

• Traditionelle Milieus

• Mainstream Milieus

• Hedonistische Milieus

Die Zuordnung, der Anteil an der Gesellschaft und die Charakteristika der Milieus sind in der folgenden Tabelle 3 dargestellt:

Tabelle 3: Einteilung und Charakteristika sozialer Milieus nach Sinus 2002 Milieu Anteil Charakteristika nach Sinus (2002a) Gesellschaftliche

Leitmilieus

Etablierte (Sinus B1) 10 % Selbstbewusstes Establishment, lebt nach Erfolgs-Ethik und Machbarkeitsdenken und besitzt ausgeprägte Exklusivitätsansprüche.

Postmaterielle (Sinus B12) 10 % Aufgeklärte „Nach-68er“ mit liberaler Grundhaltung, postmateriellen Werten und intellektuellen Interessen.

Moderne Performer (Sinus C12)

8 % Junge, unkonventionelle Leistungselite, lebt beruflich und privat intensiv, multi-optional, flexibel und medienbegeistert.

Traditionelle Milieus

Konservative (Sinus A12) 5 % Altes deutsches Bildungsbürgertum mit konservativer Kulturkritik, humanistisch geprägter Pflichtauffassung und gepflegten Umgangsformen.

Traditionsverwurzelte (Sinus A23)

15 % Sicherheits- und ordnungsliebende

Kriegsgeneration, in der kleinbürgerlichen Welt bzw. traditionellen Arbeiterkultur verwurzelt.

DDR-Nostalgische (Sinus AB2)

6 % Resignierte „Wende-Verlierer“, die an

preußischen Tugenden und altsozialistischen Vorstellungen von Gerechtigkeit und Solidarität festhalten.

Mainstream-Milieus

Bürgerliche Mitte (Sinus B2) 16 % Statusorientierter und moderner Mainstream, strebt nach beruflicher und sozialer

Etablierung, gesicherten und harmonischen Verhältnissen.

Konsum-Materialisten (Sinus B3)

11 % Stark materialistisch geprägte Unterschicht, die versucht, an die Konsumstandards der breiten Mitte Anschluss zu halten um soziale

Benachteiligungen zu kompensieren.

Hedonistische Milieus Experimentalisten (Sinus C2)

7 % Extrem individualistische neue Bohème, lebt ungehindert spontan, in Widersprüchen, versteht sich als Lifestyle Avantgarde.

Hedonisten (Sinus BC3) 11 % Spaß-orientierte Unter- bzw. untere

Mittelschicht, verweigert Konventionen und Verhaltenserwartungen der

Leistungsgesellschaft.

Quelle: Eigene Darstellung nach Sinus (2002a)

Vergleicht man die Milieus aus dem Jahr 2002 mit denen der Befragungen Anfang der 90er Jahre, so erkennt man, dass die Patchwork-orientierten Milieus 2002 einen größeren Anteil einnehmen, hier sind vor allem Moderne Performer und Experimentalisten zu nennen. Hingegen hat sich der Anteil der Konservativen,

Traditionsverwurzelten und DDR-Nostalgiker verringert. Moderne Werte erfahren demnach eine steigende Bedeutung. Als gesellschaftliche Leitmilieus mit Vorbildcharakter für die Konsummuster der anderen Gruppen gelten derzeit die

„Etablierten“, die „Postmateriellen“ und die „Modernen Performer“.

Mit Hilfe der Milieuforschung werden Zusammenhänge zwischen der Zugehörigkeit zu einem gesellschaftlichen Milieu und dem Konsumverhalten hergestellt, auf die das Marketing für ein bestimmtes Produkt ausgerichtet werden kann. So zeigen beispielsweise die konservativen Milieus auf der linken Seite der Matrix und die

„Bürgerliche Mitte“ eine eher traditionelle Konsumorientierung. Zeitgemäße Produkte und ein solches Marketing erreichen diese Milieus weniger gut. Anders ist dies bei den moderner eingestellten Milieus auf der rechten Seite der Matrix. Hier sind Innovationen, aktuelle Produkte und ein ebensolches Marketing von Vorteil.

Auch im Lebensmittelkaufverhalten zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Milieus. Während nach Sinus (2002a) die konservativen Milieus traditionelle Ernährungsweisen bevorzugen und viele bekannte und bewährte Produkte kaufen, wird in den postmodernen Milieus deutlich überproportional Fast Food konsumiert.

Das Interesse an Ernährung und gesunden Lebensmitteln ist v. a. bei den

„Hedonisten“ und „Experimentalisten“ gering, hier kommt es darauf an, dass das Essen schmeckt und nicht zu viel Zeit in Anspruch nimmt. Der Anteil der Gesundheitsorientierten ist in allen gehobenen Milieus vergleichsweise hoch, hingegen sehr viel geringer in der „Bürgerlichen Mitte“ und bei den „Konsum-Materialisten“. Functional Food, d. h. verarbeitete Lebensmittel, die mit besonderen Inhaltsstoffen angereichert sind und einen gesundheitlichen Zusatznutzen versprechen, wird am stärksten von den „Experimentalisten“ präferiert (ebenda).

Ebenso wie die vorgestellten makrosoziologischen Faktoren, nehmen auch mikrosoziologische Aspekte maßgeblich Einfluss auf das Kaufverhalten. Diese werden daher im folgenden Kapitel näher betrachtet.