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5 DARSTELLUNG UND INTERPRETATION VON ERGEBNISSEN. KONTEXTUELL-

5.3.3 Fachcurricula des Studiengangs „Deutsche Sprache und Literatur“

5.3.3.4 Landeskunde

Landeskunde wird im vierten Semester angeboten und ist dem Studienplan des Studiengangs

„Deutsche Sprache und Literatur“ zufolge als theoretische Lehrveranstaltung konzipiert. Wie die Ergebnisse des Abschnitts 5.3.3.1 zeigen, findet eine Auseinandersetzung der Studierenden mit landeskundlichen Themen der deutschsprachigen Länder bereits im zweiten und dritten Semester im Rahmen von sprachpraktischen Lehrveranstaltungen statt. Dies bedeutet, dass die Studierenden im vierten Semester schon über grundlegende landeskundliche Kenntnisse verfügen sollen. Die Lehrveranstaltung „Landeskunde“ soll der Vertiefung dieser Kenntnisse dienen. Ihre Bildungsziele beziehen sich dementsprechend meistens auf den Kenntniserwerb über die deutschsprachigen Länder in den Bereichen Geographie, Politik, Wirtschaft, Bildungswesen, Geschichte.

„Grundlegende landeskundliche Kenntnisse über die deutschsprachigen Länder (Geographie, Staatsaufbau, Wirtschaftssystem, Geschichte, Alltagskultur);

Wissen über bedeutende Persönlichkeiten aus den deutschsprachigen Ländern;

Vertiefung und Systematisierung von Vorwissen über die deutschsprachigen Länder“

(Landeskunde).

Neben der Wissensvermittlung wird ein erster Versuch unternommen, die Entwicklung interkultureller Kompetenz als Ziel der Lehrveranstaltung einzuführen:

„Grundlagen für interkulturelle Kompetenz“ (Landeskunde).

Dieses Ziel wird in den darauf folgenden Zielen in mehrere Komponenten unterteilt:

„besseres Verständnis authentischer Texte, Filme u.ä., mit Hilfe des vermittelten Wissens;

Reflexion über Gemeinsamkeiten und Unterschiede zur eigenen Kultur;

Entwicklung eines Bewusstseins für das Vorhandensein von kulturellen Stereotypen;

Fähigkeit, die eigenen Vorstellungen über die deutschsprachigen Länder in Frage zu stellen und ggf. zu modifizieren“ (Landeskunde).

Es ist also ein klarer Schritt in Richtung auf die Entwicklung interkultureller Kompetenz zu beobachten. In dieser Hinsicht sind solche Aspekte wie interkulturelles Verständnis, Reflexion, bewusste Auseinandersetzung mit Stereotypen, Infragestellung von vorhandenen Fremdbildern. Bei der Betrachtung aller Bildungsziele der Lehrveranstaltung sind jedoch zwei Bestandteile deutlich zu unterschieden, nämlich zum einen der Erwerb landeskundlichen

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Faktenwissens und zum anderen die Entwicklung interkultureller Kompetenz. Diese Teile scheinen losgelöst ohne eine Verbindung voneinander formuliert zu werden.

Im analytischen Plan sind folgende landeskundliche Themen aufgelistet:

„Geographie; Menschen in Deutschland; Das Grundgesetz und die Grundrechte; Staatlicher Aufbau; Bildung und Ausbildung – Aufgabe der Länder; Deutschland – ein Sozialstaat; Soziale Marktwirtschaft; Geschichte und Gegenwart; Grundzüge deutscher Außenpolitik;

Umweltschutzprobleme; Kulturelle Vielfalt; Deutsche Massenmedien; Deutschsprachige Länder“

(Landeskunde).

Wie ersichtlich ist, bezieht sich nur ein einziges Thema auf die deutschsprachigen Länder Österreich, die Schweiz und Liechtenstein; alle anderen berücksichtigen ausschließlich deutschlandbezogene Themen. Die inhaltliche Darstellung des analytischen Plans besteht überwiegend aus Daten und Fakten zu den jeweiligen Themen. Die Wissensvermittlung steht in der inhaltlichen Darstellung, ähnlich wie in den Bildungszielen, im Vordergrund. Das Wissen ist, wie in Kapitel 1.5.1 und 2.5.2 erläutert, ein wichtiger Faktor interkultureller Kompetenz, denn das angeeignete Wissen bestimmt Wahrnehmung, Einstellungen und Handlungskompetenzen des Menschen. Von großer Bedeutung ist es allerdings, den Prozess des Wissenserwerbs nicht losgelöst von den anderen Faktoren, sondern in Wechselwirkung mit ihnen zu gestalten (vgl. Kap. 1.5.1; Kap 2.3 und 2.5.2). Im Rahmen dieser Lehrveranstaltung ist der Versuch der Herstellung einer Wechselwirkung (s. Kap. 2.3.2 und Kap. 2.5.2) nur in einigen Fällen zu beobachten, indem beispielsweise geplant wird, das Faktenwissen nicht nur in einem linearen Prozess vom Lehrenden zum Lernenden zu vermitteln, sondern die Studierenden bei der Wissensentdeckung auch aktiv zu involvieren, beispielsweise im Rahmen von geplanten Projektarbeiten:

„Projekt zu den Rechten und Pflichten in Deutschland im Vergleich mit Moldau.

Projekt zur Bildung in Deutschland: deutsche Universitäten im Vergleich zu moldauischen Universitäten; Studentenleben in Deutschland und Moldau (Fotos, Zitate, Aussprüche).

Projekt: Umweltbewusstsein – die Entstehung eines Umweltbewusstseins; Umweltschutz.

Maßnahmen gegen Schadstoffe (Deutschland im Vergleich zu Moldau mit vielen Fotos, Bildern, Interviews).

Deutschsprachige Länder: Österreich – ein Musikland; Die Schweiz als Touristenland;

Liechtenstein und seine Geschichte.

Projekt: Erstellen einer bibliographischen Collage zu einer Persönlichkeit.

Religion: christliche Feste in Deutschland. Die religiösen Feste in Moldau“ (Landeskunde).

Im Rahmen dieser Projektarbeiten sollten Studierende selbständig recherchieren und Dokumente analysieren, mit dem Ziel der Erstellung von Plakaten oder Collagen zu den oben genannten Themen. Die selbständige Arbeit macht den individuellen Zugang zu und den

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Umgang mit Informationen möglich, fördert die Motivation und die Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung und hat somit – nach dem Prinzip „learning by doing“ – eine größere Tragweite.

Bei diesen Projekten ist auch der Versuch spürbar, die interkulturell ausgerichteten Bildungsziele in die Praxis umzusetzen. Ein besonderer Akzent wird dabei auf den interkulturellen Vergleich Deutschland – Moldau gelegt. Dieser wurde auch im Bildungskonzept des Lehrstuhls für Deutsche Philologie erwähnt (s. Kap. 5.2). Der interkulturelle Vergleich kann einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung interkultureller Kompetenz leisten, denn mit seiner Hilfe werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede bewusst, die für die Gestaltung interkultureller Interaktionsprozesse bedeutend sind. Doch interkulturelles Lernen wird nicht nur durch die kontrastive Bearbeitung kultureller Themen und die Feststellung von Unterschieden und Gemeinsamkeiten gefördert, sondern auch durch die Auseinandersetzung mit der Vielfalt der Betrachtungsperspektiven und mit den Auswirkungen interkultureller Interaktionssituationen (vgl. Kap. 2.3). Darüber hinaus ist für die Entwicklung interkultureller Kompetenz in diesem Prozess die Erläuterung von historischen, politischen, ökonomischen, gesellschaftlichen Hintergründen bestimmter Phänomene in den beiden Kulturen von großer Bedeutung (vgl. Kap. 2.5.2), ferner die Förderung der Reflexion der eigenen kulturellen Prägung sowie die Relativierung und Hinterfragung der Gültigkeit von Gegebenheiten der eigenen Kultur (vgl. Kap. 1.5.1 und Kap.

2.3). Da der analytische Plan die Inhalte meistens in stichwortartiger Form darstellt, kann daraus nicht erschlossen werden, wie der interkulturelle Vergleich Deutschland – Moldau in die Praxis umgesetzt werden soll.

Weitere Hinweise auf die Entwicklung interkultureller Kompetenz sind in dem Plan nicht zu finden. Beim Thema „Kulturelle Vielfalt“, das gute Anregungen für die Entwicklung interkultureller Kompetenz bieten kann, sollen dem Plan nach nur Aspekte deutscher Kunst behandelt werden:

„Kulturelles Leben in Deutschland. Literatur, Theater, Musik“.

Das interkulturelle Potential dieses Themas wird also nicht ausreichend genutzt.

Zusammenfassend kann in Bezug auf die Curricula für die germanistischen Studiengänge Folgendes festgehalten werden: Auch wenn die universitäre curriculare Reform seit 2004 in Angriff genommen wurde, ist das universitäre Curriculum noch im Modernisierungsprozess begriffen. Die Fachcurricula für Deutsch am Lehrstuhl für Deutsche Philologie sind zwar nach den neuen curricularen Vorschriften erstellt worden, weisen jedoch noch Ungereimtheiten auf.

Die Bildungsziele der sprachpraktischen Lehrveranstaltungen sind meistens rein auf den Spracherwerb mit der Entwicklung der vier Fertigkeiten Hören, Lesen, Schreiben und

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Sprechen ausgerichtet. Grammatische Aspekte sind mit der Ausnahme des ersten Semesters – in dem dafür mehr Unterrichtsstunden vorgesehen sind – in den Bildungszielen aller analytischen Pläne fast im gleichen Ausmaß zu finden. Der kommunikative Aspekt hingegen wird in einigen Plänen mehr hervorgehoben, in anderen jedoch nur wenig oder gar nicht erwähnt. Die Entwicklung interkultureller Kompetenz wird in keinem Lehrplan der sprachpraktischen Lehrveranstaltungen als Bildungsziel festgelegt. Indirekter Einfluss auf die Förderung interkultureller Kompetenz kann jedoch einigen Lernzielen zugeschrieben werden, die auf die Entwicklung bestimmter kommunikativer Kompetenzen und Strategien, Techniken der Textanalyse, Sensibilisierung für die regionale Vielfalt der deutschen Sprache sowie auf die Vermittlung von Strategien für das autonome Lernen ausgerichtet sind.

Die inhaltliche Darstellung der sprachpraktischen Module bietet in den meisten Fällen mehr, als in den Bildungszielen formuliert ist. Die Entwicklung interkultureller Kompetenz wird zwar auch in dieser Kategorie nicht explizit angestrebt; dennoch konnte insbesondere in den Plänen ab dem dritten Semester eine Reihe von Aspekten identifiziert werden, die positive Grundlagen für die Entwicklung interkultureller Kompetenz darstellen und implizit zur ihrer Förderung führen können, nämlich: Themenauswahl (landeskundliche, aktuelle und gesellschaftlich wichtige Themen), Behandlung von Themen im deutschen und moldauischen kulturellen Kontext, Einführung von dynamischen interaktiven Methoden, Förderung von selbständigen und selbstentdeckenden Tätigkeiten, Analyse von unterschiedlichen Textsorten, die Einblicke in die kulturelle Welt der deutschsprachigen Länder bieten, Behandlung solcher Aspekte wie: kulturelle Vielfalt in Deutschland, Multikulturalität, Minderheiten, interkulturelle Beziehungen etc. Für die Entwicklung interkultureller Kompetenz allerdings wären in diesem Zusammenhang eine deutliche Formulierung von Bildungszielen sowie gezielte und wissenschaftlich fundierte Strategien und Methoden notwendig, die sich in der inhaltlichen Darstellung widerspiegeln.

Als Resultat der Analyse kann festgehalten werden, dass in den Plänen der sprachpraktischen Module eine Inkohärenz zwischen den Komponenten Kursinhalt, Bildungsziele, Schwerpunktsetzung und inhaltliche Darstellung besteht. In der Kategorie Kursinhalt geht es in allen Lehrplänen um die wörtlich gleiche Darstellung, bei der der Schwerpunkt abhängig vom Semester auf Phonetik, Leseverstehen oder Kommunikation gelegt wird. Die Bildungsziele der Module beziehen sich nicht gleichermaßen auf alle zugehörigen Lehrveranstaltungen. Auch die Komponente Schwerpunktsetzung enthält in vielen Fällen eine Wiederholung der Bildungsziele. Diese werden zum Teil auch auf andere Module übertragen.

Die inhaltliche Darstellung behandelt viele Aspekte, die in den ersten drei Kategorien nicht erwähnt werden. In den theoretischen Lehrveranstaltungen steht die Vermittlung des

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reproduktiven Wissens weiterhin im Vordergrund. Nur in einigen Plänen ist der Versuch zu beobachten, den Fokus auch auf die Kompetenzentwicklung zu legen. Die Berücksichtigung der interkulturellen Perspektive konnte aus den Plänen der theoretischen sprach- und literaturwissenschaftlichen Disziplinen nicht abgeleitet werden.

Die Inkohärenz in den Plänen und die ungenügende Umsetzung der curricularen Reformen lassen sich mit den in der Strategie der Bildungsentwicklung für die Jahre 2011–2015 genannten Problemen und Schwächen begründen, mit denen sich die moldauische Hochschulbildung konfrontiert sah und sieht (s. Kapitel 5.1): Zum einen ist es die mangelnde Erfahrung der Lehrerschaft bei der Erstellung von Curricula; es geht hier um eine tatsächliche Bildungsreform, deren Umsetzung entsprechend viel Zeit braucht. Zum anderen muss die Akzentverlagerung von der Wissensvermittlung auf die Kompetenzentwicklung zunächst von der Lehrerschaft, die nach der alten Bildungstradition ausgebildet wurde und ihre pädagogische Praxis jahrelang gemäß dieser Tradition ausgeübt hat, verinnerlicht und akzeptiert werden, damit die Reform auch in den neuen Curricula umgesetzt werden kann.

Die Vermittlung interkultureller Kompetenz wird explizit nur im Rahmen der Veranstaltung Landeskunde des Studiengangs „Deutsche Sprache und Literatur“ als Ziel genannt. Ihre Entwicklung beschränkt sich aber überwiegend auf den kulturellen Vergleich und die Feststellung von Unterschieden und Gemeinsamkeiten.

5.4 Zusammenfassung

Das System der moldauischen Hochschulbildung steht im Zeichen eines lang andauernden Entwicklungs- und Modernisierungsprozesses, der nach der Unabhängigkeitserklärung ausgelöst wurde von dem Bedarf, ein eigenes Bildungssystem zu schaffen, das sich von den sowjetischen Bildungsparadigmen loslöst und den neuen politischen, ökonomischen, gesellschaftlichen und kulturellen Bedingungen entspricht. Ein entscheidender Wendepunkt war hierbei der Anschluss des moldauischen Hochschulsystems an den Bologna-Prozess.

Die Analyse der Bildungsdokumente, die die Reformmaßnahmen im Zusammenhang mit der Anpassung an die durch den Bologna-Prozess notwendigen Anforderungen widerspiegeln, ist in Bezug auf die Fragestellung der vorliegenden Untersuchung zu folgenden Ergebnissen gekommen: Interkulturelle Kompetenz wird in keinem Bildungsdokument explizit als Bildungsziel benannt. Es wird allerdings die Förderung des interkulturellen Dialogs angestrebt, was ein bedeutender Schritt für die Entwicklung interkultureller Kompetenz ist.

Außer diesem interkulturell ausgerichteten Ziel wird die interkulturelle Perspektive bei der Formulierung des neuen Konzepts der Hochschulbildung nicht berücksichtigt. Die Analyse der Bildungsprinzipien und -ziele lässt jedoch darauf schließen, dass die geplanten

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Bildungsreformen einen wichtigen normativen und konzeptionellen Rahmen für die Entwicklung interkultureller Kompetenz schaffen. Zu nennen sind hier folgende Aspekte:

Qualitätssicherung in der Hochschulbildung, gleichberechtigter Zugang zur Bildung, die Entwicklung kreativer Persönlichkeiten, die Steigerung der Mobilität von Studierenden und Lehrenden, die Weiterbildung der Lehrerschaft, die Stärkung der Verbindung zwischen Bildung und Forschung, die Reformierung der Bildungsmethoden, die Entwicklung von Curricula.

Gleichzeitig sind in den analysierten Dokumenten eine Reihe von Faktoren zu finden, die den Prozess der Bildungsmodernisierung und dementsprechend auch die Entwicklung interkultureller Kompetenz verhindern können: die Zurückhaltung bestimmter politischer und bildungsbezogener Entscheidungsträger gegenüber Änderungen; eine niedrige Motivation der Lehrenden im Bereich des professionellen Wachstums; Diskriminierung; immer noch kein gleichberechtigter Zugang zur Qualitätsbildung; Persistenz von Segregationselementen in Bildungseinrichtungen nach Kriterien der ethnischen Herkunft, Bildungssprache, religiöse Zugehörigkeit.

Für die Entwicklung interkultureller Kompetenz ist die Auseinandersetzung mit diesen Erkenntnissen von großer Bedeutung, denn sie liefern Information über die Ausgangslage der Lernenden und Lehrenden sowie darüber, an welche Aspekte angeknüpft werden kann, welche Aspekte den Entwicklungsprozess fördern können und welche Aspekte mehr Aufmerksamkeit und individuell ausgearbeitete Entwicklungsstrategien benötigen.

Von den Reformen des Bologna-Prozesses sind auch die germanistischen Studiengänge betroffen, was auch die Analyse des Bildungskonzepts für den Lehrstuhl für Deutsche Philologie an der PSU zeigt. Das Bildungskonzept des Lehrstuhls konzentriert sich in diesem Zusammenhang auf die Stärkung des Forschungsbereiches, die Sicherung der Bildungsqualität, die Schließung von internationalen Partnerschaften und Verträgen, die Förderung der Mobilität der Lehrenden und Studierenden sowie auch die Förderung lebenslangen Lernens.

Das Hauptziel des Lehrstuhls besteht in der Gewährleistung eines effizienten Studienprozesses bezüglich der deutschen Sprache. Im Rahmen des Deutschstudiums sollen theoretische und praktische Kenntnisse vermittelt und Kommunikationsfähigkeiten in der deutschen Sprache entwickelt werden. Die Forschungsschwerpunkte des Lehrstuhls für Deutsche Philologie der PSU liegen laut dem Bildungskonzept des Lehrstuhls in folgenden Bereichen: etymologische Analyse und Spezifik des linguistischen Bereiches der deutschen Sprache; Verbesserung des Lehr- bzw. Vermittlungsprozesses der deutschen Sprache im Kontext der traditionellen und klassischen Methodologie; kontrastive Untersuchung des literarischen Phänomens.

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Interkulturelle Kompetenz wird in dem Bildungskonzept des Lehrstuhls nicht erwähnt. Die Analyse des Interviews mit der Interviewten aus dem Leitungsteam des Lehrstuhls weist jedoch darauf hin, dass interkulturelle Kompetenz ein bekannter und oft thematisierter Begriff an diesem Lehrstuhl ist. Da dieser Begriff in den Bildungsdokumenten jedoch nicht eingeführt wurde, wird er möglicherweise implizit vermittelt.

Die Analyse von Curricula des Studiengangs „Deutsche Sprache und Literatur“ zeigt, dass dieser sprachwissenschaftlich und methodisch-didaktisch ausgerichtet ist. Die disziplinären Komponenten des Studiengangs sind: „Sprachpraxis Deutsch“, „Sprachwissenschaft“,

„Methodik und Didaktik der deutschen Sprache“, „Literatur“ und „Landeskunde“. Bei der curricularen Konzeptionierung der Disziplinen „Sprachwissenschaft“, „Methodik und Didaktik der deutschen Sprache“ und „Literatur“ wird die interkulturelle Perspektive nicht einbezogen. Bei der Darstellung von sprachpraktischen Modulen sind einzelne Ziele, Themen und Aufgaben – vermutlich aufgrund des Gebrauchs didaktischer Materialien aus dem deutschsprachigen Raum – zum Teil interkulturell formuliert. Die Analyse des Curriculums hat außerdem ergeben, dass in den Plänen der sprachpraktischen Lehrveranstaltungen Aspekte zu finden sind, die die Entwicklung interkultureller Kompetenz positiv beeinflussen und somit zur ihrer Förderung führen können: Themenauswahl, Behandlung von Themen im deutschen und moldauischen kulturellen Kontext, Einführung von dynamischen interaktiven Methoden;

Förderung von selbständigen und selbstentdeckenden Tätigkeiten; Analyse von unterschiedlichen Textsorten, die Einblicke in die kulturelle Welt der deutschsprachigen Länder bieten; Behandlung solcher Aspekte wie: kulturelle Vielfalt in Deutschland, Multikulturalität, interkulturelle Beziehungen.

Explizit wird die Entwicklung interkulturelle Kompetenz in den sprachpraktischen Modulen nicht angestrebt. „Landeskunde“ ist die einzige Disziplin des Studiengangs „Deutsche Sprache und Literatur“, in deren Curriculum interkulturelle Kompetenz als Bildungsziel zu finden ist.

Zu erwähnen ist hierbei, dass sowohl in dem durchgeführten Interview zum Bildungskonzept des Lehrstuhls als auch in dem Curriculum zum Bereich Landeskunde von einem Konzept interkultureller Kompetenz ausgegangen wird, das kognitive Aspekte und interkulturelle Vergleiche in den Mittelpunkt stellt. Aus Perspektive der vorliegenden Untersuchung und vor dem Hintergrund der zugrunde gelegten Definition von interkultureller Kompetenz ist dieses Konzept für die Entwicklung interkultureller Kompetenz unzureichend.

Die Datenauswertung hat außerdem ergeben, dass die Curricula des untersuchten Studiengangs noch Ungereimtheiten enthalten, die indirekt Hindernisse für die Entwicklung interkultureller Kompetenz darstellen können.

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