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3.1 Entwicklung von Modellen zur telematischen Prognose

3.1.5 Klassifikation zur Dispositionsempfehlung

In Kapitel 3.1.4 wurde die methodische Vorgehensweise beschrieben, die für die Darstellung und den Vergleich der Ergebnisse der Prognosemodelle in einem ROC-Dia-gram benutzt wird. Dabei wurde festgestellt, dass die Modelle, je nach Einstellung des Arbeitspunktes, zu unterschiedlichsten Sensitivitäts-Spezifitäts-Ergebnissen führen und ein direkter Vergleich der Ergebnisse ohne weitere Anforderungen an das Klassifikati-onsergebnis nur eingeschränkt möglich ist. Es stellt sich nun die Frage, welcher Arbeits-punkt für die Ableitung einer Dispositionsempfehlung für die Rettungsleitstelle gewählt werden soll.

Die beste Versorgung der Unfallopfer wird zweifelsfrei dann erreicht, wenn für jeden Unfall ein notarztbesetztes Rettungsmittel disponiert wird. Unter Berücksichtigung der Kosten bzw. der dafür erforderlichen Ressourcen ist eine derartige Versorgung in der Praxis nicht möglich und im Hinblick auf die Ressourcenallokation nicht optimal.

Für die Wahl eines Arbeitspunktes ergeben sich zwei grundsätzlich unterschiedliche Strategien. Die einfachste und pragmatischste Strategie besteht darin, direkte Anforde-rungen an das Klassifikationsergebnis zu stellen, die sich aus praktischen Erwägungen oder ethischen Überlegungen ergeben (z.B. Vorgabe einer Mindestsensitivität oder Vor-gabe der verfügbaren Ressourcen). Alternativ dazu kann die Wahl des Arbeitspunktes als Optimierungsproblem aufgefasst werden, bei dem entweder ein Minimum an Kosten oder ein bestmögliches Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen für die Versorgung der Unfallopfer erzielt werden soll.

SERR SP( ) SP(1–SP) ---N

=

CI SE( ) = SE z± αSERR SE( ) CI SP( ) = SP z± αSERR SP( )

AUC

CI AUC( ) AUC(1–AUC)+(P+1)(Q1AUC2)+(N–1)(Q2AUC2) P N

---=

Q1 AUC

2–AUC

( )

---= Q2 2⋅AUC2

1+AUC

( )

---=

Methodik 89

Vorgaben an das Klassifikationsergebnis

Die Vorgabe einer Mindestsensitivität bzw. Mindestspezifität kann im ROC-Dia-gramm als eine Parallele zur Abszisse bzw. Ordinate eingezeichnet werden (Abb. 18).

Der Schnittpunkt der Geraden mit der ROC-Kurve des ausgewählten Prognosemodells kennzeichnet den auszuwählenden Arbeitspunkt (Punkt A und B) des Modells.

Abb. 18.Bestimmung des Arbeitspunktes eines Prognosemodells für die Ableitung einer Dispositionsempfehlung

Steht ein beschränktes Budget für die Versorgung der Unfallopfer zur Verfü-gung, lässt sich nach Gleichung 40 eine Gerade im ROC-Diagramm bestimmen, die alle Punkte, die mit dem vorgegebenen Budget realisiert werden können, miteinander ver-bindet. Dabei sei der Kostensatz für den Einsatz eines Rettungsmittels ohne Not-arzt und der Kostensatz für den Einsatz eines Rettungsmittels mit Notarzt.47 Für die Gesamtkosten gilt:

(36)

mit und (37)

(38)

47Zur Vereinfachung wird nur von zwei Kostensätzen ausgegangen, die die durchschnittlichen Kostensätze repräsentieren sollen. In der Praxis stehen im Regelfall unterschiedliche Ret-tungsmittel bzw. Kombinationen von RetRet-tungsmitteln (z.B. Rendez-vous System) mit und ohne Notarztbesetzung zur Verfügung, so dass auch unterschiedliche Kostensätze vorliegen.

D

(39) (40)

mit und . (41)

Die Steigung der Geraden im ROC-Diagramm ist negativ und entspricht vom Betrag dem Verhältnis zwischen negativen und positiven Klassen, d.h. dem Verhältnis zwi-schen un- bzw. leichtverletzten und schwerverletzten Insassen bei allen Verkehrsunfäl-len, die gemäß der festgelegten Triggerschwelle zu einer automatischen Unfallmeldung führen. Die entsprechende Gerade mit dem Achsenabschnitt ist in Abbildung 18 ein-gezeichnet. Aus ihrem Schnittpunkt mit der ROC-Kurve kann der Arbeitspunkt (Punkt C) des Modells abgelesen werden.

Optimierungsansätze

In Kapitel 3.1.4 wurde bereits dargestellt, wie auf einer gegebenen ROC-Kurve der Arbeitspunkt bestimmt werden kann, der zu minimalen Fehlklassifikationskosten führt (vgl. Gl. 22 bis 26). Als Grundlage dafür musste ein Verhältnis zwischen falsch positi-ven und falsch negatipositi-ven Fehlklassifikationskosten vorgegeben werden. Dieser Ansatz kann insbesondere dann eingesetzt werden, wenn eine Bewertung der unterschiedlichen Fehlerarten vorliegt. Sollen nicht nur die Kosten für Fehlklassifikationen, sondern auch die Kosten für richtige Klassifikationen berücksichtigt werden, ergibt sich analog des Ansatzes für Fehlklassifikationen im ROC-Diagramm eine Gerade gemäß Gleichung 45. Die Kostenkoeffizienten für alle Klassifikationsmöglichkeiten entsprechen den Angaben in der Klassifikationsmatrix (vgl. Abb. 19).

(42) (43) (44)

mit und . (45)

Der kostenminimale Arbeitspunkt (Punkt D) des Modells ergibt sich wiederum am Tan-gentialpunkt der Geraden mit der Steigung und der ROC-Kurve des Prognosemodells (vgl Abb. 18). Mit den Kostenkoeffizienten für die einzelnen Klassifikationen können alle Kosten berücksichtigt werden, die für eine gewählte Perspektive relevant sind. Soll die Dispositionsentscheidung so gewählt werden, dass die Gesamtkosten aus

volkswirt-⇒ TP c( NAWcRTW)+FP c( NAWcRTW) = Cmax

Methodik 91

schaftlicher Perspektive minimal sind, müssen neben den Kosten für den Rettungsdienst auch die Kostendifferenzen berücksichtigt werden, die durch ein unterschiedliches Out-come der Verletzten infolge einer unterschiedlichen Behandlungsqualität (Notarzt ver-sus Rettungssanitäter) entstehen.

In der Abbildung 19 sind die Kostenkoeffizienten unter der Annahme dargestellt, dass bei un- bzw. leichtverletzten Personen die unterschiedliche Behandlungsqualität (mit und ohne Notarzt) zu keinen Unterschieden im Outcome führt. Es wird davon aus-gegangen, dass hingegen bei schwerverletzten Personen das Outcome bei einer Versor-gung mit einem notarztbesetzten Rettungsmittel verbessert wird. Als Maß für das Outcome wird hier zur Vereinfachung nur die Letalität betrachtet. Der spezifische Erwartungswert entspricht der Verringerung der Kosten aus volkswirtschaftlicher Perspektive durch eine Erhöhung der Überlebenswahrscheinlichkeit bei einer Erstver-sorgung durch einen Notarzt. Für den Kostenkoeffizienten gilt: .

Abb. 19.Kostenkoeffizienten unter Berücksichtigung der Kosten aus volkswirtschaftlicher Perspektive

Nach einem analogen Ansatz kann auch der Nutzen aus einer höheren Versorgungs-qualität (z.B. gewonnene Lebensjahre oder verbesserte LebensVersorgungs-qualität) berücksichtigt werden. Die Voraussetzung dafür ist allerdings eine monetäre Bewertung des Nutzens, die höchst problematisch ist. Aus diesem Grund wird hier auf die Einbeziehung des Nutzens verzichtet.

Wird auf der Grundlage der dargestellten Ansätze ein Arbeitspunkt im ROC-Dia-gramm für ein ausgewähltes Prognosemodell bestimmt, kann bei einem kontinuierli-chen Modell (logistische Regression) der Klassifikationstrennwert so eingestellt werden, dass dieser Punkt statistisch erreicht wird. Bei diskreten Modellen müssen ggf.

neue Klassifizierer erzeugt werden, die durch Änderung der Fehlklassifikationskosten beim Training der Modelle zu einem Klassifikationsergebnis führen, das dem ausge-wählten Arbeitspunkt am nächsten kommt.

∆cout

3.2 Untersuchung der Anforderungen zur