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3.2 Untersuchung der Anforderungen zur telemedizinischen

3.2.2 Bestimmung der indizierten Erste-Hilfe-Maßnahmen

Zur Ermittlung der indizierten Erste-Hilfe-Maßnahmen nach Straßenverkehrsunfäl-len werden zunächst die einzelnen in der Datenbank erfassten Verletzungen zu Gruppen zusammengefasst und die pathophysiologischen Zustände der verletzten Personen aus-gewertet. Anschließend werden für jede Person nach einer festgelegten Zuordnungssys-tematik die indizierten Erste-Hilfe-Maßnahmen bestimmt und die Bedeutung der Maßnahmen für die Versorgung der Person abgeschätzt.

Die einzelnen Verletzungen werden in der GIDAS-Datenbank nach dem 7-stelligen AIS-Code erfasst. Die erste Stelle des Codes kennzeichnet die Körperregion49, die zweite Stelle den Typ der anatomischen Struktur der Verletzung50, die dritte und vierte Stelle die spezifische anatomische Struktur51 und die fünfte und sechste Stelle die spezi-fische Verletzung. Die siebte Stelle gibt den AIS-Schweregrad der Verletzung an [AAAM1998].

Die Gruppierung der Verletzungen wird so durchgeführt, dass die Verletzungen innerhalb einer Gruppe für Laien das gleiche Erscheinungsbild zeigen und durch glei-che Erste-Hilfe-Maßnahmen versorgt werden müssen. Für die Gruppierung wird

49AIS-Code „Körperregion“ (1. Stelle): 1 - Kopf, 2 - Gesicht, 3 - Hals, 4 - Thorax, 5 - Abdo-men, 6 - Wirbelsäule, 7 - obere Extremitäten, 8 - untere Extremitäten, 9 - nicht spezifiziert

50AIS-Code „Typ der anatomischen Struktur“ (2. Stelle): 1 - whole area, 2 - vessels, 3 - nerves, 4 - organs, 5 - skeletal, 6 - head loc

51AIS-Code „spezifische anatomische Struktur“ (3. und 4. Stelle): z.B. Skin, abrasion, crush

zunächst der hierarchische Aufbau des AIS-Codes genutzt und es werden in einer ersten Stufe die Verletzungen nach den ersten vier Stellen des Codes zusammengefasst. Es ergeben sich 287 Verletzungsgruppen. In einer zweiten Stufe werden die Verletzungs-gruppen nach den ersten vier Stellen aus inhaltlichen Gesichtspunkten zu 22 Verlet-zungsgruppen weiter verdichtet (Tab. 12).

Tabelle 12. Verletzungsgruppen

Für die Ermittlung der indizierten Erste-Hilfe-Maßnahmen ist neben den anatomi-schen Verletzungen auch der pathophysiologische Zustand der Personen an der Unfall-stelle von Bedeutung. Im Gegensatz zu den anatomischen Verletzungen, die mit dem AIS-Code erfasst werden, wird der pathophysiologische Zustand vom zeitlichen Verlauf und durch präklinische Interventionen beeinflusst. Als Grundlage für die Ableitung der indizierten Maßnahmen wird der pathophysiologische Zustand zum Zeitpunkt des Ein-treffens der Rettungskräfte an der Unfallstelle genutzt, der in der GIDAS-Datenbank erfasst wurde. Die ausgewerteten Informationen zu den pathophysiologischen Zustän-den sind in Tabelle 13 dargestellt.

Gruppen

ID Verletzungsgruppe Gruppen

ID Verletzungsgruppe

120 äußere Kopfverletzung 720 Haut- und Weichteilverletzung Arm 121 Schädel-Hirn-Verletzung 721 knöcherne Verletzung Arm

122 Gehirnerschütterung 722 massive Armverletzung

123 Bewusstseinsstörung (SHT) 820 Haut- und Weichteilverletzung Bein

220 Gesichtsverletzung 821 knöcherne Verletzung Bein

320 äußere Halsverletzung 822 Fraktur Becken

321 innere Halsverletzung 823 massive Beinverletzung, Amputation 420 äußere Brustkorbverletzung 920 Hautverletzung allgemein

421 innere Brustkorbverletzung 921 Verbrennungen

520 äußere Bauchverletzung 922 sonstige unbehandelbare Verletzungen 521 innere Bauchverletzung

620 Verletzung der WS oder periphe-rer Nervenbahnen

Methodik 97

Tabelle 13. Pathophysiologische Zustände

Der Zustand Schockgefahr wird einer Person zugeordnet, wenn ein Verletzungsschweregrad größer MAIS 3 vorliegt.

Tabelle 14 enthält einen Katalog von Erste-Hilfe-Maßnahmen, die von Laien bei traumatischen Verletzungen erforderlich sein können und in Erste-Hilfe-Lehrgängen unterrichtet werden. Bei den Maßnahmen wird zwischen Diagnose- und Therapie-Maß-nahmen unterschieden, wobei die Therapie-MaßTherapie-Maß-nahmen in MaßTherapie-Maß-nahmen zum Erhalt der Vitalfunktionen, Maßnahmen zur Wundversorgung und Maßnahmen zur Lagerung unterteilt sind.

Tabelle 14. Katalog der Erste-Hilfe-Maßnahmen

Um für jede Person in der Datenbank (Menge 3.1), für die sowohl die Verletzungen als auch die pathophysiologischen Zustände bekannt sind, die indizierten Maßnahmen

ID pathophysiologischer Zustand

1001 Bewusstseinsstörung (leichtes/ mittelschweres SHT nach GCS) 1002 Bewusstseinsstörung (schweres/ schwerstes SHT nach GCS) 1003 Bewusstlosigkeit

1004 Atemstörung 1005 Atemstillstand 1006 Kreislaufstörung 1007 Herz-Kreislaufversagen 1008 Schockgefahr (MAIS 3 plus)

1009 Schock

Diagnose-Maßnahmen M01 Schockzeichen prüfen M02 Vitalfunktionen überwachen Therapie-Maßnahmen

M03 Atemwege freimachen

M04 CPR

Therapie-Maßnahmen (Wundversorgung)

M05 Wundverband Arm M11 Bein hoch lagern

M06 Wundverband Bein M12 Arm hoch lagern

M07 Wundverband Kopf M13 Rumpf fixieren (Schienen)

M08 Wundverband Rumpf M14 Bein fixieren (Schienen)

M09 Amputat sichern M15 Arm fixieren (Schienen)

M10 Brandverletzungen versorgen M16 Wärmeerhaltung Therapie-Maßnahmen (Lagerung)

M17 Stabile Seitenlage mit beinseitiger Erhöhung M22 Lagerung mit erhöhtem Oberkörper M18 Stabile Seitenlage mit kopfseitiger Erhöhung M23 Rückenlage mit Knierolle M19 Stabile Seitenlage M24 Rückenlage (Flachlagerung) M20 bestehende Lagerung nicht verändern M25 Person sitzend lagern

M21 Schocklage M26 beliebige Lagerung, nicht stehend

kumulative Maßnahmen

alternative Maßnahmen

zu bestimmen, wird eine Zuordnungsmatrix gemäß Abbildung 22 in Zusammenarbeit und Abstimmung mit mehreren Ärzten und Notärzten erstellt. Die Matrix enthält in den Spalten die Maßnahmen des Maßnahmenkataloges und in den Zeilen die Verletzungs-gruppen und pathophysiologischen Zustände. Für jede Verletzungsgruppe sind in der Matrix zwei Zeilen enthalten, die jeweils einen unterschiedlichen Verletzungsschwere-grad (leicht (L): AIS 1 bis 2 und schwer (H): AIS 3 bis 5) repräsentieren.

Abb. 22.Zuordnungsmatrix zur Bestimmung der indizierten Erste-Hilfe-Maßnahmen (beispielhafte Darstellung, Auszug)

In den Zellen der Matrix ist die Bedeutung einer Maßnahme für eine Verletzungs-gruppe bzw. einen pathophysiologischen Zusand festgelegt (2: lebensrettend; 1: wich-tig; leer: nicht erforderlich). Mit der Zuordnungsmatrix können für jede Verletzung bzw.

jeden pathophysiologischen Zustand die indizierten Maßnahmen und ihre Bedeutung für die Versorgung ermittelt werden. Weist eine Person mehrere Verletzungen unter-schiedlicher Gruppen bzw. pathophysiologischen Zustände auf, kann die Anwendung der Zuordnungsmatrix zu einer Kombination von Maßnahmen führen, die sich gegen-seitig ausschließen. Zur Lösung des Problems werden diese in kumulative und alterna-tive Maßnahmen unterteilt. Kumulaalterna-tive Maßnahmen können parallel mit anderen durchgeführt werden. Alternative Maßnahmen können nicht miteinander kombiniert werden (eine Person kann beispielsweise nicht in der stabilen Seitenlage und gleichzei-tig in der Rückenlage gelagert werden). Die Entscheidung, welche der indizierten alter-nativen Maßnahmen gemäß der Zuordnungsmatrix durchgeführt werden soll, wird über die folgenden Regeln getroffen:

2

Maßnahmen (kumulativ) Maßnahmen (alternativ)

Schockzeichen prüfen Atemwege freimachen CPR Wundverband Bein ... Stabile Seitenlage Schocklage

... Rückenlage

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1. Entscheidung für die Maßnahme mit der höchsten Bewertung (lebensrettend vor wichtig).

2. Falls mit Regel 1 keine eindeutige Entscheidung für eine Maßnahme getroffen werden kann, wird von den Maßnahmen mit der höchsten Bewertung diejenige ausgewählt, die aufgrund der schwersten Verletzung (nach AIS-Skala) bzw. des pathophysiologischen Zustandes mit der höchsten vitalen Gefährdung indiziert ist.

3. Falls mit Regel 1 und 2 keine eindeutige Entscheidung für eine Maßnahme getrof-fen werden kann, wird eine eindeutige Entscheidung über eine festgelegte Rang-folge der alternativen Maßnahmen getroffen.

Mit Hilfe der Zuordnungsmatrix und den beschriebenen Regeln werden für jede ver-letzte Person die indizierten Erste-Hilfe-Maßnahmen bestimmt. Anschließend werden die Häufigkeit und die Bedeutung der einzelnen Maßnahmen für die untersuchte Stich-probe berechnet.

3.2.3 Vergleich zwischen indizierten und durchgeführten