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2 Der Film Der Pianist und seine Buchvorlage

2.1 Inhalt und Thematik des Films

nachdem die Juden der Stadt ins Warschauer Ghetto umsiedeln müssen. Armut verbreitet sich in der Enge des Ghettos schnell und die deutschen Soldaten scheinen Spaß daran zu haben, die jüdische Bevölkerung zu peinigen. Um die Familie mit Lebensmitteln versorgen zu können, arbeitet Szpilman als Pianist in einem Restaurant, in dem der noch wohlhabendere Teil der Ghettobevölkerung bedient wird. Seine Musik wird dort jedoch als nebensächliche Unterhaltung gesehen und nicht großartig beachtet. Als Szpilman eines Abends an der Ghettomauer entlang nach Hause geht, kann er beobachten, wie sich dort ein reger Schmuggelhandel entwickelt hat. Er sieht, wie Ware über die Mauer geworfen wird, und gleichzeitig wird er Zeuge, wie ein kleiner Junge, der mit Schmuggelware unter der Mauer hindurch zurück ins Ghetto kriechen will, von einem Soldaten totgeschlagen wird. Szpilman kann ihm nicht mehr helfen. Später muss die Familie beim Abendessen mit ansehen, wie das Haus gegenüber gestürmt wird, ein alter Mann im Rollstuhl vom Balkon geworfen und andere Bewohner aus dem Haus getrieben und erschossen werden. Auch die Familie selbst ist im Laufe der Zeit von den Gräueltaten der Nazis betroffen. Szpilmans Bruder wird verhaftet, kommt aber wieder frei. Als Szpilman erfährt, dass der kleinere Teil des Ghettos geschlossen werden soll, bemüht er sich darum, für alle Familienmitglieder Arbeitsbescheinigungen zu besorgen, da alle in dem Glauben sind, das würde sie vor einer Deportation schützen. Die Familie wird im Zuge einer Selektion dennoch zum Umschlagplatz gebracht, wo alle zur Deportation bestimmten Juden versammelt werden.

Inmitten der bizarren Szenerie verkauft ein Junge für viel Geld Bonbons. Die Familie legt zusammen, der Vater teilt das gekaufte Bonbon in sechs Stücke und die Familienmitglieder essen es gemeinsam. Dann werden die Juden in Güterwaggons getrieben, wobei Szpilman von seiner Familie getrennt wird: Ein Bekannter im jüdischen Ordnungsdienst erkennt ihn, zieht ihn aus der Menge und verhilft ihm zur Flucht. Die anderen Familienmitglieder werden deportiert.

Szpilman ist nun allein und geht weinend durch die verlassenen und verwüsteten Straßen.

Im Restaurant, in dem er gearbeitet hat, trifft er auf seinen ehemaligen Chef, mit dem ihn eine freundschaftliche Beziehung verbindet. Nachdem dieser ihn vorläufig versteckt, wird Szpilman einer Arbeiterkolonne zugeteilt und erkennt während der Arbeit außerhalb des Ghettos aus der Entfernung eine befreundete Musikerin auf dem angrenzenden Marktplatz.

Im Ghetto muss er aus nächster Nähe mit ansehen, wie sein ehemaliger Chef bei einer Selektion erschossen wird. Er selbst wird ausgepeitscht, weil er bei einem Hausbau Steine fallen lässt. Daraufhin bekommt Szpilman leichtere Arbeit in einem Magazin. Er trifft den Widerstandskämpfer Majorek wieder, der ihm bereits bei der Beschaffung der Arbeitsbescheinigungen für seine Familie geholfen hatte. Der Widerstand im Untergrund

des Ghettos plant einen Aufstand und schmuggelt dafür nach und nach Waffen ins Ghetto.

Kurz bevor der Aufstand verwirklicht werden soll, beschließt Szpilman, aus dem Ghetto zu fliehen, um auf der anderen Seite der Mauer zu überleben. Majorek hilft ihm dabei, indem er Kontakt zu Szpilmans Freunden in Warschau herstellt. Am Abend der Flucht schließt Szpilman sich einer Gruppe polnischer Arbeiter an, die aus dem Ghetto nach Hause gehen.

Draußen wird er von Janina, der befreundeten Musikerin, abgeholt. Er kann bei ihr und ihrem Mann essen und baden und wird daraufhin in einer leer stehenden Wohnung versteckt. Nun steht Szpilman eine lange Zeit der Einsamkeit und des Wartens bevor. Er darf nicht entdeckt werden und muss sich äußerst leise verhalten. Er wird von Freunden mit Lebensmitteln versorgt, wird aber nur selten besucht. Von seinem Fenster aus verfolgt er den Ghettoaufstand und schließlich die endgültige Auflösung des Ghettos. Bei seiner Suche nach Lebensmitteln werden Nachbarn auf ihn aufmerksam. Ihm gelingt die Flucht aus dem Haus zu einer Notadresse, wo er unerwartet die mittlerweile verheiratete Dorota wiedertrifft. Das Ehepaar nimmt ihn für kurze Zeit bei sich auf und verschafft ihm eine neue Wohnung mitten im deutschen Viertel. Dort steht ein Klavier, auf dem Szpilman jedoch nicht musizieren kann, da er nach wie vor auf keinen Fall auf sich aufmerksam machen darf.

Dennoch setzt er sich gleich nach seiner Ankunft an das Instrument und spielt rein imaginär. Nachdem Szpilman über längere Zeit nur unregelmäßig Lebensmittel erhalten hat, ist er unterernährt und wird krank. Dorota plant mit ihrer Familie aufs Land zu fliehen, kümmert sich vorher jedoch noch um einen Arzt für ihn und versorgt ihn mit Lebensmitteln.

Aber auch diese Vorräte gehen irgendwann aus. Szpilman verfolgt im Herbst 1944 in seiner Wohnung den Warschauer Aufstand mit, wobei das Haus, in dem er sich aufhält, von einem deutschen Panzer bombardiert wird. Szpilman muss erneut fliehen, nachdem ein Geschoss ein Loch in die Wand gerissen hat. Er versteckt sich auf dem Dach, nach einer weiteren Flucht dann im Hinterhof des Hauses und nachts im gegenüberliegenden verlassenen Krankenhaus. Er ist immer auf der Suche nach Wasser und Lebensmitteln und in seiner Einsamkeit spielt er in Gedanken Klavier; wirklich gespielt hat er seit langer Zeit nicht mehr.

Deutsche Soldaten setzen nach und nach den ganzen Stadtteil in Flammen und so muss Szpilman auch aus dem Krankenhaus fliehen. Er geht durch die zerstörten Straßen und findet Unterschlupf in einem halbwegs erhaltenen Haus. Auf der Suche nach Lebensmitteln begegnet er hier einem deutschen Offizier. Jener fordert den Pianisten auf, auf dem verwahrlosten Flügel im Haus etwas vorzuspielen. Szpilman trägt ihm die Ballade Nr. 1 in g-Moll von Chopin vor. Nachdem der Offizier begreift, dass Szpilman Jude und deshalb auf der Flucht ist, lässt er sich Szpilmans Versteck zeigen, versorgt ihn in der folgenden Zeit mit Essen und hält ihn auf dem Dachboden des Hauses weiterhin versteckt. Schließlich ziehen

die Deutschen ab und der Offizier verabschiedet sich von Szpilman. Nachdem Warschau durch die Russen befreit ist, arbeitet Szpilman wieder im polnischen Rundfunk als Pianist. Er spielt jenes Stück, das auch erklang, bevor der Sendebetrieb zu Kriegsbeginn eingestellt wurde: die Nocturne cis-Moll. Im Rundfunkgebäude berichtet ihm danach ein Freund, dass er in einem Kriegsgefangenenlager einen deutschen Offizier gesehen hat, der Szpilman offenbar gerettet hatte. Szpilman möchte diesem helfen, kommt aber zu spät, denn das Lager besteht nicht mehr. Er selbst kann nach langer Zeit grausamen Leidens das Leben als erfolgreicher Musiker wieder aufnehmen und bietet zum Abschluss des Films in einem Konzertsaal mit Orchester Chopins Grande Polonaise brillante dar.

Wie diese Schilderung des Inhaltsablaufs zeigt, steht Władysław Szpilmans Leben bzw.

Überleben in Warschau während des Zweiten Weltkriegs im Mittelpunkt des Films.

Thematisiert werden auch die Personen in seinem engen und weiteren Umfeld, diese sind aber weitaus weniger differenziert dargestellt und begleiten Szpilmans Weg immer nur über einen bestimmten Abschnitt hinweg. Man erfährt als Zuschauer alle relevanten geschichtlichen Eckdaten und wichtigen Ereignisse, die sich im Warschau dieser Zeit zugetragen haben: Es wird gezeigt, auf welche Weise die Juden von den Nationalsozialisten gepeinigt, gequält bzw. ermordet wurden, wie das Leben und die Zustände im Warschauer Ghetto aussahen, aber auch wie die Arbeit der widerständischen Gruppen im Untergrund funktionierte. Schließlich sind auch der Ghettoaufstand ab dem 19. April 1943, später der Warschauer Aufstand der polnischen Widerstandskämpfer ab dem 1. August 1944 und die großflächige Zerstörung Warschaus durch die Deutschen Themen des Films.

Andererseits ist das Kriegsgeschehen die Grundlage zur Einbettung weiterer Themen. Vor allem werden durch Szpilmans Weg des Überlebens, der im Vergleich zum Schicksal der meisten seiner jüdischen Mitmenschen eine Ausnahme darstellt, gegensätzliche Aspekte wie Ohnmacht und Hoffnung deutlich. Szpilman muss oft zusehen, wie vor ihm Grausames geschieht und er dabei nicht eingreifen kann. Trotzdem bleibt ihm für sich selbst zumindest soviel Handlungsspielraum, der neben vielen glücklichen Zufällen dazu beiträgt, dass er überlebt. (Vgl. hierzu auch Volk 2002, S. 6ff.) Gleichzeitig ist dieses Überleben mit einem tiefen Fall des angesehenen Pianisten aus gutbürgerlichen Verhältnissen verbunden, der sich immer mehr mit den niedersten Bedürfnissen des Lebens auseinandersetzen muss, bis er in seiner Rettung durch den deutschen Offizier wieder zum Menschen werden kann.

Vor allem durch diesen Offizier wird ein weiteres bedeutsames Thema des Films deutlich.

Polański selbst schildert, wie in seinem Film die Gegensätze Gut und Böse zur Geltung kommen. Es werden nicht nur gute Juden und böse Deutsche gezeigt, sondern beide

Eigenschaften sind bei Polen, Juden und Deutschen zu erkennen. (Vgl. Dokumentation zum Film auf DVD)

Schließlich ist Szpilmans Musik ein zentraler Aspekt des Films. Seine Hoffnung und den Willen zu überleben schöpft er nicht zuletzt aus der Musik – sie ist sein einziger Trost, der ihm nach der Trennung von seiner Familie geblieben ist. Die Musik begleitet ihn selbst dann, wenn er um seine Existenz kämpft. Deutlich wird dies in den Szenen, in denen er gedanklich Klavier spielt, aber vor allem dann, wenn er in der Schlüsselszene des Films vom Offizier aufgefordert wird, zu spielen.54 Dem gegenüber steht die Stille, die in der zweiten Hälfte des Films vorherrscht, als Szpilman alleine in den Verstecken zurückgelassen wird. Sie stellt einerseits die Gefahr dar, welcher der Protagonist ausgesetzt ist, da er nicht entdeckt werden darf und sich immer leise verhalten muss; andererseits verkörpert sie auch seine Einsamkeit bzw. Isolation, welches ein genauso relevantes Thema des Films ist.