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Infrastrukturgeschichte nach Dirk van Laak

Im Dokument Der Hochwasserschutz an der Gürbe (Seite 37-44)

1.5 Theoretische und methodische Einbettung

1.5.2 Infrastrukturgeschichte nach Dirk van Laak

Als Infrastruktur wird im Allgemeinen der Unterbau einer Organisation, also die Gesamtheit der Anlagen, Einrichtungen und Gegebenheiten, die für die Daseinsvorsorge und die wirtschaftliche Entwicklung vorhanden sind, bezeichnet.97 Diese sehr weite Definition wirkt nahezu konturenlos – tatsächlich hat der Begriff «Infrastruktur» seit seinem Aufkommen in der Zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als er noch für den Unterbau von Eisenbahn-Konstruktionen verwendet wurde, eine grosse Ausweitung er-lebt.98 Nach Dirk van Laak wurde er bis heute zu einem «recht unkon-kreten Schlagwort der Raumplanung, der Geographie, der Sozialwissen-schaften und nicht zuletzt der Politik».99 Für eine genauere Abgrenzung ist die Unterteilung in eine personelle, institutionelle und eine materielle Infrastruktur hilfreich. Hier soll vor allem die materielle, also die Infra-struktur im engeren Sinne, im Zentrum stehen. Diese lässt sich wiederum in die technische Infrastruktur (Einrichtungen des Verkehrs- und Nach-richtenwesens, Energie- und Wasserversorgung, Ver- und Entsorgung) und soziale Infrastruktur (Kindergärten, Schulen, Sportanlagen, Kranken-häuser etc.) unterteilen.100 Hochwasserschutzbauten sind dementsprechend der technischen Infrastruktur zuzuordnen.

97 Van Laak 2001: 367.

98 Der aus dem französischen Sprachraum stammende Begriff «Infrastruktur» ist erstmals 1875 nachweisbar. Bezeichnet wurde damit in den ersten Jahrzehnten der Unterbau von Eisenbahn-Konstruktionen. Im 20. Jahrhundert durchlebte der Begriff schliesslich seine erstaunliche Karriere: Von einem Begriff für sämtliche ortsfesten Anlagen im Dienste der Mobilität wurde seine Bedeutung erweitert, insbesondere in den 1950er-Jahren, nachdem die NATO den Begriff in ihre Terminologie integrierte. In der der Sozial-, Raum- und Wirtschaftspolitik im Allgemeinen und insbesondere auch in der aufkom-menden Entwicklungshilfe stand der Begriff ab den 1950er-Jahren «für die Moderni-sierung und die Ausweitung gesellschaftlicher Basiseinrichtungen». Van Laak 2008: 106.

Ab den 1960er-Jahren wurde er noch mehr ausgeweitet, so dass damit heute nicht mehr nur die Ver- und Entsorgungseinrichtungen menschlicher Grundbedürfnisse be-zeichnet werden, sondern alles, was allgemein verfügbar und kollektiv bereitgestellt ist – seien es nun Bildungseinrichtungen, die Krankenpflege oder aber Rechts- und Nor-mensysteme. Der Begriff wurde so zu einem unkonkreten Schlagwort, das in der Raumplanung, der Geografie, den Sozialwissenschaften oder auch in der Politik häufig verwendet wird. Vgl. Van Laak 1999a: 280–299; Van Laak 2008: 106.

99 Van Laak 1999: 289.

100 Vgl. dazu Lübken 2007: 89–90.

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Infrastrukturen und deren Geschichte rückten in den letzten Jahren wieder vermehrt in das Blickfeld der Geschichtswissenschaft, wofür ins-besondere Dirk van Laak verantwortlich ist.101 Er untersucht in seiner Forschung nicht nur – wie üblich – die Geschichte einzelner Infra-strukturprojekte, sondern auch die grundsätzlichen Eigenschaften von Infrastrukturen. Van Laak sieht grosses Potenzial in der historischen In-frastrukturforschung und betont, dass der Blick auf die Infrastrukturen einen neuen Zugang zu wichtigen historischen Prozessen verspricht.102 Van Laaks Aufruf, Infrastrukturen zum Thema der Forschung zu ma-chen, wird zunehmend auch von Umwelthistorikerinnen und -histori-kern Folge geleistet, wie etwa das von Jens Ivo Engels und Julia Ober-tries herausgegebene Themenheft Infrastrukturen der Zeitschrift Saeculum zeigt.103 Von besonderem Interesse ist darin der Beitrag von Uwe Lüb-ken, welcher die Beziehungen zwischen Umwelt und Infrastrukturen auf Fliessgewässer und die an ihren Ufern errichteten Versorgungs- und Lei-tungssysteme analysiert.104 An den Beispielen des Rheins und des Ohio Rivers arbeitete Lübken heraus, wie bei Überschwemmungen infra-strukturelle Konflikte entstanden. Die Aktualität des Themas Infrastruk-turen, besonders auch im Zusammenhang mit dem Wasserbau, zeigt auch der jüngst erschienene Sammelband Wasserinfrastrukturen und Macht von der Antike bis zur Gegenwart von Birte Förster und Martin Bauch.105 Da-rin sind neben einleitenden theoretisch-methodischen Texten zum Zusammenhang von Wasserinfrastrukturen und Macht auch Aufsätze zu konkreten Wasserinfrastrukturen – so beispielsweise zu den Hydrosyste-men im kaiserzeitlichen Rom – enthalten.

Für die historische Untersuchung von Hochwasserschutzmassnahmen ist besonders Dirk van Laaks Aufsatz Infra-Strukturgeschichte aus dem Jahr 2001 gewinnbringend, in welchem van Laak die grundsätzlichen Eigen-schaften und Untersuchungspunkte von Infrastrukturen darstellt.106 Wie

101 Vgl. Van Laak 1999a; Van Laak 1999b; Van Laak 2001; Van Laak 2006; Van Laak 2008.

102 Van Laak 2001: 388.

103 Vgl. Engels, Obertries (Hg.) 2007. Weitere Beispiele von umwelthistorischen Untersu-chungen zu Infrastrukturen sind Häfeli 2008 oder Mauch, Zeller (Hg.) 2008. Einfüh-rungen in das Forschungsfeld und Forschungsüberblicke bieten Engels, Obertries 2007; Engels 2010; Engels, Schenk 2015.

104 Vgl. Lübken 2007.

105 Vgl. Förster, Bauch 2015.

106 Vgl. Van Laak 2001.

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van Laak gleich zu Beginn des Aufsatzes feststellt und in der Folge aus-führt, stellen Infrastrukturen «gesellschaftliche Integrationsmedien erster Ordnung» dar, die im 20. Jahrhundert auf einer Ebene neben den staats-rechtlichen und politischen Integrationsmassnahmen stehen.107 Im Folgen-den sollen van Laaks Begründungen und die wichtigsten Kernaussagen hinsichtlich einer Untersuchung von Hochwasserschutzprojekten vorge-stellt werden.

Eine zentrale Eigenschaft von Infrastrukturen ist ihre hohe Persis-tenz. Infrastrukturen überdauern politische Wechsel und haben allgemein eine hohe Kontinuität. Trotzdem unterliegen auch sie Lebenszyklen. Be-sonders deutlich sichtbar wird dies im Bereich der Mobilität, wo die phy-sische zunehmend durch die virtuelle und elektronische Mobilität ergänzt wird. Erst in der Retrospektive wird sichtbar, dass es jeweils Phasen des Auf baus, des Überbaus, des Rückbaus und des Abbaus von Infrastruktu-ren gibt.108

Weiter nehmen Infrastrukturen nach van Laak eine «ausgesprochene Zwischenstellung» ein.109 Infrastruktur erschliesst, verbindet, vernetzt, in-tegriert und ist damit «zugleich Voraussetzung und Ergebnis von Interak-tionen zwischen räumlichen, zeitlichen und sozialen Schichten und eines der wirksamsten Medien zur Erschliessung und Ordnung des öffentlichen Raums».110 Infrastrukturen vermitteln insbesondere zwischen Natur und Kultur: Der Mensch kann mithilfe einer geeigneten Infrastruktur Hand-lungsfreiheiten hinzugewinnen und die natürlichen Voraussetzungen zu seinen Gunsten verändern. Der Umgang mit den Notwendigkeiten des Lebens wird einfacher: Mit Infrastrukturen verbessert sich der Zugriff der Menschen auf die Umweltressourcen. Das Mängelwesen Mensch wird so entlastet – Infrastrukturen erweitern dessen Handlungsradius und verstär-ken menschliche Leistungen und die Reichweite. So bleibt mehr Poten-zial für andere Tätigkeiten übrig, genannt seien hier die Bereiche der Bil-dung, Kultur und Freizeit. Somit verändern die Infrastrukturen in grossem Masse die Gesellschaft.111

107 Van Laak 2001: 368.

108 Van Laak 2001: 368–369.

109 Van Laak 2001: 370.

110 Van Laak 2001: 370.

111 Van Laak 2001: 370–371.

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Infrastrukturen entlasten also den Mensch von der Natur, entfrem-den ihn allerdings auch von ihr, indem sie zur Schaffung einer künstli-chen ‹zweiten Natur› beitragen.112 Diese Verdrängung der Natur führt so-weit, dass sich der Mensch versorgt und vor Gefahren allzu geschützt fühlt. Infrastrukturen führen zudem zu neuen Zwängen. Sie bringen Normierung und Vereinheitlichung und teilweise sogar Entmündigung mit sich. Dirk van Laak nennt Entlastung und erweiterte Handlungsmög-lichkeiten als Gründe dafür, weshalb Menschen neue Infrastrukturen je-weils schnell annehmen, verinnerlichen und schliesslich ins Unterbe-wusste abschieben.113 Infrastrukturen werden deshalb oft emphatisch begrüsst und meist unverzüglich akzeptiert. Probleme, welche bei ihrem Bau entstehen, werden rasch ausgeblendet, und bereits kurze Zeit nach ihrer Entstehung werden sie für selbstverständlich gehalten.114 Das Ab-schieben ins Unterbewusste wird auch dadurch ermöglicht, dass sich Infra-strukturen in visueller und ästhetischer Hinsicht zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit bewegen. Unangenehmes wie Entsorgungseinrich-tungen wird bewusst verdrängt – und Angenehmes wird schnell als selbst-verständlich wahrgenommen und nicht weiter beachtet.115 Diese begrenzte Wahrnehmung ist insofern bemerkenswert, als dass Infrastrukturen stark landschaftsverändernd wirken, den Raum verbrauchen und strukturieren.

Der Landschaftsverbrauch gehört nach van Laak denn auch zu den wich-tigen Argumenten des Widerstands gegen neue Infrastrukturen.116

Infrastrukturen sind auch Integrationsmedien zwischen Stadt und Land, zwischen Zentrum und Peripherie. Erschliessungs- und Verkehrs-infrastrukturen sind eine Voraussetzung für die urbane Lebensweise, wo-bei Ursache und Wirkung hier nicht klar zu trennen sind: Der Ausbau von Infrastrukturen und die Entstehung städtischer Ballungsräume gin-gen im Allgemeinen Hand in Hand. Ab dem 19. Jahrhundert hat sich dann die Trennung von Stadt und Land zunehmend aufgelöst, wofür in grossem Masse die Infrastrukturen verantwortlich waren.117

In der vorliegenden Studie sollen die Hochwasserschutzbauten an der Gürbe auf der Basis der von Dirk van Laak formulierten grundsätzlichen

112 Van Laak 2001: 371.

113 Van Laak 2001: 372.

114 Van Laak 2001: 367, 370.

115 Van Laak 2001: 385.

116 Van Laak 2001: 386.

117 Van Laak 2001: 375.

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Eigenschaften von Infrastrukturen untersucht werden. Konkret wird be-leuchtet, inwiefern die hohe Persistenz von Infrastrukturen, ihr Durch-leben verschiedener Phasen und schliesslich die Ablösung durch andere oder weiterentwickelte Formen auch auf die Präventionsbauten an der Gürbe zutrafen. Betrachtet werden auch die Lebenszyklen von Infrastruk-turen, wobei die Übergangsphasen von besonderem Interesse sind. Es wird danach gefragt, für welchen Zeithorizont die Bauten jeweils geplant waren und ob diese Erwartungen wirklichkeitsgerecht waren.

Weiter soll untersucht werden, ob die besondere Stellung von Infra-strukturen ‹dazwischen›, also ihr Vermitteln und Vernetzen von verschie-denen Bereichen, auch bei Hochwasserschutzbauten zu Tage tritt. Hervor-stechend ist sicherlich die Zwischenstellung zwischen Natur und Kultur:

Infrastrukturen strukturieren den Raum und geben der Landschaft ein neues Gesicht. Durch die Hochwasserschutzbauten – dabei insbesondere durch die seit der Mitte des 19. Jahrhunderts vorgenommenen grossräu-migen Massnahmen – wird die Natur verändert und auch verdrängt.

Das Ziel der Hochwasserschutzbauten an der Gürbe war und ist es, die Menschen vor der Natur – konkret vor Überschwemmungen – zu schützen. Hier stellt sich die Frage, inwieweit sich die Menschen dank den Bauten vor der Hochwassergefahr tatsächlich sicher fühlten und ob das neue Sicherheitsgefühl sie von der Natur entfremdete. Nach van Laak wurden die Infrastrukturen jeweils sehr rasch angenommen, verinnerlicht und ins Unterbewusste abgeschoben. Ob dies auch auf die Hochwasser-präventionsmassnahmen an der Gürbe zutraf, lässt sich besonders gut am Widerstand gegen die Projekte untersuchen. Da der Bau von Schutzmass-nahmen nicht nur die Natur veränderte und grosse finanzielle Aufwen-dungen verlangte, sondern auch zu Eingriffen ins Privateigentum führte,118 muss sich hier zeigen, ob van Laaks These zutrifft, dass Infra-strukturen oft emphatisch begrüsst und meist unverzüglich akzeptiert wur-den. Auch die Frage nach dem raschen Abschieben ins Unterbewusste ist es wert, für die Hochwasserschutzbauten an der Gürbe behandelt zu werden.

Beleuchtet wird schliesslich auch die Zwischenstellung der Infra-strukturen, beziehungsweise ihre Rolle als Integrationsmedien zwischen Zentrum und Peripherie. Diese grundsätzliche These van Laaks, die auf

118 Van Laak 2001: 379.

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die Erschliessungs- und Verkehrsinfrastruktur abzielt, ist besonders in Hinblick auf die weitreichenden Auswirkungen der Hochwasserschutz-massnahmen eine genauere Betrachtung wert.

1.5.3 Mikrogeschichte

Mikrogeschichtliche Untersuchungen haben zum Ziel, durch die Erfor-schung im Kleinen Faktoren ans Tageslicht zu fördern, welche bisher der Aufmerksamkeit entgangen sind.119 Im Zentrum mikrogeschichtlicher Untersuchungen stehen also zum Beispiel einzelne Individuen, dörfliche Gemeinschaften oder Wirtschaftsverflechtungen. Ein kleiner Unter-suchungsgegenstand allein macht aber noch keine Mikrogeschichte, denn dazu braucht es eine bestimmte Methodik der Quellenerfassung und des Umgangs mit Quellen. Zentral ist dabei, möglichst alle zu einem be-stimmten Forschungsgegenstand verfügbaren Quellen zu erschliessen und diese miteinander zu kombinieren: Die «gegenseitige Ergänzung und Spiegelung bietet dann Möglichkeiten für neue Erkenntnisse.»120 Durch die Kombination der Quellen können verschiedene Bereiche wie bei-spielsweise das Wirtschaftliche oder das Soziale zueinander in Beziehung gesetzt werden. Dadurch kann aufgezeigt werden, wie die Dinge tatsäch-lich ineinandergreifen.121 Besonderer Wert wird in mikrogeschichtlichen Studien auch auf die Kontextualisierung gelegt. Die Makroperspektive trägt zum Verständnis der Vorgänge im Kleinen bei und darf daher nie ausgeblendet werden.122

Mikrogeschichtliche Untersuchungen sollen nicht nur konkrete Er-kenntnisse über den (kleinen) Forschungsgegenstand bieten, sondern viel-mehr auch einen Beitrag zur allgemeinen Geschichte leisten.123 Damit unterscheidet sich die Mikrogeschichte von der Geschichte kleiner Räume

119 Ulbricht 2009: 13. Die Publikation Mikrogeschichte. Menschen und Konflikte in der Frühen Neuzeit von Otto Ulbricht bietet eine gute Einführung in die Mikrogeschichte. Ulbricht erläutert die Kernpunkte dieses geschichtswissenschaftlichen Zugangs, dessen Entstehung und Entwicklung und stellt wichtige Publikationen und Forschungsströmungen vor.

Zur Entstehung der Mikrogeschichte vgl. auch Burghartz 2006: 216; Jordan 2013: 158.

120 Ulbricht 2009: 14.

121 Ulbricht 2009: 14–15.

122 Vgl. Burghartz 2006: 216; Ulbricht 2009: 15.

123 Vgl. Schlumbohm 1998b: 27–28.

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wie der Lokal- und Regionalgeschichte.124 Das Ziel mikrohistorischer Untersuchungen ist es, auf der Basis der durch die kleinräumigen Unter-suchungen gewonnenen Ergebnisse zu allgemeineren Erkenntnissen zu gelangen. Sie schliessen damit übergeordnete Fragestellungen keineswegs aus und gehen gleichzeitig davon aus, dass auch die im Kleinen handeln-den Akteure auf grössere Strukturen und Prozesse einwirken können.125

In der vorliegenden Arbeit steht entsprechend der mikrogeschicht-lichen Ansätze ein eng umrissener Untersuchungsgegenstand im Zentrum.

Untersucht werden sollen nicht (wie in der Hochwasserschutzgeschichte bisher üblich) ein grosses Gewässer, die nach einer überregionalen Über-schwemmung getroffenen Präventionsmassnahmen oder die Hochwasser-schutzgesetzgebung auf Kantons- und Bundesebene, sondern die Präven-tionsmassnahmen an einem kleinen Fluss. Diese räumliche Eingrenzung auf ein kleines Gewässer erlaubt es, ein äusserst breites und heterogenes Quellenkorpus als Grundlage für die Untersuchung zu verwenden. Ziel ist es, möglichst alle dazu verfügbaren Quellen zu erfassen und auszuwer-ten. Durch dieses «mikrologische Vorgehen» werden gemäss Susanne Burghartz «andere, neue Fragestellungen möglich»126: Für die gesamte Gürbe können so die Hochwasserschutzmassnahmen sowohl hinsichtlich ihrer Auslöser, der in sie gesetzten Erwartungen oder der Finanzierung, aber auch hinsichtlich ihrer Auswirkungen untersucht werden.

Die vorliegende Studie will aber nicht nur die Hochwasserschutz-geschichte an der Gürbe aufarbeiten, sondern auch Erkenntnisse für die allgemeine Geschichte des Hochwasserschutzes liefern. Aus den Vorgän-gen und EntwicklunVorgän-gen an der Gürbe lassen sich wichtige Antworten auf die Frage nach der Umsetzung von Hochwasserschutzkonzepten auf der lokalen Ebene gewinnen. Im Sinne mikrogeschichtlicher Zugänge wird demnach vom ‹Kleinen› zum ‹Grossen› gelangt. Dabei wird aber der his-torische Kontext – hier insbesondere die allgemeine Entwicklung des Schweizer Hochwasserschutzes – nie aus den Augen verloren und immer wieder zur Erklärung und Einbettung der Vorgänge an der Gürbe heran-gezogen.

124 Jordan 2013: 157.

125 Ulbricht 2009: 15. Zu den verschiedenen Ansätzen für eine Generalisierung vgl. Ul-bricht 2009: 16–28.

126 Burghartz 2006: 214.

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