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Die Herausbildung latenter Klassen in den untersuchten Variablenbereichen

3.D Ergebnisse der LCA 2. Ordnung

Klasse 3 umfasst 23.9 % der Stichprobe und zeichnet ein Profil von Frauen, die ihre Entscheidung am meisten alleine ausgerungen haben, oft mit ambivalenten Gefühlen in die

4.1 Diskussion der Hypothesen

4.1.1 Die Herausbildung latenter Klassen in den untersuchten Variablenbereichen

Hier lautete die Vorhersage (Hypothese 1, Abschnitt 1.5), daß sich in den sieben untersuchten Variablengruppen bestimmte Antwortmuster herausbilden, die jeweils einen Teil der Frauen beschreiben.

Dies bestätigt sich: in allen untersuchten Variablengruppen wurden latente Klassen herausgebildet. Bei der Variablengruppe Entscheidungsgründe für die Beratungsstelle

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konnten zwei Klientinnengruppen unterschieden werden, in allen anderen Variablengruppen wurden drei latente Klassen ermittelt.

Die latenten Klassen in der Variablengruppe der wahrgenommen Unterstützung des sozialen Umfeldes waren zum einen eine Gruppe mit 49.7 % der Frauen, die von der

Schwangerschaft dem Vater des Kindes und FreundInnen erzählen und deren Reaktionen als sehr verständnisvoll erleben. Eine andere Gruppe, die 39 % der Stichprobe umfasste, erzählt wenn überhaupt jemanden dann dem Vater des Kindes von der Schwangerschaft und fühlte sich durch ihn normalerweise auch sehr verstanden. Die kleinste Gruppe (11.3 %) zeichnete sich durch die breit gestreute Einbeziehung von Familienmitgliedern, FreundInnen und Professionellen über den Vater des Kindes hinaus aus. Diese Frauen erlebten anteilsmässig mit grösserer Wahrscheinlichkeit auch weniger verständnisvolle Reaktionen.

Innerhalb der Variablengruppe zur Entscheidungssicherheit der Frau vor der Beratung bildete sich eine Gruppe heraus, die 68.1 % der Klientinnen beschrieb und durch eine von Anfang an klare und sehr sichere Entscheidungshaltung geprägt war. Eine weitere Gruppe (19.4 %) hatte einen ambivalenteren Entscheidungsweg hinter sich, inzwischen aber eine sichere Vorstellung von der Entscheidung. Die kleinste Gruppe mit 12.4 % der

Teilnehmerinnen war gekennzeichnet durch eine unsichere oder noch gar keine Vorstellung von der Entscheidung.

Von den beiden Gruppen, die sich bezüglich der Entscheidungsgründe für die Beratungsstelle bildeten, war die grössere mit 73.1 % der Teilnehmerinnen durch den Hauptgrund der

Weisung des Arztes/der Ärztin, diese Beratungsstelle aufzusuchen, charakterisiert. Die kleinere (26.9 %) Gruppe suchte die Beratungsstelle auch aufgrund persönlicher

Reflexion/Motivation auf.

Innerhalb der drei latenten Klassen zu den inhaltlichen Erwartungen an die Beratung fand sich eine Gruppe (38 %), die mit dem vorrangigen Interesse an Informationen zum

Schwangerschaftsabbruch in die Beratung kommt. Weitere 32 % gaben keine Erwartung ausser der des Beratungsscheinerwerbes an. Die dritte Gruppe, 30 % der Stichprobe, hatte breit gefächerte Erwartungen an Informationen, Aussprache und Auseinandersetzung über die Entscheidung.

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Die emotionalen Erwartungen an die Beratung unterschieden sich in den drei Gruppen: die grösste, 51.8 % der Teilnehmerinnen beschreibende, Gruppe war durch eine überwiegend zuversichtlich-vertrauensvolle Haltung vor der Beratung gekennzeichnet. Eine zweite Gruppe (32.6 %) kam mit sowohl starken hoffnungsvollen Erwartungen als auch mit starken

unsicheren, ängstlichen Gefühlen in die Beratung. Die Frauen der kleinsten Gruppe (15.6 %) nannte vorrangig die Erwartung, die Beratung möglichst schnell hinter sich zu bringen.

Innerhalb der drei latenten Klassen bei dem Einfluss Dritter auf die Entscheidung bildete sich eine Gruppe für 45.1 % der Frauen heraus, die angaben, daß niemand ausser ihnen Einfluss auf die Entscheidung hatte. 38.9 % waren dagegen durch das Angeben eines recht breit gestreuten Netzes an EinflussnehmerInnen gekennzeichnet. Die kleinste Gruppe (16 %) gab primär einen kleineren Einfluss auf ihre Entscheidung durch den Vater des Kindes an.

Die drei Gruppen innerhalb der Variablengruppe Bewertung der Beratung fügten sich

zusammen aus einer grossen, 71.3 % der Stichprobe erfassenden, Gruppe, die zufrieden mit der Beratung war und von dem Sinn der Beratungsregelung nach der Beratung noch mehr überzeugt war.

Eine zweite Gruppe, die 14.7 % der Frauen beschreibt, ist mit der Beratung für sich zufrieden, hielt die Beratungspflichtregelung aber auch nach der Beratung für wenig sinnvoll. Die dritte Gruppe (14 %) stand der erfolgten Beratung ambivalent-unzufrieden gegenüber, was sich unter anderem in einer kritischeren Einschätzung der Beratungsregelung äusserte.

Ich werde im folgenden einige Ergebnisse aus den Häufigkeitsverteilungen in den

Variablengruppen bisherigen Befunden aus anderen Studien gegenüberstellen. Im weiteren möchte ich mögliche Verzerrungen in den Gruppengrössen durch eine gewisse Selektivität der Stichprobe (vgl. Abschnitt 4.2.2.2) ansprechen.

Der Vergleich zu anderen empirischen Arbeiten kann nur unter methodischen Vorbehalten erfolgen, da andere Untersuchungszeitpunkte, inhaltliche Ausrichtungen,

Erhebungsinstrumente, Stichprobengrössen und -zusammensetzungen und statistische Auswertungsmethoden vorlagen. Es geht mir daher mehr um eine grobe Orientierung und Einbettung meiner Ergebnisse zu bisherigen Befunden/theoretischen Annahmen zu diesem Thema.

Einige „klassische Ergebnisse“ (vgl. Abschnitte 1.4.2.3 und 1.4.2.5), die auch durch meine Studie bestätigt werden, betreffen den hohen Grad der Entscheidungssicherheit (ca. 80 %

Diskussion S.160

meiner Stichprobe waren sich ihrer Entscheidung vor der Beratung sicher oder sogar sehr sicher), die Quote der Frauen die angibt, die Entscheidung ganz alleine getroffen zu haben (ca. 45 %) und die hohe Zufriedenheit mit der erfolgten Beratung (85 % der Frauen18).

In diesen Kontext gehört auch der Befund, daß in meiner Stichprobe keine Frau angab, daß sich ihre Entscheidung durch die Beratung geändert habe (vgl. Abschnitt 3.A.1).

Ein Vergleich bzgl. der Unterstützung des sozialen Umfeldes erscheint mir aufgrund der in anderen Studien höchstens inkonsequenten Einbeziehung des qualitativen Aspektes der Unterstützung als wenig aussagekräftig (vgl. Abschnitt 1.4.2.2). Die einzige Vergleichsquelle bleibt danach die Quote, nach der dem Vater des Kindes nicht von der Schwangerschaft erzählt wird. Diese liegt in meiner Untersuchung je nach Wertung der fehlenden Angaben bei 8.9 % bzw. 21.6 % (wenn die fehlenden Werte als „nicht erzählt“ interpretiert werden). Die erste Quote läge im Bereich der bisherigen Untersuchungen (6-13.9 %), die zweite wäre etwas höher. Dies bestätigt die Entscheidung, die Missings in den Variablengruppen mit mehrfach gestuften Antwortalternativen nicht einfach als Verneinung zu verstehen (vgl.

Abschnitt 2.2.3.2.2).

Inhaltliche und emotionale Erwartungen wurden explizit zuvor nur bei Holzhauer (1989) erhoben (vgl. Abschnitt 1.4.2.4). Die Ergebnisse von Holzhauer und mir entsprechen sich weitgehend bzgl. der Erwartung, sich auszusprechen bzw. Hilfe bei der

Entscheidungsfindung zu erhalten (jeweils 20-30 % der Stichprobe) und dem Wunsch nach Informationen zu finanziellen Hilfen (jeweils gut 20 %). Dagegen wurde die Erwartung nach Informationen zum Schwangerschaftsabbruch in meiner Stichprobe sehr viel häufiger als bei Holzhauer (65 % statt 33 %) genannt.

Diese letzt genannte Differenz führe ich zum Großteil auf die unterschiedliche Stichprobenzusammensetzung zurück, da bei Holzhauer ein Teil der Frauen die Schwangerschaft ausgetragen hat (vgl. Abschnitt 1.4.1). Berücksichtigt man diesen Stichprobenunterschied bei den anderen Ergebnissen, sind meine Werte in Hinblick auf Beratungsoffenheit (Aussprache, Entscheidungshilfe) sogar vergleichsweise hoch.

Gefühle der Unsicherheit und Ängstlichkeit vor der Beratung wurden bei Holzhauer etwas häufiger genannt als bei mir (ca. 50 % zu ca. 40 %), negative Reaktionen von der Beraterin

18 Anhand der Frage nach der Empfehlung dieser Beratungsstelle für eine Freundin erschlossen (vgl. Abschnitt 3.B.7)

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wurden in beiden Stichproben ähnlich oft erwartet (zu ca. einem Viertel). Der von Holzhauer ermittelte Zusammenhang von eher positiven emotionalen Erwartungen, wenn konkrete selbstmotivierte, inhaltliche Erwartungen an die Beratung bestehen, konnte in meiner Studie nicht nachgeprüft werden.

Wie ich bei der Diskussion über die Repräsentativität meiner Stichprobe genauer ausführe (Abschnitt 4.2.2.2), kann ich davon ausgehen, daß in meiner Stichprobe relativ wenig belastete, selbst- und entscheidungssichere und sozial gut unterstützte Frauen stärker vertreten sind als im durchschnittlichen §219-Klientel.

Das sollte bei den Ergebnissen der LCA 1. Ordnung berücksichtigt werden: möglicherweise wären andere Gruppen ermittelt worden und wahrscheinlich wären die Gruppengrössen bei diesem Durchschnittsklientel anders ausgefallen.

So könnte bei der Unterstützung des sozialen Umfeldes eine Gruppe hervortreten, die durch geringe soziale Unterstützung (niemanden erzählt oder nur Vater des Kindes erzählt, der wenig verständnisvoll reagiert) gekennzeichnet ist. In der Variablengruppe zur

Entscheidungssicherheit wäre anzunehmen, daß die in ihrer Entscheidung noch unsichere Gruppe stärker vertreten wäre.

Desweiteren ist davon auszugehen, daß der Anteil an zuversichtlich-vertrauensvoll in die Beratung gehenden Frauen (bei den emotionalen Erwartungen) im Durchschnittsklientel eher kleiner sein wird, dagegen ängstlich-hoffnungsvolle oder ganz ablehnende Haltungen stärker vertreten sein werden.

4.1.2 Der Zusammenhang zwischen den latenten Klassen und Merkmalen der

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