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5 Öffentlichkeitsarbeit der Professionsorganisationen von Architekten

5.2 Problematisierte Werbeformate

5.2.2 Glückwunschbekundungen - „congratulatory advertising“

betonte. So waren bezahlte Anzeigen zwar grundsätzlich verboten, davon (mit gewissen Einschränkungen) aber nicht nur „announcements“, sondern auch besagte „brochures“ und sogar „reprints [...] of items in the public press“ ausgenommen. Progressiv, verglichen mit dem RIBA, erscheint vor allem letzterer Punkt. Das AIA unterschied auch nicht zwischen Fach- und Laienpresse, womit es den eigenen Mitgliedern eine weit größere Öffentlichkeit zugestand.

Damit ergibt sich für die US-amerikanische Situation ein recht liberales Bild. Denn verglichen mit Großbritannien herrschte für Architekten hier weitestgehende Freiheit im Umgang mit Massenmedien. Diese scheinen innerhalb des AIA nicht in gleichem Maße unter Generalverdacht gestanden zu haben. Die einzelnen Medienformate wurden offenbar nicht in erster Linie als Werbeformate wahrgenommen, sondern auch in ihrer positiven, öffentlichkeitswirksamen Funktion (an)erkannt und toleriert. Die vom RIBA ausführlich debattierten Zeitungsberichte oder Fernsehauftritte von Architekten galten in den USA schlichtweg als „publicity“ und wurden weitestgehend toleriert. Das AIA gestand den eigenen Mitgliedern aber nicht nur diverse Praktiken zu, die im RIBA verpönt waren.

Darüber hinaus bemühte sich das AIA auch intensiv darum, die eigenen Mitglieder in ihrer individuellen Selbstdarstellung und Öffentlichkeitsarbeit zu schulen.853

magazines“ erfüllen zu können. Es sei nämlich „in the spirit of civic welfare“, lokale Gruppen finanziell zu unterstützen und zu diesen rechnete das Kansas Chapter offenbar auch Lokalzeitungen. Das AIA ließ sich dadurch nicht zu einer Änderung des Werbeverbots erweichen, meldete aber auch zurück, es stehe den Verantwortlichen in Kansas offen, einen offiziellen Antrag zur Überarbeitung des Berufskodexes zu stellen.855 Dem Staten Island Chapter meldete das AIA 1951 auf eine ähnliche Anfrage hin zurück, Anzeigen in Telefonbüchern seien nur dann konform mit dem Ehrenkodex, wenn darin alle ansässigen Architekten des Chapters aufgelistet würden und es sich nicht allein um Anzeigen Einzelner handele.856 Auch das North Carolina Chapter forderte im selben Jahr,

„announcements“ als unerlaubte Werbeformate aus dem Ehrenkodex zu streichen, da es die Bekanntgabe von Adressänderungen oder der Gründung von Büropartnerschaften verhindere. Aber auch diesem Anliegen gab das AIA nicht statt.857 1961 äußerte sich der AIA-Vorstand sogar ablehnend zu fettgedruckten Telefonbucheinträgen.858 Erst 1967 wurden „telephone directories in boldface type“ zugelassen, weiterhin abgelehnt waren aber „boldface type in the classified advertising (yellow pages) section“.859

Als problematisch wurden Anfang der 1950er Jahre insbesondere Bekanntmachungen zur Eröffnung fertiggestellter Bauten betrachtet. Derlei Anzeigen wurden oftmals nicht von den Architekten sondern von ihren Bauherren geschaltet. Die Erwähnung des verantwortlichen Planers in diesem Rahmen wurde vom AIA jedoch äußerst kritisch gesehen. 1951 störte es sich beispielsweise an einer Werbeanzeige des Kalakaua Super Market, der im Zuge der Neubaueröffnung seinen Architekten Cyril W. Lemmon und Douglas Freeth für die exzellente Durchführung des Bauprojekts dankte.860 Auch die Vorgehensweise des Ortsverbands in Pasadena, lokal ansässigen Architekten in einer Tageszeitung zur Fertigstellung eines Baus zu gratulieren, empfand das AIA 1951 als „not in good taste“861.

Ein weiterer dokumentierter Fall einer solchen unzulässigen Werbeanzeige betraf den Architekten Alfred Joseph. Er hatte für eine Anzeige im Courier-Journal Louisville am 20. Juni 1954 bezahlt, die eine neue Fabrik der Marley Company in Louisville, Kentucky bewarb. Ebenfalls erwähnt wurde in der Anzeige die Firma Metallic Building Company,

855 AIA/Board/ExComMin/1952, AIA Board of Director Minutes vom 27.–29.10.1952, S. 15.

856 AIA/Board/ExComMin/1951, AIA Board of Director Minutes vom 30.09–02.10.1951, S. 23.

857 Ebd.

858 AIA/Board/ExComMin/1961, AIA Board of Director Minutes im Januar 1961, S. 71.

859 AIA/Board/ExComMin/1967, AIA Board of Director Minutes vom 13.–15.03.1967, S. 7.

860 AIA/Board/ExComMin/1951, AIA Board of Director Minutes vom 04.–11.05.1951, S. 14.

861 AIA/Board/ExComMin/1951, AIA Board of Director Minutes vom 30.09–02.10.1951, S. 23.

mit deren Produkten der Bau errichtet worden war. Somit entstand der Eindruck, der Architekt Alfred Joseph empfehle ebendiese Baumaterialien. Der Beschuldigte verteidigte sich mit dem Argument, andere Architekten hätten das vor ihm auch schon getan.

Dennoch wurde er des unprofessionellen Verhaltens für schuldig befunden und ein Jahr lang vom AIA ausgeschlossen.862

Eine Zulassung gerade dieser Form öffentlicher Präsenz wünschten sich aber auch andere Ortsverbände. Das Washington Chapter geriet 1958 in Kritik, weil es einem ortsansässigen Architekten zur Eröffnung eines Baus gratulierte.863 In den Ratssitzungen des AIA wurde diesbezüglich 1958 von einem „constant problem“ gesprochen. So sei es zu einfach, in solchen Fällen lediglich auf das Werbeverbot zu verweisen. Ein kategorisches Verbot sei an dieser Stelle keine Lösung, denn bestehen bleibe das Problem „of making sure that the architect gets credit for his part in the design of a building“.864 Ein Dilemma ergebe sich nämlich dann, wenn bei einer solchen feierlichen Eröffnung alle am Bau Beteiligten genannt würden, der Architekt aber verschwiegen werden müsse.

Das Wisconsin Chapter wies 1958 darauf hin, dass es auch Ingenieuren und Designern von Seiten ihrer Berufsorganisationen nicht verboten werde, fertiggestellte Neubauten in der Tagespresse anzuzeigen. Werde die Namensnennung des Architekten bei selbigem Projekt vom AIA verhindert, produziere dies eine verheerende öffentliche Wahrnehmung des Architektenberufs:

„Thus, in some cases, the public assumes that the engineers are the designers of the building [...] and the architect is without credit.“865

Mit dem gleichen Argument forderte 1960 auch die Indiana Society of Architects die Zulassung von „congratulatory advertising in newspapers at the time of the opening or dedication of a building“.866 Das AIA äußerte sich schließlich zustimmend, unternahm aber zunächst keine konkreten Anstrengungen, das Werbeverbot diesbezüglich zu überarbeiten.867

AIA-Sekretär Cummings erklärte dem Rat 1954, dass er von Mitgliedern häufig die Frage gestellt bekomme, was eigentlich der Unterschied sei zwischen „advertising, publicity, and

862 AIA/Board/ExComMin/1955, AIA Executive Committee Minutes vom 29.03.–02.04.1955, S. 67C.

863 AIA/Board/ExComMin/1958, AIA Board of Director Minutes vom 28.–02.05.1958, S. 53.

864 AIA/Board/ExComMin/1958, AIA Executive Committee Minutes vom, 08.–09.09.1958, S. 59f.

865 AIA/Board/ExComMin/1958, AIA Board of Director Minutes vom 04.–07.1958, S. 27f.

866 AIA/Board/ExComMin/1960, AIA Board of Director Minutes vom April 1960, S. 10.

867 Ebd.

public relations“.868 Etwa die Hälfte der Mitglieder sprach sich damals schon für eine Lockerung der Regeln aus, während sich die andere Hälfte aber vehement gegen jegliche Form der Werbung aussprach.869 Ratsmitglied Christenson war der Ansicht, das AIA müsse legalisieren, wozu die Architekten heutzutage ohnehin gezwungen seien. Wright wiederum äußerte Bedenken am Werbeverbot als Überbleibsel eines Professionsverständnisses, das von Ärzten und Anwälten übernommen sei, mit denen Architekten aber viel weniger gemeinsam hätten als mit Ingenieuren, denen Werbetätigkeit erlaubt sei.870 Die überwiegende Mehrheit sah den größeren Imageverlust dennoch darin, in die Ecke marktschreierischer Werbeleute gestellt zu werden, die ein Produkt feilboten. Cummings erklärte zum Anschluss besagter Sitzung:

„We resist with an iron hand anything that tends to put us in the market place competing to sell a piece of merchandise. We do everything that we can do to maintain the position of dignity which the public expects us as a profession to maintain. […] We must keep ourselves clean [...].“871

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