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5 Öffentlichkeitsarbeit der Professionsorganisationen von Architekten

5.2 Problematisierte Werbeformate

5.2.1 Baustellenschilder, Briefköpfe, Broschüren und Presseberichte

Vom AIA waren Baustellenschilder 1909 zunächst gänzlich verboten, um 1920 dann unter Vorbehalt zugelassen zu werden, sofern sie in ästhetisch angemessener Form gestaltet waren.838 Ab 1943 fanden Baustellenschilder im Ehrenkodex des AIA dann überhaupt keine Erwähnung mehr. Nichtsdestotrotz setzte der AIA-Präsident den Vorstand 1951 davon in Kenntnis, dass sich in der letzten Zeit Zuschriften häufen würden, die Probleme mit solchen Schildern zum Inhalt hätten. Einige der Schilder seien von so „blatant a nature“839 gewesen, dass sie Empörung unter den „more considerate members“840 hervorgerufen hätten. Diesen Umstand nahm das AIA nicht zum Anlass, das Werbeverbot umzuformulieren. Stattdessen veröffentlichte es eine offizielle Stellungnahme, die derlei Praktiken deutlich missbilligte und betonte, welch schlechtes Licht dies auf den gesamten Berufsstand werfe:

836 AIA/Board/ExComMin/1950, AIA Board of Directors Minutes vom 15.–16.12.1950, S. 19;

AIA/Board/ExComMin/1951, AIA Board of Directors Minutes vom 01.–03.03.1951, S. 18.

837 AIA/509, AIA Annual Report 1951, S. 35.

838 A Circular of Advice Relative to Principles of Professional Practice and the Canons of Ethics, Abschnitt 12 und 13, in: AIA (Hrg.): The Handbook of Architectural Practice, Washington 1920, S. 107.

839 AIA/Board/ExComMin/1951, Display of Names of Architectural Firms on Signs at Construction Projects, Stellungnahme von Edmund R. Purves vom 01.05.1951, Anlage zu AIA Board of Directors Minutes vom 04.–11.05.1951.

840 Ebd.

„An act accomplished in a vulgar manner is a vulgar act, regardless of the basic merit of the act itself. On the other hand, it is obvious that the disclosing of the architect’s name, if done with decorum and dignity, can well advance the profession and serve to stimulate public interest. The Institute, therefore, cautions its members that in announcing to the public the identity of the architect they must so convey the identity as to advance the good name of the profession and of the architect creator himself. No architect need fear that his name reproduced with taste and skill will be overlooked. Famous artists have never found it necessary to emblazon their names across their masterpieces.“841 Im darauffolgenden Jahr einigte sich der Vorstand des AIA außerdem auf Standardschilder, überließ deren Gestaltung und verpflichtende Einführung jedoch den Ortsverbänden.842 Im Bundesstaat Indiana wurden 1952 einheitliche Baustellenschilder eingeführt – eine Praxis, die das AIA ausdrücklich begrüßte und auch allen anderen Regionalverbänden empfahl.843 Angesprochen wurden auch verschiedene Möglichkeiten, wie die Kennzeichnung als AIA-Mitglied zu gestalten sei.844 Vom RIBA waren selbst Abmessungen und Schriftgröße von Baustellenschildern streng geregelt und als verpflichtend durchgesetzt worden.845 Das AIA gab dazu lediglich Empfehlungen, deren genaue Regelungen den Lokalverbänden überlassen wurde. Auch wurden persönliche Anschreiben vom AIA nicht in gleichem Maße reguliert. Zumindest wurden sie nicht auf nationaler Ebene diskutiert.846 Thematisiert wurde diesbezüglich lediglich die Verwendung des AIA-Titels, die für das AIA gewissermaßen auch als Eigenwerbung von Interesse war: Der AIA-Ehrenkodex von 1909 ermutigte explizit zur Verwendung des Titels „F.A.I.A.“,847 da dies dabei helfe „to make known the nature of the honor they imply“.848 Und 1920 empfahl das AIA die

841 Ebd.

842 AIA/Board/ExComMin/1952, AIA Board of Directors Minutes vom 27.–29.10.1952, S. 29.

843 AIA/Board/ExComMin/1952, AIA Board of Directors Minutes vom 03.–05.03.1952, S. 36.

844 AIA/Board/ExComMin/1953, AIA Board of Directors Minutes vom 04.–06.03.1953, S. 28f.

845 Vgl. Kap. 3.3.1.

846 In den Vereinigten Staaten waren staatliche Planungsabteilungen weniger verbreitet. Damit ergab sich auch kein vergleichbarer Konflikt zwischen Freiberuflern und Beamten, der in Großbritannien die Anschreiben freiberuflicher Architekten an ihre Kollegen in den Planungsbehörden zum Stein des Anstoßes hatte werden lassen. Vgl. dazu Kapitel 3.4.2.

847 „F.A.I.A.“ steht für „Fellow of the American Institute of Architects“.

848 A Circular of Advice Relative to Principles of Professional Practice and the Canons of Ethics, Abschnitt 12 und 13, in: The American Architect 96 (1909), S. 273f.

Verwendung der Initialen „in order to promote a general understanding of the Institute and its standards“849.

Rundschreiben und Flugblätter wurden als neutrales Informationsmaterial betrachtet und stellen für das AIA kein Problem dar. Ausdrücklich erlaubt war es Architekten,

„brochure[s] or catalogue[s] illustrating his work“ herzustellen. Kritisch wurden diese nur dann gesehen, wenn sie Produktwerbungen enthielten. Jegliche Publikationsform war zulässig, solange diese nicht durch Werbeanzeigen Dritter finanziert wurde.850 Sofern keine „exaggerated, misleading“, sondern ausschließlich „factual statements“ getroffen wurden, stellte es das AIA seinen Mitgliedern ab 1951 frei, sich in „public press, radio, television, or other media“ zu präsentieren. Es war Architekten außerdem erlaubt, dabei die professionelle Unterstützung eines „public relations counsel[s]“ in Anspruch zu nehmen. Überspitzt dargestellt, war dem AIA jede Werbung recht – egal ob in Zeitschriften, Büchern, Fernsehen oder Radio – solange sie „the Architect’s function in society and the standing of the profession as a whole [...] rather than that mere personal aggrandisement [sic!] of the individual“ bewarb.851 Die Selbstdarstellung von Architekten, die innerhalb des RIBA häufig zu Konflikten mit dem Werbeverbot führte, stellte für das AIA keine fragwürdige Praxis dar. Verboten war sie nur dann, wenn damit Werbung für andere Firmen oder für Produkte gemacht wurde.

Trotzdem erlebte auch der US-amerikanische Ehrenkodex von Architekten Ende der 1950er eine enorme Ausweitung jener Passagen, die sich mit Werbung beschäftigten. In den vier unterschiedlichen Varianten des Werbeverbots, die das AIA zwischen 1909 und 1951 veröffentlicht hatte, war die Zeichenzahl zunächst moderat gestiegen, um in der Neuauflage von 1958 dann mit 4.313 Zeichen auf die vierfache Länge anzuwachsen.852 Nun wurden vom AIA auch Adressbucheinträge, Stellenanzeigen, Bekanntmachungen, Kleinanzeigen gesondert erwähnt, was darauf schließen lässt, dass die Werbeanstrengungen von Architekten zunahmen und das AIA Bedarf sah, diese in geregelten Bahnen zu halten. Dabei wählte das AIA aber affirmative Formulierungen, indem es weniger die zu unterbindende Ausnahme, als vielmehr die zulässige Regel,

849 A Circular of Advice Relative to Principles of Professional Practice and the Canons of Ethics, Abschnitt 12 und 13, in: AIA (Hrg.): The Handbook of Architectural Practice, Washington 1920, S. 107.

850 Principles of Professional Practice, Abschnitt 6, in: AIA (Hrg.): The Handbook of Architectural Practice, Washington 1943, S. 95f.

851 Standards of Professional Practice, II. Mandatory Rules of the Institute, Abschnitt 8, in: AIA (Hrg.):

The Handbook of Architectural Practice, Washington 1953, S. 166.

852 Standards of Professional Practice, II. Mandatory Standards, Abschnitt 12 und 13; in: AIA (Hrg.): The Handbook of Architectural Practice, Washington 1958, S. A 2.05.

betonte. So waren bezahlte Anzeigen zwar grundsätzlich verboten, davon (mit gewissen Einschränkungen) aber nicht nur „announcements“, sondern auch besagte „brochures“ und sogar „reprints [...] of items in the public press“ ausgenommen. Progressiv, verglichen mit dem RIBA, erscheint vor allem letzterer Punkt. Das AIA unterschied auch nicht zwischen Fach- und Laienpresse, womit es den eigenen Mitgliedern eine weit größere Öffentlichkeit zugestand.

Damit ergibt sich für die US-amerikanische Situation ein recht liberales Bild. Denn verglichen mit Großbritannien herrschte für Architekten hier weitestgehende Freiheit im Umgang mit Massenmedien. Diese scheinen innerhalb des AIA nicht in gleichem Maße unter Generalverdacht gestanden zu haben. Die einzelnen Medienformate wurden offenbar nicht in erster Linie als Werbeformate wahrgenommen, sondern auch in ihrer positiven, öffentlichkeitswirksamen Funktion (an)erkannt und toleriert. Die vom RIBA ausführlich debattierten Zeitungsberichte oder Fernsehauftritte von Architekten galten in den USA schlichtweg als „publicity“ und wurden weitestgehend toleriert. Das AIA gestand den eigenen Mitgliedern aber nicht nur diverse Praktiken zu, die im RIBA verpönt waren.

Darüber hinaus bemühte sich das AIA auch intensiv darum, die eigenen Mitglieder in ihrer individuellen Selbstdarstellung und Öffentlichkeitsarbeit zu schulen.853

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