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3 Werbeverbot von Architekten

3.4 Position freiberuflicher Architekten im RIBA

3.4.4 Architects’ Registration Council of the UK (ARCUK)

Das ARCUK war 1931 im Zuge der Bemühungen um den Schutz des Architektentitels gegründet worden. Bis dahin konnte sich jeder ‚Architekt‘ nennen, der dies wünschte.

Geschützt waren bis dahin lediglich die vom RIBA selbst vergebenen Titel

„R.I.B.A. Fellow“, „R.I.B.A. Associate“ und „R.I.B.A. Honorary Member“, die nur tragen durfte, wer sich dieser Auszeichnung verdient gemacht hatte und als Mitglied aufgenommen worden war. 1834 war das RIBA zunächst wie andere Architektenvereine als Debattierklub mit primär sozialer Funktion gegründet worden.301 Nur besonders respektable Architekten waren aufgefordert, sich als Mitglied zu bewerben. Über die Aufnahme eines Architekten wurde per geheimer Abstimmung entschieden.302 Die Mitgliedschaft und die damit verbundene Erlaubnis, den RIBA-Titel zu tragen, hatte für Architekten damit vor allem Prestigecharakter. Der Titel verlieh aber keine besonderen Rechte.

Der generelle Schutz des Architektentitels war als Form der Zulassungsbeschränkung erstmals in den 1880er Jahren diskutiert worden, wobei sich vor allem die Society of

301 Muthesius 2013, S. 183.

302 Mace 1986, S. xvi.

Architects als eine Art Splittergruppe des RIBA vehement dafür einsetzte.303 Mehrere parlamentarische Gesetzesvorlagen dazu wurden von dieser Vereinigung zwischen 1887 und 1906 erarbeitet, die jedoch allesamt erfolglos blieben. Vom RIBA selbst und einer Gruppe führender Architekten, die sich selbst „Memoralists“ nannten, wurden diese Bemühungen auch zunächst abgelehnt.304 Architektur wurde von ihnen als Kunstform betrachtet, die primär auf Kreativität basiere und deren adäquate Umsetzung nicht durch die Einführung von Prüfungen und Lizenzen sicherstellt werden könne. Die Aufgabe des RIBA wurde darin gesehen, Architektur als Kunst zu fördern und die Bevölkerung für ihre Eigenschaft als solche zu sensibilisieren. Die Bindung an eine formalisierte Zulassungsbeschränkung, so wurde befürchtet, fördere zwar den Berufsstand, aber nicht die Architektur selbst.305

Nach langanhaltenden Diskussionen setzte sich unter Architekten 1906 aber eine befürwortende Haltung zur Einführung des Architektentitels durch, die nun auch geschlossen im politisch vertreten werden konnte, was wiederum die Aussicht auf Erfolg erhöhte.306 Das RIBA bemühte sich darum, als verantwortliche Körperschaft des öffentlichen Rechts für die Lizenzvergabe anerkannt zu werden. Unterstützung für eine entsprechende Gesetzesvorlage wurde dem RIBA 1927 jedoch von konkurrierenden Architektenorganisationen verweigert. Daher musste 1931 mit dem ARCUK zunächst eine unabhängige Institution gegründet werden, bevor der „Architects Registration Act“ von 1938 verabschiedet werden konnte.307 Mit diesem Gesetz war es fortan nur noch registrierten Personen gestattet, den Architektentitel zu tragen. Im Schatten der Wirtschaftskrise und mit prekärer Arbeitslage waren wohl selbst die letzten Zweifler von den Vorteilen eines Lizenzvergabesystem als Arbeitsmarktsicherung überzeugt worden.

Während die Mitgliedschaft beim ARCUK seit seiner Gründung 1931 Grundvoraussetzung für das Tragen des Architektentitels und die Ausübung von Architektentätigkeiten war, blieb die Mitgliedschaft im RIBA freiwillig,308 war also nach wie vor eine Prestigefrage. Das RIBA konnte gegebenenfalls lediglich den Titel ‚RIBA Architect‘ aberkennen. Zum Entzug einer Architektenlizenz war nur der ARCUK befähigt, auch wenn derlei Entscheidungen in der Regel mit dem RIBA abgestimmt wurden. Von

303 Ebd., S. xix.

304 Ebd.

305 Ebd., S. xx.

306 Ebd.

307 Ebd.

308 Hill, Jonathan: The Illegal Architect, London 1998, S. 12.

beiden Institutionen wurde die unrechtmäßige Verwendung des Architektentitels verfolgt.

Insbesondere wenn er von Fremdfirmen zu Werbezwecken genutzt wurde sahen sich RIBA und ARCUK gleichermaßen zum Eingreifen verpflichtet. Trat ein Architekt beispielsweise in ein Immobilienunternehmen ein, so musste er entweder aus RIBA und ARCUK austreten oder seinen Titel von offiziellen Dokumenten und Werbeträgern der Firma fernhalten.309

Weniger einhellige Meinungen vertraten RIBA und ARCUK bei Maßnahmen, die Freiberufler und Baubeamte ungleich hart trafen. Unstimmigkeiten ergaben sich unter anderem in den Diskussionen über vermeintlich unzulässige Briefe an Planungsbehörden.

So plante der ARCUK zu Beginn des Jahres 1953, ein Rundschreiben an alle Behörden zu verschicken. Darin wurden alle Beamten dazu auffordert, jeden Architekten zu melden, der sich schriftlich über Auftragslage und freie Stellen erkundige. Diese Idee entsetzte F. E. Shrosbree als Generalsekretär der Association of Building Technicians. Seinem

„extreme concern“ über das geplante Rundschreiben verlieh er in einem Brief an das RIBA Ausdruck:

„The circular [...] may very well trap the inexperienced young practitioner needing commission, of which there are unfortunately a growing number, into this dangerous course of action.“310

Dieses Schreiben leitete das RIBA wiederum an den ARCUK weiter. Eine Rückmeldung vom ARCUK gab es dazu in Form eines Briefes von Pembroke Wicks, der sich als Anwalt

309 Derlei Fälle wurden im RIBA nur selten besprochen. Im Untersuchungszeitraum sind meines Wissens nur drei Fälle dokumentiert, in denen der Verdacht bestand, ein Architekt bewerbe mit seinem Titel eine Fremdfirma: Im ersten Fall hatte eine Immobilienfirma 1950 Rundschreiben versendet, die mit dem Namen eines Architekten unterzeichnet waren. Genannter Architekt erklärt, es handele sich um die Firma seines Vaters, für den er manchmal kleinere Arbeiten übernehme. Er habe einen Entwurf besagten Rundschreibens an einem Büroangestellten des Vaters überbracht und der hätte aufgrund eines Missverständnisses fälschlicherweise Namen und Titel des Sohnes verwendet. Siehe:

RIBA/CNCL/1.2.2, Professional Conduct Case No. 301, RIBA Council Minutes vom 10.10.1950, Anlage H, S. 2. Im zweiten Fall aus dem Jahr 1951 hatte der Architekt John Leo Mulvany eine Immobilienfirma übernommen und zunächst seinen RIBA-Titel auf offiziellen Dokumenten weiterverwendet. Siehe: RIBA/CNCL/1.2.2, Professional Conduct Case No. 313, RIBA Council Minutes vom 9.06.1951, Anlage N, S. 1. Im dritten Fall wurde 1953 die Werbeanzeige für ein Unternehmen in einer Lokalzeitung veröffentlicht, die den Namen und Titel eines Architekten nannte.

Besagter Architekt gab an, er habe für seinen Klienten erst kürzlich einen Laden gebaut, der nun in der Anzeige abgebildet worden sei. Dies sei jedoch ohne sein Wissen passiert und auch der Klient bestätigte diese Aussage. Siehe: RIBA/CNCL/1.2.2, Professional Conduct Case No. 347, RIBA Council Minutes vom 23.06.1953, Anlage J, S. 2.

310 RIBA/CNCL/1.2.2, Brief von F. E. Shrosbree an C. D. Spragg vom 18.02.1953, RIBA Council Minutes vom 03.05.1953, S. 5f.

seit den Gründungsjahren des ARCUK dort um derartige Angelegenheiten kümmerte.311 Er gab an, es sei bereits zu spät, um diese Angelegenheit zu diskutieren, denn das Rundschreiben sei mittlerweile schon versandt und in der Fachpresse veröffentlicht worden.312 Der ARCUK spielte das Problem herunter und entgegnete Shrosbree in einem zweiten Brief, bei unerfahrenen Architekten würden schon keine radikalen Maßnahmen ergriffen werden.313 Das Thema war damit aber noch lange nicht vom Tisch und gab im folgenden Jahrzehnt immer wieder Anlass zu Diskussionen.

1963 wurde es erneut aufgegriffen. Ricketts verfasste zu diesem Streitthema ein Memorandum, das auf der Sitzung des Architects Registration Board im November des Jahres 1963 zirkulierte.314 Nach eigener Angabe erhalte er selbst pro Woche etwa zehn Anfragen von meist jungen Architekten auf der Suche nach Arbeit. Somit habe er auch einen ganz eigenen Blick auf das Problem. Er stellte zunächst einmal fest, dass heutzutage

„public architects [...] in a position of influential clients“315 seien. Spreche ein Privatarchitekt diese gezielt an, um einen Auftrag zu akquirieren, könne dies daher als Verstoß gegen den Verhaltenskodex gewertet werden. Auf der anderen Seite erscheine das Verbot doch auch merkwürdig, wenn nicht einmal mehr ein Kollege dem anderen seine Dienste anbieten dürfe – noch dazu wenn ersterer dringend Arbeit und letzterer ebenso nötig Unterstützung brauche. So ehrenhaft auch die Haltung des RIBA sei, dass ein Architekt nur aufgrund seiner Leistungen und Reputation an Aufträge gelangen solle, so werde es doch gerade jungen, noch unbekannten Architekten damit sehr schwer gemacht und gerade diesen sollte doch etwas unter die Arme gegriffen werden. Zur Lösung des Konflikts unterbreitete Rickett den Vorschlag, standardisierte Formulare zu verbreiten, in die interessierte Architekten sich beim RIBA eintragen könnten, welche dann einmal jährlich an die Beamten der Planungsabteilungen weiter gegeben würden. Solche standardisierten Formulare bot das RIBA ab 1973 an. Sie konnten von Architekten zur legitimen Kontaktaufnahme mit Behörden zwecks Bewerbung um Bauaufträge genutzt werden.316

311 Mr. Pembroke Wicks (Nachruf), in: The Times, 01.03.1957, S. 12.

312 RIBA/CNCL/1.2.2, Brief von Pembroke Wicks an C. D. Spragg vom 02.03.1953, RIBA Council Minutes vom 03.05.1953, S. 6.

313 Ebd., S. 7f.

314 RIBA/PRC/8.1.3, Sitzungsprotokoll des PCC vom 27.11.1963, Anlage A.

315 Ebd.

316 RIBA/72.08:174//ROY, Code of Professional Conduct, Abschnitt 6(i), 1973.

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