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3 Werbeverbot von Architekten

3.3 Regulierung der Selbstdarstellung von Architekten durch das RIBA

3.3.1 Baustellenschilder, Büroschilder und „unostentatious manner“

Ganz anders stellt sich dies für Baustellenschilder dar, die in „an unostentatious manner“224 gestaltet sein mussten. 1927 wurde diese eher allgemeine Einschränkung weiter spezifiziert. Zum einen erlaubte das RIBA deren Aufstellung nun auch ausdrücklich bei Umbauten und Anbauten. Zum anderen sollte sichergestellt werden, dass diese Schilder nicht über die Bauphase hinaus stehen blieben.225 Die erlaubte Aufstellzeit wurde auf zwei Monate begrenzt, 1933 jedoch auf zwölf Monate ausgedehnt.226

Untersagt wurde ausdrücklich, diese Schilder zur Bewerbung unternehmerischer Tätigkeiten zu nutzen, d.h. sie durften nicht die Formulierung ‚zu verkaufen‘ oder ‚zu vermieten‘ beinhalten. Neu eingearbeitet wurde 1927 auch eine Begrenzung der Schriftgröße auf zwei Inches (5,1 cm). Erlaubt war jedoch ein Verweis darauf, dass Pläne zum realisierten Bau im Büro des planenden Architekten eingesehen werden könnten.227 Zwischen 1949 und 1953 wurden insgesamt fünf Fälle vor dem RIBA-Rat verhandelt, bei denen einzelne Baustellenschilder kritisiert wurden, weil diese die Vorgaben überschritten hatten.228 Die entsprechenden Planer wurden daraufhin zu einer Stellungnahme aufgefordert. Ausnahmslos reagierten diese mit Verblüffung und gaben an, sich der Regelungen zum einen gar nicht bewusst, zum anderen für die Anbringung der Schilder auch nicht verantwortlich gewesen zu sein. In allen Fällen hatten sich die zuständigen Bauunternehmer oder Bauherren um die Aufstellung gekümmert, die von den strikten Vorgaben des RIBA nichts gewusst hatten. Die Architekten drückten ihr Bedauern über die Vorfälle aus und versicherten, die Schilder zu entfernen oder anzupassen, woraufhin die

223 Vgl.: Widera, Joachim: Möglichkeiten und Grenzen volkskundlicher Interpretation von Hausinschriften, Frankfurt am Main 1990, S.10f.

224 Suggestions Governing the Professional Conduct and Practice of Architects, Abschnitt 3, in: RIBA Kalendar, London 1923, S. 76.

225 Suggestions Governing the Professional Conduct and Practice of Architects, Abschnitt 3, in: RIBA Kalendar, London 1927, S. 101.

226 Code of Professional Practice, Abschnitt 3, in: RIBA Kalendar, London 1933, S. 20f.

227 Suggestions Governing the Professional Conduct and Practice of Architects, Abschnitt 3, in: RIBA Kalendar, London 1927, S. 101.

228 RIBA/CNCL/1.2.2, Professional Conduct Case No. 276, 278, RIBA Council Minutes vom 21.06.1949, Anlage O, S. 1; Professional Conduct Case No. 284, RIBA Council Minutes vom 11.10.1949, Anlage P, S. 1f; Professional Conduct Case No. 257, RIBA Council Minutes vom 01.11.1949, Anlage F, Abschnitt C, S. 2; Professional Conduct Case No. 355, RIBA Council Minutes vom 13.10.1953, Anlage J, S. 2.

Untersuchungen abgeschlossen wurden. In allen zwischen 1949 und 1953 dokumentierten Fällen blieb es letztlich bei einer Verwarnung.229

Ungeachtet der Tatsache, dass Baustellenschilder in lediglich fünf Fällen unangenehm aufgefallen waren, sah das RIBA offenbar die Notwendigkeit, diese Form der Selbstdarstellung strikter zu regulieren. Um die individuelle Ausprägung der Bauschilder zu vereinheitlichen diskutierte der RIBA-Rat Mitte der 1950er Jahre erstmals die Möglichkeit, diese zu standardisieren.230 Mit der Angelegenheit wurde das Public Relations Committee (PRC) betraut, das sich über fünf Jahre hinweg in unregelmäßigen Abständen über das Design, Produktionskosten und Verkaufspreise verständigte. 1956 legte das Komitee dem Architects Registration Board einen ersten Entwurf eines Normschilds vor. Dessen Kosten wurden auf 6,20 £ pro Stück (bzw. 5,10 £ pro 5 Stück) beziffert. Diese Schilder konnten von Architekten erworben und durch die Anbringung der eigenen Kontaktdaten personalisiert werden.231 Zu einem endgültigen Beschluss konnte sich der Rat jedoch zunächst noch nicht durchringen. Erst 1960 einigten sich die Mitglieder auf ein Design.232 1961 wurden die neuen standardisierten Baustellenschilder dann auch im RIBA Journal erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Demnach wurden zwei Schilder in den Standardgrößen in 2,5 mal 0,6 Meter (8 x 2 Fuß) sowie 1,20 mal 0,30 Meter (4 x 1 Fuß) angeboten.233

Das RIBA hatte mittlerweile Lizenzen an einzelne Hersteller vergeben, bei denen Architekten diese Schilder erwerben konnten. Bereits produzierte Schilder durften zwar auch weiterhin genutzt, aber nicht mehr gekauft werden, wodurch sich schrittweise die einheitlich gestaltete Variante durchsetzen sollte. Eigenhändige Veränderungen der Schilder, beispielsweise eine Anpassung der Farben, war strikt verboten. Bestand ein Architekt darauf, ein eigenes Design zu verwenden, so untersagte das RIBA dabei die Verwendung der offiziellen RIBA-Plakette.234

Aber damit war die Angelegenheit noch lange nicht geklärt. In der Praxis tat sich durch die einheitliche Präsentation aller RIBA-Mitglieder ein ganz anderes Problem auf. Im Raum stand die Frage, ob Architekten auf diese Weise auch in adäquater Form neben ihrer Konkurrenz auftraten. So beschwerten sich einzelne Mitglieder, dass die Schilder und die

229 Ebd.

230 RIBA/CNCL/1.2.2, Report of the PRC: Architects’ Sign Boards, RIBA Council Minutes vom 10.04.1956, Anlage F.

231 Ebd.

232 RIBA/11.1.5, New Design for Sign Boards, PRC Meeting Agenda vom 21.06.1960, S. 2.

233 New RIBA Standard Signboards, in: RIBA Journal 68 (1961/1), S.86.

234 Ebd.

erlaubte Schrift viel zu klein seien. Gerade auf größeren Baustellen, wo sie in relativ großer Entfernung zur Straße aufgestellt würden, seien sie nur noch mit Mühe zu entziffern.235 Handwerker und Fachplaner waren durch ihre Berufsvertretungen nicht an vergleichbare Vorgaben gebunden und konnten ihre Firmennamen in beliebiger Größe anbringen. Dies konnte dazu führen, dass Passanten zwar erkannten, welcher Unternehmer für Elektrik, Sanitäreinrichtungen oder Betonarbeiten eines Bauvorhabens verantwortlich zeichnete, ihnen der Name des Entwerfers aber verwehrt blieb.

Damit schien sich in den Baustellenschildern ein Dilemma zu manifestieren: Auf der einen Seite bemühte sich das RIBA darum, die bedrohte Führungsposition von Architekten im Bauwesen mit aller Vehemenz zu verteidigen.236 Auf der anderen Seite wurde Architekten mit dem Werbeverbot eine Zurückhaltung aufgezwungen, die es unmöglich machte, diesen Anspruch auch auf visueller Ebene im öffentlichen Raum angemessen zu demonstrieren.

Einen Ausweg aus diesem Dilemma sah das PRC gerade nicht in einer Lockerung der Regelungen. Vielmehr verfolgte es eine entgegengesetzte Strategie, indem es andere Berufsvertretungen von der Notwendigkeit einer zurückhaltenden Selbstdarstellung zu überzeugen suchte. So war ein Treffen mit der Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) sowie der Association for Consultancy and Engineering (ACE) anberaumt worden, denen eine annähernd bedeutsame Funktion im Bauprozess zugestanden wurde. Als Resultat der Zusammenkunft verpflichteten sich die Beteiligten auf eine gemeinsame Präsentationsform auf Baustellenschildern.237

Den so ermittelten Lösungsvorschlag präsentierte das RIBA den eigenen Mitgliedern abermals im RIBA Journal.238 Um sich vom Gros der Handwerker abzusetzen und die eigene Sonderstellung herauszustreichen wurde der Leserschaft empfohlen, das Aufstellen eines separierten Schilds für Architekten, Statiker und Kostenplaner durchzusetzen. Dabei sollten sich alle drei Berufsgruppen in der gleichen zurückhaltenden Weise präsentierten.

Die mit der Ausführung eines Bauwerks beauftragten Handwerker wiederum sollten in klarer Abgrenzung auf einem zweiten Schild genannt werden. In dem Zeitschriftenbeitrag wurden mittels großformatiger Zeichnungen auch verschiedene Varianten der Aufstellung durchgespielt.239 Anzunehmen ist, dass die vorgeschlagene Praxis auf Bauherren eher

235 RIBA/11.1.5, Professional Signboards, PRC Meeting Agenda vom 01.03.1962, S. 2.

236 Wall, Christine: An Architecture of Parts. Architects, Building Workers and Industrialization in Britain 1940-1970, New York 2013, S. 166.

237 RIBA/11.1.5, Professional Signboards, PRC Meeting Agenda vom 01.03.1962, S. 2.

238 Professional Signboards, in: RIBA Journal 70 (1963/3), S. 90f.

239 Ebd.

umständlich und prätentiös wirkte, da sie auf diese Weise mehr Aufwand betreiben mussten.

Paradoxerweise forderte das RIBA auf den Baustellenschildern einerseits eine hervorgehobene Stellung des Architekten ein, während es diese durch die restriktiven Vorgaben gleichzeitig behinderte. Aber nicht nur Baustellenschilder standen unter dem Verdacht, als unerlaubte Werbung genutzt zu werden. In den Quellen finden sich auch Fälle, in denen sich Architekten für ihre Büroschilder rechtfertigen mussten. Auch dabei reagierten die betreffenden Architekten allesamt mit Verwunderung. Noch durchaus nachvollziehbar ist der Fall des Architekten J. F. Sargent, der 1949 für drei Jahre von der RIBA-Mitgliedschaft ausgeschlossen wurde. Gemeinsam mit einem Bauunternehmer und einem Immobilienmakler betrieb er ein Büro, in dessen Schaufenster die Bezeichnung

„Chartered Architect“ zu lesen war.240 Dies widersprach eindeutig dem professionellen Selbstverständnis, das sich explizit durch die Abgrenzung von unternehmerischer Tätigkeit definierte. So hatte der Ehrenkodex seit 1943 festgeschrieben, ein Architekt dürfe seinen Titel nicht für die Bewerbung eines Fremdunternehmens hergeben.241

Wie sehr das RIBA um die Außenwirkung von Architekten besorgt war lässt sich am Firmenschild eines weiteren Architekten verdeutlichen. So wurde ein Architekt 1951 vom RIBA zwar nicht ausgeschlossen, aber immerhin verwarnt, weil er seinen Namen im Fenster seines Büros „in an ostentatious manner and in lettering in excess of the prescribed height“242 präsentiert hatte. Die Akten dokumentieren seine Überraschung über diese Verwarnung. So erklärte er, selbiges Schild befinde sich nun seit sechzehn Jahren an der gleichen Stelle und bisher habe es darüber keinerlei Beschwerden gegeben.243 In einem ähnlich gelagerten Fall aus dem Jahr 1957 kritisierte das RIBA die Außendarstellung eines Architekten nicht nur aufgrund zu großer Schrift. Als ostentativ wurde vielmehr die Menge der aufgestellten Schilder wahrgenommen. Die Anbringung des Firmennamens an vier unterschiedlichen Stellen hielt es für inakzeptabel. Der in den Quellen anonym bleibende Architekt gab an, diese Schilder von seinem Vorgänger übernommen zu haben, der das Büro vier Jahre lang geführt habe, ohne je damit Probleme bekommen zu haben.244

240 RIBA/CNCL/1.2.2, Professional Conduct Case No. 280, RIBA Council Minutes vom 21.06.1949, Anlage O, S. 2.

241 Code of Professional Practice, Abschnitt 3, in: RIBA Kalendar, London 1943, S. 183f.

242 RIBA/CNCL/1.2.2, Professional Conduct Case No. 310, RIBA Council Minutes vom 19.06.1951, Anlage N, S. 1.

243 Ebd.

244 RIBA/CNCL/1.2.2, Professional Conduct Case No. 396, RIBA Council Minutes vom 10.12.1957, Anlage L, S. 1.

In beiden Fällen blieb es bei einer Verwarnung, da sich die Architekten letztlich einsichtig zeigten und ihre Büroschilder an die Vorgaben des RIBA anpassten. Dennoch verdeutlichen ihre Geschichten die restriktive Interpretation des Werbeverbots, bei der selbst Firmenschilder im Verdacht standen, als eine Art der Plakatwerbung instrumentalisiert zu werden.

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