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Gebühren und Kostenfragen im Zusammenhang mit der Schuldenregulierung

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CHULDENREGULIERUNG

Mit der Insolvenzordnung wurden zum 1.1.1999 in das deutsche Recht in den Bereichen der Schuldenexekutierung völlig neue bzw. dort bisher unbekannte Verfahren eingeführt. Bei einer solch umfassenden Neuko-difizierung ließ sich nicht vermeiden, dass ein Teil der neuen Vorschriften nicht die erwartete Leistungsbreite ergab, so dass Abweichungen der neuen Normen in die Verfahrensregelungen des Verbraucherinsol-venzverfahrens eingepasst werden mussten. Dies geschah u. a. mit dem InsO-Änderungsgesetz vom 26.10.2001690 und weiteren Anpassungs-gesetzen,691 die das Ziel des Gesetzgebers, überschuldeten Haushalten einen wirtschaftlichen Neuanfang zu ermöglichen, besser als bisher, d.

h. in der rd. zweijährigen Reformdebatte, verwirklicht hat. Diese An-passungsgesetze führten zu einem sprunghaften Anstieg der

683 Vgl. Groth 1991, S. 38.

684 Vgl. Baumeister S. 215.

685 Vgl. BTDrs. 7/3998.

686 Vgl. § 56 c StGB.

687 Siehe § 73 StVollzG.

688 Siehe Einzinger/Salgo, S. 128.

689 Vgl. dazu: BVerfGE 35, 202 (236); 45, 187 (239); 98, 169ff (183ff).

690 Siehe BGBl. I S. 2710.

691 Siehe dazu: Art. 3 § 17 des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften:

Lebenspartnerschaften vom 16.2.2001 [BGBl. I S. 266, 275]; das Gesetz zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts vom 19.6.2001 [BGBl. I S.1149, 1171]; das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27.7.2001 [BGBl. I S. 1887, 1909].

venzverfahren über das Vermögen natürlicher Personen und damit zu einer Überlastung der Insolvenzgerichte.692

10.1.1 KOSTEN DES INSOLVENZVERFAHRENS

Nach der insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung in der Fassung der Änderungsverordnung vom 4.10.2004 unterschieden sich die Kosten gem. § 54 InsO der Höhe nach bei der Regel- und bei der Verbrau-cherinsolvenz, wobei die Höhe der Mindestvergütungen noch nach der Anzahl der Gläubiger variierte. Die so bestimmten Beträge summierten sich sehr schnell und führten häufig zu einer Eröffnungsablehnung, da die Masse nicht mehr kostendeckend war. Bezüglich des Themas dieser Arbeit kommt es weniger auf die Höhe der Kosten an, da in der Regel bei den wirtschaftlichen Möglichkeiten der von den Sozialen Diensten der Justiz betreuten Straffälligen sowieso nur die Mindestkosten bzw.

–vergütungen zum Ansatz kommen und weiterhin zumeist seit De-zember 2001 gem. §§ 4a ff InsO die Verfahrenskosten gestundet wer-den. Die 2001 eingeführte Stundungsmöglichkeit im Hinblick auf die Verfahrenskosten belastet zunehmend stärker die Justizhaushalte der Bundesländer und veranlasst diese, bald greifende Einsparungsmög-lichkeiten zu durchdenken.693 Alle Experten sind sich einig, dass eine solche „Schwemme“ masseloser Insolvenzen nicht erwartet wurde und dass die Einführung der Verfahrenskostenstundung zwar das Zugangs-hindernis der Kostenhürden bereinigte, zugleich jedoch eine Explosion der Verfahrenszahlen zur Folge hatte. Das Eingreifen des Gesetzgebers war erforderlich geworden, nachdem der BGH zu Beginn des Jahres 2000 die ihm vorliegenden Beschwerden wegen fehlender Bewilligung von PKH694 unter Hinweis auf § 7 InsO nicht zur Entscheidung annahm.695 Für die Thematik dieser Arbeit bedeutet dies, dass es hauptsächlich um die Mindestbeträge masseloser Verbraucherinsolvenzverfahren geht. 696 Nach den Vorschriften der InsVV vom 13.12.2001 betrugen die Min-destvergütungen in der Regelinsolvenz 500 €697 und in der Verbrau-cherinsolvenz 250 €.698 Mit Urteil vom 15.1.2004 erklärte dann der BGH die derzeit gültige Regelung für ab 1.1.2004 eröffnete Verfahren für verfassungswidrig.699 Seit dem 4.10.2004 existiert die Änderungsver-ordnung zur InsVV, die die Mindestbeträge für Regelinsolvenzen auf 1000 €700 und für Verbraucherinsolvenzen auf 600 € unter Erhöhung in Abhängigkeit von der Gläubigerzahl701 anhob.702 Die seinerzeit veröf-fentlichten Kommentare und Urteile gingen generell davon aus, dass die

692 Von etwa 5000 Verfahren in den Jahren 1999/2000 steigerten sich die Verbraucherinsolvenzverfahren auf etwa 76000 im Jahre 2004.

693 Dazu ausführliche Stellungnahmen der Insolvenzrechtreferenten des Bundes und des niedersächsischen Justizministe-riums anlässlich einer Tagung der Ev. Akademie Loccum am 29.3.31.3.2005.

694 Da das Gesetz von 1994 die Frage der PKH nicht geregelt hatte, wurde diese als „Richterrecht“ von den Spruchkörpern unterschiedlich entschieden und beantwortet. Das führte u. a. dazu, dass PKH von Gerichtsbezirk zu Gerichtsbezirk (von Obergericht zu Obergericht, ja sogar innerhalb gleicher Gerichte) divergierende Sprüche höchst kompliziert produzierte.

695 Siehe BGH in NJW 2000 S. 1869.

696 Dazu siehe Ahrendt.

697 Vgl. § 2 II InsVV.

698 Vgl. § 13I S. 3 InsVV.

699 Siehe BGH vom 15.1.2004 in BGHZ 157, S. 282 = NJW 2004, S. 941und =ZIP 2004, S.417; Pape S. 12821284, Wimmer S. 10061010.

700 Vgl. § 2 II S. 1 InsVV.

701 Siehe beispielhaft die nachstehenden Aufstellungen.

702 Siehe dazu Graeber S. 169 – 176; Haarmeyer, S. 368372; Heyrath, S. 11321135

ungelöste PKH-Frage eine der zentralen Probleme des Verbraucherin-solvenzverfahrens darstellte.703 Die novellierte InsO bezweckte Rechts-sicherheit für alle Beteiligten sowie einen sicheren Zugang zu einem Verbraucherinsolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung für mittellose Schuldner.704

10.1.1.1 KOSTEN DER REGELINSOLVENZ

Schon in der Aufstellung zu 10.1.1 ist abzulesen, dass die Kosten bzw.

Gebühren sich aus mehreren Komponenten zusammensetzen und dass im Verhältnis Mindestvergütung / Regelvergütung Mindestvergütung zu zahlen ist, solange die Regelvergütung geringer ist. Auch bei der Min-destvergütung können in Regelinsolvenzverfahren Erhöhungsgründe greifen.705

10.1.1.2 KOSTEN DER VERBRAUCHERINSOLVENZVERFAHREN

Die aktuelle Situation der Kosten bei den Insolvenzverfahren ergibt schon seit geraumer Zeit, dass die in den ersten Jahren der InsO übliche Mischkalkulation sich nicht mehr rechnet und die Kostendeckung, wie sich aus den jüngsten einschlägigen empirischen Untersuchungen er-sichtlich, sich zu mehr als 90 % nicht ergab. Es wurden die nachste-henden Untersuchungen ausgewertet: Prof. Hommerich (im Auftrage des BMJ), Institut für freie Berufe [(IFB) im Auftrage des Arbeitskreises der Insolvenzverwalter Deutschland e. V. (jetzt VID)] und des Ham-burger Poolverwalters RA Finn Peters (nur IK). Aus allen vier Unter-suchungen lässt sich entnehmen, dass die durchschnittliche Vergütung bei den untersuchten Fällen bei weitem nicht kostendeckend war. Etliche Entscheidungen diverser Insolvenzgerichte lassen erkennen, dass auch nach der BGH-Entscheidung vom 15.1.2004 die vom Staat gezahlten bzw. vorgesehenen Vergütungshöhen sowohl bei Regel-706 als auch bei Verbraucherinsolvenzverfahren707 nicht verfassungskonform sind. So sind die Sätze in § 13 I S. 3 – 5 InsVV keine auskömmliche Durch-schnittsvergütung, die bei mindestens 920 € netto liegen müsste, wie aus diversen Gerichtsbeschlüssen u. a. zur Mindestvergütung abzuleiten ist.708

10.1.1.3 STUNDUNG DER VERFAHRENSKOSTEN IN DER

VERBRAUCHERINSOLVENZ

Eine der wichtigsten dem Gericht vorbehaltenen Prüfungen nach dem InsO-verfahren ist die, ob die Verfahrenskosten aller Voraussicht nach aus dem Vermögen des Schuldners entnommen werden können. Reicht das Vermögen wahrscheinlich nicht aus, so weist das Insolvenzgericht den Eröffnungsantrag mangels Masse ab.709 Seit der Neufassung und dem Inkrafttreten des § 4 a InsO ist die Finanzierung des Verbrau-cherinsolvenzverfahrens im Normalfalle nunmehr gesichert, da nur noch

703 Für viele: Pape 1999, S. 2039; Kniesch S. 138 ff.

704 Vgl. BTDrs. 14 / 5680, S. 12.

705 Vgl. § 3 InsVV.

706 Beispielhaft für Regelinsolvenzverfahren: AG Potsdam vom 22.12.2004 in ZIP 2005, S. 363.

707 Beispielhaft bei Verbraucherinsolvenzverfahren: AG Hamburg vom 21.2.2005 in ZinsO 2005, S. 256.

708 Vgl. BVerfG vom 29.7.2004 in ZIP 2004, S. 209; BGH vom 20.1.2005 in ZIP 2005, S. 447 = ZinsO 2005, S. 253; LG Gera vom 22.9.2004 in ZIP 2004, S. 2199; AG Potsdam vom 26.3.2004 in ZIP 2004, S. 673; AG Lübeck vom 11.8.2004 in ZinsO 2004, S. 1140 und AG Göttingen vom 31.8.2004 in ZIP 2004, S. 1861.

709 Vgl. § 26 I S. 1 InsO:. Siehe auch die Folgen in diesem Fall hinsichtlich des Antrages auf Restschuldbefreiung.

wenige Ablehnungsgründe existieren, und abgesehen von diesen we-nigen Ausnahmen710 generell von einer Kostenstundung ausgegangen werden kann.711 Verfahrenskostenstundung kann jeder natürlichen Person, die auch Restschuldbefreiung beanspruchen kann, gewährt werden. Sie ist auf die Restschuldbefreiung abgestellt und wird auch im Regelinsolvenzverfahren bei allen Schuldnern eingesetzt, die wahr-scheinlich die Kosten des Verfahrens nicht aufbringen können.712 Hier713 interessiert allerdings nur der verbraucherinsolvenzrechtliche Aspekt.

Die Verfahrenskostenstundung ermöglicht die Einflussnahme auf die Aushandlung von Schuldenbereinigungsplänen.

Ihre Bewilligung bewirkt u. a. 1.) die Stundung der Gerichtskosten, einschließlich eines Sekundäranspruches des Insolvenzverwalters, Treuhänders u. ä. gegen die Staatskasse; 2.) die Stundung eines der Staatskasse zustehenden Auslagenersatzanspruches gegen den Schuldner und 3.) Verweisung beigeordneter Rechtsanwälte mit ihrem Vergütungsanspruch sekundär auf die Staatskasse. Mit der Bewilligung entfällt die Eröffnungsablehnungsmöglichkeit gem. § 26 I S. 1 InsO.

Nach den bisherigen Erfahrungen wird bei den Stundungsverfahren in den sechs Jahren bis zur Restschuldbefreiung, wenn es gelingt, während dieser Zeit die Verfahrenskosten aus der Masse zu decken, eine geringe Quote ausgeschüttet. Die Restschuldbefreiung erstreckt 714 sich nicht auf Verfahrenskosten. Auch endet mit der Erteilung der Restschuldbefreiung die Stundung, so dass erneute Forderungen auf Ratenzahlungen für etwa vier Jahre aufleben und so die Verfahrensdauer auf rd. zehn Jahre anwächst.

10.1.1.4. TREUHÄNDERGEBÜHREN

Ein Insolvenzverfahren wird u. a. dann durchgeführt, wenn die Gebühren für den Treuhänder sichergestellt sind. Der Schuldner hatte nach dem bisherigen Recht den Mindestsatz der Vergütung für den Treuhänder zu beschaffen.715 Sollte ihm das nicht gelingen, war eine Restschuldbe-freiungsversagung zusammen mit einer Verfahrensaufhebung nicht zu vermeiden. Zu den Treuhandgebühren rechnen auch bestimmte Aus-lagen wie Fahrkosten, Vermögensverwertungsbeträge usw.. Ein Vor-schuss auf den Vergütungsanspruch des Verwalters/Treuhänders aus der Insolvenzmasse berechnet sich nach den §§ 13 InsVV und ist erst nach Zustimmung des Insolvenzgerichtes im Rahmen seiner Aufsicht716 aus der Masse zu entnehmen. Bei einer Versagung der Genehmigung siehe § 6 InsO und § 11 II RPflG. Seit dem InsOÄndG können auch die vergleichsweise geringen Beträge des Treuhandabschnittes durch die Stundung der Mindestvergütung nach § 298 InsO hinausgeschoben und damit das Verfahren gerettet werden.717 Die allgemeine Treuhänder-vergütung gehört zu den Verfahrenskosten, dagegen zahlen die

710 Beispielhaft angeführt seien hier: Anspruch auf Kostenvorschuss nach § 1360 a IV BGB (BGH in Rpfleger 2003, S. 609;

BGH in NZI 2003, S. 665).

711 Siehe dazu BGH in Rpfleger 2003, S. 609; BGH in NZI 2003, S. 665.

712 Vgl. § 54 InsO.

713 Vgl. § 54 Inso i.V. mit § 26 InsO.

714 Vgl. § 4 b InsO.

715 Vgl. § 298 InsO.

716 Vgl. § 58 InsO.

717 Der Treuhänder kehrt einmal jährlich, nachdem die gem. § 4 a InsO gestundeten Beträge gezahlt sind, die ihm u. a. aus der Abtretung des Schuldners zufließenden Summen an die Gläubiger aus.

biger die Überwachungsgebühren nach § 292 II InsO zusätzlich. Bevor aus den zur Masse gelangenden Beträgen an die Gläubiger Zahlungen erfolgen, müssen die Forderungen der Justiz abgezahlt sein.718 Die Anwendung des § 4 a InsO führt zwangsläufig zu einer Verlängerung des Verfahrens, da der § 4 b InsO häufig erst nach der Wohlverhaltensphase greift.

10.1.1.5 STEHT EINE REFORM DER VERBRAUCHERENTSCHULDUNG BEVOR? Wegen der immensen Ausweitung der von den Landeskassen aufzu-bringenden Gelder zur Durchführung der masselosen (Verbraucher-) Insolvenzverfahren laufen auf Ministeriumsebene bereits Überlegungen zu einer Entschärfung der Situation. Zur Zeit werden folgende Überle-gungen diskutiert:

Abkehr vom masselosen (Verbraucher-) Insolvenzverfahren oder eine Änderung des § 304 InsO.

Entwurf der Referenten der Landes- und des Bundesjustizministeriums hinsichtlich natürlicher Personen, die keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben.

Überlegungen des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz zu einer Reform der Verbraucherentschuldung vom 15.11.2004.

Überlegungen anlässlich einer Klausurtagung des BMJ über „Alternative Formen der Restschuldbefreiung“ vom 9.-11.2.2005, vorgetragen auch in der Rede der Bundesjustizministerin Zypriss am 10.3.2005 auf dem 2.

Insolvenzrechtstag.

Einführung der Verjährungslösung in masselosen Verfahren Novellierung der §§ 290 und 296 InsO.

In Anbetracht der Kostenbelastung der Länder wird (wohl) die Verjäh-rungslösung eingeführt werden.

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