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Im Laufe der Jahre haben sich etliche Methoden als besonders geeignet für die Entschuldungsmöglichkeiten der Straffälligenhilfe herauskristal-lisiert, nämlich die nachstehend aufgeführten Regelungstypen, wie die Ratenvereinbarungen, die Vergleiche, die Erlassverträge in verschie-denen Formen, Fondsmodelle und evtl. die Einrichtung des Schuldners mit seinen Verbindlichkeiten. Die Sortierung der diversen Modelle und Verfahren im Rahmen der Schuldenregulierung führt zu zwei typischen Regulierungsmöglichkeiten, nämlich der Einzelregulierung und dem Fondsmodell. Die übrigen eingesetzten Modelle sind nur Abwandlungen der Standardregelungen.

9.1.1 EINZELREGULIERUNG DURCH RATENVERTEILUNG

Bei der Einzelregulierung haben wir es mit der althergebrachten Art der Abtragung von Verbindlichkeiten zu tun, bei der ein Schuldner mit den Gläubigern zusammen einen Regulierungsplan entwickelt, der mit der Zahlung von den festgesetzten Raten an den jeweiligen Gläubiger vollzogen wird. Diese Art der Regulierung ist sehr schwerfällig,

551 Der Gläubiger erlässt dafür eine entsprechend hohe Quote der eigentlichen Forderung; siehe Einziger / Salgo S. 130 f.

Nach den Erfahrungen des Verfassers werden von den Gläubigern relativ hohe Quoten erlassen, zumal sonst auch die Gefahr besteht, dass der verschuldete Straffällige seine finanziellen Belastungen für in der Höhe aussichtslos hält und überhaupt keine Rückzahlung mehr leistet.

552 Vgl. Ayass 1981, S. 118ff; Best 1982, S. 124 ff; Berner 1981, S. 110 ff.

553 Vgl. Siekmann 1978, S. 329ff.

554 Vgl. Lumma, S. 174 ff. und Hinweis darauf bei Berner 1995, S. 14.

555 Vgl. Schmitt, Norbert, 1999, S. 385 ff.

aufwendig und wird von den Gläubigern wegen des enormen Verwal-tungsaufwandes und der doch relativ geringen Rückführung der Schuldsumme möglichst wenig angewandt. Hinzu kommt, dass die Gläubiger fast immer auf die Einschaltung einer den Schuldner intensiv betreuenden „Regulierungsstelle“ bestehen, um eine gewisse Sicherheit hinsichtlich der kontinuierlichen Ratenzahlung zu erreichen. „Die Be-sonderheit der Einschaltung einer Regulierungsstelle liegt darin, dass sie die Auseinandersetzung mit den Gläubigern führt und monatlich nur ein Betrag – eine Gesamtrate – zur Schuldenregulierung an die Regulie-rungsstelle überwiesen werden muss. Diese nimmt sodann entspre-chend dem erarbeiteten Schuldenregulierungsplan eine Aufteilung des Geldes vor und überweist die einzelnen Raten an die Gläubiger. Es handelt sich um eine Einzelregulierung, ...“ .556

Die Nachteile der Einzelregulierung sind neben dem schon erwähnten Verwaltungsaufwand vor allem in der weiteren Zinszahlung zu sehen,557 die die Motivierung der Schuldner zur Abzahlung der Schulden häufig minimiert. Dagegen sind einige Vorteile zu nennen, wie die psycholo-gischen Aspekte zugunsten des Schuldners „ich zahle meine Schulden ab“ und der ständige Überblick über seine Kontenstände.

Die Formen der Schuldnerberatung bestimmen sich ganz vorwiegend nach der personellen Ausstattung. Bei dem hier interessierenden Bereich der Schuldnerberatung durch die Bewährungshilfe ist die gravierendste die, dass die personelle Ausstattung äußerst dürftig ist und sehr zu wünschen übrig lässt. Zwar ist die fachliche Qualität der Beratungskräfte der Bewährungshilfe durchaus akzeptabel, jedoch reicht die personelle Ausstattung bei weitem nicht aus, um den Anspruch bzw. den Aufga-benhintergrund der Bewährungshilfe als ganzheitlicher Hilfe auch nur im Entferntesten zu ermöglichen. Es ist schon vorher darauf hingewiesen worden, dass die Bewährungshelfer von ihrer Fallzahlbelastung her gesehen ständig überbelastet sind und kaum in der Lage sein dürften, auch noch Schuldnerberatung nebenbei zu erledigen. Zwar ist es von der Qualifikation her durchaus möglich, den komplexen Bereich der Schuldnerberatung durch die Bewährungshelfer abzudecken, jedoch konnte der Bedarf selbst in größeren, und daher für eine Spezialisierung geeigneten Dienststellen der Bewährungshilfe nicht gedeckt werden.558

559 In der Bewährungshilfe werden mehrere Formen der Schuldnerbe-ratung praktiziert. In der Zeit der Entstehung der SchuldnerbeSchuldnerbe-ratungs- Schuldnerberatungs-stellen ist das sog. „integrierte Konzept“ besonders intensiviert worden.

Das ist mit darauf zurückzuführen, dass die bereits bestehenden Bera-tungskontakte zwischen den Bewährungshelfern und den Probanden auch hinsichtlich des Schuldenregulierungsbereiches ein gewisses Ver-trauensverhältnis gebildet hatte, und diese Situation eine gute Aus-gangsbasis bot, da über finanzielle Probleme von Seiten der Probanden zumeist recht ungern gesprochen wird. Bei dieser spezialisierten Form der Schuldnerberatung wird die integrierte Schuldnerberatung „nur den Betroffenen angeboten, die sich bereits aufgrund familiärer oder sozialer

556 Vgl. Einziger/Salgo S. 130.

557 Vgl. wiederum § 367 BGB.

558 Vgl. Huber, ....S.13.

559 Vgl. Münder/Höfker, S.144 und Groth/Schulz/SchulzRackoll, S. 22f.

Probleme in Beratung befinden.“560 Das integrierte Konzept wurde als Beratung nur bei einer spezifischen Klientel als geschlossener Ansatz angewandt.

Just et al verstanden unter der integrierten Konzeption der Schuldner-beratung, dass diese nur einen Teil des Arbeitsbereiches der Sozialar-beiter sicherstellte, aber die anderen Tätigkeitsfelder der Straffälligen-hilfe werden durch Verwaltungsfachkräfte abgedeckt. Das bedeutet im Klartext, dass nach dieser Definition die Bewährungshelfer in ihrer Aufgabenstellung nicht nur ein Klientel mit Überschuldungsproblema-tiken betreuten und berieten, sondern auch andere Problemfälle bei ihren Probanden bearbeiten mussten.

Eine weitere Form der Schuldnerberatung ist die spezialisierte Konzep-tion, die allerdings nicht präzise beschrieben worden ist. Bei Korc-zak/Pfefferkorn wird nur hervorgehoben, dass es sich bei diesen Be-währungshelfern um Spezialisten ausschließlich für diesen Bereich oder um „Spezialisten“, die im Team arbeiten, handelt.561Auch Huber versteht unter unterschiedlich spezialisierten Schuldnerberatungsstellen solche, die sich zu einer eigenständigen Abteilung entwickelt haben, d. h. die also mehr oder weniger den Schwerpunkt ihres Aufgabenbereiches in der Schuldnerberatung sehen.562 Ähnlich äußerten sich auch Just et al.563 9.1.2 SANIERUNG MITTELS RATENVERGLEICHEN

Eine weitere Möglichkeit, die Schuldenregulierung voranzubringen, ist das Aushandeln von Ratenvergleichen bei schon fast hoffnungslosen Altforderungen. Titel, auf die seit vielen Jahren keinerlei oder nur wirt-schaftlich unbedeutende Teilbeträge beigetrieben werden konnten, sind für den Gläubiger nur noch Kostenfaktoren, die in der Regel längst

„ausgebucht“ sind. Auf solche Fälle angebotene Vergleiche, und seien sie prozentual auch noch so gering, werden erfahrungsgemäß akzeptiert, da jeder kleinste Betrag sich infolge der bereits erfolgten Ausbuchung als Nettoeingang darstellt. In diesem Zusammenhang sollte dem Schuldner bekannt sein, dass diverse Inkassofirmen oder Rechtsanwaltskanzleien notleidend gewordene Forderungen von Gläubigern aufkaufen und für eigene Rechnung verwerten. Erfahrungsgemäß ist davon auszugehen, dass eine Marge von drei bis vier Prozent von diesen Firmen als aus-reichende Rendite angesehen wird.

9.1.3 FONDSMODELLE ALS SANIERUNGSMÖGLICHKEIT

Neben den Bemühungen ihrer Sozialen Dienste um die finanzielle Sa-nierung der Straffälligen durch eine Einzelregulierung in Gestalt eines nach einem verbindlichen Tilgungsplan mit Ratenzahlungen aus Ei-genmitteln, versuchten die Landesjustizverwaltungen zunehmend mit Gesamtsanierungsansätzen zum Erfolg zu gelangen.564

Im dritten Drittel des vorigen Jahrhunderts wurden daher in vielen Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland

560 Vgl. Huber, ...1994, S. 15.

561 Vgl. Korczak/Pfefferkorn, S. 173f.

562 Vgl. Huber, Hans, 1994, S. 15 und ..Schulze ???

563 Just et al, S. 71 a.a.O.

564 Vgl. Schwind/Böhm/Best: Rdn. 9 f zu § 73.

programme für Straffällige565 aufgelegt:566 „Sie wollen diesen Teufels-kreis von Schulden, Straftat, Gefängnis, Steigerung der Schulden, Rückfälligkeit, durchbrechen. In ... einigen deutschen Bundesländern bestehen ... öffentliche Stiftungen für diese Hilfen. Vermittelt meist durch einen Bewährungshelfer, wird eine Bestandsaufnahme aller Schulden durchgeführt. Man hält die Gläubiger an, auf etwa 2/3 ihrer Forderungen zu verzichten. Eine Bank gewährt dem Straffälligen ein Darlehen. Daraus werden die Restforderungen der Gläubiger sogleich befriedigt .... Die Stiftung verbürgt sich für ihn“.567 Weiter kommt Kreuzer zu dem Ergebnis, dass „… solche oder ähnlich gestaltete Ent-schuldungshilfen gerade für Straffällige nötig (sind), um Resozialisierung abzustützen“.568 Andererseits hat sich in der täglichen Arbeit der Straffälligenhilfe herausgestellt, dass die Erfahrungen mit den Fonds-modellen insgesamt gesehen positiver sind als die Einzelregulierung und daher in den letzten Jahren des vorigen Jahrhunderts bevorzugt wurden.

An Vorteilen zeigten sich: Die übersichtliche Verwaltung der Regulie-rungsfälle beansprucht nach dieser Methode relativ wenig Aufwand. Da die Anspruchsberechtigten sehr schnell die auf sie entfallenden Gelder bekommen, sind sie eher als in anderen Fällen bereit, Teilbeträge ihrer Forderungen zu erlassen. Auch entstehen, wenn überhaupt, in der Regel lediglich noch Zinsen für die Restforderungen (also kein Verzugsscha-den). Die Finanzierung über einen Fonds ist oft die letzte Chance vieler Straffälliger, ihre Schulden umzuschichten und abzutragen, zumal oft nur so Rückzahlungsbeträge freigesetzt werden können. Dagegen er-scheinen die Nachteile nur sehr gering und sind vorzugsweise in dem hohen Kapitalbedarf der Fondsträger und in den negativen Auswirkun-gen auf die Zahlungsmoral der Schuldner zu sehen. Wie schon erwähnt, wurden die Fondsmaßnahmen üblicherweise als Teilgebiet der Resozia-lisierung gegründet und haben in der Regel gute Erfolge gezeitigt. So wurden nicht nur die Verbindlichkeiten des Schuldners abgetragen oder umgeschuldet, sondern er wurde auch im Arbeits-, Wirtschafts- und Gesellschaftsleben wieder kreditwürdig und bekam ein Girokonto mit einem gewissen Kreditrahmen.569