• Keine Ergebnisse gefunden

3.1 Rechtliche und planerische Grundlagen

3.2.3 Fließgewässer mit flutender Wasservegetation [3260]

Erhaltungszustand des FFH-Lebensraumtyps Fließgewässer mit flutender Wasservegetation

a Anzahl der Erfassungseinheiten richtet sich nach der Nennung in Haupt- und Nebenbogen

Erhaltungszustand

A B C Gebiet

Anzahl Erfassungseinheitena 11 38 9 58

Fläche [ha] 25,1 33,6 9,7 68,4

Anteil Bewertung vom LRT [%] 36,6 49,2 14,2 100

Flächenanteil LRT am FFH-Gebiet [%] 1,5 2,0 0,6 4,1

Bewertung auf Gebietsebene B

Beschreibung

Der LRT Fließgewässer mit flutender Wasservegetation [3260] umfasst natürliche, naturnahe und mäßig ausgebaute Bach- und Flussabschnitte mit flutenden Wasserpflanzen-Beständen und/oder Wassermoosen. Der Oberlauf der Gewässer weist zumeist eine hohe Fließge-schwindigkeit auf (rhithral) mit geringer Wassertemperatur, gröberem Substrat und somit geringer Wassertrübung. Die Fließgeschwindigkeit im Unter- und Mittellauf ist verringert (potamal), die Wassertemperatur höher, das Substrat feiner und die Wassertrübung daher stärker. Sondertypen sind Seeausflüsse und Wasserfälle. Der Lebensraumtyp kommt vor allem in gering beschatteten Gewässerabschnitten vor. Nicht erfasst sind völlig festgelegte oder begradigte Gewässerabschnitte sowie Kanäle und (Fluss-) Arme mit überwiegendem Stillgewässercharakter.

Im Waldarbeitsbereich sind drei Flachlandbäche unter zehn Meter Breite erfasst, alle ande-ren Gewässer sind über zehn Meter breite Flüsse oder Altarme. Hinzu kommen erkennbar mäßig ausgebaute Flüsse und Bäche, die zwar nicht unter den Schutz des § 30a LWaldG fallen, jedoch ebenfalls eine flutende Wasservegetation aufweisen.

Erfassungsgrenzfälle stellen einzelne Gewässerabschnitte unmittelbar vor der Einmündung in den Rhein dar, z. B. 7123:5702 Rench. Aufgrund des Rückstaus der Rheinschleuse und bedingt durch Verdrängungsbewegungen vorbeifahrender Schiffe kann die bereits stark re-duzierte Strömung aufgehoben werden, sie kann sich sogar umkehren, so dass die Unter-scheidung zwischen Altarm und Altwasser nicht einfach ist.

Die Bäche und kleinen Flüsse im Offenland des FFH-Gebiets sind fast durchweg leicht bis mäßig ausgebaut. Sie sind durch einen gestreckten bis leicht geschwungenen Verlauf cha-rakterisiert. Die Bäche der Niederterrasse dienten als Mühlbäche und haben auch heute ei-nen fast konstanten Wasserspiegel. Die Breite der Bäche weist meist nur geringe Schwan-kungen auf. Die Ufer sind aufgrund des für Flachlandgewässer typischen „Kastenprofils“ oft ziemlich steil und in der Regel deutlich weniger als einen Meter hoch. Vor allem an kleineren Bächen liegt die Wasseroberfläche oft nur wenige Dezimeter unter der umgebenden Flur.

Die etwas breiteren Mühlbäche lassen zumindest auf Teilstrecken alte Verbauungen erken-nen, deren Steine oft herausgespült worden sind, sodass die Reste nur noch eingeschränkt wirksam sind.

Vor allem kleinere Bäche im Bereich von Ackerlandschaften sind oft verschlammt und orga-nisch belastet. Die mehr Wasser führenden Bäche, z. B. der Kammbach zwischen Rheinbi-schofsheim und Freistett, haben ein relativ breites und flaches Bett, das überwiegend kiesig ist und Klarwasserarten wie die Rotalge (Hildenbrandia rivularis) enthalten.

Die flutende Wasservegetation beträgt an den schattigen Stellen nur ein bis wenige Prozent.

Auf sonnigen Abschnitten ist die Wasservegetation deutlich üppiger ausgebildet und beträgt meist mehr als 10 Prozent. An träge fließenden Bächen kann sie auch eine fast vollständige Deckung erreichen. Diese kann dabei jahreszeitlich schwanken. Die Deckung ist bei Wasser-trübung, hohen Wasserständen und aufgrund der teils beträchtlichen Wassertiefe nicht

im-mer sicher zu bestimmen. Ferner ist sie an den Brücken und Stegen aufgrund des veränder-ten Querschnittes und der Strömungsgeschwindigkeit eine andere als die auf unbeeinfluss-tem, offenem Gewässer. Häufig sind Arten wie Wassersternarten (Callitriche spec.), die wie die Wassermoose lange Teppiche und Fahnen bilden können. Es kommen aber auch Arten wie Aufrechter Merk (Berula erecta), Brunnenkresse (Nasturtium officinale), Wasserpest (E-lodea spec.), und Pfeilkraut (Sagittaria sagittifolia) vor. Beruhigte Uferrandbereiche werden von Wasserlinsen- und Teichlinsenteppichen eingenommen. In langsam ziehenden Gewäs-sern treten noch Laichkräuter (Potamogetum spec.), Teichrosen (Nuphar spec.) und Tau-sendblatt (Myriophyllum spec.) hinzu. Am Ufer selbst stellen sich Seggenriede, Wasser-schwadenröhrichte, Schilf- und Rohrglanzgrasröhrichte ein.

In den meisten Erfassungseinheiten wird das Arteninventar mit hervorragend (Wertstufe A) bewertet. Artenärmere Gewässerabschnitte werden mit gut (Wertstufe B) bewertet. In eini-gen Erfassungseinheiten wird das Arteninventar weeini-gen starken Auftretens von Eutrophiezei-gern (z. B. Algenarten) oder Artenarmut nur mit mittel bis schlecht oder „verarmt“ – Wertstufe C bewertet. Im Durchschnitt ergibt sich so eine Bewertung mit gut – Wertstufe B.

Bei den Gewässern der (ehemaligen) Rheinaue handelt es sich durchweg um laminar zie-hende Flachlandgewässer mit geringem Gefälle, jedoch meist mit flotter Strömung, die nur vor der Einmündung in das jetzige Rheinbett träge wird. Die Sohlenbeschaffenheit kann schlammig oder (fein-) kiesig-sandig sein. Bei den Ufern handelt es sich zumeist um niedere Steilufer, mäßig ausgebaute Gewässer weisen auch schräge Steilböschungen auf. Das Wasser ist in der Regel in der überwiegenden Zeit sehr klar. Die Breite der Gewässer kann auch innerhalb der Biotope stark schwanken und bis zu 50 m betragen.

Üblich sind kleine Unterbrechungen durch Schütze/Durchlässe und kleinere Brückenbauten, die bezogen auf die Gesamtlänge keine wesentliche Beeinträchtigung darstellen. An einem Teil der Gewässer fanden sicherlich ehemals Lauf- und/oder Uferkorrekturen statt, jedoch überwiegt der naturnahe Eindruck. Trotz der Trennung in verschiedene LRT handelt es sich um Bestandteile eines großen Gewässersystems, die aktuell neben natürlichen Verbindun-gen auch durch Verbindungskanäle oder Baggerseen miteinander in Verbindung stehen.

Die Bezeichnung “Altarm“ suggeriert einen ehemaligen Bezug zum Ur-Rheinbett, dies trifft jedoch nicht in jedem Falle zu. Bei zumindest einem Teil der Altarme dürfte es sich um selbstständige, von Druckwasserquellen (Giessen) gespeiste Flusssysteme oder historische Kinzig-Flußbetten, die später für verschiedene Nutzungsformen erhalten wurden (Wasser-kraft, Hanf-Verarbeitung etc.) handeln. Aufgrund der starken anthropogenen Eingriffe in den letzten Jahrhunderten können die Ursprünge und Zuordnungen jedoch nicht mehr gesichert wiedergegeben werden.

Aufgrund der beschriebenen Veränderungen sind die Habitatstrukturen in den meisten Er-fassungseinheiten mit gut (Wertstufe B) bewertet. Nur weitgehend unveränderte, naturnahe Gewässer sind mit hervorragend (Wertstufe A) bewertet. Merkmale der mäßig ausgebauten Fließgewässer sind der gestreckte Verlauf, die normierten Böschungen, Ufersicherungen aus Steinschüttungen und damit eine Uferfestlegung. Eine natürliche Fließgewässerdynamik ist in der Regel nicht mehr oder nur noch in der Sohle möglich. Die Habitatstrukturen sind hier mit mittel bis schlecht (Wertstufe C) bewertet.

In den meisten Erfassungseinheiten liegen aktuell keine Beeinträchtigungen vor (Wertstufe A).

Beobachtete Beeinträchtigungen in einzelnen Erfassungseinheiten sind Uferverbau, Beein-flussung des Abflussregimes und Verschlammung der Gewässer, das Aufkommen von Neo-phyten (s. u.), Wellenschlag durch Bootsverkehr und Beschädigungen der Wasservegetation durch Schraubenbewegung. In diesen Erfassungseinheiten sind daher Beeinträchtigungen im mittleren Umfang zu beobachten (Wertstufe B).

In zwei Erfassungseinheiten liegen starke Beeinträchtigungen in Form von Eutrophierung mit entsprechender Veralgung sowie Ufermahd, Flussverbau und Schleusenbetrieb im Rhein vor (Wertstufe C).

So ergibt sich insgesamt für die Beeinträchtigungen eine Wertstufe B – mittel.

An der Brücke nordöstlich des Hafens von Freistett wird im mäßig ausgebauten Rheinsei-tengraben eine permanent installierte Slalomstrecke des Kanuvereins betrieben. Eine nen-nenswerte Beeinträchtigung der Wasservegetation ist hier aber nicht erkennbar.

Verbreitung im Gebiet

Es sind insgesamt 60 Erfassungseinheiten des LRT im FFH-Gebiet Westliches Hanauer Land erfasst. Innerhalb des Waldarbeitsbereichs ist nur eines der 24 Fließgewässer stark verlandet, mit Röhricht überwachsen, temporär Wasser führend und somit nicht als FFH-Lebensraumtyp [3260] erfasst.

Naturnahe Fließgewässer sind im Offenland des FFH-Gebiets relativ gleichmäßig verteilt.

Da die Kinzig das Wasser der südlich anschließenden Bereiche der Rheinebene abfängt und in den Rhein leitet, führen die direkt nördlich davon gelegenen Bäche und Gräben kaum Wasser. In Richtung Norden kommen mehrere Bäche hinzu (z. B. Mühlbach, Kammbach, Rinnbach), die von Wasser aus dem Schwarzwald gespeist werden. Das Einzugsgebiet der Bäche wird somit nach Norden hin allmählich größer. Die Gewässer Plaulbach und Gießel-bach werden von der Kinzig mit je 2 m³/s gespeist.

Gemengelagen der Lebensraumtypen Auenwälder mit Erle, Esche, Weide [91E0*] und Hart-holzauenwälder [91F0] sowie Fließgewässer mit flutender Wasservegetation [3260] kommen regelmäßig vor. Diese Auenwald-Lebensraumtypen sind getrennt dargestellt, da deren Lage ansonsten nicht immer ersichtlich wäre. Röhrichte, Feuchtgebüsche und Seggengürtel, wel-che unmittelbar entlang der Fließgewässer vorkommen, sind in die Abgrenzung der Erfas-sungseinheiten des Lebensraumtyps [3260] einbezogen.

Erfassungstechnische Probleme bestehen in der eingeschränkten Zugänglichkeit. Im Wald-arbeitsbereich sind alle Fließgewässer von Röhrichten oder Gehölzbeständen gesäumt. Der Blick längs zum Gewässer ist durch überhängende Zweige somit meist verstellt, die Einseh-barkeit ist damit nur punktuell möglich. Die Deckung der flutenden Wasservegetation kann nur in der Draufsicht zufriedenstellend eingeschätzt werden und unterliegt starken jahreszeit-lichen Schwankungen. Der umfassendste Eindruck gelingt im Rahmen einer Bootsfahrt, die am besten zu zweit unternommen wird.

Kennzeichnende Pflanzenarten

Bewertungsrelevante, charakteristische Arten

Aufrechter Merk (Berula erecta), unbestimmte Moose (Bryophyta), Nussfrüchtiger Wasserstern (Callitriche obtusangula), Wasserstern-Art (Callitriche spec.), Dichtes Laichkraut (Groenlandia densa), Ähriges Tausendblatt (Myriophyllum spicatum), Ar-tengruppe Brunnenkresse (Nasturtium officinale agg.), Gelbe Teichrose (Nuphar lutea), Glänzendes Laichkraut (Potamogeton lucens), Einfacher Igelkolben (Sparga-nium emersum), Bachbunge (Veronica beccabunga), Raues Hornkraut (Cerato-phyllum demersum) und Kamm-Laichkraut (Potamogeton pectinatus). Flutender Wasserhahnenfuß (Ranunculus fluitans) und Gewöhnliches Pfeilkraut (Sagittaria sagittifolia) sind weitgehend auf die rheinnahen und rasch fließenden Gewässer be-schränkt.

LRT abbauende/beeinträchtigende Arten

Innerhalb des Lebensraumtyps [3260] kommen folgende Störzeiger vor:

Algenarten, Kanadische Wasserpest (Elodea canadensis) und Nutall-Wasserpest (Elodea nuttallii)

Am Gewässerufer tritt in Teilen dichter, teils verdämmender Wuchs folgender Neo-phyten auf:

Robinie (Robinia pseudoacacia), Riesen-Goldrute (Solidago gigantea), Kleinblütiges Springkraut (Impatiens parviflora), Kanadische Goldrute (Solidago canadensis),

Ja-panischer Staudenknöterich (Reynoutria japonica), Indisches Springkraut (Impatiens glandulifera).

Arten mit besonderer naturschutzfachlicher Bedeutung

Dichtes Laichkraut (Groenlandia densa – RL BW 2) und Eisvogel (Alcedo atthis) [A229]

Bewertung auf Gebietsebene

Der Erhaltungszustand des Lebensraumtyps auf Gebietsebene ist insgesamt gut (B).