• Keine Ergebnisse gefunden

3.3 Lebensstätten von Arten des Anhangs II der FFH-Richtlinie

3.3.24 Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii) [1323]

Erfassungsmethodik

Gebietsnachweis, Kartierjahr 2016

Als Erfassungsmethodik diente primär der Netzfang mit Unterstützung durch AUTOBAT und parallel durchgeführter Detektorarbeit (Automatik-Detektoren und manuell betriebene

Detek-toren). Die Fangstellen wurden so ausgewählt, dass sie einen maximalen Fangerfolg ver-sprechen. Es waren lediglich zwei Fangnächte bis zum ersten Fangnachweis eingeplant. Der erste Fangversuch erfolgte (ergebnislos) am 18.07.2016 im Obstbaum-Altbestand im Auen-waldbereich westlich von Diersheim. Der zweite folgte am 25.07.2016 im Waldbereich des Kollmersrott nördlich von Bodersweier, wobei ein Weibchen gefangen wurde. Das Tier wurde besendert und hierdurch das Quartier in der Nähe des Fangortes im Wald innerhalb des FFH-Gebiets gefunden. Weitere Fangversuche erfolgten nicht.

Eingesetzt wurden jeweils 110-126 m breite Fangnetze und zusätzlich AUTOBAT. Parallel dazu wurden Stimmen der Art mit insgesamt fünf Detektoren eingefangen (zwei mobile Pet-tersson D 1000x und zwei mobile PetPet-tersson D240x, zudem ein stationärer PetPet-tersson D500x mit automatischer Rufaufzeichnung).

Die Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii) [1323] gehört zu den sehr schwer nachweisba-ren Arten. Da sie zumeist im Kronenraum jagt, wird sie in Wäldern kaum gefangen und auch ihre Rufe können mit Detektoren vom Boden aus nur schwer erfasst werden. In Obstbaum-wiesen sind beide Untersuchungsmethoden leichter möglich. Die Untersuchungsdichte war hier jedoch zu gering, um alle geeigneten Bereiche des FFH-Gebiets effektiv durch Netzfän-ge abdecken zu können.

Erhaltungszustand der Lebensstätte der Bechsteinfledermaus LS = Lebensstätte

Erhaltungszustand

A B C Gebiet

Anzahl Erfassungseinheiten -- -- 2 2

Fläche [ha] -- -- 616,6 616,6

Anteil Bewertung von LS [%] -- -- 100 100

Flächenanteil LS am FFH-Gebiet [%] -- -- 37,3 37,3

Bewertung auf Gebietsebene C

Beschreibung

Die Bechsteinfledermaus gilt als typische Waldart. Gerade in den letzten zehn Jahren wurde aber immer deutlicher, dass Obstbaumbestände nicht erst im Spätsommer/Herbst mit in das Jagdhabitat einbezogen werden, sondern dass sie auch zur Wochenstubenzeit als Teil des Jagdhabitats genutzt werden. Oft sind sogar die Wochenstuben-Kolonien dort zu finden, da das Höhlenangebot weit größer ist als in gut gepflegten Wäldern. Die Wochenstuben-Quartiere befinden sich nahezu stets in Baumhöhlen oder -spalten. Daneben können teilwei-se auch Nistkästen zeitweiteilwei-se mitgenutzt werden, die im Verbund mit Naturhöhlen stehen.

Ebenfalls erst in den letzten Jahren klar geworden ist, dass die Auenwälder entlang des Rheins sehr viel regelmäßiger von der Bechsteinfledermaus besiedelt werden als bisher an-genommen. Nicht wenige Quartiere – auch Wochenstuben – liegen inmitten der Hartholz- und auch Weichholzaue, da dort die Höhlendichte besonders groß ist.

Im Wald sind die Kronen älterer Eichen oft der bei weitem wichtige Teile des Jagdhabitats.

Hier finden sich meist auch die Quartiere. Wo Eichen (Quercus spec.) fehlen, können andere Laubbäume deren Funktion als Quartierbaum übernehmen, beispielsweise ältere bis alte Gewöhnliche Buchen (Fagus sylvatica) (80 bis 120 Jahre, je nach Standortbedingungen), in der Aue Silberpappeln (Populus alba) und Silberweiden (Salix alba). Im Obstbaumwiesenbe-reich spielen alte Spechthöhlen und Ausfaulhöhlen eine wesentliche Rolle als Quartier.

STECK et al. (2015) beschreiben, dass alte Hochstamm-Obstbaumwiesen für Bechsteinfle-dermäuse eigentlich nichts anderes als auf den Boden gesetzte Baumkronen mit entspre-chend reicher und vielfältiger Nahrung sind.

Die Bechsteinfledermaus ernährt sich von kleinen Insekten, also Kleinschmetterlingen, klei-neren Nachtfaltern, Fliegen und Mücken. Da sie den Rüttelflug perfekt beherrscht, sammelt sie einen größeren Teil der Nahrung direkt von Blättern ab, weshalb auch Raupen und Spin-nen Teil ihres Beutespektrums sind.

Lebensstätte Wälder nördlich Bodersweier:

Die Lebensstätte umfasst hier das durch Telemetrie ermittelte Wochenstubenquartier in einer Gruppe von Alteichen und die als Jagdhabitat gut geeigneten Wald- und Obstbaumwiesen-bereiche sowie Gehölzstreifen im Umkreis von 1,5 km (bei besonderer Eignung und gutem Anschluss auch etwas mehr, s. Abbildung 1). Als regelmäßiges Jagdrevier werden wahr-scheinlich auch die mit alten Obstbäumen bestandenen Hausgärten am Nordrand von Bo-dersweiher genutzt. Hier kann man auch das Vorhandensein von Männchenquartieren nicht ausschließen. Beim ermittelten Quartierbereich handelt es sich um einen älteren Bestand des feuchten Eichen-Hainbuchenwalds. Die wichtigsten Waldbereiche der Lebensstätte sind ebenfalls als feuchte Eichen-Hainbuchenwälder anzusprechen, teilweise auch als noch feuchtere, erlendominierte Wälder. Die Habitatqualität wird aufgrund guter Quartiereignung und umfangreicher, geeigneter Jagdhabitate als gut (Wertstufe B) bewertet. Der im FFH-Gebiet befindliche, als Lebensstätte geeignete Bereich ist jedoch viel zu klein, um eine gan-ze Population der Art zu beherbergen.

Am 25.07.2016 wurde ein einzelnes, nicht laktierendes Weibchen gefangen. Es gehört ver-mutlich zu einem Wochenstuben-Verband, dessen Zentrum im Bereich von Alteichen liegt.

Über die Größe der Kolonie oder den Zustand der Population kann keine Aussage gemacht werden und wird daher nur mit mittel bis schlecht (Wertstufe C) bewertet.

Beeinträchtigungen sind nicht erkennbar (Wertstufe A).

Lebensstätte Wälder und Obstwiesen entlang des Rheins:

Diese Lebensstätte umfasst alle gut geeignet erscheinenden Waldbereiche und Obstbaum-wiesenbereiche in Rheinnähe. Die Waldbereiche liegen dabei zum größeren Teil innerhalb der derzeitigen Grenzen des FFH-Gebiets, die Obstbaumwiesenbereiche zum größeren Teil außerhalb davon. Bei den Wäldern handelt es sich durchgehend um Laubmischwälder, wel-che überwiegend aus der ehemals aktiven Hartholzaue abzuleiten sind. Der Altholzanteil ist insgesamt eher gering, aber doch soweit vorhanden, dass hier von ein oder mehreren Kolo-nien der Bechsteinfledermaus auszugehen ist. Die Bereiche mit älteren Eichen spielen dabei eine wichtige Rolle. Die Habitatqualität wird daher als gut (Wertstufe B) eingeschätzt.

Am 18.07.2016 gelang kein Nachweis, dennoch ist hier von einem oder mehreren Vorkom-men der Bechsteinfledermaus auszugehen. Aufgrund der Datenlage wird der Zustand der Population nur mit mittel bis schlecht (Wertstufe C) bewertet.

Mittlere Beeinträchtigungen (Wertstufe B) bestehen durch lokal starke forstwirtschaftliche Nutzung und einem folglich geringen Anteil an größeren Altholz-Gruppen. Hier wäre die Um-setzung des AuT nach Forst BW 2017 zu empfehlen. Zudem besteht ein Verlust an älteren Hochstamm-Obstbäumen.

Verbreitung im Gebiet

Im gesamten Auenwald-Streifen des FFH-Gebiets gibt es für die Art zwar durchweg leicht suboptimale (aufgrund der Höhlenarmut), aber dennoch gut als Quartierwald geeignete Alt-baumbestände. Da der Waldbereich durchgehend gut als Jagdhabitat geeignet ist und das Vorkommen bei Bodersweier nur 2,6 km entfernt liegt, ist von mehreren Quartieren der Bechsteinfledermaus im Auenwaldstreifen auszugehen. Im Fokus stehen hier Bestände mit älteren Eichen (Quercus spec.), aber auch sonstige ältere, meist etwas feuchte Laubwaldbe-reiche. Hinzu kommen mehrere Obstbaumwiesenflächen mit direktem Waldanschluss, die überwiegend außerhalb des FFH-Gebiets liegen.

Fangstelle und Quartier liegen im feuchten Eichen-Hainbuchen-Wald des Kollmersrott nörd-lich von Bodersweier. Das am 27.07.2016 per Telemetrie gefundene Wochenstuben-Quartier befindet sich in einer Gruppe von Alteichen. Da Bechsteinfledermäuse ihre Quartiere häufig wechseln, ist in diesem Bereich und im Kollmersrott von weiteren Quartieren außerhalb des FFH-Gebiets auszugehen.

Anzunehmen ist, dass innerhalb eines Radius von 1,5 km um das Wochenstubenquartier alle wichtigen Bereiche des Jagdhabitats liegen. Dies entspricht einer Fläche von etwa 250 ha in

zumeist feuchten bis nassen Wäldern. Weniger als ein Viertel dieser Fläche liegt allerdings außerhalb des FFH-Gebiets.

Abbildung 1: Lebensstätte der Bechsteinfledermaus im Kollmersrott und Umgebung (innerhalb und außerhalb des FFH-Gebiets). Kleiner Kreis: Fangstelle am 25.07.2016, Dreieck: Wochen-stubenquartier am 27.07.2016, großer Kreis: 1,5 km-Radius um WochenWochen-stubenquartier, schraf-fiert: Gut geeigneter und erreichbarer Bereich des Jagdhabitats.

Bewertung auf Gebietsebene

Vor der Untersuchung gab es keine konkreten Angaben zum Vorkommen der Bechstein-fledermaus im FFH-Gebiet und dessen direkter Umgebung: Nach den Kartierergebnissen ist nun ein Weibchen-Sommer-Quartier und damit ein sehr wahrscheinliches Wochenstuben-quartier bekannt.

Für den gesamten Auenwaldstreifen ist zumindest eine Eignung als Jagdhabitat und vielfach auch als Wochenstubenbereich festzustellen.

Methodikbedingt ergibt sich ein Erhaltungszustand auf Gebietsebene von mindesens C. An-gesichts der vielen Defizite dürfte dies auch dem realen Erhaltungszustand entsprechen.