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Entsprechende Anwendung von § 24 Absatz 3 trägt Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie

2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorüber-gehenden Schutzes im Falle eines Massenzu-stroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Per-sonen und den Folgen dieser Aufnahme ver-bunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. EG Nummer L 212 S. 12, so genannte Richtlinie zum vorübergehenden Schutz) Rechnung, wo-nach es den Mitgliedstaaten unbenommen bleibt, vorübergehenden Schutz gemäß der Richtlinie weiteren Gruppen von Vertriebenen zu gewähren. Darüber hinaus enthält Absatz 3 einen klarstellenden Hinweis, dass auf die Auf-nahmebedingungen nach § 24 ganz oder teil-weise verwiesen werden kann, wenn auf natio-naler Ebene ohne eine Aufnahmeaktion auf-grund eines EU-Ratsbeschlusses Ausländer nach § 23 aufgenommen werden.

23a Zu § 23a – Aufenthaltsgewährung in Härte-fällen

23a.0 Allgemeines

23a.0.1 Die Regelung bietet die Grundlage für die Er-teilung einer Aufenthaltserlaubnis an voll-ziehbar ausreisepflichtige Ausländer in be-sonders gelagerten Härtefällen, in denen nach den allgemeinen Erteilungs- und Verlänge-rungsvoraussetzungen für einen Aufenthalts-titel keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann. Begünstigt werden kann nur ein Aus-länder, der sich bereits im Bundesgebiet aufhält.

Seine weitere Anwesenheit im Bundesgebiet muss durch dringende humanitäre oder per-sönliche Gründe gerechtfertigt sein. Ziel dieser Regelung ist es, einen Einzelfall humanitär zu lösen, der bei Anwendung der allgemeinen Be-stimmungen des Aufenthaltsgesetzes nicht sachgerecht hätte gelöst werden können. Die Tatsache, dass diese Vorschrift nur für voll-ziehbar ausreisepflichtige Ausländer und nur bei besonders gelagerten Härtefällen zur

An-wendung kommt, unterstreicht den Ausnah-mecharakter der Vorschrift. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23a ist insbeson-dere nicht als Ersatz für eine Bleiberechtsre-gelung zugunsten einer großen Anzahl von Ausländern vorgesehen, sondern als Abhilfe-möglichkeit in besonders gelagerten, humani-tären Fallgestaltungen, beispielsweise – je nach den Umständen des Einzelfalls – bei Aus-ländern oder Ausländerinnen, die in Fällen schwerer häuslicher Gewalt oder im Zusam-menhang mit einer drohenden bzw. durch-geführten Zwangsverheiratung suizidgefährdet oder traumatisiert sein können.

Die Anwendbarkeit der Vorschrift setzt voraus, dass die jeweilige Landesregierung durch Rechtsverordnung die in § 23a Absatz 1 ge-nannte Stelle (Härtefallkommission) bestimmt hat. Hierzu sind die Landesregierungen nach

§ 23a Absatz 2 ermächtigt; eine Verpflichtung zur Einrichtung einer Härtefallkommission be-steht nicht.

23a.0.2 Ausländern, die nicht vollziehbar ausreise-pflichtig sind, kann bei Vorliegen der tat-bestandlichen Voraussetzungen nach § 25 Ab-satz 4 Satz 1 eine Aufenthaltserlaubnis für einen vorübergehenden Aufenthalt erteilt werden.

23a.1 Voraussetzungen

23a.1.1.1 Die Härtefallregelung setzt vor die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ein mehrstufiges Verfahren. Die von der Landesregierung einge-richtete Härtefallkommission richtet zunächst ein entsprechendes Ersuchen an die oberste Landesbehörde oder die durch Rechtsverord-nung bestimmte Stelle. Diese entscheidet auf der Grundlage des Härtefallersuchens, ob sie anordnet, dass einem Ausländer eine Aufent-haltserlaubnis erteilt wird. Wenn eine Anord-nung vorliegt, erteilt die Ausländerbehörde dem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach

§ 23a Absatz 1. Die Vorschrift vermittelt dem Ausländer selbst keinen subjektiven Anspruch auf das Stellen eines Ersuchens durch die Här-tefallkommission, auf die Anordnung der ober-sten Landesbehörde oder die durch Rechts-verordnung bestimmte Stelle sowie auf die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis. Das Härte-fallverfahren steht ausschließlich im öffentli-chen Interesse und ist ein gerichtlich nicht überprüfbares, rein humanitär ausgestaltetes Entscheidungsverfahren.

23a.1.1.2 Voraussetzung für ein Härtefallersuchen ist, dass der Ausländer vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein Härtefall vorliegt. Bei dem Härte-fallersuchen handelt es sich um eine Empfeh-lung wertender Art durch ein weisungsfreies Gremium. Die Härtefallkommission wird aus-schließlich im Wege der Selbstbefassung tätig.

Ist die Härtefallkommission der Auffassung, dass bei Anlegung eines strengen Maßstabes dringende humanitäre oder persönliche Gründe die weitere Anwesenheit eines Ausländers in

Deutschland rechtfertigen, kann sie ein Härte-fallersuchen stellen.

23a.1.1.3 Die oberste Landesbehörde oder die durch Rechtsverordnung bestimmte Stelle entscheidet nach Ermessen, ob auf Grund des Härte-fallersuchens die Erteilung einer Aufenthaltser-laubnis angeordnet wird. Sie wird insbesondere dann nicht dem Ersuchen folgen, wenn dieses auf eine fehlerhafte Tatsachengrundlage ge-stützt, der strenge Maßstab für ein Härte-fallersuchen nicht eingehalten wird, der Aus-länder Straftaten von erheblichem Gewicht be-gangen hat oder ein in der Rechtsverordnung der Landesregierung vorgesehener Ausschluss-grund vorliegt. Ausschlussgründe können ins-besondere vorliegen, wenn

– der Ausländer zum Zweck der Aufenthalts-beendigung, zur Aufenthaltsermittlung oder Festnahme ausgeschrieben ist,

– der Ausländer rechtskräftig wegen einer Straftat verurteilt worden ist, es sei denn, er darf sich als nicht vorbestraft bezeichnen, – eine Ausweisungsverfügung nach § 53, § 54

Nummer 5, 5a, 7, § 55 Absatz 2 Nummer 8 oder eine Abschiebungsanordnung nach

§ 58a erlassen worden ist,

– nicht zu erwarten ist, dass der Ausländer seinen Lebensunterhalt zukünftig ohne In-anspruchnahme öffentlicher Mittel bestrei-ten kann,

– der Ausländer seinen Lebensunterhalt in der Vergangenheit überwiegend durch öffent-liche Mittel bestritten hat, obwohl er zur Aufnahme einer Beschäftigung berechtigt und zumutbar in der Lage war.

Für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis kann von den im Aufenthaltsgesetz festgelegten allgemeinen Erteilungs- und Verlängerungs-voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel ab-gewichen werden. Ein Abweichen von den Versagungsgründen des § 5 Absatz 4 ist hinge-gen nicht zulässig.

23a.1.2 Sofern die oberste Landesbehörde oder die durch Rechtsverordnung bestimmte Stelle dem Härtefallersuchen entsprechen will, hat sie zu entscheiden, ob die Anordnung der Aufent-haltsgewährung von der Sicherung des Lebens-unterhalts oder der Abgabe einer Verpflich-tungserklärung abhängig gemacht wird oder ob die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel un-schädlich sein soll. Dabei wird zu berück-sichtigen sein, ob der Ausländer in der Vergan-genheit auf zumutbare Weise zum eigenen Le-bensunterhalt beigetragen hatte und ob zu erwarten ist, dass er auch in Zukunft seinen Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit sichern kann. Ordnet sie die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an, ist diese von der zu-ständigen Ausländerbehörde zu erteilen.

23a.1.3 Die Durchführung des Verfahrens nach § 23a soll – insbesondere bei offensichtlich unbe-gründeten Eingaben – nicht zu einer

Verzöge-rung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen führen. Die Befassung der Härtefallkommis-sion oder das Vorliegen eines Härtefallersu-chens begründen kein Abschiebungshindernis und auch keinen Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung nach § 60a. Die Regelung des

§ 60a Absatz 2 Satz 3 bleibt hiervon unberührt.

23a.1.4 Durch § 23a Absatz 1 Satz 4 wird klargestellt, dass die Härtefallregelung keine subjektiven Rechte des Ausländers begründet. Das Härte-fallverfahren begründet lediglich eine faktische Begünstigung, nicht aber eine rechtliche Be-günstigung für Personen, die alle in Betracht kommenden Möglichkeiten, ein Aufenthalts-recht für die Bundesrepublik Deutschland zu erhalten, in der Vergangenheit bereits genutzt hatten.

23a.2 Verfahren

Die Landesregierungen können durch Rechts-verordnung bestimmen, dass andere als oberste Landesbehörden die Anordnung über die Auf-enthaltsgewährung in Härtefällen treffen.

Durch Rechtsverordnung wird auch die Zu-sammensetzung der Härtefallkommission be-stimmt. Dabei kann die Aufgabe der Härtefall-kommission auch auf bestehende Einrichtun-gen übertraEinrichtun-gen werden.

23a.3 Kostenerstattung bei Umzug

§ 23a Absatz 3 verbindet mit der Anordnung der Aufenthaltsgewährung in Härtefällen eine finanzielle Verantwortung für den Bereich der Sozialhilfegewährung bzw. der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 6 Ab-satz 1 Satz 1 Nummer 2 SGB II.

24 Zu § 24 – Aufenthaltsgewährung zum vo-rübergehenden Schutz

24.0 Allgemeines

24.0.1 § 24 setzt die Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Fal-le eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewo-genen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mit-gliedstaaten (ABl. EG Nummer L 212 S. 12, so genannte Richtlinie zum vorübergehenden Schutz) in nationales Recht um.

24.0.2 Artikel 2 Buchstabe a) der Richtlinie definiert vorübergehenden Schutz als ein ausnahmsweise durchzuführendes Verfahren, das im Falle eines aktuellen oder bevorstehenden Massenzu-stroms von Vertriebenen aus Drittländern, die nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren kön-nen, diesen sofortigen, vorübergehenden Schutz garantiert, insbesondere wenn auch die Gefahr besteht, dass das Asylsystem diesen Zustrom nicht ohne Beeinträchtigung seiner

Funktionsweise und ohne Nachteile für die be-troffenen Personen oder andere um Schutz nachsuchende Personen auffangen kann.

24.0.3 Vertriebene i. S. d. Richtlinie sind Drittstaats-angehörige oder Staatenlose, die ihr Her-kunftsland oder ihre Herkunftsregion haben verlassen müssen oder evakuiert wurden (etwa nach einem Aufruf internationaler Organisa-tionen) und wegen der in diesem Land herr-schenden Lage nicht sicher und dauerhaft zu-rückkehren können und die möglicherweise Flüchtlinge i. S. d. Genfer Flüchtlingskonven-tion sind oder in den Anwendungsbereich von internationalen oder nationalen Schutzinstru-menten fallen. Erfasst sind insbesondere Perso-nen, die aus Gebieten geflohen sind, in denen ein bewaffneter Konflikt oder dauernde Gewalt herrscht oder die ernsthaft von systematischen oder weit verbreiteten Menschenrechtsverlet-zungen bedroht waren oder Opfer solcher Menschenrechtsverletzungen sind (vgl. Arti-kel 2 Buchstabe c) der Richtlinie).

24.0.4 Unter Massenzustrom ist ein Zustrom einer großen Zahl Vertriebener zu verstehen, der aus einem bestimmten Land oder einem be-stimmten Gebiet kommt, unabhängig davon, ob der Zustrom in die Gemeinschaft spontan erfolgte oder beispielsweise durch ein Evakuie-rungsprogramm unterstützt wurde (vgl. Arti-kel 2 Buchstabe d) der Richtlinie).

24.0.5 Das Bestehen eines Massenzustroms von Ver-triebenen wird auf Vorschlag der Kommission, der auch von jedem Mitgliedstaat angeregt werden kann, vom Rat mit qualifizierter Mehr-heit per Beschluss festgelegt. Dabei prüft der Rat die Lage und den Umfang der Wande-rungsbewegungen von Vertriebenen und be-wertet die Zweckmäßigkeit der Einleitung des vorübergehenden Schutzes. Der Ratsbeschluss enthält mindestens (vgl. Artikel 5 Absatz 3 der Richtlinie):

24.0.5.1 – Eine Beschreibung der spezifischen Perso-nengruppen, denen vorübergehender Schutz gewährt wird. Die Mitgliedstaaten können den vorübergehenden Schutz weitergehen-den Gruppen von Personen gewähren, die aus den gleichen Gründen vertrieben wur-den und aus demselben Herkunftsland oder derselben Herkunftsregion stammen (vgl.

Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie).

24.0.5.2 – Den Zeitpunkt des Wirksamwerdens des vorübergehenden Schutzes. Die Dauer des vorübergehenden Schutzes beträgt ein Jahr.

Wird die Dauer nicht durch einen Beschluss des Rates beendet, kann sie sich automatisch um jeweils sechs Monate, höchstens jedoch um ein Jahr verlängern. Weitere Verlänge-rungen bis zu einem Jahr können bei Fort-bestehen der Gründe für den vorüberge-henden Schutz vom Rat beschlossen werden (vgl. Artikel 4 der Richtlinie). Die maximale Aufenthaltsdauer beträgt hiernach drei Jah-re. Ein längerer Aufenthalt ist nur auf einer

anderen aufenthaltsrechtlichen Grundlage oder zur Durchführung eines Asylverfah-rens möglich.

24.0.5.3 – Informationen der Mitgliedstaaten über ihre Aufnahmekapazität; dem entsprechend er-folgt die Festlegung der Aufnahmequoten auf freiwilliger Basis durch die Mitgliedstaaten (vgl. Artikel 25 Absatz 1 der Richtlinie).

24.0.5.4 – Informationen der Kommission, des UNHCR und anderer einschlägiger Orga-nisationen.

24.0.6 Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge führt nach §§ 91a und 91b ein Register zum vor-übergehenden Schutz und darf diese Daten als nationale Kontaktstelle nach Artikel 27 Absatz 1 der Richtlinie zum vorübergehenden Schutz an die in § 91b genannten Stellen übermitteln (nä-heres hierzu siehe Nummer 91a und 91b).

24.0.7 Erhält ein Asylbewerber vorübergehenden Schutz, ruht das Asylverfahren für die Dauer der vorübergehenden Schutzgewährung. Die Rechtsstellung des Asylbewerbers richtet sich nach § 24 (§ 32a Absatz 1 AsylVfG).

24.0.8 Beantragt ein von Deutschland aufgenommener Ausländer die Verlegung seines Wohnsitzes in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, richtet sich das Verfahren nach §§ 42 und 43 AufenthV.

24.1 Erteilungsvoraussetzungen

Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach

§ 24 Absatz 1 setzt einen vorangehenden Be-schluss des Rates der Europäischen Union vo-raus, mit dem das Bestehen eines Massenzu-stroms von Flüchtlingen festgestellt wird, fer-ner die Erklärung, dass eifer-ner Personengruppe vorübergehender Schutz gewährt wird, der der Ausländer zugehört. Erforderlich ist darüber hinaus eine Erklärung des Schutzsuchenden, mit der Aufnahme im Bundesgebiet einver-standen zu sein.

24.2 Ausschlussgründe

Von der Gewährung vorübergehenden Schutzes werden Personen ausgeschlossen, die i. S. v. § 60 Absatz 8 Satz 1 oder des § 3 Absatz 2 AsylVfG eine schwere Straftat verübt haben oder eine Gefahr für die Sicherheit darstellen.