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Durchlässigkeit im Kopenhagen-Prozess

5 Durchlässigkeit – ein Fokus europäischer Bildungspolitik?

5.2 Durchlässigkeit in den Bologna- und Kopenhagen-Prozessen

5.2.2 Durchlässigkeit im Kopenhagen-Prozess

Eine chronologische Darstellung der Thematisierung von Durchlässigkeit

Bereits seit Beginn des Kopenhagen-Prozesses 2002 wird anerkannt, dass die be-rufliche Bildung lediglich im Kontext mit anderen Bildungsbereichen und euro-päischen Bildungskooperationen weiterentwickelt werden kann. So ist der Ko-penhagen-Prozess integriert in die Lissabon-Strategie von 2000, in der die Rolle der beruflichen Bildung für das Erreichen der gesetzten Ziele herausgehoben wird. Zudem wird bereits in der Kopenhagen-Erklärung auf den bestehenden Bo-logna-Prozess für die Hochschulbildung verwiesen, welcher den Beginn einer neuen Qualität der europäischen Zusammenarbeit in Bildungsfragen markiert (Copenhagen Declaration 2002). Auch durchlässigkeitsrelevante Aspekte nehmen seit dem Start des Prozesses eine zentrale Rolle in den Zielsetzungen ein. Ebenso wie im Bologna-Prozess liegt das Hauptaugenmerk auf Ermöglichung von geo-grafischer Bildungsmobilität, für die Anerkennungsmechanismen, Transparenz der Qualifikationen und Qualitätssicherung Voraussetzung sind. Aber auch Bil-dungsmobilität innerhalb der Systeme zwischen Bildungsbereichen wird von An-fang an mitgedacht. So ist die Ermöglichung von lebenslangem Lernen seit der Kopenhagener-Erklärung ein zentrales Ziel, in dessen Kontext wiederum die Im-plementation von Standards gefordert wird, welche die institutionelle Durchläs-sigkeit von Bildungssystemen verbessern: Die diesbezüglichen Prioritäten in der

Kopenhagener Erklärung sind die Schaffung von Transparenz und die Möglich-keit der Validierung sowie Anerkennung von Kompetenzen und Qualifikationen.

Transparenz soll gewährleistet werden durch Beratungsangebote und öffentlich zugängliche Informationen über das berufliche Bildungssystem insbesondere In-formationen über Zugangsmöglichkeiten zu Bildungsgängen aber auch über Transfer- und Anerkennungsmöglichkeiten von Erlerntem. Transparenz soll da-her auch nicht allein der geografischen grenzüberschreitenden Mobilität, sondern auch der beruflichen und der Bildungsmobilität innerhalb der nationalen Bil-dungssysteme dienen.

Strengthening policies, systems and practices that support information, guidance and counselling in the Member States, at all levels of education, training and employment, particularly on issues concerning access to learning, vocational education and training, and the transferability and recognition of competences and qualifications, in order to support occupational and geographical mobility of citizens in Europe. (Copenhagen Declaration 2002)

Wie genau Vergleichbarkeit, Transferierbarkeit und Anerkennung von Qualifika-tionen und Kompetenzen erreicht werden soll, wird zu Beginn des Kopenhagen-Prozesses noch nicht deutlich. Folglich wird daher anstatt der Implementation von klar definierten Standards, welche dies leisten könnten, vielmehr deren ge-meinsame Entwicklung gefordert, so dass Kompatibilität zwischen den Ländern gewährleistet ist. Beratungsdienste und Leistungspunktesysteme für die berufliche Bildung (ECVET) werden bereits als nützliches Mittel anerkannt.

Im Gegensatz zum Bologna-Prozess wird im Kopenhagen-Prozess Anerken-nung von vorgängigem Lernen nicht nur von Beginn an thematisiert, es wird zu-gleich als formales, sowie non-formales und informelles Lernen definiert. Zudem werden im Unterschied zum Bologna-Prozess auch von Beginn an die verant-wortlichen Akteure benannt. So sollen insbesondere bei Fragen der Anerkennung und der Entwicklung von Anerkennungsverfahren die Sozialpartner mitwirken.

Insgesamt wird in der Kopenhagen-Erklärung die Notwendigkeit, lebenslanges Lernen zu fördern, damit begründet, dass es die Beschäftigungsfähigkeit der In-dividuen erhöht, zu einer aktiveren Bürgerschaft, sozialen Inklusion aber auch der Persönlichkeitsentwicklung der Lernenden beiträgt.

Die erste Folgekonferenz des Kopenhagen-Prozesses fand 2004 in Maas-tricht statt. Die Ermöglichung von lebenslangem Lernen wird wiederum als ein wichtiger Schritt gesehen, diese Ziele zu erreichen (Maastricht Communiqué 2004). Wichtig ist zudem, dass im Kommuniqué von Maastricht erstmals explizit das Verhältnis beruflicher und Hochschulbildung thematisiert wird und zugleich ein wichtiges Thema im Kommuniqué darstellt.

Da berufliche Bildung zunehmend auf allen Bildungsebenen stattfindet, wird erstens Gleichwertigkeit zwischen beruflicher und Allgemeinbildung, insbeson-dere Hochschulbildung, und zweitens die Einrichtung von Übergängen von ei-nem Bereich in den anderen gefordert. Es müsse möglich sein, auch innerhalb der

Berufsbildung höhere Qualifikationsniveaus zu erwerben, denn nur auf diese Weise könne man mehr Auszubildende für die berufliche Bildung gewinnen.

VET is increasingly taking place at all educational levels and, therefore, the parity of esteem and links between VET and general education, in particular with higher edu-cation, need to be fostered by innovative strategies and instruments at the national and European levels. This should include designing VET systems which attract more students to higher qualifications. (Maastricht Communiqué 2004: 2)

An dieser Stelle wird auf europäischer Ebene auf eine zweifache Konkurrenzsitu-ation hingewiesen. Zum einen geht es um die gesellschaftliche Wertschätzung zwischen den Bildungsbereichen, insbesondere dem Status der Hochschul- und Berufsbildung, wobei eine zu geringe Wertschätzung der beruflichen Bildung konstatiert wird. Dies zu ändern ist ein zentrales Ziel des Kopenhagen-Prozesses.

Zum anderen geht es ebenfalls um den Wettbewerb um die klügsten Köpfe.

Es wird jedoch ebenfalls eine fehlende institutionelle Durchlässigkeit zwi-schen den Bildungsbereichen kritisiert. Bestehende Barrieren zwizwi-schen Berufsbil-dung und AllgemeinbilBerufsbil-dung sollen verringert werden. Dabei geht es demnach nur um eine Verringerung und nicht um eine gänzliche Abschaffung der Barrieren.

Dies soll erstens geschehen durch die Entwicklung offener Lernansätze, welche zusammen mit Berufsorientierungs- und Beratungsleistungen Individuen befähi-gen, ihren Bildungsweg selbstständig zu planen, und zweitens sollen flexible und offene Rahmenbedingungen in der Berufsbildung geschaffen werden, welche die Durchlässigkeit zwischen Aus-, Weiterbildung und Hochschulbildung befördern.

Notwendig ist:

[…]the development and implementation of open learning approaches, enabling peo-ple to define individual pathways, supported by appropriate guidance and counselling.

This should be complemented by the establishment of flexible and open frameworks for VET in order to reduce barriers between VET and general education, and increase progression between initial and continuing training and higher education. (Maastricht Communiqué 2004: 3).

Die bestehenden Barrieren zwischen Berufs- und Allgemeinbildung werden auf unterschiedlichen Ebenen identifiziert. Einmal auf der individuellen Ebene: Die Bürger_innen müssen immer mehr in die Lage versetzt werden, durch Beratungs- und Orientierungsangebote selbst ihre Bildungswege zu planen. Zum anderen werden strukturelle Probleme erkannt – zu geschlossene und unflexible Struktu-ren im Berufsbildungssystem, welche an dieser Stelle nicht näher identifiziert wer-den.

Weitere strukturelle Probleme, welche Durchlässigkeit zwischen den Bil-dungssektoren (aber auch nationalen Bildungssystemen) behindern, werden bei Fragen der Anerkennung und Übertragbarkeit von Qualifikationen sowie der Va-lidierung und Anerkennung non-formal und informell erworbener Kompetenzen gesehen. Zwei Instrumente sollen insbesondere helfen, diese Probleme zu über-winden. Zum einen wird die Entwicklung eines offenen und flexiblen Europäi-schen Qualifikationsrahmens, der auf Transparenz und gegenseitigem Vertrauen

beruht, gefordert. Zum anderen die Entwicklung und Einführung von Leistungs-punktesystem für die berufliche Bildung (ECVET) (vgl. Maastricht Communiqué 2004).

Im Kommuniqué von Maastricht wird damit zum ersten Mal die Entwicklung von Qualifikationsrahmen thematisiert. Dies ist bedeutend, denn nationale und der europäische Qualifikationsrahmen werden zu zentralen Standards im Kopen-hagen- aber auch im Bologna-Prozess. Sie werden explizit als Facilitatoren von Durchlässigkeit in Bildungssystemen anerkannt, da sie als gemeinsame Bezugs-rahmen für die Anerkennung und den Transfer von Qualifikationen sowie non-formal und informell erworbener Kompetenzen zwischen den beruflichen und allgemeinbildenden Sektoren (Sekundar- und Hochschulbildung) dienen sollen.

Um dies zu leisten, müssen Qualifikationsrahmen auf gemeinsamen Referenzni-veaus fußen, welche wiederum über Beschreibungen von zu erreichenden Lern-ergebnissen und Kompetenzen definiert werden.

The framework will provide a common reference to facilitate the recognition and transferability of qualifications covering both VET and general (secondary and higher) education, based mainly on competences and learning outcomes. It will im-prove permeability within education and training systems […].(Maastricht Commu-niqué 2004: 4)

Um das Funktionieren von Qualifikationsrahmen zu gewährleisten, wird im Kommuniqué von Maastricht die Entwicklung von Qualitätssicherungsmechanis-men als sehr wichtig erachtet, da nur so das notwendige Vertrauen in die – in den einzelnen Bildungsbereichen erworbenen – Qualifikationen und Kompetenzen entstehen kann.

Die Entwicklung und Umsetzung von Leistungspunktesystemen für die Be-rufsbildung (European Credit Transfer System for VET; ECVET) soll ebenfalls Mittel sein, Lernende beim Wechsel zwischen Bildungsbereichen zu unterstützen, indem sie auf ihre Fähigkeiten, welche sie im Rahmen ihrer Lernlaufbahn erwor-ben haerwor-ben, aufbauen können. Eerwor-benso wie Qualifikationsrahmen sollen ECTS auf erworbenen Kompetenzen und Lernergebnissen basieren. Ziel ist ihre Umset-zung in einem ersten Schritt für das System formaler Qualifikationen, aber es soll ebenfalls in einem zweiten Schritt auf nicht formale Qualifikationen anwendbar gemacht werden (Maastricht Communiqué 2004).

Um Fragen der Durchlässigkeit geht es auch, wenn über den Zugang zur be-ruflichen Bildung gesprochen wird. Dieser soll allen europäischen Bürgern offen-stehen, aber insbesondere soll berufliche Bildung der Förderung von benachtei-ligten Gruppen, wie Schulabbrecher_innen, Arbeitslosen, Migrant_innen, Ge-ringqualifizierten, Personen mit Behinderung dienen, welche ansonsten oft ge-fährdet sind, sozial exkludiert zu werden. Ihre Integration soll vor allem auch über Anerkennung von Lernerfahrungen und auf sie abgestimmte Schulungs-, Bera-tungs- und Lernangebote erfolgen (Maastricht Communiqué 2004). Hier wird Durchlässigkeit gefordert – zum einen zwischen den Bildungsbereichen der Schule und Berufsbildung aber auch zwischen der Sphäre des Arbeitsmarkts, bzw.

der Arbeitslosigkeit und der beruflichen Bildung. Es wird im Gegensatz zur Hochschulbildung nicht zwischen einer Gruppe der Fähigen und Nicht-Fähigen unterschieden. Leistung als wichtiges Zugangskriterium findet keine Erwähnung.

Stattdessen soll berufliche Bildung für High Potentials, aber auch für Geringqua-lifizierte offen stehen.

Das Kommuniqué von Helsinki von 2006 nimmt die wichtigsten durchläs-sigkeitsrelevanten Aspekte des Kommuniqués von Maastricht wieder auf. Sie sind wiederum eingebettet in die Bemühungen, lebenslanges Lernen in Europa zu er-möglichen. Im Folgenden sollen vor allem die Aspekte angesprochen werden, welche die Durchlässigkeit bzw. Bildungsmobilität zwischen Berufs- und Hoch-schulbildung betreffen. Angemerkt sei aber, dass Fragen der institutionellen Durchlässigkeit zwischen anderen Bildungsbereichen sowie auch zwischen dem Arbeitsmarkt, der Nichterwerbsarbeitssphäre und der beruflichen (Wei-ter-)Bildung im Kommuniqué von Helsinki thematisiert werden. Es wird gefor-dert, dass die beruflichen Bildungssysteme verstärkt Übergänge zur Weiterbildung insbesondere von der beruflichen Bildung zur Hochschulbildung ermöglichen, und so zur Flexibilisierung der Lernverläufe beitragen.

VET systems should, as part of flexible educational pathways, increasingly enable progression to further education and training, especially from VET to higher educa-tion. (Helsinki Communiqué 2006: 2)

So wird z.B. eine hochqualitative berufliche Erstausbildung als förderlich für die Verbindung der beiden Organisationsfelder angesehen. Auch soll berufliche Bil-dung auf allen Qualifikationsebenen als wichtiger Bestandteil des Regimes des lebenslangen Lernens weiterentwickelt werden und zwar mit engen Verbindun-gen zur Allgemeinbildung (Helsinki Communiqué 2006).

Wiederum wird explizit auf die Statusprobleme der beruflichen Bildung auf-merksam gemacht. Ihre Attraktivität und ihr Image sollen daher verbessert wer-den und zwar durch eine offene Ausgestaltung der Berufsbildungssysteme, wel-che flexibel und individuell genutzt werden können und bessere Voraussetzungen für Übergange ins Arbeitsleben, in die Weiterbildung, einschließlich Hochschul-bildung schaffen. Ebenfalls zentral ist die Entwicklung von Systemen zur Aner-kennung non-formalen und informellen Lernens, um so berufliche Weiterent-wicklung und lebensbegleitendes Lernen zu unterstützen (Helsinki Communiqué 2006).

Auch die Arbeit an den gemeinsamen europäischen Instrumenten sollte fort-geführt werden: Dies beinhaltet erstens die Entwicklung von Leistungspunktesys-temen für die Berufsbildung, um die Akkumulation und den Transfer von erwor-benen Qualifikationen zu gewährleisten; zweitens in Zusammenarbeit mit den Hochschulen den Ausbau der Systeme der Qualitätssicherung, um gegenseitiges Vertrauen in Qualifikationen zu schaffen und drittens die Weiterentwicklung des EQR, um zum einen Gleichwertigkeit zwischen Berufs- und Hochschulbildung und zum anderen eine bessere Verknüpfung zwischen den beiden Bildungsberei-chen zu erzielen.

Further development of common European tools in which VET plays a major role, by: developing and testing a European Qualifications Framework (EQF) based on learning outcomes, providing greater parity and better links between the VET and HE sectors. (Helsinki Communiqué 2006)

Es zeigt sich, dass insbesondere das Instrument des Qualifikationsrahmens mit der Schaffung einer größeren Durchlässigkeit zwischen Berufs- und Hochschul-bildung in Verbindung gebracht wird.

2008 trafen sich die Bildungsminister in Bordeaux, um die Entwicklung des Kopenhagen-Prozesses zu evaluieren und die Arbeitsschwerpunkte für die nächs-ten Jahre festzulegen. Als Hauptergebnis des Kopenhagen-Prozesses wird hier die Entwicklung von Instrumenten genannt, welche die Transparenz von Qualifika-tionen erhöhen, die Anerkennung von Wissen, Fertigkeiten und Kompetenzen befördern sowie die Qualität der Bildungssysteme sichern (Bordeaux Communi-qué 2008).

Ebendiese Instrumente, der Qualifikationsrahmen (EQR und NQR), die Leistungspunktesysteme für die berufliche Bildung (ECVET), Prinzipien der An-erkennung von vorgängigem Lernen sowie Qualitätssicherungsinstrumente (EQARF) sind Instrumente, welche nicht nur Mobilität zwischen Ländern, son-dern auch innerhalb von Bildungssystemen beförson-dern können.

Wie in den Kommuniqués zuvor wird berufliche Bildung als wesentlicher Bestandteil der Realisierung von lebenslangem Lernen angesehen. Um dieses zu ermöglichen, bedarf es Brücken zwischen Allgemein-, Berufs- und Hochschulbil-dung. Während traditionell der Zugang von der Berufs- zur Hochbildung gefor-dert wird, wird in diesem Kommuniqué auch von der umgekehrten Möglichkeit ausgegangen – berufliche Bildung soll auch jene auffangen, die ihr Studium abge-brochen haben.

VET should offer individualised career paths in order to integrate those who have left their studies or training premature. (Bordeaux Communiqué 2008: 5)

Ziel ist es, individualisierte flexible Karrierewege zu eröffnen, die Erstausbildung, Weiterbildung und alle Formen des Lernens sowie alle Lernumfelder enger mit-einander zu verknüpfen. Den Bürger_innen sollte ermöglicht werden, ihre Lern-ergebnisse zu akkumulieren und in andere Systeme, sei es transnational oder na-tional zu übertragen. Um dies zu realisieren, ist es notwendig, alle Stakeholder bei der Weiterentwicklung von Berufsbildungspolitik einzubinden und diese entspre-chend zu finanzieren und zwar durch einen Mix von öffentlichen, privaten und europäischen Geldern (Bordeaux Communiqué 2008).

Insbesondere Durchlässigkeit zur Hochschule steht im Kommuniqué von Bordeaux im Fokus und deren Bedarf wird erstmals ausführlicher begründet:

Hauptargument für die Verbindung zwischen Berufs- und Hochschulbildung ist der Bedarf an hochqualifizierten Bürgern, welche für eine gesteigerte Wettbe-werbs- und Innovationsfähigkeit Europas unabdingbar sind (Bordeaux Commu-niqué 2008). An dieser Stelle wird wiederum die enge Einbindung in die

Lissabon-Strategie offenbar. Da die Struktur des Arbeitsmarkts sich ändert, müsse die Ver-bindung zwischen Hochschullandschaft und Berufsbildung ausgebaut werden: Es wird prognostiziert, dass 2020 ca. 80 % aller Arbeiten von Individuen mit Ab-schlüssen auf mittlerer und hoher Qualifikationsebene ausgeführt werden, dass auch einfache Tätigkeiten, die bisher eher von Geringqualifizierten ausgeführt worden sind, anspruchsvoller werden und sich der Bedarf an gut ausgebildeten Bürgern in dem Zeitraum von 2006 bis 2020 verdoppelt. Um dem Bedarf an hochwertigen Qualifikationen und der wachsenden Entwertung von alten Quali-fikationen Rechnung zu tragen, sind daher Brücken zwischen Schulbildung, Ar-beitsmarkt, Ausbildung und Hochschulbildung wichtig (vgl. Bordeaux Commu-niqué 2008).

Es werden vier Prioritäten für die kommenden Jahre festgesetzt. Allen vier Prioritäten ist gemein, dass sie Durchlässigkeit zwischen Hochschule und Berufs-bildung befördern und fordern (Bordeaux Communiqué 2008):

1. Einführung der oben genannten Durchlässigkeit fördernden Instrumente (EQR/NQR, ECVET, EQARF sowie Verfahren der Anerkennung und Validierung von vorgängigem Lernen)

2. Die Erhöhung der Qualität und Attraktivität von Berufsbildung:

Hier wird wiederum explizit Durchlässigkeit zwischen Berufsbildung und Allgemein- und Hochschulbildung gefordert. Denn eine derartige Verbin-dung ermöglicht erst, von einem Qualifikationsniveau zu dem nächsten auf-zusteigen.

Facilitate paths enabling people to progress from one level of qualification to another by strengthening links between general education, VET, higher education and adult learning (Bordeaux Communiqué 2008: 9)

Wichtig ist, dass der Zugang allen, insbesondere auch den benachteiligten Gruppen, offensteht. Beratungsangebote sollen hierbei helfen, die mögli-chen individuellen Bildungswege zu identifizieren.

3. Verbesserte Verbindung zwischen Berufsbildung und dem Arbeitsmarkt

Für dieses Ziel müssen insbesondere Verfahren zur Anerkennung von allen Lernformen weiterentwickelt und eingeführt werden. Zudem wird berufli-che (Weiter-)Bildung in Hochschulen als ein wichtiger Weg gesehen auch die Integration in den Arbeitsmarkt zu gewährleisten. In diesem Kontext wird explizit auf die Charta der europäischen Universitäten für lebenslanges Lernen Bezug genommen.

4. Die Stärkung europäischer Kooperation

Hier wird u.a. eine verstärkte Zusammenarbeit mit dem Bologna-Prozess gefordert. Zudem wird als notwendig erachtet, dass die Rolle der beruflichen

Bildung im zu entwickelnden Rahmenprogramm für die europäische Zu-sammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung (ET 2020) Anerkennung findet und es verstärkt Verbindungen gibt zwischen den Politikprogrammen für die Allgemein-, Hochschul- und Erwachsenen-bildung.

Das Kommuniqué von Brügge wurde 2010 unter dem Einfluss von mehreren Ereignissen erarbeitet: Insbesondere sind dies die Wirtschaftskrise und damit stei-genden Arbeitslosigkeitszahlen in Europa, aber auch der 2009 von den EU-Mit-gliedsstaaten verabschiedete strategische Rahmen für die europäische Zusam-menarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung „Allgemeine und berufliche Bildung 2020 (ET 2020)“, indem der Kopenhagen-Prozess ein fes-ter Bestandteil ist. Das Kommuniqué zeigt wiederum die Herausforderungen, de-nen sich die Mitgliedsstaaten stellen müssen. Dies sind Arbeitsmarktwandel und die Tatsache, dass die Halbwertzeit von Qualifikationen immer stärker abnehmen, der demografische Wandel, soziale Kohäsion und eben die herrschende Wirt-schaftskrise. Vor diesem Hintergrund werden im Kommuniqué von Brügge die Kernziele für die Entwicklung der beruflichen Bildung in Europa bis zum Jahr 2020 festgelegt. Zu den übergeordneten Zielen gehört dabei, den Anteil der 30- bis 34-Jährigen, welche über einen tertiären oder vergleichbaren Abschluss verfü-gen, auf mindestens 40 % zu erhöhen und lebenslanges Lernen in Europa zu ver-wirklichen. Aus diesem Grund sind auch viele der formulierten Kernziele aus Durchlässigkeitsperspektive relevant (vgl. Bruges Communiqué 2010).

Durchlässigkeit zu anderen Bildungssegmenten und auch explizit zur Hoch-schulbildung wird als notwendig erachtet, um die berufliche Bildung attraktiver zu machen, aber auch, um lebenslanges Lernen und damit Bildungsmobilität zu ermöglichen.

Die Erhöhung der Attraktivität von Berufsbildung erfolgt durch

Flexible systems of VET, based on a learning outcomes approach, which support flexible learning pathways, which allow permeability between the different education and training subsystems (school education, VET, higher education, adult education) and which cater for the validation of non-formal and informal learning, including competences acquired in the work place. (Bruges Communiqué 2010: 6)

Lebenslanges Lernen und Mobilität wird ermöglicht, indem die Mitgliedsstaaten Promote flexible pathways between VET, general education and higher education, and enhance permeability by strengthening the links between them. (Bruges Communiqué 2010: 11)

Die Einführung von Lernergebnisorientierung und das Verfahren der Anerken-nung vorgängigen Lernens, sowohl von formalen als auch von informellen und non-formalen Lernformen, ermöglichen flexible Lernwege im Berufsbildungssys-tem selbst und auch außerhalb. Zur Verwirklichung dieses Ziels und zur Steige-rung der Teilnahme am lebenslangen Lernen wird der Erstellung und Umsetzung

von nationalen Qualifikationsrahmen, die ebenfalls auf Lernergebnissen basieren, eine Katalysatorfunktion zuerkannt. Qualifikationsrahmen, welche Allgemeinbil-dung, Berufs- und Hochschulbildung in einem Instrument vereinigen, schaffen Transparenz und erhöhen die Durchlässigkeit und Flexibilität der nationalen Bil-dungssysteme, insbesondere zwischen Hochschul- und Berufsbildung. Zudem können sie die Entwicklung von Verfahren zur Validierung des nicht formalen und informellen Lernens unterstützen und zur Verbesserung von integrierten Be-ratungsdiensten, welche alle Bildungssegmente betrachten, beitragen (vgl. Bruges Communiqué 2010).

An mehreren Stellen im Kommuniqué von Brügge wird der Wunsch deutlich, dass berufliche Bildung als der Hochschulbildung gleichwertig anerkannt wird.

Auch auf europäischer Ebene ist somit die Frage der Gleichwertigkeit und den damit im Zusammenhang stehenden Statusfragen kontinuierlich präsent. So wird einerseits unterstrichen, dass in der Wissensgesellschaft nicht allein akademische Fertigkeiten gefragt sind, sondern auch die der beruflichen Bildung.

If Europe is to maintain its position as the strongest exporter of industrial products

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