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5 Qualitative Vorstudie

5.3 Diskussionsleitfaden

Der für die qualitative Vorstudie erarbeitete Diskussionsleitfaden lässt sich thematisch in fünf verschiedene Abschnitte unterteilen:

1. Vorstellung

2. Sichtweisen zu Getreideprodukten allgemein 3. Vorkenntnisse zu Mykotoxinen

4. Risikowahrnehmung Mykotoxine

5. Einstellung gegenüber einer Produktkennzeichnung

Während der Gruppendiskussion wurden den Teilnehmern unterschiedliche Informationsmaterialien zur Verfügung gestellt. Hierzu gehörten eine 1-seitige (1.Termin) bzw. 2-seitige Information (2.Termin) zu Mykotoxinen, eine Übersicht über am Markt vorhandene Lebensmittelkennzeichnungen sowie ein Entwurf des möglichen „Mykotoxin frei“-Zeichens. Die Mykotoxininformation, die nach Abarbeitung des Abschnittes 3 an die Teilnehmer verteilt wurde, diente dem Zweck, alle Teilnehmer auf ein gleiches Informationsniveau bezüglich der Mykotoxine zu bringen. Die Information brachte in knapper Form einen Überblick über die wichtigsten Informationen zu Mykotoxinen, so dass sich auch Teilnehmer ohne Vorwissen einen ersten Eindruck von Mykotoxinen verschaffen konnten. Dieses Vorgehen ist sicherlich in mancherlei Hinsicht zu diskutieren, weil im Falle eines Teilnehmers ohne Vorkenntnisse wirklich nur ein erster Eindruck zur Risikowahrnehmung festgestellt werden kann und keinesfalls eine gefestigte Einstellung.

Andererseits ist dies eine Problematik, die für die vorliegende Arbeit insgesamt gilt: Bei den meisten Verbrauchern sind eher geringe Vorkenntnisse zu Mykotoxinen zu erwarten, so dass überwiegend auch nicht mit gefestigten Einstellungen gerechnet werden kann.

Die Annahme, dass die Vorkenntnisse beim „normalen Konsumenten“ eher gering sind, konnten überdies durch die zwei Gruppendiskussionen auch bestätigt werden.

Darüber hinaus sollte erwähnt werden, dass nach Durchführung der ersten Gruppendiskussion einige Modifizierungen an den Materialien und am Leitfaden vorgenommen wurden, um deren Verständlichkeit / Eindeutigkeit mithilfe der Erkenntnisse aus der ersten Gruppendiskussion zu verbessern. Die Änderungen am Leitfaden waren dabei so marginal, dass sie hier nicht weiter kommentiert werden. Vorgestellt wird aufgrund der geringen Unterschiede nur der Leitfaden der zweiten Gruppendiskussion.

Die Mykotoxininformation wurde hinsichtlich des textlichen Inhaltes nicht verändert, sie wurde aber durch zusätzliche Überschriften besser strukturiert und die textlichen Informationen zusätzlich durch graphische Darstellungen unterstützt. Dadurch wurde der

Umfang auf knapp zwei DIN-A-4-Seiten erhöht. Beide Mykotoxininformationen werden im Anhang aufgeführt, ebenso wie der Entwurf des „Mykotoxin frei“-Zeichens, welcher ebenfalls zur zweiten Gruppendiskussion leicht modifiziert wurde. Der Diskussionsleitfaden kann ebenfalls im Anhang eingesehen werden.

Nachfolgend werden die fünf Abschnitte des Diskussionsleitfadens vorgestellt und hinsichtlich der Frageintention diskutiert.

1. Vorstellung

Gerade zu Beginn einer Gruppendiskussion sollte es das Ziel sein, eine möglichst angenehme Atmosphäre für die Teilnehmenden zu schaffen und Sprech-Barrikaden abzubauen. Dies gilt umso mehr, wenn es sich, wie in dem hier vorliegenden Fall, um eine künstliche Gruppe handelt, deren Mitglieder sich untereinander nicht kennen. In dieser Situation erscheint es sinnvoll, die Diskussionsrunde zunächst mit einer Vorstellungsrunde zu beginnen, während der z.B. Name, Alter und Familienstand genannt werden. Außerdem sollte schon ein Bezug zum Diskussionsthema hergestellt werden, um die Teilnehmenden langsam an das Thema heranzuführen. Diese Eingangsfrage sollte aber möglichst einfach zu beantworten sein, um kein Gruppenmitglied gleich zu Beginn zu überfordern oder abzuschrecken. In den hier beschriebenen Gruppendiskussionen wurden die Teilnehmer aufgefordert, nach der Vorstellung ihrer Person ein paar Angaben zu machen, welche getreidereichen Lebensmittel sie besonders gern essen. Durch diese

„Eisbrecherfrage“ gelang ein erster Einstieg in die Thematik.

2. Sichtweisen zu Getreideprodukten allgemein

Dieser zweite Fragenabschnitt diente unterschiedlichen Zielsetzungen wie der Identifizierung wichtiger Einkaufskriterien und der Klärung der Verbraucherverunsicherung gegenüber getreidereichen Lebensmitteln. Die Fragen „Welche Kriterien nutzen Sie beim Einkauf von Lebensmitteln?“ und „Warum sind Ihnen diese Kriterien wichtig?“ sollten v.a.

aufzeigen, inwiefern bestimmte Lebensmittelkennzeichnungen eine Rolle im Vergleich zu anderen Kaufkriterien wie dem Preis, Frische, usw. spielen. Sicherlich war an dieser Stelle auch von Interesse, ob spezielle Fragen der Lebensmittelsicherheit für die teilnehmenden Verbraucher eine große Rolle spielen. Dies könnte sich z.B. daran zeigen, dass großer Wert auf die Herkunft oder Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln oder auf namhafte Hersteller gelegt wird.

Die nächsten Fragen nahmen konkreten Bezug auf getreidereiche Lebensmittel und die diesen Lebensmitteln gegenüber empfundene Verunsicherung. Hier liegt die Hypothese zugrunde, dass es einen proportionalen Zusammenhang zwischen der Verunsicherung

bei getreidereichen Lebensmitteln und der Mykotoxin-Risikowahrnehmung geben könnte.

Die Verunsicherung gegenüber Getreidelebensmitteln wurde auf unterschiedlichen Ebenen hinterfragt: hinsichtlich des ernährungsphysiologischen „Nährwertes“, hinsichtlich der Qualitätswahrnehmung und hinsichtlich der Einstellung gegenüber dem Ernährungsgewerbe.

Bezüglich des ernährungsphysiologischen Wertes besitzen Getreidelebensmittel vermutlich ein gutes „Image“, d.h. dass allgemein ein guter ernährungsphysiologischer Wert angenommen wird und Gesundheitsrisiken (wie Mykotoxine) zumindest vordergründig eher weniger erwartet werden. VON ALVENSLEBEN (1998) konnte in seiner Erhebung ebenfalls feststellen, dass die Verbraucherverunsicherung bei Brot und Backwaren im Vergleich zu anderen Lebensmitteln eher gering ist.Diesbezüglich wurden in den Leitfaden folgende Fragen aufgenommen: „Wie beurteilen Sie getreidereiche Produkte in Hinblick auf eine gesunde Ernährung?“, „Welche Nährstoffe in getreidereichen Lebensmitteln sind für Sie persönlich besonders wichtig?“, „Vermuten Sie auch Gesundheitsrisiken, die von getreidereichen Lebensmitteln ausgehen?“

Zwei weitere Fragen nahmen Bezug auf die Qualitätswahrnehmung von Brot und Backwaren. Hier liegt die Feststellung zugrunde, dass die Verunsicherung bei Lebensmitteln insbesondere dann besonders groß ist, wenn die Qualität der Lebensmittel in den letzten Jahren als abnehmend beurteilt wird (VON ALVENSLEBEN 1998). Auch hier konnte VON ALVENSLEBEN (1998) nachweisen, dass bei Brot eher eine positive Qualitätsentwicklung zu beobachten ist, was auf eine geringe Verunsicherung bei Brot schließen lassen würde. Als Folge könnte vermutet werden, dass diese geringe Verunsicherung bei getreidereichen Lebensmitteln zu einer eher geringen Mykotoxin-Risikowahrnehmung führt. Folgende Fragen wurden gestellt: „Wie beurteilen Sie allgemein die Qualität und Sicherheit von Brot- und Backwaren im Vergleich zu anderen Lebensmitteln?“ und „Wie sehen Sie die Qualitätsentwicklung von Brot und Backwaren von früher bis heute?“

Abschließend wurde in diesem Fragenabschnitt noch ein Fokus auf die Verbrauchereinstellung gegenüber der Nahrungsmittelproduktion gelegt: „Wie beurteilen Sie die Produktionsweise von getreidereichen Lebensmitteln?“ Auch hier bestimmt im Wesentlichen die Idee der Verunsicherung die Fragenintention, denn die sog.

Entfremdung wird als ein wesentlicher Treiber der Verunsicherung gesehen.

3. Vorkenntnisse zu Mykotoxinen

Der folgende Fragenabschnitt erfüllte zunächst rein methodisch den Zweck, die Teilnehmer inhaltlich zu dem eigentlichen Thema, den Mykotoxinen, hinzuleiten.

Außerdem sollte geklärt werden, ob die Annahme, dass nur wenige Konsumenten Vorkenntnisse zu Mykotoxinen haben, bestätigt werden kann. Sollte diese Annahme verworfen werden müssen, so müsste für die nachfolgende Erhebung auch davon ausgegangen werden, dass sehr wohl bereits gefestigte Einstellungen zu Mykotoxinen vorliegen. Außerdem wäre es nahe liegend, dass ein gewisses Vorwissen zu den Mykotoxinen auch einen Einfluss auf die Risikowahrnehmung und die Zeichenakzeptanz hat. Dies wurde insbesondere durch die Fragen zu erzeugten Gefühlen und einem evtl.

veränderten Einkaufsverhalten hinterfragt. Folgende Fragen wurden gestellt: „Haben Sie irgendwo schon einmal etwas zu Pilzgiften, sog. Mykotoxinen, in Getreideprodukten gehört oder gelesen? Wenn ja, wo sind Sie auf diese Informationen gestoßen“, „Was haben Sie gehört und gelesen?“, „Welche Gedanken und Gefühle haben diese Informationen bei ihnen erzeugt? Warum?“ und „Wie hat sich Ihr Einkaufsverhalten seitdem verändert?“

4. Risikowahrnehmung Mykotoxine

Nach dem vorangegangenen Fragenblock wurde die Mykotoxininformation verteilt, um alle Gruppenmitglieder auf den gleichen Wissensstand zu bringen. Nun sollte zunächst mit den folgenden Fragen der erste Eindruck der Konsumenten von den Mykotoxinen ergründet werden: „Woran denken Sie spontan, nachdem Sie diese Information gelesen haben?“, „Welche Gefühle erzeugen diese Informationen bei Ihnen? Warum?“ und „Für wie relevant halten Sie diese Informationen für sich persönlich?“ Insbesondere die ersten beiden Fragen sind sehr offen formuliert, sie erfordern eine Antwort mit beschreibendem Charakter. Dies wurde bewusst so durchgeführt, um die möglichen Antworten so wenig wie möglich vorher zu beeinflussen. Die Frage nach Gedanken und Gefühlen wurde in der Hoffnung gestellt, dass bestimmte Werthaltungen, Überzeugungen und Einstellungen zu Tage treten, die auch im Zusammenhang mit der Mykotoxin-Risikowahrnehmung und der Zeichenakzeptanz stehen. An dieser Stelle sollen bei der späteren Auswertung also interne Faktoren identifiziert werden können, die möglicherweise die zu untersuchenden Faktoren beeinflussen.

Darüber hinaus wurden in einem nächsten Schritt erste Beurteilungen und Einschätzungen mit Bezug auf die Mykotoxinproblematik abgefragt. Hier geht es also um eine konkrete Gewichtung und Evaluierung von Gesundheitsrisiken und Risikomanagement („Wie beurteilen Sie die Gefahren, die von Mykotoxinen ausgehen (persönlich, Allgemeinheit, Risikogruppen)?“, „Wie empfinden Sie den aktuellen Umgang mit der Mykotoxin-Problematik? Risikomanagement?“) sowie um Auswirkungen der Informationen auf das zukünftige Verhalten („Wie verändert diese Information Ihre Haltung

gegenüber den Herstellern von getreidereichen Lebensmitteln?“, „Wird sich Ihr zukünftiges Einkaufsverhalten verändern? Wenn ja, wie?“). Die Intention dieser Fragen lag ebenfalls nicht nur darin, die aktuelle Bewertung der Mykotoxinproblematik durch den Verbraucher festzustellen, sondern ebenso Rückschlüsse dazu zu bekommen, mit welchen internen Faktoren die Risikowahrnehmung in Zusammenhang steht.

5. Einstellung gegenüber einer Produktkennzeichnung

Der letzte Fragenblock beschäftigte sich inhaltlich mit einem konkreten „Mykotoxin frei“-Zeichen. Ein graphischer Entwurf eines solchen Zeichens wurde den Teilnehmern vorgelegt, um die Fragestellung weniger abstrakt zu gestalten und damit die Beantwortung zu vereinfachen.

Die Intention dieses Fragenblockes bestand einerseits darin, ein erstes Meinungsbild zu dem konstruierten Zeichen-Modell zu erhalten. Neben der Beurteilung des Zeichens insgesamt („Was halten Sie von einer Produktkennzeichnung, die es ermöglichen würde, Lebensmittel, die nachweislich frei von Mykotoxinen sind, im Handel zu erkennen?“,

„Würden Sie persönlich eine solche Kennzeichnung nutzen?“, „Wie sehen Sie die Bedeutung einer Kennzeichnung für Mykotoxine im Vergleich zu anderen Produktkennzeichen wie z.B. QS-Zeichen?“) waren auch konkrete Fragen zur Gestaltung und insbesondere zum Informationsgehalt von Interesse („Welche Informationen würden Sie sich auf einer solchen Kennzeichnung wünschen? Ist die Information so ausreichend?“, „Würden Sie beim Einkauf auch andere Informationsmaterialien wie z.B.

Flyer/Infoblätter nutzen?“). In dieser Hinsicht wurde die Thematik des Information-Overload adressiert (vgl. Kap. 4.4.3), welche für diese Arbeit und die Frage der Effizienz eines „Mykotoxin frei“-Zeichens eine sehr wesentliche ist. An dieser Stelle muss ein

„Spagat“ bewältigt werden: Einerseits ist anzunehmen, dass die Vorkenntnisse zu Mykotoxinen beim Verbraucher eher gering sind, so dass eine vollkommen neue Kennzeichnung zu einem noch unbekannten Wissensgebiet wie den Mykotoxinen recht viele Informationen liefern sollte, damit sie überhaupt verständlich ist. Andererseits konnten verschiedene experimentelle Studien immer wieder bestätigen, dass umfangreiche Informationen eher dazu führen, dass diese Informationen ignoriert oder zumindest nicht verarbeitet werden (BURTON et al. 1994, VAN KLEEF et al. 2007, vgl.

Kap. 4.3). Die zwei Gruppendiskussionen sollen daher dazu dienen, den Informationsgehalt eines Zeichenentwurfs und die Möglichkeit einer Zusatzinformation am POS (Flyer) zu bewerten. Darüber hinaus sollten die drei evaluierenden Fragen vom Beginn des Fragenblockes Rückschlüsse zu internen Faktoren mit Einfluss auf die Zeichenakzeptanz ermöglichen.