• Keine Ergebnisse gefunden

5 Qualitative Vorstudie

5.4 Ergebnisse

5.4.2 Auswertung der zweiten Gruppendiskussion (12.01.2009)

Im Vergleich zur ersten Gruppendiskussion wurde deutlich, dass die Verunsicherung bei den Teilnehmern der zweiten Diskussionsrunde zum Thema Lebensmittelsicherheit weniger ausgeprägt war. Die Ursachen der Verunsicherung traten auch weniger deutlich zu Tage als in der ersten Fokusgruppe. Mit Bezug auf die Entfremdung wurde ausschließlich die Stufe der Lebensmittelverarbeitung diskutiert („…Druck, immer schneller und kostengünstiger zu produzieren…“, „…Massenproduktion…“), die landwirtschaftliche Lebensmittelproduktion wurde nur am Rande thematisiert. Auch das sinkende Grundvertrauen als Ursache von Verunsicherung wurde nur in Ansätzen angesprochen („… und da ist halt auch weniger Kontrolle, wie das angebaut wurde…“,

„…ich kann mir nicht vorstellen, dass er alle Zutaten lupenrein einkauft und

verarbeitet…“). Im Kontrast zur ersten Gruppendiskussion wurde die Lebensmittelqualität und –sicherheit in Deutschland sogar ausdrücklich gelobt („…die Qualität des Brotes in Deutschland immer noch sehr, sehr gut…“, „…leben wir auf ganz, ganz hohem Niveau…“,

„…Qualitätssicherung von Lebensmitteln in Deutschland sehr, sehr gut ist…“).

Nichtsdestotrotz konnte speziell bei Getreideprodukten wie Brot und Backwaren bezüglich der Qualität eine leichte Skepsis bzw. Verunsicherung beobachtet werden. Hier wurden ähnliche Faktoren genannt wie in Fokusgruppe 1, wie z.B. die Intransparenz der Produktion oder der Druck, möglichst kostengünstig Lebensmittel mit gleichmäßiger Qualität zu erzeugen, was u.U. den Einsatz von Zusatzstoffen erfordert („…bei Brot und Getreideprodukten weiß man ja eigentlich gar nicht, wie sehr es gespritzt wurde, oder wo es herkommt…“, „… was mich auch abschreckt bei Getreideprodukten ist die Zutatenliste…“). Beide Fokusgruppen widersprechen damit den Ergebnissen von VON ALVENSLEBEN (1998), wonach die Qualität bei Brot und Backwaren heutzutage eher besser im Vergleich zu früher wahrgenommen wurde. Das Gegenteil konnte in den hier durchgeführten Gruppendiskussionen beobachtet werden („…gesünder war es sicherlich früher…“). Gleichwohl wurden die Bedenken zur Qualität relativiert („…dass unsere Bedenken Bedenken auf hohem Niveau sind…“), insbesondere im Vergleich zur Lebensmittelqualität im Ausland. Darüber hinaus wurde auch die Auswahl bei Brot ausdrücklich gelobt („…heute diesen Brotschatz zu haben, das finde ich fantastisch…“), ebenso wie der Nährwert von Vollkornprodukten („…weil da mehr Ballaststoffe drin sind…“, „…weil ich das gut vertrage…“, „…gesund ist es sicherlich…“). Auch mit speziellem Bezug auf Getreideprodukte ließ sich daher eine wesentlich geringere Verunsicherung als in der ersten Fokusgruppe beobachten, wenngleich eine gewisse Verunsicherung – speziell mit Bezug auf die Lebensmittelverarbeitung – da war.

Ein Punkt, der deutlich umfangreicher als in der ersten Gruppendiskussion thematisiert wurde, war die Rolle von Produktkennzeichnungen allgemein beim Lebensmitteleinkauf.

Zu diesem Punkt konnte zunächst einmal festgestellt werden, dass keiner der Befragten aktiv Kennzeichen als Kriterien beim Lebensmitteleinkauf benannt hat. Die Kriterien, die am häufigsten benannt wurden, waren der Preis, die Frische, der Geschmack, die Einkaufsstätte, das Herkunftsland und Bioqualität. Nach Vorlage einer Auswahl (Bilder) von im Markt vorhandenen Lebensmittelkennzeichnungen war es auch im Wesentlichen das EU-Bio-Siegel, für welches Beachtung im Lebensmitteleinkauf konstatiert wurde. Für weitere Zeichen bestätigen sich die Aussagen verschiedener Autoren (VERBEKE &

WARD 2006, HOBBS et al. 2005, SALAÜN & FLORES 2001, GRUNERT 2005), die für viele Lebensmittelkennzeichnungen Ignoranz und Missverständnis beim Verbraucher feststellten („…Nie gesehen…“, „… ich wüsste jetzt nicht, welche Funktion sich dahinter

verbirgt…“). Einige Teilnehmer äußerten auch ein eher geringes Vertrauen in Lebensmittelkennzeichnungen („…da würde ich weniger Vertrauen haben…“, „… ich habe in diese Dinger gar kein Vertrauen…“). Deutlich wurde außerdem, dass Aufschriften auf der Verpackung von Lebensmitteln für einige Verbraucher nur besonders beachtet werden, wenn sie ein Lebensmittel zum ersten Mal kaufen. Wenn es sich um Lebensmittel handelt, mit denen sie schon Erfahrungen haben, wird in der Regel immer wieder zu bewährten Produkten gegriffen, die in der Vergangenheit für gut befunden wurden, ohne dass beim Einkauf jedes Mal wieder genau die Verpackung studiert wird. Auch dieses Verhalten wurde schon zuvor in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben (DICKSON

& SAWYER 1990, WILLIAMS 2005).

Von der Mykotoxinproblematik hatten aus der zweiten Diskussionsrunde zwei Teilnehmer schon vorher gehört. Mit Bezug auf die konkret genannten Gesundheitsgefahren durch Mykotoxine wiederholte sich das Bild, was auch schon in der ersten Gruppendiskussion gezeichnet wurde: Die Risiken an sich wurden als weniger schlimm empfunden. Wieder waren die wesentlichen Gründe, dass die Thematik der Schimmelpilze an sich schon sehr alt ist („…vor hundert oder fünfzig Jahren, dass sie genauso viel Schimmelpilz zu sich nahmen…“), und dass die Gesundheitsgefahren auch nicht erschreckender sind als bei anderen Risiken („…dies erzeugt Krebs und jenes erzeugt Krebs…“, „…ich halte auch die langfristige Schädigung von anderen Giften für deutlich höher. Sei es der Straßenverkehr, Raucher, Alkohol…“).

Das „Mykotoxin frei“- Zeichen wurde kontrovers diskutiert. Eine Person äußerte deutliche Skepsis bezüglich der Glaubwürdigkeit („…von wem wurde es gemacht? Von wem wird es überprüft?“), diese Person hatte sich auch schon gegenüber Produktkennzeichen generell skeptisch geäußert. Mit Bezug auf die Zeichenakzeptanz spielt daher sicherlich auch eine allgemeine Einstellung gegenüber Kennzeichen eine gewisse Rolle.

Darüber hinaus wurde wieder die Frage einer zusätzlichen Verbrauchinformation bzw.

Verbrauchersensibilisierung stark diskutiert. Wie auch schon in Gruppe 1 wurde die Vermutung geäußert, das ein „Mykotoxin frei“-Zeichen ohne weitere Information eher Verwirrung stiften würde („…wenn Sie durch die große Straße gehen und nach Mykotoxinen fragen, da wird Ihnen kaum jemand etwas sagen können…“). Als Informationsweg wurden auch in Gruppe zwei die Massenmedien bevorzugt („…eine Massenverbreitung herstellen…“, „…über die Tagesschau und über die Privatsender gehen muss…“), ein Informationsblatt am Point-of-Sale wurde – ebenso wie in der ersten Gruppendiskussion – abgelehnt („…niemand wird sich den Flyer durchlesen…“, „…ein Bewusstsein bekomme ich nicht dadurch, dass ich etwas holen muss, sondern es muss mir gebracht werden…“). Diese Aussagen bestätigen auch verschiedene Ergebnisse aus

der wissenschaftlichen Literatur, wonach der Konsument offensichtlich Informationswege meidet, die mit großem Aufwand verbunden sind (GELLYNCK et al. 2006, VERBEKE et al. 2002).