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Kapitel 1: Marxismus und Epistemologie

3. Die ungleichzeitige Geschichte

Wir betrachten das Resultat ohne sein Werden und sind bereit, uns der Anklage eines

Verbrechens am Hegelianismus und der Entwicklungslehre zu stellen; denn dieses doppelte Verbrechen ist für uns ein Gewinn: es befreit uns von der empiristischen Ideologie der Geschichte.

Louis Althusser

a) An der dargelegten Kritik der Darstellung der Wissenschaftsgeschichte als lineare Entwicklung des Wissens42schließt Althusser eine Kritik der (marxisti-schen) Geschichtsphilosophie an: „die“ Geschichte als monolithische Einheit, als expressive Totalität, sei ein Mythos. Um dies zu belegen, problematisiert Althusser die Historizität in der Marx'schen Konzeption.

Ein Vorwurf, den Marx der klassischen Ökonomie mache, sei, dass die von dieser entwickelten Kategorien ahistorisch, fix konzeptioniert erscheinen,

41 Die synchronische Theoriebildung attestiert Althusser auch bei Marx: Die „paradoxe Situation“, vor die Marx gestellt sei, ist dass das Erkenntnisobjekt, die bürgerliche Gesell-schaft, schon selbst Resultat einer historischen Entwicklung ist. Für Marx bedeute dies jedoch nicht, eben diese historische Entwicklung zu verfolgen. „Die Erkenntnis dieser Gesellschaft wird nicht durch die Theorie von der Entwicklung dieses Resultats vermittelt, sondern ausschließlich durch die Theorie vom 'Gesellschaftskörper', d. h. von der aktuellen Struktur der Gesellschaft aus, ohne dass deren Genese zu welchem Zweck auch immer in Erscheinung träte.“ [DKL, Bd. 1, S. 86]

42 Vgl. Seite 23 ff.

3. Die ungleichzeitige Geschichte

dadurch die Bedingungen der kapitalistischen Produktionsweise als Bedingung-en jeglicher Produktionsweise erscheinBedingung-en. DemgegBedingung-enüber gelte es für Marx, diese Kategorien zu historisieren, um ihre Relativität und Vergänglichkeit be-greiflich zu machen [DKL, Bd. 1, S. 119 f.; vgl. MEW Bd. 4, S. 126, 130].

Nach Althusser ist die Kritik Marx' an diesem Punkt auf halben Wege stecken geblieben und liefere dadurch einer historizistischen Interpretation des Werkes Marx' Vorschub. Die Historisierung der ökonomischen Kategorien und ihre Gleichsetzung mit der realen Geschichte, die eine solche historizistische Interpretation betreiben müsse, würde darauf hinauslaufen, dass die Kombina-tion der Kategorien Ricardos mit der Hegel'schen Dialektik Marx' Haupt-verdienst wäre. Eine solche Interpretation verdecke aber ein zentrales Problem:

„die allgemeine Konfusion in Bezug auf den Geschichtsbegriff“ [DKL, Bd. 1, S. 121].

In der Kritik der überzeitlichen Argumentation der politischen Ökonomie würden alle Interpretationen einen Geschichtsbegriff in Anschlag bringen, der entweder ungeprüft der empiristischen Geschichtsschreibung entliehen sei oder einen durch Hegel geprägten Geschichtsbegriff akzeptieren. Allerdings sei zu fragen, welchen „Gehalt der Geschichtsbegriff haben muss, den die theoreti-sche Problematik von Marx verlangt“ [DKL, Bd. 1, S. 122]. Der Begriff der Geschichte ist folglich für Althusser keine Evidenz, sondern ein theoretisches Problem, welches selbst wiederum auf eine andere Problematik verweist: Den Begriff der geschichtlichen Zeit. Der Hegel'sche Begriff der geschichtlichen Zeit, in der Phänomenologie des Geistes als „daseiender Begriff“ geprägt [vgl.

Hegel 1952, S. 558], zeichne sich durch zwei Eigenschaften aus:

1. Die Zeit besitze in dieser Konzeption einehomogene Kontinuität, d. h. dass die dialektische Selbstentwicklung der Begriffe kontinuierlich verläuft, je-weils aufeinander folgend. Die gesamte Entwicklung folgt dabei einem

„Plan“ (der absoluten Idee), der den Rahmen der Entwicklung absteckt und die Homogenität der sich entwickelnden Begriffe garantiert – Momente der Entwicklung, die diesen Rahmen überschreiten, müssen „unter den Tisch fallen“ [Karsz 1976, S. 272]. Die Geschichtswissenschaft wäre demgemäß auf die Periodisierung dieser Kontinuität, also auf die Spezifizierung der je-weiligen dialektischen Totalitäten innerhalb dieses Kontinuums zu reduzieren.

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2. Die Gleichzeitigkeit der Zeit oder die Kategorie der gegenwärtigen Geschichte als Bedingung der homogenen Kontinuität:

Die Tatsache, dass die Beziehung der gesellschaftlichen Totalität zu ihrer geschichtlichen Existenz die Beziehung zu einerunmittelbaren Existenz ist, schließt die Unmittelbarkeit dieser Beziehung selbst ein. [DKL, Bd.

1, S. 123]

Dementsprechend könnte man formulieren, dass es in der Hegel'schen Konzep-tion nur eine geschichtliche Zeit gibt („weil es nur ein Prinzip gibt“ [Thieme 1982, S. 31]), in der die Kategorien in der dialektischen Entwicklung jeweils im historischen Gleichschritt erscheinen. Die gleichzeitige Existenz der Elemente und ihrer Beziehungen untereinander in der Struktur der geschichtli-chen Existenz der Hegel'sgeschichtli-chen gesellschaftligeschichtli-chen Totalität mache es demnach möglich, einen „essenziellen Einschnitt“ (coupe d'essence) vorzunehmen, eine

opération intellectuelle par laquelle on opère a n'importe quel moment du temps historique une coupure verticale, une coupure du présent telle que tous les éléments de tout révèles par cette coup soient entre eux dans un rapport immédiat, qui exprime immédiatement leur essence interne.

[LLC, Bd. 1, 116 f.]

b) Die Möglichkeit dieses essenziellen Einschnitts, die die „unmittelbare Les-barkeit“ des Ganzen garantiere, sei auf die Konzeption der geschichtlichen Zeit (und damit der spezifischen Struktur der gesellschaftlichen Totalität Hegels) zurückzuführen: „Jedes Teil enthüllt in der unmittelbaren Form seines Aus-drucks das Wesen der Totalität selbst“ [DKL, Bd. 1, S. 124]43, jedes Teil reflektiert die absolute Idee. Der Hegel'schen Konzeption der geschichtlichen Zeit versucht Althusser eine marxistische Konstruktion dieses Begriffes entge-genzustellen. Der Totalitätsbegriff Marx' sei, durch die Differenz zu dem Begriff der geschichtlichen Zeit Hegels (gekennzeichnet durch dessen Linea-rität und Homogenität), sehr genau von Hegels Begriff der Totalität zu unter-scheiden. Während Hegel die Totalität als einheitliches Ganzes denke, sei diese

43 Die Kritik des Hegel'schen Zeitbegriffes überträgt Althusser aber auch auf die Konzeption der Synchronie/Diachronie (wenn sie auf die Geschichte angewandt wird, wie Althusser Lévi-Strauss unterstellt). Dieser liege ebenso eine ideologische Geschichtskonzeption, eine zeitlich kontinuierliche Abfolge von geschichtlichen Ereignissen, zugrunde, „das Hegel'sche Gegenmodell ist also durchaus relevant, denn es ist repräsentativ für die naiven ideologischen Wahnvorstellungen der herrschenden Praxis allgemein und der Praxis der Historiker im besonderen“ [DKL, Bd. 1, S. 126]. Diese Kritik ist, wenn sie auf Lévi-Strauss zielt, ungerechtfertigt: Lévi-Lévi-Strauss kritisiert selbst (gegen Sartre gerichtet) eine Geschichtskonzeption, die „das historische Werden als einen kontinuierlichen Ablauf“

begreift [Lévi-Strauss 1997, S. 299].

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bei Marx durch Komplexität gekennzeichnet. So schreibt Marx in Das Elend der Philosophie:

Die Produktionsverhältnisse jeder Gesellschaft bilden ein Ganzes. Herr Proudhon betrachtet die ökonomischen Verhältnisse als ebenso viele soziale Phasen, die einander erzeugen, von denen die eine aus der anderen sich ergibt, wie die Antithese aus der These, und die in ihrer logischen Aufeinanderfolge die unpersönliche Vernunft der Menschheit verwirklichen.

Der einzige Übelstand bei dieser Methode ist der, daß Herr Proudhon, sobald er eine einzelne dieser Phasen getrennt untersuchen will, er sie nicht erklären kann, ohne auf die anderen gesellschaftlichen Verhältnisse zurückzukommen, obwohl er diese Verhältnisse noch nicht vermittels seiner dialektischen Bewegung hat entstehen lassen. Wenn Herr Proudhon dann mittels der reinen Vernunft zur Erzeugung der anderen Phasen übergeht, so stellt er sich, als ob er neugeborene Kinder vor sich habe, und vergißt, daß sie ebenso alt sind wie die erste. [...]

Sobald man mit den Kategorien der politischen Ökonomie das Gebäude eines ideologischen Systems errichtet, verrenkt man die Glieder des gesellschaftlichen Systems. Man verwandelt die verschiedenen Teilstücke der Gesellschaft in ebenso viele Gesellschaften für sich, von denen eine nach der anderen auftritt. Wie kann in der Tat die logische Formel der Bewegung, der Aufeinanderfolge, der Zeit allein den Gesell-schaftskörper erklären, in dem alle Beziehungen gleichzeitig existieren und einander stützen? [MEW, Bd. 4, S. 130 f.; Hervorhebung S.v.B.]

Das Problem, die Beziehung verschiedener gesellschaftlicher Strukturen zu erklären, ist folglich nicht durch die Hegel'sche Dialektik des „Eins teilt sich in Zwei“ zu bewältigen. Die Beziehungen der Teile des Gesellschaftskörpers, die

„gleichzeitig existieren und einander stützen“, würden nicht in dieser Kausali-tätsfolge erscheinen, sondern sie stellen eine entwickelte gesellschaftliche Totalität dar, die Marx skizziere als

l'unité d'un tout structuré, comportant ce que l'on peut appeler des niveaux ou instances distincts et 'relativement autonomes', qui coexistent dans cette unité structurale complexe, en s'articulant les uns sur les autres selon les modes de détermination spécifiques, fixés en dernière instance par le niveau ou instance de l'économie. [LLC, Bd. 1, S. 121].

Die Marx'sche gesellschaftliche Totalität (von Althusser in Abgrenzung zur Hegel'schen Totalität auch als „soziales Ganzes“ bezeichnet [IISA, S. 113]) sei demnach wie folgt gekennzeichnet:

1. Die Gesellschaft besteht aus verschiedenen Instanzen/Ebenen, die sich zu einer Gesamtstruktur zusammenfügen.

2. Die verschiedenen gesellschaftlichen Instanzen (Ökonomie/Staat/Ideologie) besitzen innerhalb der Gesamtstruktur eine relative Autonomie.

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3. Die Grad der Autonomie der Ebenen wird in letzter Instanz durch die Ökonomie determiniert.

Althusser führt diese strukturale Totalität – bestehend aus verschiedenen gesellschaftlichen Instanzen, die durch die Ökonomie determiniert zu der Ein-heit der Produktionsweise zusammengefügt werden44 – auf die verschiedenen gesellschaftlichen Praxisformen zurück. Wie oben bereits angeführt existiert nicht eine gesellschaftliche Praxis an sich, sondern verschiedene Praxisformen (ökonomische, politische, theoretische, ideologische, künstlerische Praxis), denen verschiedene gesellschaftliche Orte entsprechen. Den differenten Praxis-formen ist nach Althusser aber gemein, dass sie in ihrer theoretischen Struktur aus menschlicher Arbeit, (Produktions-) Mittel und technischer Anwendung der Mittel bestehen, wobei das Moment der Veränderungsarbeit auf ein Objekt selbst im Mittelpunkt der jeweiligen Praxis steht.

Diese allgemeine Definition der Praxis schließt die Möglichkeit der Parti-kularität in sich ein: Es existieren verschiedene, tatsächlich unterschied-liche Praxis-Arten, obwohl sie organisch ein und derselben komplexen Totalität angehören. [FM, S. 104]

Wenn auch die ökonomische Praxis für die Gesellschaft von grundlegender Bedeutung ist, kann sie nicht allein als konstitutiv begriffen werden: erst die Verknüpfungen der verschiedenen Praxisformen und ihrer sozialen Orte zu einer konkreten Gesellschaft bildet eine Produktionsweise; hierbei wird aber die organische Verbindung zu einer gesellschaftlichen Totalität durch die öko-nomische Praxis gebildet. Das bedeutet in der Folge, dass z. B. die „Überbau-ten“ nicht lediglich in einer (historischen oder funktionalen) Ausdrucksbe-ziehung zur ökonomischen Basis stehen, sondern „die Beeinflussung des Überbaus durch die ökonomische Basis“ kann als „Eingrenzung der Überbau-funktionen durch die ökonomische Struktur“ interpretiert werden [Honneth 1977, S. 424], Gesellschaftsformationen werden folglich als „hierarchische Relationsgefüge“ [ebd.] analysiert. Eine Interpretation Althussers, nach der die

„nicht-ökonomische Teilbereiche wohl in ihrem Einflussumfang, nicht aber in ihrer inneren Funktionsweise“ von der ökonomischen Struktur determiniert

44 Mit der Bestimmung der nicht-ökonomischen Ebenen als strukturell von der Ökonomie abhängige kann sich Althusser durchaus auf Marx berufen: „In allen Gesellschaftsformen ist es eine bestimmte Produktion, die allen übrigen, und deren Verhältnisse daher auch allen übrigen, Rang und Einfluß anweist.“ [MEW, Bd. 13, S. 637]

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sind [ebd.], muss aber als verkürzt zurückgewiesen werden, denn die verschie-denen Praxisformen bedingen in ihrer konkreten Verknüpfung zu einer Produktionsweise auch spezifische Interdependenzen, die von der ökono-mischen Praxis in letzter Instanz determiniert werden.

Wenn die gesellschaftlichen Überbauten also nicht als reine Erschei-nungen der Basis zu betrachten sind, sondern eine spezifische und autonome Form (also eine ebenso spezifische – wenn auch begrenzte – Unabhängigkeit von der ökonomischen Struktur) haben, ist nach Althusser eine „Theorie der spezifischen Wirksamkeit der Überbauten und andere[r] 'Umstände' zum großen Teil noch zu erarbeiten“ [FM, S. 82]. Für Althusser hat Antonio Gramsci die Basis für diese theoretische Arbeit gelegt45, in dessen theoretischer Konzeption eine relative Autonomie der „Überbauten“ von der Basis/Struktur – als Kritik des marxistischen Ökonomismus und Mechanismus – bereits ange-legt ist. Wird also den verschiedenen gesellschaftlichen Ebene eine relative Autonomie zugesprochen, bedeutet das für Althusser auch, diese Autonomie auf die historische Entwicklung der gesellschaftlichen Ebenen hin auszuweiten:

la coexistence des différents niveaux structures, l'économique, le politique et l'idéologique, etc., donc de l'infrastructure économique, de la superstructure juridique et politique, des idéologies et des formations théoriques (philosophie, sciences) ne peut plus être pensée dans la coexistence du présent hégélien, de ce présent idéologique où coïncident la présence temporelle et la présence de l'essence à ses phénomènes.

[LLC, Bd. 1, 123]

Die Konzeption einer kontinuierlichen und homogenen Zeit, der alle Struktur-ebenen in ihrer Entwicklung folgen, ist demnach zurückzuweisen46. Vielmehr

45 Weitaus kritischer ist die philosophische Gramsci-Rezeption Althussers. Gramsci bezeichnete den Marxismus, selbst von Labriola und Croce geprägt, als „absoluten Histo-rizismus“. Diese Position kann Althusser unmöglich akzeptieren, Gramsci's Definition des Marxismus als „Philosophie der Praxis“ [Gh, Bd. 6] sei radikal zurückzuweisen: „Zu der Annahme, der Marxismus sei eine neue Philosophie, eine Philosophie der Praxis, haben wir heute weniger Grund denn je. Im Zentrum der marxistischen Theorie ist eine Wissen-schaft verborgen, eine absolut einzigartige WissenWissen-schaft, aber eine WissenWissen-schaft. Was der Marxismus an Neuem in die Philosophie einbringt, ist eine neuePraxis der Philosophie.

Der Marxismus ist keine (neue) Philosophie der Praxis, sondern eine (neue) Praxis der Philosophie“[Althusser 1974, S. 44]. Zur Kritik der Gramsci-Rezeption durch Althusser siehe Spiegel 1983, zur Kritik der hier dargelegten Althusser'schen Konzeption von Marxismus und Philosophie s. u.

46 In diese Richtung tendiert beispielsweise Lukács, wenn er vollkommen zurecht den herrschenden Empirismus kritisiert, diesem aber eine Konzeption entgegenstellt, die alle gesellschaftlichen Phänomene auf die ökonomische Struktur – Arbeitsteilung, Warenfeti-schismus etc. – zurückbezieht und die historische Bedingtheit der verschiedenen Felder allein auf die geschichtliche Entwicklung der Ökonomie bezieht [Lukács 1970, S. 66 ff.].

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müsse jeder Ebene eine eigene Zeit zugesprochen werden, dieselbst nicht von einem Prinzip ableitbar ist, sondern

die relativ autonom, also selbst in ihrer Abhängigkeit von den „Zeiten“

anderer Ebenen relativ unabhängig ist. [...] Jede Produktionsweise hat ihre eigene Zeit und ihre eigene Geschichte, die auf besondere Weise von der Entwicklung der Produktivkräfte geprägt sind. Ebenso gibt es eine eigene Zeit und eine eigene Geschichte der Produktionsverhältnisse, die auch auf besondere Weise geprägt sind; ferner eine Zeit und Geschichte der politischen Suprastruktur, eine Zeit und Geschichte der Philosophie;

der ästhetischen Produktion; der wissenschaftlichen Formationen usw.

Jeder dieser „eigenen“ Geschichtsabläufe ist von einem besonderen Rhythmus geprägt und kann nur unter der Bedingung erkannt werden, dass man denBegriffder Besonderheit seiner geschichtlichen Zeitlichkeit und seiner Prägungen (kontinuierliche Entwicklung, Revolutionen, Ein-schnitte usw.) bestimmt hat. [DKL, Bd. 1, S. 130 f.]

Das bedeutet für eine marxistische Gesellschaftstheorie, dass sie sich von einem Geschichtsbegriff verabschieden muss, der die Geschichte einer Gesell-schaftsformation auf die Existenz einer Produktionsweise reduziert und die gesellschaftliche Totalität durch die direkte Ableitung von dieser Produktions-weise gewinnt47. Folglich ist auch der lineare Prozess des Widerspruchs und die dialektische Synthese, wie sie bei Hegel angelegt ist, zu kritisieren.

47 Im zweiten Teil dieser Arbeit wird dargelegt, wie Poulantzas eine Konzeption erarbeitet, die u. a. durch die historisch gleichzeitige Existenz verschiedener Produktionsweisen gekennzeichnet ist, vgl. S. 95 ff.