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B. Legislative Einzelmaßnahmen der EU zur Bekämpfung des Terrorismus

I. Maßnahmen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus

2. Die dritte Geldwäscherichtlinie 2005/60/EG

Neben den Sanktionsmaßnahmen versucht die EU mit der Richtlinie des Europäischen Parla-ments und des Rates vom 26. Oktober 2005 „zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsys-tems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung“ den Geldfluss zu und von Terroristen oder terroristischen Vereinigungen zu unterbinden oder zumindest zu er-schweren. Die auf der Rechtsgrundlage der Art. 47 Abs. 2 S. 1 und 3 EG-Vertrag und Art. 95 EG-Vertrag beschlossene Richtlinie ist ein wichtiger Baustein der EU im Rahmen der Be-kämpfung der Finanzierung des Terrorismus. Mit ihr wird neben der Erhöhung des internatio-nalen Standards bei der Bekämpfung der Geldwäsche auch der Geltungsbereich der Geldwä-scherichtlinie auf die Terrorismusfinanzierung ausgeweitet.

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a) Empfehlungen der FATF

Auslöser für den Erlass der dritten Geldwäscherichtlinie waren die 1990 verabschiedeten und im Juni 2003422F423 überarbeiteten vierzig Empfehlungen der FATF423 F424, durch welche sie den internationalen Standard bei der Bekämpfung der Geldwäsche erhöht und den Geltungsbe-reich der Geldwäscherichtlinie auf die Terrorismusfinanzierung ausgedehnt hat. Zusammen mit den neun die Terrorismusfinanzierung betreffenden Sonderempfehlungen der FATF424F425 stecken sie den grundsätzlichen Rahmen für die Aufdeckung, Prävention und Unterbindung von Terrorismusfinanzierung und terroristischen Handlungen auf internationaler Ebene ab.

Die FATF ist das wichtigste internationale Gremium zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung. Es setzt Standards zur Bekämpfung der Geldwäsche, fördert die weltweite Verbreitung dieser Standards und überwacht die Umsetzung in den Mitgliedstaa-ten425F426. Als Reaktion auf die Ereignisse des 11. Septembers 2001 wurde im Oktober 2001 das Mandat der FATF auf die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung ausgeweitet426 F427 und im Mai 2004 um weitere acht Jahre verlängert427 F428. Die FATF veröffentlichte in diesem Zusam-menhang acht spezielle Empfehlungen428 F429 zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung.

In seiner Erklärung zum Kampf gegen den Terrorismus vom 25. März 2004 wies der Europäi-sche Rat darauf hin, dass der EU-Rechtsrahmen mit den acht besonderen Empfehlungen der FATF zur Terrorismusbekämpfung abgestimmt werden solle429 F430. In diesem Sinne wurde zur Umsetzung der genannten Empfehlungen der FATF die dritte Geldwäscherichtlinie beschlos-sen.

423 Zu finden im Annual Report der FATF 2002-2003 unter Annex A.

424 Die FATF ist eine von den G-7 Staaten ins Leben gerufene und bei der OECD angesiedelte internationale Arbeitsgruppe, der inzwischen mehr als 30 Staaten und supranationale Organisationen angehören, vgl.

www.fatf-gafi.org.

425 Zu finden unter www1.oecd.org/fatf.

426 Für weitere Informationen vgl. die Homepage der FATF unter www.fatf-gafi.org.

427 FATF-Pressemitteilung vom 31. Oktober 2001.

428 FATF-Pressemitteilung vom 14. Mai 2004.

429 Zu finden im Annual Report 2001-2002 der FATF unter Annex A.

430 Erklärung zum Kampf gegen den Terrorismus vom 25. März 2004, Anlage I, Ziel 2.

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b) Inhalt und Ausweitung des Anwendungsbereichs

Zur Bekämpfung der Geldwäsche wurde am 10. Juni 1991 die erste Geldwäscherichtlinie 91/308/EWG des Rates „zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche“43 0F431 und am 4. Dezember 2001 eine Änderungsrichtlinie 2001/97/EG431F432 erlassen.

Mit der ersten Geldwäscherichtlinie wurden die Mitgliedstaaten verpflichtet, Geldwäsche von Erlösen aus Drogenstraftaten zu untersagen und dafür zu sorgen, dass in den nationalen Fi-nanzsektoren die Identität der Kunden festgestellt wird, dass Belege aufbewahrt, interne Kont-roll- und Mitteilungsverfahren eingeführt und den Behörden Transaktionen gemeldet werden, die auf Geldwäsche hindeuten. Mit der Änderungsrichtlinie wurde die Beschränkung auf Drogenstraftaten aufgegeben und der Anwendungsbereich auf das Waschen von Erlösen aus schweren Straftaten ausgeweitet, die beträchtliche Erträge hervorbringen und mit einer langen Freiheitsstrafe geahndet werden können. Nicht ausdrücklich umfasst war der Bereich der Ter-rorismusbekämpfung.

Durch die dritte Geldwäscherichtlinie wurde schließlich der Anwendungsbereich erneut er-weitert, sodass in Ergänzung zu den vorherigen Geldwäscherichtlinien auch Maßnahmen zur Finanzierung des Terrorismus dem Geldwäschebegriff unterfallen432 F433.

Zusätzlich zum bisherigen Geldwäschebegriff gemäß Art. 1 Abs. 2 wurde die Terrorismusfi-nanzierung in Art 1. Abs. 4 der Richtlinie aufgenommen und definiert. Terrorismusfinanzie-rung ist danach „ die Bereitstellung oder Sammlung finanzieller Mittel, gleichviel auf welche Weise, unmittelbar oder mittelbar, mit der Absicht oder in der Kenntnis dessen, dass sie ganz oder teilweise dazu verwendet werden, eine der Straftaten im Sinne der Artikel 1 bis 4 des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates vom 13. Juni 2002 „zur Terrorismusbekämp-fung“433 F434 zu begehen“

Adressaten der dritten Geldwäscherichtlinie sind gemäß Art. 2 Kreditinstitute, Finanzinstitute, Abschlussprüfer, externe Buchprüfer, Steuerberater, Notare und Rechtsanwälte bei

431 ABl. EG Nr. L 166, 77.

432 ABl. EG Nr. L 344, 76.

433 Vgl. hierzu Art. 1 Abs. 1 der dritten Geldwäscherichtlinie.

434 ABl. EG Nr. L 164, 3.

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ten Transaktionen, sonstige Dienstleister für Trusts oder Gesellschaften, Immobilienmakler, Kasinos und alle Arten von Unternehmen, die mit Gütern handeln und Zahlungen in Höhe von 15.000 € oder mehr entgegennehmen. Gemäß Art. 4 wird in geeigneten Fällen eine Aus-dehnung des Adressatenkreises durch die Mitgliedstaaten verlangt.

Den Adressaten der Richtlinie werden in Kapitel II gegenüber ihren Kunden bestimmte Sorg-faltspflichten auferlegt. Gemäß Art. 7 müssen sie bei Begründung einer Geschäftsbeziehung, bei der Abwicklung gelegentlicher Transaktionen über mehr als 15.000 €, bei dem Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung oder bei Zweifeln an den Kundeninformati-onsdaten eine qualifizierte Identitätsfeststellung vornehmen, Informationen über die Art und den Zweck der Geschäftsbeziehung einholen und die Geschäftsbeziehung kontinuierlich überwachen (vgl. Art. 6 bis 10). Unter bestimmten Voraussetzungen gibt es vereinfachte (Art.

11 und 12) oder auch verstärkte (Art. 13) Sorgfaltspflichten.

Ferner wurden in den Art. 14 bis 19 die Voraussetzungen und Konsequenzen der Einschal-tung Dritter sowie in den Art. 20 bis 27 die Meldepflichten der Adressaten geregelt. Danach hat jeder Mitgliedstaat eine zentrale Meldestelle einzurichten, welche als nationale Zentral-stelle fungiert und Informationen von den in Art. 2 genannten Instituten entgegennimmt. Ge-mäß Art. 28 bis 29 ist es verboten, die betroffenen Kunden oder Dritte von dem Verdacht in Kenntnis zu setzen. Gemäß Art. 30 bis 33 haben die Adressaten über Kundendaten, Ge-schäftsbeziehungen und Transaktionen Aufzeichnungen zu fertigen und diese mindestens fünf Jahre aufzubewahren. Die übrigen Vorschriften betreffen Schulungsmaßnahmen, Aufsicht, mitgliedstaatliche Zusammenarbeit, Sanktionen, die wirksam, verhältnismäßig und abschre-ckend sein müssen.

c) Umsetzung in deutsches Recht

In Bezug auf die Terrorismusfinanzierung hat Deutschland bisher keinen eigenen stand geschaffen und auch § 261 StGB nicht geändert, sondern verweist auf die Straftatbe-stände der §§ 129, 129 a und 129 b StGB („Bildung terroristischer Vereinigungen“, „Unter-stützung terroristischer Vereinigungen“ und „Werbung um Mitglieder terroristischer Vereini-gungen“), womit die Finanzierung des Terrorismus unter Strafe gestellt ist. Die geforderte

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zentrale Meldestelle in Deutschland ist das BKA, welches die gemäß Art. 21 Abs. 2 offen gelegten Informationen entgegennimmt, analysiert und an die zuständigen Behörden weiter-gibt.

d) Bewertung

Diese Richtlinie erweist sich leider als nicht sehr transparent, da sie häufig auf andere Rechts-akte verweist und deshalb mit mehreren anderen RechtsRechts-akten der EU434 F435 zusammen gelesen werden muss. Insofern ist zu hoffen, dass der deutsche Gesetzgeber die Umsetzung im Inte-resse der Rechtsklarheit „durchsichtiger“ gestalten wird.

Dennoch bildet diese Richtlinie ein wirksames und notwendiges Mittel zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus. Denn erst die dritte Geldwäscherichtlinie stellt sicher, dass auch die Finanzierung des Terrorismus aus legalen Quellen wirksam bekämpft wird. Während durch die erste und zweite Geldwäscherichtlinie lediglich Gelder aus illegalen Quellen erfasst waren, kriminalisiert die dritte Geldwäscherichtlinie auch die Terrorismusfinanzierung, wenn die Gelder aus legalen Quellen stammen und die Handlung mit der Absicht oder in Kenntnis dessen vorgenommen wird, dass die Gelder ganz oder teilweise zur Begehung einer der terro-ristischen Straftaten im Sinne der Art. 1 bis 4 des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI verwendet werden.

Wie im Rahmen der Sanktionsmaßnahmen stellt sich die Einbeziehung Privater, wie etwa der Kredit- und Finanzinstitute, in die Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus im Rahmen dieser Richtlinie als wichtiges und wesentliches Element dar. Unstreitig dürfte sein, dass eine möglichst effektive Überwachung der Finanztransaktionen nur durch diejenigen oder zumin-dest unter Mithilfe derjenigen vorgenommen werden kann, die im Auftrag vermeintlicher Terrorismusfinanzierer Gelder und Vermögenswerte transferieren.

435 Beispielsweise mit dem Rahmenbeschluss 2002/475/JI in Art. 1 Abs. 4 oder mit der Richtlinie 2000/12/EG in Art. 3 Nr. 1.

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